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«Wenn er auf der Flucht war, vor wem ist er dann geflohen?«

«Vielleicht war Lake hinter ihm her.«

«Er wusste ja nicht, dass es Lake war. Er hatte doch keine Ahnung.«

«Na gut, dann ist er eben vor Konyers geflohen. Als er zum letzten Mal hier war, hat er gesagt, Konyers sei ein ganz dicker Fisch. Er hat gesagt, Konyers wusste über uns Bescheid, und am nächsten Tag war er weg.«

«Vielleicht hatte er bloß Angst. Konyers hat ihn zur Rede gestellt und damit gedroht, seine Rolle in

unserem kleinen Spiel aufzudecken, und Trevor mit seinen schlechten Nerven hat beschlossen, alles Geld zusammenzuraffen, das er kriegen konnte, und abzuhauen.«

«Ich würde gern wissen, wessen Geld er zusammengerafft hat.«

«Niemand weiß von unserem Geld. Warum sollte es also verschwunden sein?«

«Trevor hat wahrscheinlich alle beklaut, die er beklauen konnte. So was passiert andauernd. Anwälte geraten in Schwierigkeiten und flippen aus. Sie räumen die Treuhandkonten ihrer Mandanten ab und tauchen unter.«

«Tatsächlich?«fragte Spicer.

Beech wusste von drei Fällen, und auch Yarber hatte mehrmals von so etwas gehört.

«Wer hat ihn dann umgebracht?«

«Gut möglich, dass er einfach im falschen Stadtviertel herumspaziert ist.«

«Beim Sheraton Hotel? Glaube ich nicht.«

«Okay, und wenn Konyers ihn hat umlegen lassen?«

«Das wäre möglich. Konyers hat Trevor irgendwie aufgespürt und rausgekriegt, dass er Rickys Kontaktmann war. Er hat Trevor in die Mangel genommen und ihm gedroht, ihn hinter Gitter zu bringen oder so, und Trevor ist in die Karibik abgehauen. Aber er wusste nicht, dass Konyers in Wirklichkeit Lake war.«

«Und Lake ist mit Sicherheit reich und mächtig genug, um einen Anwalt aufzuspüren, der zu viel trinkt.«

«Aber was ist mit uns? Lake weiß inzwischen, dass Ricky nicht Ricky ist, sondern Joe Roy, und dass er diese Sache mit ein paar Freunden, die ebenfalls im Knast sitzen, durchzieht.«

«Die Frage ist: Kann er uns was anhaben?«

«Wenn er's kann, bin ich wahrscheinlich der Erste, der es erfährt«, sagte Spicer mit einem nervösen Lachen.

«Und es besteht immer noch die Möglichkeit, dass Trevor sich in der falschen Gegend von Kingston herumgetrieben hat, wahrscheinlich betrunken. Vielleicht hat er versucht, eine Frau anzumachen, und sich dabei ein paar Kugeln eingefangen.«

Sie waren sich einig, dass Trevor der Typ für so etwas war.

Mochte er in Frieden ruhen. Allerdings nur, wenn er sich nicht an ihrem Geld vergriffen hatte. Sie trennten sich wieder. Yarber kehrte zur Aschenbahn zurück, um seine Runden zu drehen und dabei nachzudenken. Yarber machte sich daran, für zwanzig Cent pro Stunde einen Computer im Büro des Gefängnispfarrers zu reparieren. Spicer ging in die Bibliothek, wo Argrow an einem Tisch saß und in juristischen Fachbüchern blätterte.

Die juristische Abteilung der Bibliothek stand allen Häftlingen offen, doch eine ungeschriebene Regel besagte, dass man wenigstens einen der Richter fragen musste, bevor man die Bücher benutzte. Argrow war neu und kannte diese Regel offenbar noch nicht. Spicer beschloss, es durchgehen zu lassen.

Sie nickten sich zu, und Spicer begann, die Tische aufzuräumen und Bücher in die Regale zu sortieren.

«Es geht das Gerücht, dass ihr juristische Beratungen macht«, sagte Argrow vom anderen Ende des Raumes. Sie waren allein in der Bibliothek.

«Hier gibt's viele Gerüchte.«

«Ich will in Berufung gehen.«

«Und was war bei deiner Verhandlung?«

«Die Geschworenen haben mich in drei Fällen schuldig gesprochen: Bankbetrug, Bunkern von Geld im Ausland, auf den Bahamas. Der Richter hat mich zu fünf Jahren verknackt. Vier Monate hab ich abgesessen, aber ich weiß nicht, ob ich die restlichen sechsundfünfzig überstehe. Ich brauche ein bisschen Hilfe im Berufungsverfahren.«

«Vor welchem Gericht ist die Sache verhandelt worden?«

«Virgin Islands. Ich hab für eine große Bank in Miami gearbeitet. Jede Menge Drogengelder.«

Argrows Antworten kamen sehr schnell, und er schien etwas zu eifrig. Das irritierte Spicer, aber nur ein wenig. Die Erwähnung der Bahamas hatte ihn aufhorchen lassen.

