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»Ja. Ich habe noch meine Informationsquellen bei den Höfen, und Brand versetzte sich nach dem Kampf mit dir dorthin. Ich erfahre so manches.«

»Weißt du, wo sich unser Vater im Augenblick aufhält?« fragte Random.

»Nein. Aber ich nehme an, er hat sich in das wahre Amber begeben; es aufgesucht, um sich mit Dworkin zu beraten und noch einmal den Schaden am Ur-Muster zu überprüfen.«

»Und was soll das nützen?«

»Keine Ahnung. Vermutlich will er sich darüber klarwerden, wie er nun weiter vorgehen soll. Die Tatsache, daß er mich erreicht und den Angriff befohlen hat, dürfte bedeuten, daß er zu einem Entschluß gekommen ist.«

»Wie lange liegt diese Mitteilung zurück?«

»Wenige Stunden – meiner Zeitrechnung. Aber ich befand mich fern von hier in den Schatten. Ich weiß nicht, wie die Zeitunterschiede aussehen. Dafür ist mir das alles doch noch zu neu.«

»Es mag also erst kurze Zeit her sein«, sagte Gérard, »vielleicht nur Sekunden. Warum hat er aber mit dir gesprochen und nicht mit einem von uns? Ich glaube einfach nicht, daß er uns nicht erreichen könnte, wenn er das wirklich wollte.«

»Vielleicht wollte er euch klarmachen, daß ich in seiner Gunst stehe«, bemerkte sie.

»Das mag ja alles richtig sein«, warf Benedict ein. »Doch ich unternehme nichts, ehe ich nicht eine Bestätigung für den Befehl erhalte.«

»Hält sich Fiona noch am Ur-Muster auf?« fragte Random.

»Nach der letzten Nachricht von ihr«, sagte ich, »hat sie dort ihr Lager aufgeschlagen. Ich begreife, was du sagen willst . . .«

Ich blätterte Fionas Karte auf.

»Zum Durchkommen brauchten wir mehr als einen von uns«, sagte er.

»Du hast recht. Hilf mir!«

Er stand auf und trat neben mich. Benedict und Gérard näherten sich ebenfalls.

»Das ist eigentlich überflüssig!« wandte Dara ein.

Ich beachtete sie nicht, sondern konzentrierte mich auf die zarten Gesichtszüge meiner rothaarigen Schwester. Gleich darauf hatten wir Kontakt.

»Fiona, ist Vater bei dir?« fragte ich. Der Hintergrund verriet mir, daß sie sich noch immer im Kern aller Dinge aufhielt.

»Ja«, antwortete sie mit gepreßtem Lächeln. »Er ist drinnen, bei Dworkin.«

»Hör zu, wir haben es sehr eilig. Ich weiß nicht, ob du Dara kennst oder nicht, aber sie ist hier . . .«

»Ich weiß, wer sie ist, bin ihr aber noch nicht begegnet.«

»Nun, sie behauptet, einen Angriffsbefehl für Benedict zu haben, von Vater. Als Beweis kann sie seinen Siegelring vorweisen, aber er hat uns davon vorher nichts gesagt. Weißt du etwas darüber?«

»Nein«, antwortete sie. »Als er und Dworkin vorhin hier draußen waren, um sich das Muster anzusehen, haben wir uns lediglich begrüßt. Allerdings hatte ich gleich einen Verdacht, der nun bestätigt wird.«

»Einen Verdacht? Was meinst du?«

»Ich glaube, Vater will den Versuch machen, das Muster zu reparieren. Er hat das Juwel bei sich, und ich habe etwas von dem mitbekommen, was er zu Dworkin gesagt hat. Wenn er den Versuch wagt, wird man es in den Burgen des Chaos in dem Augenblick merken, da er das Muster betritt. Man wird versuchen, ihn daran zu hindern. Deshalb will er vielleicht zuerst losschlagen, um die Leute in Atem zu halten. Nur . . .«

»Was?«

»Er wird es nicht überleben. Soviel weiß ich. Ob er nun Erfolg hat oder es nicht schafft, er wird dabei vernichtet werden.«

»Das kann ich kaum glauben!«

»Daß ein König für das Reich sein Leben gibt?«

»Daß Vater es tun würde.«

»Dann hat er sich verändert, oder du hast ihn nie richtig gekannt. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, daß er es versuchen wird.«

»Warum schickt er seinen neuesten Befehl dann aber durch jemanden, von dem er weiß, daß wir ihm nicht vertrauen?«

»Um zu zeigen, daß ihr ihr trauen sollt, würde ich sagen – sobald er den Befehl bestätigt hat.«

»Das scheint mir einigermaßen umständlich zu sein, aber ich stimme dir zu, daß wir ohne diese Bestätigung nichts unternehmen sollten. Kannst du sie uns besorgen?«

»Ich werde es versuchen. Ich melde mich, sobald ich mit ihm gesprochen habe.«

Sie unterbrach den Kontakt.

Ich wandte mich Dara zu, die nur unsere Seite des Gesprächs mitbekommen hatte.

»Weißt du, was Vater vorhat?« fragte ich.

