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»Sie haben Recht, Lady Ulima«, sagte ich zu Bubutas Frau und hätte sie am liebsten vor Freude umarmt. »Was Ihrem Mann neulich passiert ist, darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Jede allzu große Anstrengung könnte einen Rückfall bewirken, glauben Sie mir.«

»Woher wissen Sie das?«, fragte Lady Ulima erschrocken. »Haben Sie diese ekelhafte Pastete etwa auch gegessen?«

»Zum Glück nicht. Aber ich habe ihre Wirkungsweise lange und ausführlich untersucht.«

»Hast du gehört, Liebster?«, meinte Lady Ulima. »Ich glaube, du solltest bis zur Jahresmitte warten, ehe du wieder zur Arbeit gehst. Oder noch länger pausieren.«

Bubuta nickte eifrig. Die Anti-Terror-Maßnahmen von Kamschi und Schichola zeitigten Erfolg.

»Kannst du mich nach Hause fahren, Max?«, fragte Melifaro müde und warf sich auf die Rückbank meines A-Mobils. »Juffin sollte uns beiden jetzt wirklich einen freien Tag geben. Ich bin schon lange nicht mehr so müde gewesen.«

»Wie kommt das? Hat dich die Unterhaltung mit Bubuta so strapaziert?«

»Willst du dich über mich lustig machen? In meinem Elternhaus isst jeder, wenn er hungrig ist, auch die Gäste. Daher sitzt immer jemand mit einem vollen Teller am Tisch. Das bin ich so gewohnt! Und jetzt hab ich drei Stunden an einer üppigen Tafel sitzen, mindestens fünf Gänge über mich ergehen lassen und mich mit vollem Mund über Gott und die Welt unterhalten müssen! Na ja, Bubutas Frau jedenfalls ist sehr sympathisch und der Leuchtpilz fantastisch. Davon können wir allen im Büro erzählen.«

»Und sein Porträt?«, fragte ich kichernd. »Hast du das schon vergessen?«

Melifaro lachte so heftig, dass mein A-Mobil wackelte. Nach einer Viertelstunde stieg er vor seinem Haus in der Straße der dunklen Wolken aus, die mitten in der Altstadt von Echo liegt. Ich schaute ihm neidisch nach und fuhr zum Haus an der Brücke, denn anders als er musste ich noch einige Stunden arbeiten.

Meine Aufgaben erwiesen sich als anspruchsvolclass="underline" Ich musste mich bequem hinsetzen, die Beine auf Sir Juffins heiligen Schreibtisch legen und tapfer große Mengen Kamra trinken. Den armen Büroboten gelang es kaum, mir ausreichend Nachschub zu besorgen.

Die Rettung kam rechtzeitig. Kurusch beugte sich gerade phlegmatisch über seine dritte Pirogge. Ich hatte den Eindruck, er entwickelte allmählich einen Widerwillen gegen Süßigkeiten. Auch ich fürchtete langsam zu platzen. Da aber erschien in der Tür ein Objekt, das mich stets aufs Neue begeisterte: die fantastische Nase von Hauptmann Schichola, der erfahren wollte, wie der Besuch bei Bubuta gelaufen war.

Ich lächelte freundlich.

»Kommen Sie rein. Ich hab jede Menge Kamra für Sie und großartige Neuigkeiten.«

»Sind Sie denn nicht beschäftigt?«, fragte der Besitzer der herrlichen Nase taktvoll.

»Das sehen Sie doch, oder?«, meinte ich lächelnd. »Ich stecke bis zum Hals in Arbeit und kann mich kaum rühren. Meine Kamra ist noch warm, mein Teller noch voll - ein Ende meiner Qualen ist also nicht in Sicht. Schlimm, was?«

Schichola kam in mein Büro. Seine imponierende Größe und sein athletischer Körperbau schienen mir nur eine Ergänzung seiner fantastischen Nase.

»Wo ist denn Leutnant Kamschi?«, fragte ich. »Hat er das Warten nicht mehr ertragen? Ist er stattdessen lieber im Churon schwimmen gegangen? Das wäre ein Fehler, denn man sollte die Hoffnung zuletzt verlieren.«

»Er hatte in den letzten Tagen viel zu tun und war so müde, dass er jetzt schläft.«

Schichola hatte eine nette Art, meine Worte immer dann mit einem leicht skeptischen Lächeln zu quittieren, wenn ich einen Witz gemacht oder etwas völlig Absurdes gesagt hatte. Aber jetzt war sein Gesicht ernst.

»Na gut«, meinte ich lächelnd. »Soll er ruhig schlafen, der Arme. Dann bekommen eben nur Sie die tollen Nachrichten zu hören. Und auch meine Kamra ist allein für Sie. Ich kann das Gesöff nicht mehr sehen.«

»Das sagt er immer«, meldete sich Kurusch unerschrocken zu Wort. »Und dann bestellt er wieder einen Krug. Ihr Menschen seid widersprüchliche Wesen.«

»Da hast du Recht, mein Kluger«, pflichtete ich ihm bei. Dann wandte ich mich wieder an Hauptmann Schichola: »Er gewöhnt sich langsam an Sie, mein Freund.«

»Was General Bubuta anlangt

»Den würden Sie nicht wiedererkennen. Er ist ein netter, intelligenter Mensch, der vor Höflichkeit beinahe flüstert. Vielleicht ist er zu Hause ja immer so, und Sie wissen nur nichts davon.«

»Unsinn. Ich hab immer gewusst, dass nur seine Frau ihn zügeln kann. Sie wissen ja, wie er sonst war, auch zu Ihnen.«

»Schnee von gestern. Er hat sich den ganzen Abend erfolgreich um interessante Gesprächsthemen bemüht.«

»Das passt wirklich nicht zu ihm«, pflichtete Schichola mir ausdrücklich bei. »Was mag ihn so verändert haben?«

Der Arme konnte offenbar kaum an meine Worte glauben.

