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Ich spürte, dass meine unsichtbare Gesprächspartnerin lächelte.

»Sir Max, Sie klingen wirklich lustig, jedenfalls per Stummer Rede.«

»Ich bin sowieso ein lustiger Typ«, gab ich schlagfertig zurück. »Und was die Stumme Rede anlangt, hab ich damit so meine Probleme. Darf ich reinkommen?«

Lady Kekki schwieg einen Moment, öffnete dann die Tür und sah mich mit ihren wunderbaren grauen Augen keck und doch hilflos an.

»Sind Sie den blöden Melifaro leid?«, fragte ich. »Er ist wirklich ein sehr netter Kerl, aber alle Mitarbeiter unseres Suchtrupps klopfen starke Sprüche. Sein Benehmen mag manchmal schockierend wirken, aber man sollte darüber hinwegsehen.«

»Wie kommen Sie ausgerechnet auf Sir Melifaro?«, fragte Kekki erstaunt. »Er ist zwar nicht der besterzogene Mann auf dieser Seite des Churon, aber im Vergleich zu General Bubuta ist er ein Klacks.«

Genüsslich malte ich mir aus, wie Melifaro reagieren würde, wenn ich ihm diesen Vergleich unter die Nase rieb.

»Umso besser - dann können wir doch zusammen ...«

»Sir Max, Sie sind ein netter Mensch«, sagte Lady Kekki freundlich. »Sie können zwischen den Zeilen lesen - und das sogar, wenn es keine Zeilen gibt. Richten Sie Sir Melifaro bitte aus, dass ich mein Fernbleiben bedauere. Ich möchte Sie alle um Entschuldigung bitten, doch ich glaube, ich bleibe besser hier.«

»Wie Sie wollen«, seufzte ich. »Ich finde zwar, dass das keine glückliche Lösung ist, aber tun Sie, was Sie für richtig halten.«

Ich wollte gerade gehen, da meldete sich mein zweites Herz. Es pochte leicht, und ich bekam eine Vorahnung. Fast hätte ich den Kopf verloren, doch auch diesmal wirkten die Atemübungen von Sir Schürf wahre Wunder - und das, obwohl ich letzthin so selten dafür Zeit gefunden hatte.

»Ich bitte um Verzeihung, Lady Kekki«, murmelte ich. »Ich möchte nicht indiskret sein, aber warum haben Sie solche Angst vor Sir Kofa? Er ist ein ungemein netter Mensch.«

»Was? Können Sie Gedanken lesen?«

»Aber nein, ich hatte nur kurz Einblick in Ihre Gefühle. Nehmen Sie das nicht zu ernst - ich kenne Ihr Gefühlsleben eigentlich so gut wie gar nicht. Wissen Sie, manchmal ist es für mich schwer, mich zu kontrollieren.«

»Das ist nicht so schlimm«, flüsterte Lady Kekki. »Meine Gefühle sind kein großes Geheimnis.«

Plötzlich heulte sie los wie ein kleines Mädchen, und ich stand an der Tür und fühlte mich wie eine Kinderfrau, die ihren Sonnenschein zum Weinen gebracht hat.

»Sollen wir ein bisschen zusammen weinen?«, fragte ich schließlich. »Das kann ich auch.«

»Vielen Dank, ich schaff das schon allein«, sagte Kekki, hob ihr verheultes Gesicht und lächelte schwach. »Wirklich nett, dass Sie mir Ihre Gesellschaft angeboten haben. Aber Sie haben mich missverstanden: Ich habe keine Angst vor Sir Kofa. Im Gegenteil - ich träume seit meiner Kindheit davon, ihn kennen zu lernen«, sagte sie und schniefte energisch. »Meine Eltern haben alte Zeitungen aufbewahrt - die ersten Nummern der Königlichen Stimme. Dort gab es eine Serie über die Geschichte unserer Stadt. Ich hab alles verschlungen, was es da über die Erfolge von Sir Kofa zu lesen gab.«

»Das verstehe ich gut«, flüsterte ich.

»Sie verstehen noch gar nichts«, gab sie zurück. »Ich hab auf eine Karriere am Hof verzichtet und mich mit der ganzen Familie überworfen, weil ich unbedingt zur Stadtpolizei wollte, deren Chef Sir Kofa damals war. Den Alltag bei der Polizei hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Wissen Sie, ich bin sehr scheu und sage manchmal etwas unpassende Dinge. Außerdem heißt unser Chef nun leider Bubuta, und seinetwegen sehen uns alle Mitarbeiter des Kleinen Geheimen Suchtrupps an wie Schießbudenfiguren. Und was Sir Kofa über mich denkt, kann ich mir gut vorstellen.«

»Er denkt nicht schlecht über Sie, im Gegenteil. Schon wie er Sie anschaut!«

Einen Moment war ich überzeugt, die Wahrheit zu sagen. Was tut man nicht alles, damit jemand aufhört zu weinen!

