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Dirk wurde nachdenklich. »Augenblick mal. Er kann nicht genau wissen, wo wir sind. Weshalb will er uns sonst in den Keller locken, indem er droht, uns zu jagen?«

Gwen nickte. »Falls er jedoch in einem Computerzentrum ist«, fuhr Dirk fort, »müssen wir vorsichtig sein. Dann könnte er uns finden.« »Einige der Computer müssen noch intakt sein«, sagte Gwen und warf einen kurzen Blick auf die trübblaue Kugel einige Meter vor ihnen. »Die Stadt lebt noch — mehr oder weniger jedenfalls.« »Kann er die Stimme fragen, wo wir sind? Falls er sie reaktiviert?« »Vielleicht, aber würde sie es ihm sagen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Wir sind legale, unbewaffnete Bewohner, während er ein gefährlicher Eindringling ist, der alle Normen von pi-Emerel verletzt.« »Er? Du meinst sie. Chell ist bei ihm.

Vielleicht auch noch andere.« »Dann eben eine Gruppe von Eindringlingen.«

»Aber es können nicht mehr als … zwanzig sein.

Weniger? Wie wollen sie eine Stadt von dieser Größe übernehmen?«

»Pi-Emerel ist eine Welt, auf der es keine Gewalt gibt, Dirk. Nie gab es Kriege. Und dies ist ein Festivalplanet.

Ich bezweifle, daß Challenge viele Verteidigungseinrichtungen besitzt. Die Wärter …« Dirk schaute sich plötzlich um. »Ja, die Wärter. Die Stimme erwähnte sie. Sie schickte uns einen hinterher.« Er erwartete nun fast, etwas Großes, Bedrohliches aus einem der Seitenkorridore rollen zu sehen. Aber es kam nichts.

Es gab nur Schatten und Kobaltkugeln und blaues Schweigen.

»Wir können hier nicht stehenbleiben«, sagte Gwen.

Sie hatte wie er mit dem Flüstern aufgehört. Wenn Bretan Braith und seine Kumpane jedes Wort hören konnten, das sie sprachen, gab es sicher auch ein Dutzend anderer Möglichkeiten, sie ausfindig zu machen. Wenn das stimmte, stand ihre Sache hoffnungslos. Flüstern war dann eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme. »Der Gleiter ist nur zwei Stockwerke entfernt«, sagte sie.

»Vielleicht sind die Braiths auch nur zwei Stockwerke entfernt«, erwiderte Dirk. »Selbst wenn es nicht so ist, müssen wir den Gleiter meiden. Sie wissen sicher von ihm und erwarten, daß wir ihn auf schnellstem Wege aufsuchen. Womöglich hat Bretan deshalb seine kleine Ansprache gehalten. Um uns ins Freie zu treiben, damit wir zur leichten Beute werden. Wahrscheinlich warten draußen seine Festhaltbrüder darauf, uns vor den Laser zu bekommen.« Nachdenklich hielt er inne. »Aber hier können wir auch nicht bleiben.«

»Nicht in der Nähe unseres Zimmers«, sagte sie. »Die Stimme wußte, wo wir waren, und Bretan könnte es auch herausfinden. Wir müssen aber in der Stadt bleiben, da hast du recht.« »Dann verstecken wir uns«, sagte Dirk.

»Aber wo?« Gwen zuckte die Achseln. »Hier, da oder dort. Die Stadt ist groß, wie Bretan sehr richtig bemerkt hat.«

Gwen kniete sich rasch nieder und durchstöberte ihre Tasche. Die lästigen Kleidungsstücke warf sie sämtlich hinaus, behielt jedoch die Ausrüstung und den Sensorenkoffer. Dirk schlüpfte in den schweren Mantel, den Ruark ihm gegeben hatte und ließ alles andere liegen. Dann gingen sie in die Richtung des äußeren Boulevards. Gwen wollte so schnell wie möglich aus der Umgebung ihres Zimmers verschwinden, und keiner von beiden hatte große Lust, eine Fahrt mit den Aufzügen zu riskieren.

Die Lichter über dem breiten Boulevard strahlten noch immer hell und weiß, und die Gleitbänder summten gleichförmig. Die Straße, die einem gigantischen Korkenzieher glich, schien über eine autonome Energieversorgung zu verfügen. »Hinauf oder hinunter?« fragte Dirk. Gwen schien nicht zuzuhören. Sie lauschte auf etwas anderes. »Still«, sagte sie. Ihr Mund zuckte.

Dann hörte es auch Dirk. Außer dem gleichmäßigen Summen der Gleitwege war noch ein anderes Geräusch auszumachen, entfernt zwar, aber unverkennbar.

