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Ande murmelte etwas Unverständliches in sich hinein. Leutnant Kamschi sah ihn missbilligend an, schwieg aber dazu.

»Großmut ist eine wichtige Sache«, stellte ich fest, »denn sie ist Zeichen eines glücklichen Lebens. Wenn Melamori mit dem Artikel zufrieden ist, brauche ich ihn jetzt nicht zu lesen. Ich kaufe mir die Zeitung - das ist viel angenehmer.«

»Sie können ihn ruhig lesen. Es steht wirklich nichts Schlimmes drin«, meinte Ande gereizt. Dann setzte er begeistert hinzu: »Sir Max, Sie haben sich da im Wald eine tolle Nummer geleistet. Alle Helden der Vergangenheit können neidisch auf Sie sein.«

»Schon gut, Ande«, sagte ich und winkte lächelnd ab.

Ich drehte mich zum Fenster und merkte, dass die Straßen der Hauptstadt voller Schaulustiger waren. Die Leute sahen sich mit schweigender Neugier die Prozession an, die aus dem Wald von Mahagon kam.

»Wer hätte gedacht, dass es in Echo so viele Faulenzer gibt.«

»Ich kann die Leute gut verstehen. Dieser Anblick ist es wert, alles stehen und liegen zu lassen«, meinte Schichola. »Ich hätte dasselbe getan.«

»Darf ich hier aussteigen, Max?«, fragte Ande. »Zur Redaktion der Königlichen Stimme sind es von hier aus nur ein paar Schritte, und vielleicht schaffe ich es ja, meinen Artikel noch in der Abendausgabe unterzubringen.«

»Natürlich. Warum fragst du? Du bist - den Magistern sei Dank! - ein freier Mensch.«

Kamschi hielt kurz an. Ande sprang erstaunlich flink aus dem Wagen, wünschte uns noch einen guten Tag und verschwand in der Menge.

»Wie findest du ihn?«, fragte ich Melamori.

»Toll«, sagte sie. »Die erste halbe Stunde der Rückreise hat er seinen Artikel geschrieben, und dann hat er mir Geschichten aus dem Studium und von seiner Arbeit am Hof erzählt. Obendrein lispelt er so süß. Sonst wäre ich vor Langeweile fast gestorben: Du hast geschlafen, Schichola hat deine Knechte beobachtet, und Kamschi hat getan, als würde er sich nur auf den Weg konzentrieren. Dabei könnte das A-Mobil bei dieser Geschwindigkeit allein fahren.«

Leutnant Kamschi schwieg und zuckte nur müde die Achseln. Unsere Diskussion hatte ihn zweifelsohne getroffen.

Keine Ahnung, wie meine Begleiter es sahen - ich jedenfalls freute mich, wieder ins Haus an der Brücke zu kommen. Ich besah mir die alten Mauern und stellte fest, wie angenehm und ruhig es bei uns war. Hier herrschte Sir Juffin, der mich gleich von meinen toten Knechten befreien würde. Von meinem Erfolg wurde mir ganz mulmig.

Mein Chef kam uns entgegen, warf uns einen verschlagenen Blick zu, kicherte, schüttelte den Kopf und gab ein paar Befehle, die mich sehr erleichterten.

»Melamori, ab nach Hause. Erhol dich. Dieses Monster im Todesmantel hat dich beinahe bis aufs Blut gequält. Wenn ich dich brauche, sag ich Bescheid. Max, hör endlich auf, so ein furchtbares Gesicht zu machen. Wenn du nicht gleich lächelst, rufe ich die Heiler. Und verfrachte deinen Schatz bitte in die Abstellkammer neben unserem Büro. Ich meine natürlich Dschifa, nicht Lady Melamori. Dann musst du zu deinen neuen Lieblingen zurückkehreri und Sir Schürf helfen, das Problem der toten Knechte zu lösen. Und ihr, meine lieben Polizisten, könnt noch ein paar Minuten hierbleiben und euch an eurer Beute weiden. Wer von euch ist eigentlich auf die Idee gekommen, Max zu diesem Picknick einzuladen? Das würde mich sehr interessieren. Waren Sie das etwa, Kamschi?«

»Nein, die Idee kam von Hauptmann Schichola. Ich wollte unbedingt allein arbeiten, weil die Beschäftigung mit den Füchsen von Mahagon nie zum Aufgabenkreis Ihrer Behörde gehört hat. Außerdem hatte ich unsere Strategie so lange vorbereitet, dass ich die Füchse mit unseren Leuten hätte zur Strecke bringen können und keine andere Behörde einschalten wollte.«

»Sehr gute Arbeit, Hauptmann Schichola. Ihre Intuition ist Gold wert. Und du, Max? Worauf wartest du noch? Du sollst Dschifa doch dahin bringen, wo er hingehört. Wälz mir bitte diesen Stein vom Herzen.«

»Du und du«, sagte ich und zeigte auf meine toten Helfer, die den verschnürten Dschifa schleppten, »folgt mir. Alle anderen bleiben hier und warten, bis ich wieder da bin. Verstanden?«

»Alles klar, Herr«, ertönte es gehorsam im Chor.