»Meinen Sie das ernst, Sir Max?«

Sie hörte auf zu heulen und wirkte erleichtert. Ich hätte mir am liebsten die lügnerische Zunge abgebissen. Aber Sir Kofa hatte sich doch wirklich verdächtig gefreut, als ich gesagt hatte, ich würde Lady Kekki holen, oder?

»Haben Sie es sich jetzt vielleicht doch anders überlegt, was unsere Party drüben angeht?«, fragte ich. »Wir werden dort erwartet. Außerdem sind wir nette Leute, mit denen man sich prima unterhalten kann.«

»Gut, ich versuche es«, flüsterte Lady Kekki. »Aber nur, wenn Sie mich davor bewahren, etwas Unpassendes zu sagen.«

»Ich hab eine bessere Idee: Ich sage einfach was Dummes. Dann fällt es gar nicht auf, wenn Sie einen kleinen Schnitzer machen.«

Lady Kekki lächelte und fuhr sich vorsichtig mit den Händen durchs Gesicht, das daraufhin längst nicht mehr so verheult aussah.

»Ich kann zwar meine Gesichtszüge nicht so gut verändern wie Sir Kofa, doch ich kann mich aufbrezeln, ohne auf Kosmetik zurückgreifen zu müssen«, erklärte sie kokett.

»Toll! Können Sie mir das beibringen?«

»Soll das ein Witz sein?«

»Aber nein. Ich kann mich einfach nicht herausputzen -weder mit noch ohne Kosmetik.«

So wechselten wir in den Teil des Hauses an der Brücke, in dem der Kleine Geheime Suchtrupp untergebracht ist. Lady Kekki hielt sich an meinem Lochimantel fest wie eine Erstklässlerin am Einschulungstag an der Hand eines älteren Bruders. Ich fand das ziemlich rührend.

»Na endlich«, begrüßte uns Sir Kofa. »Ich hab eure Portion verteidigt wie ein Held aus der guten alten Zeit.«

»Das glaub ich dir«, meinte ich lächelnd und geleitete Lady Kekki zum leeren Stuhl von Sir Juffin. Dann wandte ich mich an Melifaro. »Wie ich sehe, hat man dir nicht erlaubt, das Tablett leerzufressen.«

»Dafür hab ich genug zu trinken bekommen«, sagte er und lächelte beschwipst. »Und ich sage euch: Wenn das Schiff aus Arwaroch nicht bald in seine Heimat segelt, werde ich mich sinnlos betrinken.«

»Verständlich«, nickte Kofa mitfühlend. »Du hast die Schönlinge wirklich satt, was?«

»Und wie! Schenk mir bitte nach. Und du, Max, sieh mich nicht an wie ein Ausbund an Nüchternheit.«

»Mir liegt nur mein Wohl am Herzen. Ich hab nämlich keine Lust, dich am Abend wieder ausziehen zu müssen, weil du eingeschlafen und nicht mehr wachzurütteln bist.«

Melifaro wollte schon protestieren, winkte dann aber kichernd ab. Auch Sir Kofa und Leutnant Apura Blaki lachten laut, und selbst Lady Kekki lächelte freundlich.

Nanu, ich hab doch gar nichts Lustiges gesagt, dachte ich erstaunt und biss genüsslich in eine noch warme Pirogge. Dabei warf ich Kekki einen Seitenblick zu, doch sie hatte offenbar keinen Appetit. Manche Leute sollten einfach ein, zwei Glas trinken, damit sie ihre Hemmungen verlieren.

»Kofa, gieß Lady Kekki und mir bitte ein Gläschen ein«, bat ich. »Wir müssen unbedingt Brüderschaft trinken.«

»Wie Sie meinen«, sagte Lady Kekki schicksalsergeben. In ihrer Stimme lag inzwischen eine angenehme Leichtigkeit, die sie langsam zu einer guten Gesprächspartnerin machte.

Wie oft habe ich mir schon vorgenommen, mich nicht in die Angelegenheiten anderer einzumischen - umsonst! Manchmal stürzen sich Freunde auf mich, und ich bin gleich bereit, ihnen zu helfen, ihr verpfuschtes Leben zu verbessern. Bisher haben solche Aktionen aber stets ins Fiasko geführt.

An diesem Abend nun trank ich nur mit Lady Kekki eine ganze Flasche Dschubatinischen Säufer. Das Getränk hatte auf sie eine wunderbare Wirkung. Sie lächelte entspannt und aß sogar etwas. Ich beobachtete sie kurz und meldete mich dann per Stummer Rede bei Sir Kofa.

»Auch wenn du mir nicht glaubst: Lady Kekki ist verrückt nach dir. Aber bewahre bitte die Ruhe, denn sie soll nicht merken, dass ich dir das verraten habe. Als Kind hat sie von deinen Abenteuern gelesen, und seither träumt sie davon, dich kennen zu lernen. Kein Wunder, dass sie etwas Angst vor dir hat. Also behandele sie rücksichtsvoll.«

»Vielen Dank für die nette Nachricht«, gab Kofa per Stummer Rede zurück und wandte sich dann laut an Melifaro: »Mein Süßer, was hast du da gefunden?«