«Irgendwie hab ich meine Leidenschaft für Geldwäsche entdeckt. Jeden Tag gingen Millionen durch meine Hände, und das war regelrecht berauschend. Ich konnte schmutziges Geld schneller waschen als jeder andere Banker in Süd-Florida. Kann ich immer noch. Aber leider hab ich mich mit den falschen Leuten eingelassen und ein paar falsche Entscheidungen getroffen.«

«Hast du dich schuldig bekannt?«

«Klar.«

«Damit gehörst du hier zu einer kleinen Minderheit.«

«Nein, ich hatte ja wirklich einen Fehler gemacht, aber die Strafe war zu hart. Jemand hat mir gesagt, dass ihr eine Strafmilderung rausholen könnt.«

Spicer vergaß die Unordnung auf den Tischen und in den Regalen. Er zog einen Stuhl heran und hatte plötzlich Zeit für eine Unterhaltung.»Wir können ja mal einen Blick in die Unterlagen werfen«, sagte er, als hätte er schon bei Tausenden von Berufungsverfahren geholfen.

Du Trottel, wollte Argrow sagen. Du bist in der zehnten Klasse von der Highschool abgegangen und hast mit neunzehn ein Auto geklaut. Dein Vater hat seine Beziehungen spielen lassen und dafür gesorgt, dass es nicht zur Anklage kam. Du bist mit gefälschten Briefwahlscheinen und den Stimmen von Toten zum Friedensrichter gewählt worden, und jetzt sitzt du in einem Bundesgefängnis und willst das große Ding abziehen.

Und, räumte Argrow ein, du hast die Macht, den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten fertig zu machen.

«Was wird das kosten?«fragte er.

«Wie viel hast du?«erwiderte Spicer, ganz wie ein echter Anwalt.

«Nicht viel.«

«Ich denke, du weißt, wie man Geld auf Auslandskonten versteckt.«

«Ja, das weiß ich, das kannst du mir glauben. Ich hatte mal eine hübsche Summe beisammen, aber davon ist nichts mehr übrig.«

«Dann kannst du also nichts bezahlen?«

«Nicht viel. Vielleicht zweitausend.«

«Was ist mit deinem Anwalt?«

«Der hat mir dieses Urteil eingebracht. Und für einen neuen hab ich nicht genug Geld.«

Spicer dachte nach. Ihm wurde bewusst, dass Trevor ihm tatsächlich fehlte. Alles war viel einfacher gewesen, als sie ihn als Kontaktmann zur Außenwelt gehabt hatten, der das Geld weitergeleitet hatte.»Hast du deine Kontakte auf den Bahamas noch?«

«Ich habe Kontakte in der ganzen Karibik. Warum?«

«Weil du uns das Geld überweisen lassen musst. Bargeld ist hier verboten.«

«Du willst, dass ich euch zweitausend Dollar überweise?«

«Nein, ich will, dass du uns fünftausend Dollar überweist. Das ist unser Mindesthonorar.«

«Und wo ist eure Bank?«

«Auf den Bahamas.«

Argrow kniff die Augen zusammen. Er runzelte die Stirn und dachte ebenso gründlich nach wie Spicer. Ihre Gedankengänge kamen einander näher.

«Warum auf den Bahamas?«fragte Argrow.

«Aus demselben Grund, aus dem du das Geld auf die Bahamas geschafft hast.«

Beiden Männern ging allerhand durch den Kopf.»Eine Frage«, sagte Spicer.»Du hast gesagt, du könntest Geld schneller waschen als jeder andere.«

Argrow nickte und sagte:»Kein Problem.«

«Kannst du das noch immer?«

«Du meinst, von hier aus?«

«Ja. Von hier aus.«

Argrow lachte und zuckte die Schulter, als wäre das die leichteste Sache der Welt.»Klar. Ich hab ein paar Freunde.«

«Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier. Vielleicht hab ich da was für dich.«

Eine Stunde später kehrte Argrow in die Bibliothek zurück. Die drei Richter saßen an einem Tisch, auf dem so viele Papiere und Gesetzbücher lagen, dass es aussah, als wäre der Oberste Gerichtshof von Florida zusammengetreten. Spicer stellte ihm Beech und Yarber vor. Argrow nahm ihnen gegenüber Platz. Außer ihnen war niemand in der Bibliothek.