»An Ihrer Stelle würde ich mich nicht zu sehr darüber freuen. Vielleicht ist das eine Vergiftung, von der er bald genesen wird, um wieder der Alte zu sein. Doch was auch immer dahintersteckt: Sie haben Glück, denn Bubuta will nicht so bald wieder ins Büro. Und nach meinem Auftritt will Lady Ulima ihn frühestens zur Jahresmitte aus dem Haus lassen.«

»Sir Max, nicht umsonst kursieren Legenden über Sie ...«

»Tun Sie mir den Gefallen, Schichola, und erzählen Sie mir ein paar davon«, unterbrach ich ihn.

»Ach, hat Ihnen Sir Kofa nichts davon berichtet?«, fragte der Hauptmann und schien wirklich erstaunt. »Ich möchte vor Ihrem Kurusch keine Dummheiten in die Welt setzen.«

»Ich schlaf sowieso«, bemerkte der Buriwuch wie nebenbei.

Ich lachte. Kurusch ist der klügste Vogel weit und breit, aber manchmal doch ein Tollpatsch. Und der lange Umgang mit den Menschen hat ihm nicht gerade gut getan.

»Sehen Sie, Hauptmann: Kurusch schläft. Also legen Sie los! Ich will die schreckliche Wahrheit hören. Wissen Sie, Sir Kofa schweigt nämlich, um meine Nerven zu schonen.«

»Es heißt, Sie seien der uneheliche Sohn von Sir Juffin«, begann Schichola verlegen. »Aber dieses Gerücht haben Sie sicher schon gehört. Man sagt auch, dass Sie fünfhundert Jahre im Cholomi-Gefängnis gesessen haben, weil Sie die drei letzten Vertreter jener königlichen Dynastie, die zugunsten von Gurig VI. auf den Thron verzichtet hat, auf besonders grausame Weise getötet haben sollen. Diese Morde sind eine historische Tatsache, und der Täter wurde nie gefasst. Auch sollen Sie zu den ersten Magistern gehören, die eine der vielen Seelen von Sir Juffin gestohlen haben und

»Das ist schlimmer als je!«, rief ich auf den Spuren von Alice im Wunderland. »Haben Sie noch was über mich gehört?«

»Ja, aber es ist recht ähnlich. Sie sollen so stark sein wie Lojso Pondochwa, doch um Ihre volle Kraft zu entfalten, müssen Sie angeblich noch drei Magister umbringen. Deshalb haben Sie bei der Geheimpolizei angefangen.«

»Ach«, konnte ich nur seufzen. »Dabei bin ich ein netter, harmloser Junge. Geradezu ein Spielzeug. Ich hab natürlich meine Launen, aber das ist doch normal. Glauben die Leute wirklich an diesen Quatsch?«

»Natürlich«, sagte Schichola achselzuckend. »Das Leben ist langweilig. Also muss man was Interessantes dazuerfinden.«

»Wie schön, Hauptmann«, seufzte ich, »dass Sie für alles eine einfache und verständliche Erklärung haben. Die hätte ich auch gern!«

»Machen Sie sich über mich lustig?«, fragte er unsicher.

»Wie kommen Sie denn darauf? Erzählen Sie mir lieber etwas über Ihre Räuber und das, was sie im Wald so treiben. Ist das vielleicht eine romantische Geschichte?«

»Sehr romantisch. Der Chef der Bande ist der rothaarige Dschifa. Und sie bemühen sich wirklich, zur Legende zu werden. Vielleicht sollte ich Ihnen erst etwas über Dschifa Savancha erzählen, der vor über dreißig Jahren die Wälder unsicher gemacht hat. Er stammte aus einer bekannten Familie und war sogar mit dem König verwandt. Solche Leute gehen eher selten unter die Räuber. Seine Karriere hat eigentlich noch in der Traurigen Zeit begonnen. Damals ist bekanntlich allerlei passiert. Die Füchse aus Mahagon machten Jagd auf rebellische Magister, die ihre Orden in der Provinz verlassen hatten und nach Echo gegangen waren. Die Räuber hatten es nur auf jüngere Magister abgesehen, denn für ältere waren sie zu schwach. Aber auch dadurch unterstützten sie den König im Kampf gegen die Magister. Nach Verabschiedung des Chrember-Gesetzbuchs wollte Sir Dschifa nicht in die Hauptstadt reisen, um die verdienten Lorbeeren in Empfang zu nehmen. Ich glaube, er hatte am Räuberleben Gefallen gefunden, wie es ja nicht selten ist.«