»Es hat irgendwie mit der schwarzen Straße zu tun«, antwortete sie. »Soweit hatte ich seine Hinweise verstanden. Was er aber im einzelnen plant oder wie er vorgehen will, hat er mir nicht gesagt.«

Ich wandte mich ab. Ich klopfte meine Karten glatt und steckte sie wieder ein. Die jüngste Wende der Ereignisse gefiel mir nicht. Der Tag hatte einen schlechten Anfang genommen und war seither ausschließlich bergab gegangen. Dabei hatten wir erst frühen Nachmittag. Ich schüttelte den Kopf. Dworkin hatte mir einmal erklärt, welche Folgen ein Reparaturversuch am Muster haben mußte, und das hatte sich ziemlich schrecklich angehört. Was würde geschehen, wenn Vater das Wagnis nicht schaffte und dabei umkam? Wo standen wir dann? Wo wir auch jetzt standen, nur ohne Anführer: vor dem Beginn einer großen Schlacht, und mit dem wiederauflebenden Nachfolgeproblem im Tornister. Die schreckliche Sache würde uns in einem Hinterstübchen unseres Verstandes beschäftigen, während wir in die Schlachten ritten, und wir alle würden unsere kleinen Vorbereitungen treffen für den Kampf gegen die Brüder und Schwestern, sobald der andere Feind geschlagen war. Es mußte einen anderen Weg geben! Es war besser, Vater lebendig auf dem Thron zu wissen, als die Nachfolge-Intrigen wieder aufleben zu lassen.

»Worauf warten wir?« fragte Dara. »Auf die Bestätigung?«

»Ja«, antwortete ich.

Random begann hin und her zu schreiten. Benedict nahm Platz und überprüfte den Verband an seinem Arm. Gérard lehnte an der Kaminumrandung. Ich stand irgendwo im Zimmer und überlegte. Soeben war mir ein Einfall gekommen. Ich schob den Gedanken sofort zur Seite, wurde ihn aber nicht los. Die Vorstellung gefiel mir nicht, was aber mit praktischen Erwägungen wenig zu tun hatte. Allerdings würde ich schnell handeln müssen, ehe ich Gelegenheit fand, mich selbst eines Besseren zu belehren. Nein. Ich würde mich daran halten. Verdammt!

Es regte sich ein Kontakt. Ich wartete ab. Gleich darauf hatte ich erneut Fiona vor mir. Sie befand sich an einem mir bekannten Ort, den ich gleichwohl erst nach wenigen Sekunden erkannte: Dworkins Wohnzimmer hinter der dicken Tür hinten in der Höhle. Vater und Dworkin waren bei ihr. Vater hatte seine Ganelon-Rolle aufgegeben und zeigte wieder die alte Gestalt. Er trug das Juwel.

»Corwin«, meldete sich Fiona. »Es stimmt. Vater hat den Angriffsbefehl über Dara ausgeschickt und war auf unsere Bitte um Bestätigung gefaßt. Ich . . .«

»Fiona, hol mich durch!«

»Was?«

»Du hast mich verstanden. Mach schon!«

Ich streckte die rechte Hand aus. Sie hob den Arm, und wir berührten uns.

»Corwin!« rief Random. »Was ist los?«

Benedict war aufgesprungen. Gérard kam bereits auf mich zu.

»Das werdet ihr bald erfahren«, antwortete ich und trat vor.

Ehe ich losließ, drückte ich ihr die Hand und lächelte.

»Vielen Dank, Fiona. Hallo, Vater! Hallo, Dworkin! Wie geht´s denn so?«

Sofort blickte ich zu der dicken Tür hinüber und sah, daß sie offenstand. Ich ging um Fiona herum und näherte mich den beiden Männern. Vater hatte den Kopf gesenkt und die Augen zusammengekniffen. Diesen Ausdruck kannte ich.

»Was soll das, Corwin? Du bist ohne Erlaubnis hier. Ich habe den verdammten Befehl bestätigt, jetzt erwarte ich, daß er auch ausgeführt wird.«

»Das soll geschehen«, sagte ich und nickte. »Ich bin nicht gekommen, um mich darüber mit dir zu streiten.«

»Worüber dann?«

Ich rückte näher und berechnete dabei meine Worte wie auch die Entfernung. Es freute mich, daß er sitzen geblieben war.

»Wir sind eine Zeitlang als Kameraden miteinander geritten«, sagte ich. »Verflucht will ich sein, wenn ich dich in dieser Zeit nicht liebgewonnen habe. Ich hatte nie Sympathie für dich, weißt du. Auch nicht den Mut, so etwas bisher auszusprechen, aber du weißt, daß ich die Wahrheit sage. Ich spiele gern mit dem Gedanken, daß die Dinge so zwischen uns hätten stehen können, wenn wir nicht eben gewesen wären, was wir sind.« Einen Sekundenbruchteil lang schien sich sein Blick zu erweichen, während ich weiter in Position rückte. Dann fuhr ich fort: »Jedenfalls möchte ich an dich auf diese Weise glauben und nicht auf die andere; denn es gibt etwas, das ich sonst nicht für dich getan hätte.«