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»Da haben Sie Recht«, sagte ich lächelnd. »Und womit haben sich diese netten Jungs dann beschäftigt?«

»Sie haben ihre Raubzüge fortgesetzt, sich nun aber eher für Normalsterbliche interessiert - vorausgesetzt, sie waren reich. Händler zum Beispiel. Anfangs versuchte man noch, Dschifa zur Aufgabe zu bewegen, und die königlichen Boten haben ihm etliche Briefe gebracht. Doch schließlich begriff der König, dass seine Bemühungen umsonst waren und der Staat den Räubern das Handwerk legen musste. Dschifa war ein Meister des Versteckens und hatte diese Kunst auch seinen Leuten beigebracht. Die Räuber konnten sich sogar unsichtbar machen, und zwar im wörtlichen Sinne, Sir Max. Als man sie endlich gefangen hatte, konnte man auch ihr Versteck in Augenschein nehmen. Stellen Sie sich vor: Sie haben unter der Erde gelebt und ein System aus Gängen und Höhlen angelegt, das an vielen Stellen in den Wald von Mahagon führte. Deshalb nennt man sie auch die Füchse von Mahagon. Kein Wunder, dass man fünf Jahre nach ihnen gesucht hat.«

»Und was haben sie mit ihrer Beute gemacht?«, fragte ich und musste an die Geschichten von Robin Hood denken, die ich als Kind verschlungen hatte.

»Na was wohl? Sie haben alles in ihren Höhlen versteckt. Was sollten sie mitten im Wald mit kostbaren Dingen anfangen? Einen Teil immerhin hat Dschifa in der Hauptstadt verprasst. Am Anfang seiner Karriere hatte er noch den Mut, seine sommersprossige Nase ab und an in Echo zu zeigen. Aber seit man ihn einmal beinahe geschnappt hatte, vergrub er sich lieber in seiner Höhle.«

»Kein Wunder«, meinte ich.

Es hatte also keine Umverteilung der geraubten Reichtümer an die arme Bevölkerung gegeben. Na ja - auch bei Robin Hood hatte ich so meine Zweifel gehabt.

»Zu Lebzeiten des alten Königs konnte man den Räubern nicht das Handwerk legen«, fuhr Schichola fort. »Erst der jetzige König kündigte offiziell an, auf die Räuber Jagd zu machen, und rief viele frühere Magister zu Hilfe - natürlich keine ehemals rebellischen Magister, sondern solche, die ein anständiges Leben geführt hatten. Das war ein kluger Schachzug, denn diese Leute waren auf die Räuber, die ja ihre alten Freunde umgebracht hatten, nicht gut zu sprechen.«

»Und wie ist diese romantische Geschichte ausgegangen?«

»Vorhersehbar. Die wütenden Magister erhielten die Erlaubnis, Magie besonders hohen Grades einzusetzen, und so kamen die Füchse aus ihren Höhlen gekrochen. Mit Ausnahme von Dschifa. Der hat bis zum letzten Blutstropfen gekämpft, denn er war ein Mann von altem Schrot und Korn, der auf jeden Zauberspruch seiner Gegner eine Antwort wusste. Aber er stand ganz allein gegen sehr viele Magister, und ihr Sieg war nur eine Frage der Zeit. Schließlich hat man auch ihn aus seiner Höhle gelockt. Zwar konnte er noch vier Magister umbringen, doch dann musste er sterben.«

»Ein hübsches Ende für jemanden, der zu einer Legende werden möchte«, meinte ich. »Ich dagegen möchte möglichst lange glücklich und ohne romantische Abenteuer leben.«

»Geschmackssache«, meinte Schichola achselzuckend. »Sind Sie nicht auch manchmal hinterlistig, Sir Max?«

»Nie! Ich bin stets offen, ehrlich und ein mustergültiger Staatsbürger. Na gut, Herr Hauptmann. Jagen Sie Ihre Räuber ruhig weiter, solange der schreckliche Bubuta Sie nicht stört. Und wenn Sie die neue Bande fangen, erzählen Sie mir bitte gleich davon. Das können Sie nämlich wunderbar.«

»Vielen Dank, Sir Max. Ich halte Sie gern auf dem Laufenden, wenn es Sie interessiert.«

»Mich interessiert alles, jedenfalls ein bisschen. Gute Nacht, Herr Hauptmann. Ich habe Sie so lange gequält, dass Sie schon im Stehen einschlafen.«

Schichola trank seine Kamra aus und verabschiedete sich. Ich sah Kurusch an.

