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Lieber AI!

In deinem letzten Brief hast du versucht, unseren Briefwechsel zu beenden. Tut mir leid, aber so einfach wird das nicht sein. Ich will gleich zur Sache kommen: Ich heiße nicht Ricky, und du heißt nicht AI. Ich bin nicht in irgendeiner teuren Drogenklinik, sondern im Gefängnis.

Ich weiß also, wer Sie sind, Mr. Lake. Ich weiß auch, dass dies ein sehr erfolgreiches Jahr für Sie ist, dass Sie die Nominierung praktisch in der Tasche haben und von allen Seiten jede Menge Geld auf Ihr Konto strömt. Wir kriegen hier Zeitungen und haben Ihren kometenhaften Aufstieg mit großem Stolz verfolgt.

Jetzt, da ich weiß, wer AI Konyers ist, werden Sie sicher wollen, dass ich mein kleines Geheimnis für

mich behalte. Ich bin auch bereit, Ihrem Wunsch zu entsprechen — allerdings wird Sie das viel Geld kosten.

Ich will Geld, und ich will hier raus. Ich kann Geheimnisse bewahren, und ich weiß, wie man verhandelt.

Das Geld ist das kleinere Problem, denn davon haben Sie, wie ich weiß, genug. Meine Entlassung wird ein bisschen komplizierter werden. Aber Sie haben ja jetzt viele mächtige Freunde, und ich bin sicher, Ihnen wird etwas einfallen.

Ich habe nichts zu verlieren, und wenn Sie sich weigern, mit mir zu verhandeln, mache ich Sie fertig.

Ich heiße Joe Roy Spicer, und ich bin Häftling im Bundesgefängnis in Trumble. Finden Sie einen Weg, sich mit mir in Verbindung zu setzen, und verlieren Sie dabei keine Zeit.

Ich werde Sie nicht in Ruhe lassen.

Mit freundlichen Grüßen Joe Roy Spicer

Die anstehende Besprechung wurde abgesagt. Deville benachrichtigte York, und zehn Minuten später saßen sie im Bunker und berieten sich.

Die Ermordung der Richter war die erste Option, die sie erwogen. Mit den adäquaten Mitteln — Tabletten, Gift und so weiter — konnte Argrow das erledigen. Yarber würde im Schlaf sterben. Spicer würde auf der Aschenbahn einem Herzanfall erliegen. Und der Hypochonder Beech würde ein falsches Medikament einnehmen. Alle drei waren nicht sonderlich gesund und durchtrainiert, und Argrow würde leicht mit ihnen fertig werden. Ein böser Sturz, ein gebrochenes Genick — es gab viele Möglichkeiten, einen natürlichen Tod oder einen Unfall vorzutäuschen.

Es würde schnell geschehen müssen, noch während sie auf eine Antwort von Lake warteten.

Aber es würde zu viel Aufsehen erregen und unnötig kompliziert sein. Drei Leichen auf einmal, und das in einem harmlosen kleinen Gefängnis wie Trumble. Und die drei waren eng befreundet und verbrachten den größten Teil ihrer Zeit gemeinsam. Alle drei würden innerhalb kurzer Zeit auf verschiedene Weise sterben. Das würde gewaltigen Verdacht erregen. Und was, wenn dieser Verdacht auf Argrow fiel? Seine Legende war nicht sonderlich gut abgesichert.

Und Trevor machte ihnen Sorgen. Wo immer er auch war — es bestand die Möglichkeit, dass er vom Tod der drei Richter erfuhr. Diese Nachricht würde ihm noch mehr Angst einjagen, aber sie konnte ihn auch unberechenbar machen. Vielleicht wusste er mehr, als sie annahmen.

Deville würde Pläne zu ihrer Beseitigung ausarbeiten, aber Teddy hatte große Bedenken. Nicht dass er Skrupel gehabt hätte, die drei umbringen zu lassen — er war nur nicht überzeugt, dass er Lake dadurch würde schützen können.

Was, wenn die Richter noch jemanden eingeweiht hatten?

Es gab zu viele unbekannte Faktoren. Deville wurde angewiesen, die entsprechenden Pläne zu entwickeln; sie würden jedoch erst umgesetzt werden, wenn es keine anderen Optionen mehr gab.

Alle Szenarien wurden erörtert. Theoretisch, sagte York, konnten sie den Brief ja wieder in das Postfach legen, damit Lake ihn dort fand.

«Aber dann wird er nicht wissen, was er tun soll«, sagte Teddy.

