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»Was hat er denn gesagt?«, fragte Lukfi interessiert.

Offen gestanden war auch ich darauf neugierig, und Melifaro kicherte bereits.

»Verzeihen Sie, aber diese Grobheiten will ich nicht wiederholen. Das soll er Ihnen selbst sagen.«

»Gut, setz dich, mein Lieber«, sagte Lukfi und wandte sich verlegen an uns. »Das war wohl ein Missverständnis.«

»Diese Missgeburt hat mich beleidigt«, rief Rulen empört.

»Das sind ja tolle Neuigkeiten«, brummte Melifaro. »Freu dich, dass ich nicht dabei war. Lukfi, wir gehen jetzt. Nächstes Mal kommen wir ohne diesen Verehrer unbekannter Frauen.«

»Wenn Sie sich langweilen, sollten Sie vielleicht den Stadtteil Rendezvous besuchen«, riet uns Lukfi Penz.

»Den Stadtteil Rendezvous? Was ist das?«

Ich stellte mir vor, wie das Schicksal den schrecklichen Rulen einer unglücklichen Frau für eine Nacht zuteilte. Das war zwar lustig, verschlechterte meine Laune aber noch weiter. Manchmal nehmen mich die Probleme anderer Leute einfach zu sehr mit.

Eine Viertelstunde später verließen wir das Wirtshaus von Lukfi und seiner Frau. Rulen Bagdasys wollte unbedingt noch in den Stadtteil Rendezvous.

»Mit blauen Flecken darfst du da nicht hin«, log Melifaro knallhart. »Da musst du dich schon noch gedulden.«

Der Mann aus Isamon wirkte sehr finster. Nach ein paar Minuten setzte ich Melifaro und seinen Gast in der Straße der dunklen Wolken ab.

»Willst du vielleicht bei mir übernachten?«, schlug Melifaro mir großzügig vor. »Wer weiß, was gerade bei dir zu Hause los ist.«

»Vielen Dank, mein Freund, aber wenn ich schon in Echo bin, will ich endlich wieder meine Katzen sehen.«

»Du bist eben ein echtes Familientier«, meinte Melifaro lächelnd. »Richte dem König schöne Grüße aus.«

»Den hatte ich zum Glück ganz vergessen. Warum hast du mich bloß wieder daran erinnert?«

Als ich wegfuhr, hörte ich Rulen noch laut fragen, wer dieser komische Gurig sei, über den alle so blöd reden.

Ich staunte, doch in meinem Haus herrschten Ordnung und Sauberkeit. Die Handwerker waren verschwunden,

hatten aber eine saftige Rechnung hinterlassen, doch dieses Geld hatten sie redlich verdient.

Ella und Armstrong waren über die Veränderungen im Haus sichtlich erschrocken und hockten reglos vor ihren Näpfen. Ich setzte mich auf den weichen Teppich aus Kettari und kämmte ihnen behutsam das dichte Fell. Sie schnurrten vor Vergnügen. Das Leben war wunderbar.

Wie versprochen, kam ich gegen Mittag ins Haus an der Brücke. Sir Juffin hatte zwar keine Angst vor der Audienz beim König, dafür aber einen Respekt heischenden Gesichtsausdruck.

»Oh!«, rief ich begeistert. »Sind etwa Sie der König, nicht dieser Gurig? Sie wirken ungemein Ehrfurcht einflößend!«

»Hab ich mir etwa ein übertrieben würdiges Auftreten verpasst?«

»Bleiben Sie ruhig, wie Sie sind. Ihr Aussehen tötet auf der Stelle.«

Juffin lief in den Flur, wo ein Spiegel hing, und kehrte zufrieden zurück.

»Du trägst wirklich ständig zu dick auf, Max«, sagte er. »Ich sehe doch völlig normal aus.« Dann wandte er sich an den Buriwuch. »Bist du bereit, mein Lieber?«

»Es gibt nichts, worauf ich mich vorzubereiten hätte«, erklärte Kurusch kühl.

»Stimmt, mein Kluger«, sagte Juffin, streichelte den Vogel und setzte ihn sich auf die Schulter. »Also los, Max.«

»Gern. In dieser Gesellschaft kann ich bis ans Ende der Welt gehen.«

Unsere lustige Behörde residiert nicht umsonst im »Haus an der Brücke«. Diese Brücke verbindet das linke und das rechte Ufer des Churon mit der Insel Rulch. Begeistert betrachtete ich die alten Mauern der Königsresidenz auf der Insel. Es roch angenehm nach alten, längst vergessenen Geheimnissen.

