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»Nein, ich muss in Echo bleiben. Ich kann es Ihnen nicht erklären, aber

»Das brauchst du auch nicht, Max. Im Großen und Ganzen hängt es von dir ab, wie diese Sache endet. Hauptsache, du schläfst nicht ein. Ich erwarte euch.«

Melamori sah mich fragend an.

»Juffin meint, alles wird gut«, beruhigte ich sie. »Ich darf nur nicht einschlafen. Sag mal, kommt Zwachta bald? Die zwei Stunden sind doch schon rum, oder?«

»Fast«, antwortete Melamori. »Versuch bitte, nicht zu verschwinden, Max. Du hast mich heute dreimal ordentlich erschreckt: Zuerst wurdest du vom Dünnen Tod attackiert, dann mit einem Babum, und dann bist du langsam verschwunden.«

••Tja«, sagte ich und versuchte zu lachen, musste stattdessen aber schniefen.

Wir saßen in schweigender Umarmung da, und ich wünschte, diesen herrlichen Moment ins Unendliche zu dehnen.

Das Geräusch eines A-Mobils zwang uns in die Wirklichkeit zurück. Kurz darauf sahen uns große Eulenaugen durchs Seitenfenster unseres Wagens an.

»Sind Sie traurig?«, fragte Zwachta. »Man sollte wegen eines kaputten Wagens nicht gleich eine Depression bekommen.«

Melamori und ich mussten lachen.

»Soll ich Sie nach Echo fahren?«

»Das schaffen wir schon allein. Aber vielen Dank für das Angebot«, meinte ich.

Genüsslich setzte ich mich ans Steuer des nagelneuen Wagens, den der Förster uns überlassen hatte.

»Morgen bringt Ihnen jemand den Wagen zurück, wechselt den Kristall und überführt mein A-Mobil nach Echo«, sagte ich.

»Vergiss deine Tasche nicht, Max«, meinte Melamori. »Gute Nacht, Sir Zwachta. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«

»Nicht der Rede wert«, sagte der Förster mit honigsüßem Lächeln.

Vorsichtiger als sonst fuhr ich durch den Wald, denn es wäre mir unangenehm gewesen, auch diesen Wagen kaputt zu machen. Doch als wir die Landstraße erreichten, trat ich energisch aufs Gaspedal und ging aufs Ganze. Melamori wirkte unendlich glücklich.

Fast den ganzen Weg rasten wir schweigend dahin. Die Dunkelheit war ein wunderbarer Gesprächsersatz.

»Wir sind da«, sagte Melamori, als ich vor dem Geheimeingang des Hauses an der Brücke hielt.

Sir Juffin saß in seinem Sessel und starrte auf einen Punkt an der Wand. Kaum aber hatte er uns bemerkt, lächelte er, stand auf und kam uns entgegen.

»Mit Dschifa und seiner leidenschaftlichen Freundin seid ihr wunderbar fertig geworden«, begann er. »Die Stadtpolizei wird sich freuen, dass ihr Rache für Hauptmann Schichola genommen habt.«

»Statt uns Komplimente zu machen, geben Sie uns lieber einen Schluck Kachar-Balsam. Ich bin fix und fertig. Sie wissen vermutlich, welch schreckliches Schicksal meine Flasche erlitten hat.«

»Sicher, auch das hat mir Melamori erzählt. Das kommt davon, wenn du mal die eigene Flasche mitnimmst und mir nicht ständig Balsam aus dem Schreibtisch klaust.«

Nach zwei Schlucken spürte ich meine Lebensgeister zurückkehren. Ich fühlte mich wieder leicht, und das Leben erschien mir einmal mehr einfach und wunderbar.

»Bitte sehr«, sagte ich und reichte Melamori die Flasche. »Wirklich empfehlenswert.«

»Ich glaube, ich sollte jetzt besser nach Hause gehen und mich ausschlafen«, meinte sie. »Bitte versprechen Sie mir aber, dass Max nicht verschwindet.«

»Abgemacht. Und sollte er tatsächlich verschwinden, werde ich ihn schon irgendwo erwischen. Zufrieden?«

Melamori nickte und küsste mich unerwartet auf die Wange.

»Gute Nacht, meine Herren. Wenn ich jetzt nicht gehe, schlafe ich im Stehen ein.«

Mir fiel die Kinnlade runter. Juffin sah mich mitfühlend an und lächelte verständnisvoll.

»Was machen wir jetzt?«, fragte ich.