«Wissen wir es denn?«

«Noch nicht.«

Der Gedanke daran, wie Aaron Lake auf diesen Angriff reagieren würde, wie er versuchen würde, die drei Richter zum Schweigen zu bringen, war fast belustigend und entbehrte nicht einer gewissen Gerechtigkeit. Lake hatte einen Fehler gemacht — sollte er doch sehen, wie er ihn wieder aus der Welt schaffte.

«Eigentlich sind wir es, die einen Fehler begangen haben«, sagte Teddy.»Und wir werden ihn wieder ausbügeln.«

Sie konnten nicht vorhersehen, was Lake tun würde, und deshalb konnten sie ihn auch nicht steuern. Irgendwie war er ihnen lange genug entschlüpft, um Ricky eine Nachricht zukommen zu lassen. Und was er geschrieben hatte, war so dumm gewesen, dass die Richter nunmehr wussten, wer er war.

Ganz zu schweigen von dem, was offensichtlich war: Lake war jemand, der einen geheimen Briefwechsel mit einem Schwulen unterhielt. Er führte ein Doppelleben und verdiente nicht allzu viel Vertrauen.

Sie diskutierten die Möglichkeit, ihn mit den Tatsachen zu konfrontieren. York hatte das bereits nach dem ersten Brief aus Trumble befürwortet, doch Teddy hatte sich nicht überzeugen lassen. Das Problem hatte ihm den Schlaf geraubt; er hatte gehofft, diesen Briefwechsel unterbinden zu können.

Er wollte die Sache diskret aus der Welt schaffen und sich dann in aller Ruhe mit dem Kandidaten unterhalten.

Ach, wie würde er es genießen, Lake zur Rede zu stellen. Er würde ihn in dem Sessel da drüben Platz nehmen lassen und Kopien dieser verdammten Briefe auf die Leinwand projizieren. Und eine Kopie der Kleinanzeige in Out and About. Er würde ihm von Quince Garbe in Bakers, lowa, erzählen, einem anderen Idioten, der auf diese Sache hereingefallen war, und von Curtis Vann Gates in Dallas.»Wie konnten Sie nur so dumm sein?«würde er Aaron Lake anschreien.

Aber Teddy konzentrierte sich auf das große Ganze. Die Probleme mit Lake waren klein im Vergleich zu der Dringlichkeit der Aufstockung der Rüstungsausgaben. Die Russen entwickelten sich zu einer Gefahr, und wenn Natty Tschenkow und seine Leute erst einmal erfolgreich geputscht hatten, würde sich die Welt drastisch und dauerhaft verändern.

Teddy hatte weit mächtigere Männer kaltgestellt als diese drei kriminellen Richter, die in einem Bundesgefängnis saßen. Sorgfältige Planung war seine Stärke. Mühselige, geduldige Planung.

Die Besprechung wurde durch eine Meldung aus Devilles Büro unterbrochen: Trevor Carsons Pass war bei der Ausreisekontrolle am Flughafen von Hamilton auf Bermuda registriert worden. Er hatte die Insel mit einer Maschine nach San Juan in Puerto Rico verlassen und würde in 50 Minuten dort eintreffen.

«Wussten wir, dass er auf Bermuda ist?«fragte York.

«Nein, das wussten wir nicht«, antwortete Deville.»Offenbar ist er dort eingereist, ohne seinen Pass vorzulegen.«

«Vielleicht ist er nicht der Säufer, für den wir ihn halten.«

«Haben wir jemanden in Puerto Rico?«fragte Teddy. Seine Stimme klang nur eine Spur erregter als sonst.

«Natürlich«, sagte York.

«Dann soll er die Spur aufnehmen.«

«Neue Pläne mit dem guten alten Trevor?«wollte Deville wissen.

«Nein, ganz und gar nicht«, sagte Teddy.»Ganz und gar nicht.«

Deville verließ sie, um sich mit der neuesten Entwicklung in Sachen Trevor zu befassen. Teddy rief einen Assistenten und bestellte Pfefferminztee. York las noch einmal Spicers Brief. Als sie allein waren, fragte er:»Und wenn wir sie trennen?«

«Daran habe ich auch schon gedacht. Wir müssten schnell handeln, bevor sie Zeit haben, sich zu beraten. Wir würden sie in drei weit auseinander liegende Gefängnisse verlegen lassen, sie für eine gewisse Zeit isolieren und dafür sorgen, dass sie keine Post erhalten und keine Gelegenheit haben, ein Telefon zu benutzen. Aber was würde uns das bringen? Sie hätten noch immer ihr Geheimnis. Jeder von ihnen könnte Lake fertig machen.«

«Und ich bin nicht sicher, ob wir die erforderlichen Kontakte zur Strafvollzugsbehörde haben.«

«Es wäre zu machen. Wenn nötig, könnte ich mit dem Justizminister sprechen.«