Ein Heulen! Es kam aus dem Gang hinter ihnen, dessen war sich Dirk ziemlich sicher. Es drang wie ein kühler Atem aus der warmen, blauen Stille, und es schien länger in der Luft zu hängen als es sollte. Gedämpfte, weit entfernte Rufe folgten unmittelbar darauf. Alles war ruhig. Gwen und Dirk sahen einander an, standen mucksmäuschenstill und lauschten. Wieder erscholl das Geheul, jetzt lauter, deutlicher und diesmal auch ein wenig widerhallend. Es war ein wütendes Heulen, langgezogen und schrill.

»Braithhunde«, sagte Gwen mit festerer Stimme, als man in dieser Situation erwarten konnte.

Dirk erinnerte sich an das Tier, das er auf seinem Gang durch die Straßen Larteyns gesehen hatte — jenen ponygroßen Hund, der beim Näherkommen knurrte, jene Kreatur mit der haarlosen Rattenschnauze und den kleinen roten Augen. Besorgt blickte er den Korridor hinter ihnen entlang, aber in den Kobaltschatten war keine Bewegung zu erkennen. Die Geräusche wurden lauter, kamen näher. »Runter«, sagte Gwen, »und zwar schnell.« Dirk benötigte keine Extraeinladung. Sie eilten über den breiten Boulevard auf den Mittelstreifen zu und sprangen auf das langsamste der abwärtsführenden Gleitbänder. Dann bewegten sie sich nach innen, wobei sie von Band zu Band hüpften, bis sie auf dem schnellsten angekommen waren. Gwen setzte ihre Geländeausrüstung ab und öffnete den Sensorenkoffer.

Während Dirk sich über sie gebeugt und eine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte, kramte sie sich durch den Inhalt. Er sah die Stockwerknummern vorübergleiten.

Schwarze Wachtposten vor den dunklen Eingeweiden, die zu den inneren Korridoren der Stadt führten. Die Nummern huschten in regelmäßigen Abständen vorbei und wurden dabei immer niedriger.

Sie hatten gerade die Zahlen um 490 erreicht, als sich Gwen erhob und Dirk einen faustgroßen Zylinder aus blauem Metall zeigte. »Zieh dich aus«, sagte sie. »Was?«

»Zieh dich aus«, wiederholte sie. Als Dirk sie nur verwirrt ansah, schüttelte sie ungeduldig den Kopf und tippte ihm mit dem Zylinder gegen die Brust.

»Antigeruch«, erklärte sie. »Arkin und ich benutzen das im Wald. Bevor wir hinausgehen, sprühen wir uns ein.

Unser Körpergeruch wird vier Stunden lang neutralisiert.

Hoffentlich verlieren die Hunde dadurch unsere Spur.«

Dirk nickte und begann seine Kleider abzulegen. Als er nackt war, forderte ihn Gwen auf, sich mit gespreizten Beinen hinzustellen und die Arme über den Kopf zu heben. Sie berührte ein Ende des Metallzylinders. Aus dem anderen Ende sprühte ein feiner grauer Nebel, der auf seiner bloßen Haut kitzelte. Während sie ihn von vorn und hinten, von Kopf bis Fuß behandelte, fror er und kam sich dumm und sehr verwundbar vor. Dann kniete sie sich hin und sprühte auch seine Kleider sorgfältig ein. Nur den schweren Mantel, den er von Ruark hatte, legte sie achtsam beiseite und ließ in unbehandelt. Als sie fertig war, zog sich Dirk wieder an — seine Kleider fühlten sich trocken und wirkten durch die pulvrigen Rückstände des Sprays staubig —, während Gwen sich auszog und sich dann von ihm einsprühen ließ.

»Was ist mit dem Mantel?« fragte er, als sie wieder in ihre Kleider schlüpfte. Sie hatte nichts unbesprüht gelassen: den Sensorenkoffer, die Geländeausrüstung, ihren Jade-und-Silber-Armreif — bis auf Arkins braunen Patchworkmantel. Dirk stieß ihn mit der Stiefelspitze an.

Gwen hob ihn auf und schleuderte ihn über das Geländer auf das schnelle Band eines nach oben führenden Gleitweges. Sie blickten ihm nach, bis er außer Sicht war. »Du brauchst ihn nicht«, sagte Gwen, als der Mantel verschwunden war. »Vielleicht lockt er das Rudel in die falsche Richtung. Die Hunde sind uns sicher bis zum Boulevard gefolgt.«

Dirk blickte skeptisch drein. »Mag sein«, sagte er mit einem Seitenblick auf die innere Wand. Stockwerk 472 kam und verschwand. »Ich denke, wir sollten hinunter«, sagte er plötzlich. »Weg vom Boulevard.« Gwen sah ihn fragend an. »Du hast es selbst gesagt«, meinte er. »Wer hinter uns ist, hat uns wahrscheinlich bis zum Boulevard verfolgt. Falls sie schon auf dem Weg nach unten sind, wird sie mein Mantel nicht sehr verwirren. Sie sehen ihn heraufkommen und lachen sich halb tot.« Sie lächelte.