Heute aber führte uns der Weg nicht dorthin, sondern auf eine zweite Insel, auf der die Sommerresidenz des Königs lag. Schloss Anmokari ähnelt eher einer großzügigen Vorstadtvilla als einem Regierungssitz.

»Nicht schlecht!«, rief ich begeistert. »Aber Schloss Rulch ist von ganz anderem Kaliber.«

»Snob!«, murmelte Juffin. »Mir gefällt die Sommerresidenz viel besser als das eigentliche Schloss. Hier riecht es nicht nach vergangenen Sünden und alten Flüchen. Das spürst du doch, oder?«

Ich nickte. »Offen gesagt glaube ich, dass mich das Hauptschloss behext hat.«

»Wirklich? Deine Intuition ist offenbar wieder da. Eine Nacht im Schlafzimmer des alten Philo hat dafür gereicht. Wer hätte das gedacht! Vor ein paar Tagen hattest du noch von Geheimnissen aller Art die Nase voll.«

Ich sah meinen Chef fragend an. Davon hatte ich ihm nichts erzählt. Ich rede ja überhaupt wenig. Das ist einfach nicht meine Art.

Sekunden später erinnerte ich mich an das Gespräch, das ich mit Melifaro auf dem Weg zu seinen Eltern geführt hatte. »Geht dir deine dauernde Geheimnistuerei nicht selber auf die Nerven?«, hatte er mich gefragt, und ich hatte geantwortet: »Ein bisschen.«

»Juffin, belauschen Sie mich eigentlich immer?«

»Keine Sorge, ich hab Besseres zu tun. Ich weiß nun mal stets, was mit dir los ist. Betrachte das als eines meiner Talente.«

»Gern. Und da ich selbst längst nicht immer weiß, was mit mir los ist, können Sie es mir sicher dann und wann erklären.«

»Das mach ich doch schon die ganze Zeit.«

Wir stiegen aus dem A-Mobil und betraten Schloss Anmokari. Juffin bewegte sich vorsichtig, um den schlafenden Kurusch nicht zu wecken.

Der beinahe leere Flur schien mir unendlich. Ich machte einen Schritt nach vorn, und vor meinen Augen drehte sich alles, denn überall waren Spiegel angebracht, deren trübe Reflexion einen gespenstischen Eindruck vermittelte.

»Wenn man das nicht gewöhnt ist, verliert man leicht das Gleichgewicht. Pass also auf«, ermahnte mich mein Chef. »Zugegeben, die Einrichtung ist etwas seltsam, aber dem König gefällt es.«

Wir gingen durch den endlos anmutenden Flur, bis wir plötzlich an eine Tür kamen. Nun befanden wir uns in einem vergleichsweise kleinen, aber angenehmen Korridor.

»Sei froh, dass unser Besuch geschäftlichen und nicht privaten Charakter hat«, sagte Juffin augenzwinkernd. »Erinnerst du dich noch an den Besuch bei Sir Makluk?«

»Natürlich. Im Vergleich zu dem, was uns hier erwartet, dürfte sich der Besuch bei unserem Nachbarn wie ein Scherz ausnehmen.«

»Ja, hier wird es noch unterhaltsam. Das kannst du mir glauben.«

Ein paar königliche Diener in langer, bestickter Livree sammelten sich um uns. Sie verbeugten sich höflich und musterten uns dabei neugierig. Erstaunt merkte ich, dass mein Todesmantel bei ihnen auf Zustimmung stieß und keine Angst auslöste, wie es sonst meist geschah. Am Hof arbeiteten offenbar intelligente Menschen, die keine Vorurteile hatten. Schließlich kamen die Sänften. Inzwischen war ich ein echter Salonlöwe und setzte mich ohne Scheu in eine prächtige Sänfte, während Sir Juffin graziös die zweite bestieg. Die Träger brachten uns in einen großen Saal, der sich bescheiden Kleines königliches Arbeitszimmer nannte. Dort war die Einrichtung nicht so karg, wie es in Echo Sitte ist. In der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs neigt man nämlich nicht dazu, die Raumwirkung durch übertriebene Möblierung zu beeinträchtigen, und das ist auch gut so.

Die Träger verschwanden mit den Sänften, und wir blieben im Arbeitszimmer zurück.

»Das verlangt die Etikette«, erklärte Juffin. »Seine Hoheit erwartet uns zwar ungeduldig, aber die Konvention erlaubt ihm nicht, uns sofort zu empfangen. Allerdings hält er es selten länger als eine Minute aus.« Mein Chef strich sanft über den befiederten Nacken des Buriwuchs. »Wach auf, mein Lieber. Es gibt was zu tun.«