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Verlegen sah ich Juffin an. »Darf ich aufbrechen, oder soll ich über Nacht im Haus an der Brücke bleiben, Sir?«

»Heute brauche ich dich nicht. Aber komm bitte morgen Mittag - und zwar in bester Verfassung. Dich erwartet ein Treffen mit einem der bedeutendsten Verehrer deiner Erfolge.«

»Von wem sprechen Sie?«

»Wo ist deine berühmte Intuition geblieben, Max? Ich meine natürlich König Gurig VIII.«

»Alles, nur das nicht!«, rief ich und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Sind Sie verrückt geworden, Sir? Ich bin für einen Besuch bei Hof komplett ungeeignet - auch weil ich schüchtern und ängstlich bin.«

»Keine Panik. Gurig ist ein sympathischer und harmloser Mensch, Ehrenwort. Außerdem muss ich ihm morgen einen Bericht über die Arbeit unserer Behörde liefern, und der König hat mich gebeten, bei dieser Gelegenheit den geheimnisvollen Sir Max mitzubringen. Das ist doch verständlich! Schließlich will er wissen, von wem er seine Katzenjungen bekommen wird.«

»Du hast keine Angst, in die Burg Jafach zu gehen, traust dich aber nicht, den König zu besuchen«, meinte Melifaro lächelnd. »Aus dir soll man klug werden! Du machst dir ganz umsonst Sorgen, Max. Bei Hof gibt es viele nette Leute, und Seine Hoheit ist ein sehr sympathischer Mensch.«

»Siehst du«, meinte Sir Juffin müde. »Wenn sogar Melifaro einen Besuch beim König billigt ... Es wird dir gefallen. Das garantiere ich dir. Und jetzt geht euch endlich erholen, ihr Opfer der Diplomatie.«

Das taten wir. Zur Unterhaltung nahmen wir unseren Schatz aus Isamon mit, der in Melifaros Haus geduldig auf uns gewartet hatte. Wir fuhren in die Neustadt und kehrten im Wirtshaus Der dicke Mann in der Kurve ein, dessen Besitzerin die Ehefrau unseres Kollegen Lukfi Penz war. Ich hatte ihm schon mehrfach versprochen, das Lokal zu besuchen, und hatte nun endlich Gelegenheit dazu.

Per Stummer Rede hatte ich mich bei Lukfi gemeldet, und er wartete am Eingang auf uns.

»Sir Max, Sir Melifaro! Sündige Magister, ich hab mich sehr über Ihre Nachricht gewundert, aber meine Frau und ich freuen uns riesig. Bitte kommen Sie rein.«

Er trat zurück, um uns den Weg freizumachen, und warf dabei einen Stuhl um. Eine Besucherin des Gasthauses schrie erschrocken auf. Lukfi wirkte untröstlich.

»Ich bin einfach furchtbar ungeschickt! Verzeihen Sie mir bitte! Warischa, komm her - schau, wer gekommen ist.«

»Ich hoffe, du hast dich nicht verletzt, mein Lieber«, sagte seine hübsche rothaarige Frau, die ihren Platz hinter der Theke verlassen hatte. Ihre violetten Augen ruhten so zärtlich auf ihrem Mann, dass Melifaro und ich nur neidisch seufzen konnten.

»Es ist nichts Schlimmes passiert. Ich bin es gewohnt, diesen Stuhl umzuwerfen. Er steht einfach zu nah am Eingang«, erklärte Lukfi.

Seine Frau war erleichtert, schenkte uns ein herzliches Lächeln und meinte, ihr Koch werde für uns etwas Besonderes zubereiten, um uns von seinen Künsten zu überzeugen. Dann ging sie wieder hinter die Theke. Sir Lukfi führte uns an einen abgelegenen Ecktisch und war sogar bereit, uns Gesellschaft zu leisten. Kurz darauf kam der Koch mit einem Tablett. Meiner Meinung nach schmeckte es in diesem Lokal mindestens so gut wie im Fressfass.

Rulen Bagdasys, dessen Anwesenheit ich beinahe vergessen hatte, war einerseits sehr scheu, setzte sich andererseits aber beim Essen stark in Szene. Er aß mit großem Appetit, machte dabei aber das Gesicht eines Menschen, der damit rechnet, vergiftet zu werden. Die erste halbe Stunde war er still, doch dann hielt er es nicht mehr aus.

»Wer bereitet denn auf diese Art Truthahn zu? Seid ihr verrückt?«

Melifaro hielt ihm mit einer raschen Bewegung die Hand vor den Mund, und Rulen hätte sich fast am unausgesprochenen Rest seiner Bemerkung verschluckt.

••Gehört dieser Mensch wirklich zu Ihnen?«, fragte Lukfi höflich.

••Zu wem sonst?«, seufzte ich. »Sir Antschifa Melifaro hat ihn von einer Weltreise mitgebracht und ihn seinem jüngeren Bruder geschenkt.«

»Geschenkt?«, fragte Lukfi erstaunt. »Im Vereinigten Königreich darf man doch keine Sklaven besitzen, nur Diener!«

»Warum flüstert ihr so? Ich verstehe nicht, was ihr redet!«, rief Rulen empört.