»Hat er wirklich alles richtig erzählt, mein Kluger?«

»Eigentlich ja«, bestätigte der Buriwuch. »Er hat nur ein paar Details ausgelassen.«

»Die will ich gar nicht wissen«, meinte ich. »Das reicht mir.«

Den Rest der Nacht verbrachte ich noch nutzloser. Im Haus an der Brücke gab es keine aktuellen Zeitungen mehr. Schon lange hatte ich den für die Ordnung in unseren Büros zuständigen Mann anweisen wollen, die Zeitungen vom Tage nicht gleich wegzuwerfen. Aber natürlich vergaß ich das immer wieder und musste nun ohne die Königliche Stimme auskommen.

Kurz vor Sonnenaufgang erschien Sir Kofa Joch. Diesmal hatte er sich für seinen Zug durch die Wirtshäuser der Stadt ein lustiges rundes Gesicht mit kleinen, dummen Augen zugelegt. Ich musste lachen.

»Was ist denn?«, brummte Kofa. »Das ist ein ganz normales Gesicht. Nicht jeder kann schön sein.«

Nachdenklich fuhr er sich durchs Gesicht, und schon hatte er wieder sein vertrautes, rassiges Antlitz.

»Geh nach Hause, Max. Füttere deine Katzen, scher ihnen das Fell oder mach, was angehende Viehzüchter sonst mit ihren Tieren anstellen mögen. Ich bleib hier und warte auf Juffin.«

»Gut«, meinte ich. »Wenn du das sagst. Du hast heute Vergnügen an der Geheimniskrämerei, was?«

»Nein, ich bin nur müde. Und zu Hause wartet eine schlecht gelaunte Frau auf mich. Ich möchte nur etwas dösen, und wo könnte ich das sonst tun?«

»Eine mies gelaunte Frau hast du daheim?«, wiederholte ich erstaunt.

Plötzlich fiel mir auf, dass ich keine Ahnung von Kofas Familienverhältnissen hatte. Über die Situation aller übrigen Kollegen wusste ich Bescheid. Nur das Privatleben von Sir Kofa war eine unbekannte Größe für mich geblieben.

»Unter uns gesagt, ist sie eigentlich meine Haushälterin. Gestern Abend hab ich ihr einmal mehr zu verstehen gegeben, dass ich sie nicht heiraten werde, und sie hat gesagt, diese Antwort habe sie schon zum sechzigsten Mal von mir bekommen. Atili ist eine wunderbare Frau, und es tut mir leid, dass ich offizielle Zeremonien aller Art verabscheue. Warum glauben manche nur, diese Rituale verstärken die Gefühle füreinander?«

»Ich bin ganz deiner Meinung.«

»Das war mir schon klar. Deine Aversion gegen Rituale aller Art steht dir ins Gesicht geschrieben. Geh nach Hause, Max. Du bist eine große Wohltat in meinem misslungenen Leben, aber geh jetzt bitte. Ich bin wirklich müde.«

»Schon gut. Ich verschwinde.«

Rasch verließ ich das Gebäude. Der arme Kofa sollte sich erholen. Ich ging nach Hause und konnte mich endlich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Was das hieß? Ich hatte endlich Zeit, meine Wohnung sauber zu machen!

Das Problem Frühjahrsputz hing schon lange wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf und war in den letzten Tagen immer dringlicher geworden. Meine Katzen Armstrong und Ella hatten wirklich alles auf den Kopf gestellt. Natürlich hätte ich jemanden zum Saubermachen beschäftigen können, aber irgendwie gefiel es mir nicht, dass ein armes Würstchen zu mir nach Hause kam und mit dem nassen Lappen durch die Wohnung streifte, während ich mir neue Reinigungsaufgaben ausdachte und alsdann gemütlich essen ging. Auch widerstrebte es mir, dass irgendwer meine Schränke durchsah, wichtige Unterlagen in die Finger bekam und meinen Nippes falsch aufstellte. Was für ein Albtraum!

Jetzt kam die Zeit, wo ich für meine Haltung bezahlen musste. Niemand ist gezwungen, Personal zu beschäftigen, aber wenn du darauf verzichtest, Max, musst du schon selbst im Haushalt ran, ermunterte ich mich. Dann führte ich mir vor Augen, wie wichtig es für mein inneres Wohlbefinden war, nicht im Chaos zu leben.

Jetzt oder nie! Mit dieser tollkühnen Devise fuhr ich nach Hause, war mit meinem A-Mobil aber bezeichnenderweise deutlich länger unterwegs als sonst. Irgendwann kam ich an. Manches kann man einfach nicht ewig aufschieben.