»Toll«, sagte Juffin begeistert. »Du bist der geborene Potentat, Max. Ein echter Prinz, Ehrenwort. Und du hast behauptet, du gibst ungern Befehle

»Ich hasse es sogar, andere herumzukommandieren«, sagte ich erbittert.

»Dafür kannst du es aber ganz gut. Diese Eigenschaft solltest du pflegen. Vielleicht brauchst du sie noch mal.«

»Hoffentlich nicht. Dann ist es schon besser, andere umzubringen.«

Ich sah Kamschi finster an und erinnerte mich daran, dass er mir Grausamkeit vorgeworfen hatte. Es war dumm, mich davon so erschüttern zu lassen. Grausamkeit wird in Echo nicht ungern gesehen. Ich musste sie allerdings noch verfeinern.

Mit meinen beiden toten Helfern brachte ich Dschifa in eine kleine, enge Kammer, die neben Juffins und meinem Büro lag und auch von dort zugänglich war. Bei dieser Kammer handelte es sich um eine Miniaturausgabe des Cholomi-Gefängnisses, denn man konnte sie weder verlassen noch darin zaubern, und per Stummer Rede konnte man sich von dort aus auch nicht verständigen. Es war eine isolierte Verhörzelle für besonders schwere Fälle. Soweit ich wusste, wurde sie eigentlich nie benutzt. Was Dschifa anlangte, gab es aber gute Gründe, die berüchtigten Verhörmethoden aus der Anfangszeit der Epoche des Gesetzbuchs neu zu beleben. Damals war diese Zelle nicht einen Tag leer gewesen.

»Legt ihn auf den Boden«, befahl ich meinen gehorsamen Untertanen. »Den Knebel könnt ihr ihm aus dem Mund nehmen. Hier kann er schimpfen, was das Zeug hält. Ich möchte die Freiheit der Meinungsäußerung nicht beschränken, auch wenn es zu Fluchtiraden kommt. Aber anhören will ich mir das nicht.«

Meine Helfer taten, wie ihnen befohlen. Dschifa nutzte die Gelegenheit, uns mit saftigen Worten zu verabschieden.

Die übrigen Toten drängten sich im Flur. Juffin verschwand, und meine braven Kollegen von der Polizei mussten eine wirre Rede ihres Vorgesetzten Fuflos über sich ergehen lassen.

Es war unfassbar: Fuflos beschimpfte seine heldenhaften Mitarbeiter, weil sie keine Waffengurte trugen! Ich wollte meinen Ohren nicht trauen. Zwar hatte ich immer gewusst, dass Fuflos so beschränkt wie Bubuta war, aber nicht gedacht, dass er sich als ein solcher Dummkopf erweisen könnte.

»Sie sollten den Mund halten und ins Gasthaus gehen,

Kapitän«, sagte ich freundlich zu ihm. »Was die Gurte Ihrer Mitarbeiter anlangt, dienen sie dazu, einen berüchtigten Verbrecher in Schach zu halten. Und Ihre Offiziere haben diesen Mann vor ein paar Stunden verhaftet. Ich könnte Ihnen ein paar Details von seiner Festnahme erzählen, aber ich fürchte, Sie würden kaum begreifen, wovon ich rede. Und eine Bitte habe ich noch: Stören Sie Ihre Mitmenschen nicht länger bei der Arbeit.«

Fuflos sah mich schockiert an. Ich vermutete, er hatte nicht viel von dem verstanden, was ich gesagt hatte. Eines aber war ihm klar: Er war beleidigt worden. Er konnte nichts dagegen unternehmen, weil ich - der grausame Sir Max - sein Beleidiger war. Also entschied er sich, noch etwas um seine Ehre zu kämpfen.

»Sir Max«, begann diese Seele von Mensch, »Sie sollten solche Reden nicht in Gegenwart meiner Mitarbeiter führen. Das untergräbt meine Autorität.«

»Ihre Autorität?«, wiederholte ich. »Na ja. Ich sag's noch maclass="underline" Gehen Sie ins Wirtshaus, Fuflos. Dort ärgern Sie weder die Dunklen Magister noch mich.«

Der Arme starrte mich angestrengt an und murmelte etwas in sich hinein. Dann zog er die Stirn in Falten, arbeitete also ausnahmsweise mal mit dem Kopf. Schließlich zuckte er die Achseln und verließ den Flur, ohne ein Wort zu sagen.