»Was wohl? Essen natürlich. Dabei warten wir auf unsere Kollegen, und dann erzählst du uns alles. Danach übernachtest du bei mir, und ich pass auf dich auf. Auch Maba Kaloch hat versprochen, dir zu helfen. Es ist also dafür gesorgt, dass dir nichts Böses zustößt. Weißt du, ein so kniffliges Problem wie deine Weltenwanderungen im Schlaf muss man ein für alle Mal lösen. Du wirst das ganze Labyrinth abschreiten und in allen Welten vorbeisehen. Du musst endlich eine Vorstellung von ihnen bekommen. Und wenn dich die Tür zwischen den Welten das nächste Mal ruft, bist du kein Opfer mehr, sondern ein reiselustiger Mensch, der Abwechslung sucht. Du hast großes Glück, Max: Viele Leute warten jahrelang auf so eine Reise. Mancher Große Magister würde vor Neid platzen, wenn er wüsste, wie leicht du die Tür zwischen den Welten gefunden hast.«

»Das klingt zwar ganz gut, aber ich habe Angst, dass ich bei jedem Einschlafen dorthin gerate.«

»Du hast mich offenbar noch nicht verstanden. Du bist kein Gefangener dieser Tür, sondern eher ihr Miteigentümer.«

»Und Sie?«, fragte ich klopfenden Herzens.

»Ich hab mich dort gut eingelebt und weiß, wovon ich rede.«

Nach einer halben Stunde kam Sir Kofa zu uns. Er wirkte müde.

»Na, hast du die Füchse aus Mahagon erledigt?«, fragte er. »Wie ich höre, hast du das wieder prima hinbekommen.«

»Wirklich? Hat sich das schon herumgesprochen?«

Kofas Worte schmeichelten mir, weil er nicht dazu neigte, mich mit Komplimenten zu überschütten.

»Die ganze Stadt spricht über dich«, meinte unser Meister des Verhörs lächelnd. »Es gibt sogar Gerüchte, wonach du den Kopf von Sir Dschifa in einem Sack mitgebracht hast. Die Einwohner der Hauptstadt rümpfen die Nase über so eine Grausamkeit, denken aber, das sei typisch für einen Barbaren aus den Leeren Ländern.«

»Guten Abend, meine Herren.«

Mit diesen Worten tauchte Lonely-Lokley auf, musterte mich und schüttelte dann den Kopf.

»Du siehst angegriffen aus«, meinte er.

»Dafür bin ich noch am Leben.«

»Stimmt auffallend.« Schürf setzte sich neben mich und goss sich Kamra ein.

»Seid ihr etwa schon am Essen?«, tönte es von der Bürotür her, und Sir Melifaro trat mit verärgertem Gesicht ein. »Ich möchte auch was abbekommen, denn ich bin unglaublich hungrig. Wisst ihr, wo das Diebesgut der Füchse aus Mahagon versteckt war?«

»Vermutlich im Wagen von Lady Tana und ihrem Bruder Atwa. Die beiden hatten vor, Echo für immer zu verlassen.«

»Sehr gut, Max. Der seltsame Förster Zwachta hat den Wagen gefunden. Ich habe ihn zwar im Verdacht, sich das eine oder andere in die Taschen gestopft zu haben, aber für eine gute Tat darf man sich notfalls auch mal selbst belohnen«, erklärte Melifaro, setzte sich und schob sich eine Pirogge in den Mund.

»Max, wir müssen gehen. Wir haben noch was vor«, sagte mein Chef.

»Gute Nacht, Freunde«, meinte ich und ging zur Tür. An der Schwelle drehte ich mich um. »Schön, dass es euch gibt.«

Ich hatte vor Verlegenheit einen Kloß im Hals, doch Juffin beruhigte mich: »Das hast du richtig gemacht, Max. Solche Sachen sollte man ruhig öfter sagen.«

Der Wagen von Sir Juffin wartete bereits vor dem Haus. Am Steuer saß Kimpa, der alte Diener meines Chefs. Ich wusste, dass Juffin mich nie ans Steuer seines Wagens lassen würde - mochte geschehen, was wolle.

Während der Fahrt schwiegen wir. Juffin schien sich per Stummer Rede zu unterhalten, und ich schwelgte in Vorfreude, dieses seltsame Abenteuer endlich hinter mich zu bringen.

»Willkommen in meiner bescheidenen Hütte, Max«, sagte Juffin, öffnete die Tür und komplimentierte mich mit theatralischer Verbeugung über die Schwelle. Ich zögerte kurz, dachte mir dann aber, es müsste endlich etwas geschehen.

Ich zog mich aus, schlüpfte unter eine warme, weiche Decke, schloss die Augen und schlief binnen Sekunden ein.

Wovon ich in dieser Nacht geträumt habe, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls habe ich ungemein viele Welten besucht, von denen manche sehr real, manche dagegen wie ein schrilles Fantasieprodukt wirkten. In einer dieser Welten traf ich sogar den rothaarigen Dschifa, doch auch an die Details dieser Begegnung kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, dass er sehr zufrieden aussah.