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«Und Sie durchsuchen jedes Mal seinen Aktenkoffer?«fragte der Direktor.

«Jedes Mal«, sagte Link.

Höflichkeitshalber wählte der Direktor die Nummer des Anwalts in Neptune Beach. Es meldete sich eine Frau, die recht barsch sagte:»Anwaltskanzlei.«

«Ich möchte bitte Mr. Trevor Carson sprechen.«

«Und wer sind Sie?«

«Emmitt Broon.«

«Tja, Mr. Broon, Mr. Carson macht gerade ein Nickerchen.«

«Ich verstehe. Könnten Sie ihn vielleicht wecken? Ich bin der Direktor des Bundesgefängnisses in Trumble und muss ihn sprechen.«

«Einen Augenblick.«

Er musste lange warten, und als sie wieder an den Apparat kam, sagte sie:»Es tut mir leid — ich konnte ihn nicht wecken. Kann er sie später zurückrufen?«

«Nein. Ich schicke ihm ein Fax.«

Die Idee zu einem Gegenschlag kam York an einem Sonntag auf dem Golfplatz, und im Verlauf des Spiels, bei dem sein Ball hin und wieder auf dem Fairway, häufiger jedoch im Sand und zwischen den Bäumen landete, nahm der Plan Gestalt an und wurde geradezu brillant. Am vierzehnten Loch verabschiedete York sich von seinen Mitspielern und rief Teddy an.

Sie würden sich die Taktik ihrer Gegner aneignen und diese von AI Konyers ablenken. Sie hatten nichts zu verlieren.

York entwarf den Brief und beauftragte einen der fähigsten Fälscher in der Abteilung Dokumente damit, ihn handschriftlich auf einer weißen, aber teuren Briefkarte aufzusetzen. Der Absender wurde auf den Namen Brant White getauft.

Lieber Ricky!

Ich habe deine Anzeige gelesen — sie hat mir gefallen. Ich bin 55, in Topform und suche mehr als einen Brieffreund. Meine Frau und ich haben gerade ein Haus in Palm Valley gekauft, nicht weit von Neptune Beach. Wir werden in drei Wochen dorthin fahren und zwei Monate bleiben. Wenn du interessiert bist, schick mir ein Foto. Wenn es mir gefällt, schreibe ich dir weitere Einzelheiten.

Brant

Der Absender lautete: Brant, P.O. Box 88645, Upper Darby,PA19082.

Um zwei oder drei Tage zu sparen, wurde der Brief mit einem Stempel des Hauptpostamts von Philadelphia versehen und nach Jacksonville geflogen, wo Klockner ihn persönlich in Aladdin Norths kleinem Postfach in Neptune Beach deponierte. Es war ein Montag.

Am nächsten Tag holte Trevor nach seinem Mittagsschlaf die Post ab, verließ Jacksonville in westlicher Richtung und fuhr den gewohnten Weg nach Trumble. Dort wurde er am Empfang wie üblich von Mackey und Vince begrüßt und trug sich in die Besucherliste ein, die Rufus ihm hinschob. Er folgte Link zum Besucherraum. Spicer erwartete ihn in einem der kleinen Anwaltszimmer.

«Ich kriege hier langsam Druck«, sagte Link, als sie eintraten. Spicer sah nicht auf. Trevor hielt Link zwei Zwanziger hin, die dieser blitzschnell einsteckte.

«Wer macht Druck?«fragte Trevor und klappte den Aktenkoffer auf. Spicer las in einer Zeitung.

«Der Direktor.«

«Mann, er hat meine Besuchszeiten eingeschränkt. Was will er denn noch?«

«Kapierst du nicht?«sagte Spicer, ohne den Blick von der Zeitung zu heben.»Link ist sauer, weil er nicht genug kriegt. Stimmt's, Link?«

«Stimmt vollkommen. Ich weiß ja nicht, was ihr hier für seltsame Dinge treibt, aber wenn ich mal anfange, mir den Aktenkoffer da ein bisschen genauer anzusehen, steckt ihr ganz schön in der Scheiße.«

«Sie werden gut bezahlt«, sagte Trevor.

«Das finde ich nicht.«

«Wie viel willst du?«fragte Spicer und fixierte ihn.

«Tausend pro Monat, in bar«, sagte er und sah Trevor an.»Ich hol's mir in Ihrer Kanzlei ab.«»Tausend Dollar und unsere Post wird nicht kontrolliert?«fragte Spicer.

«Genau.«

«Und keiner erfährt was davon?«

«Ja.«

«Gut. Und jetzt raus.«

Link lächelte ihnen zu und ging hinaus. Er postierte sich vor der Tür und sah, wohl wissend, dass die Überwachungskamera ihn im Bild hatte, hin und wieder durch das kleine Fenster.