»Leider ist er weder ein Sklave noch ein Diener«, meinte Melifaro lächelnd, »sondern eine Katastrophe.«

»Ich dachte, er hätte sich zufällig an unseren Tisch gesetzt. Verzeihen Sie bitte - ich fürchte, ich habe ihm zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.«

Rulen Bagdasys machte ein erstauntes Gesicht und betrachtete Melifaros Faust, die sich gefährlich nah an seinem Mund befand. Dann war er still, und die Atmosphäre verbesserte sich merklich.

Melifaro und Lukfi hechelten die neuesten Gerüchte über die Mitarbeiter der Stadtpolizei durch. Sie sprachen über Leutnant Apura Blaki und Lady Kekki Tuotli und erinnerten sich auch an Leutnant Tschekta Schach, dessen Eigenschaften ihm nie ermöglichen würden, auf unser internes Verzeichnis der besten Mitarbeiter der Stadtpolizei zu geraten. Wie ich den Worten meiner Kollegen nun entnehmen konnte, übertraf aber wenigstens seine Muskulatur alle Erwartungen. Ich hörte ihnen zu und bedauerte, diese neuen Helden der Stadtpolizei noch nicht kennen gelernt zu haben.

»Das Problem ist nicht, dass du keine freie Minute hast«, kicherte Melifaro. »Auch sie könnten bei dir vorbeisehen, um dich kennen zu lernen. Aber ich glaube, sie scheuen davor zurück, weil sie dich fürchten. Weißt du, liebes Nachtantlitz, ich glaube, du hast den kürzesten Weg zum Ruhm genommen: Erst hast du großen Erfolg gehabt, dann bist du ein gutes Jahr verschwunden, und jetzt bist du eine Legende. Gib's zu: Das war dein Ziel, als du abgetaucht bist.«

»Natürlich«, nickte ich, »was sonst? Seit Kindertagen will ich berühmt sein - am besten zu Lebzeiten. Aber sag maclass="underline" Was ist mit eurem Familienschatz los? Was macht er gerade?«

Rulen Bagdasys war nicht am Tisch sitzen geblieben. Er hatte unsere Gespräche offenbar satt und wollte sich umsehen.

»Hoppla«, meinte Melifaro, »der sitzt ja gar nicht mehr bei uns. Aber wenn er verschwindet, ist das nicht schlimm. Ich werde von ihm eine Sammlung von hundert hübschen Hosen erben. Der hat Klamotten, kann ich euch sagen! Aber ich fürchte, er ist noch in der Nähe. Gibt es da hinten in der Ecke nicht eine Prügelei?«, fragte Melifaro und zeigte durch den Raum.

»Eine Prügelei?«, fragte Lukfi erstaunt. »Unmöglich. Unser Wirtshaus ist ein anständiges und ruhiges Lokal.«

»Das war so«, meinte Melifaro lächelnd. »Bis zum heutigen Abend. Sie haben uns immer wieder eingeladen, und jetzt sind wir gekommen, um den Ruf Ihres Wirtshauses zu ruinieren. Sehen Sie mal, dort prügeln sich tatsächlich Leute.«

»Ban!«, rief Lukfi erschrocken. »Marischa, wo ist unser Ban? Da hinten gibt's eine Schlägerei!«

»Das weiß ich, mein Lieber«, antwortete seine wunderbare Frau, die noch immer hinter der Theke stand. »Ban ist schon zur Stelle, um Ordnung zu schaffen. Andere Besucher haben sich ein wenig mit dem lustigen Mann gestritten, der mit deinen Kollegen gekommen ist. Hast du das jetzt erst bemerkt? Sie zanken sich schon seit einiger Zeit.«

»Gehört dieser Herr tatsächlich zu Ihnen?«

Ein nicht eben groß gewachsener, aber kräftig gebauter Mann mittleren Alters musterte skeptisch meinen Todesmantel. Er hatte den Besucher aus Isamon, der nun ziemlich erschrocken wirkte, am Kragen gepackt. Unter dem linken Auge hatte Rulen einen blauen Fleck.

»Leider«, sagte Melifaro. »Was ist passiert?«

Der muskelbepackte Mann sah seinen Chef fragend an.

»Keine Sorge, Ban - du hast alles richtig gemacht«, beruhigte ihn Lukfi. »Erzähl uns bitte, was passiert ist.«

»Dieser Herr hat zwei Damen kennen lernen wollen. Sie waren sehr erstaunt, antworteten ihm aber höflich, sie seien zum Essen gekommen, nicht, um einen Mann zu finden. Er blieb hartnäckig und setzte sich schließlich zu ihnen. Die Damen waren empört. Andere Gäste wurden darauf aufmerksam und haben Ihrem Bekannten erklären wollen, dass das hier nicht geht, aber er hat auf niemanden gehört. Lady Warischa hat mich gerufen, und ich habe Gewalt anwenden müssen. Wenn Sie gehört hätten, was er den Damen an den Kopf geworfen hat, würde Sie das nicht wundern. Ich bin im Hafenviertel aufgewachsen, und dort passiert einiges, aber so was hab ich selten gehört.«