Drinnen lief alles ab wie immer. Der Austausch der Briefe dauerte nur ein paar Sekunden. Aus stets demselben abgegriffenen braunen Umschlag zog Joe Roy Spicer die ausgehende Post und reichte sie

Trevor, der die eingegangenen Briefe aus dem Aktenkoffer nahm und sie seinem Mandanten gab.

Diesmal waren es sechs. Manchmal waren es zehn, selten weniger als fünf. Obgleich Trevor weder eine Liste führte noch Kopien anfertigte oder irgendwelche Unterlagen hatte, die als Beweis hätten dienen können, dass er irgendetwas mit diesem krummen Ding der Bruderschaft zu tun hatte, wusste er, dass es im Augenblick zwanzig bis dreißig potenzielle Opfer gab. Er erkannte einige der Namen und Adressen wieder.

Nach Spicers genauen Unterlagen waren es einundzwanzig Opfer. Einundzwanzig Erfolg versprechende Opfer und weitere achtzehn, bei denen die Aussichten nicht so gut waren. Insgesamt beinahe vierzig Brieffreunde, die ihre wahren Neigungen verbargen. Einige fürchteten sich sogar vor ihrem eigenen Schatten, andere wurden von Woche zu Woche kühner, und einige waren drauf und dran, alles stehen und liegen zu lassen und sich in Rickys oder Percys Arme zu werfen.

Das Schwierigste war, die Geduld zu bewahren. Die Sache funktionierte, Geld wechselte den Besitzer, und die Versuchung war groß, zu schnell zu viel herauszupressen. Beech und Yarber waren bienenfleißig und arbeiteten stundenlang an ihren Briefen, während Spicer die Arbeit koordinierte. Es erforderte eine gewisse Disziplin, einen neuen Brieffreund — einen mit Geld — an den Haken zu bekommen und ihn mit so vielen schönen Worten zu bearbeiten, dass er einem vertraute.

«Wäre nicht bald mal wieder was fällig?«fragte Trevor.

Spicer betrachtete die neuen Briefe.»Erzähl mir nicht, dass du pleite bist«, sagte er.»Du verdienst mehr als wir.«

«Mein Geld ist genauso gebunkert wie eures. Ich hätte bloß gern mehr davon.«

«Ich auch. «Spicers Blick fiel auf den Umschlag mit Brants Absender in Upper Darby, Pennsylvania.»Ah, ein Neuer«, murmelte er und öffnete ihn. Er las den Brief und war überrascht von seinem Ton. Keine Angst, keine überflüssigen Worte, kein vorsichtiges Herantasten. Dieser Mann wollte was erleben.

«Wo ist Palm Valley?«fragte er.

«Fünfzehn Kilometer südlich der Strande. Warum?«

«Was für ein Ort ist das?«

«Eins von diesen eingezäunten Reservaten mit Golfplatz für reiche Pensionäre. Die kommen fast alle aus dem Norden.«

«Wie viel kosten die Häuser?«

«Tja, ich bin noch nie dort gewesen. Die haben ein verschlossenes Tor, und überall sind Wachmänner. Als könnte einer dort einsteigen und ihnen ihre Golfwagen klauen. Aber-«

«Wie viel kosten die Häuser?«

«Mindestens eine Million. Ich hab Anzeigen für welche gesehen, die drei Millionen kosten sollen.«»Warte hier«, sagte Spicer, nahm den braunen Umschlag mit den Briefen und ging zur Tür.

«Wo gehst du hin?«fragte Trevor.

«Zur Bibliothek. Ich bin in einer halben Stunde zurück.«

«Ich hab was Besseres zu tun, als hier herumzusitzen.«

«Nein, hast du nicht. Lies die Zeitung.«

Spicer sagte etwas zu Link, der ihn durch den Besucherraum und aus dem Verwaltungsgebäude hinaus eskortierte. Er ging mit raschen Schritten den Weg zwischen den gepflegten Grünflächen entlang. Die Sonne schien, und die Gärtner verdienten sich ihre 5 °Cents pro Stunde.

Wie übrigens auch die Bibliothekare. Beech und Yarber saßen in ihrem kleinen Besprechungszimmer, wo sie sich gerade bei einem Schachspiel von der Arbeit des Briefeschreibens erholten, als Spicer eilig und mit einem ganz untypischen Lächeln auf den Lippen eintrat.»Jungs, wir haben endlich einen dicken Fisch an der Angel«, verkündete er und warf Brants Brief auf den Tisch. Beech las ihn vor.