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Es ging endlose Tunnel entlang, in das Nichts hinein.

Aber hinter sich hörte er Wasser rauschen, und als er über die Schulter blickte, glaubte er einen einsamen Kahnfahrer zu sehen, der seinen leeren Lastkahn voranstakte. Der Kahn glitt auf öligem, schwarzem Wasser dahin, und Dirk lief über trockenes Gestein -aber das schien im Traum keine große Rolle zu spielen. Er rannte und rannte, aber der Kahn kam immer näher, und endlich konnte er sehen, daß der Kahnfahrer kein Gesicht hatte, überhaupt kein Gesicht. Danach folgte nichts mehr, und auch später konnte sich Dirk an keinen weiteren Traum erinnern.

Wo kein Licht sein konnte, schien ein helles Licht. Es drang selbst durch seine geschlossenen Augenlider und seinen Schlummer: ein schaukelnder, gelbstrahlender Kreis, ganz nahe, dann wieder weiter weg. Als es sich zum erstenmal in seinen sauer verdienten Schlaf drängte, kam es Dirk nur undeutlich zu Bewußtsein. Er murmelte etwas und rollte sich weg. Neben ihm tuschelten Stimmen, und jemand lachte kurz und hell auf. Dirk ignorierte alles.

Dann traten sie ziemlich brutal nach ihm, mitten ins Gesicht. Sein Kopf flog zur Seite, und der gnädige Schlaf machte verschwommenem Schmerz Platz. Verwirrt und ohne Orientierung rappelte er sich zu einer sitzenden Haltung auf. Seine Schläfe pochte. Alles war viel zu hell.

Er riß den Unterarm vor das Gesicht, um sich vor dem Licht und weiteren Tritten zu schützen. Wieder ein Lachen. Langsam nahm die Welt Formen an.

Natürlich waren es Braiths. Einer von ihnen, ein dünner, knochiger Mann mit schwarzem Kraushaar, stand auf der anderen Seite des Tunnels und hielt Gwen mit einer Hand fest. In der anderen trug er eine Laserpistole. Ein weiterer Laser, ein Gewehr, baumelte von seiner Schulter herab. Gwens Arme waren auf dem Rücken zusammengebunden. Sie stand schweigend und mit gesenktem Kopf da.

Der über Dirk stehende Braith hatte seinen Laser nicht gezogen, sondern hielt eine starke Handlampe in der Linken, die den U-Bahn-Tunnel mit gelbem Licht füllte.

Der gleißende Licht machte es Dirk schwer, den Mann genau zu erkennen. Aber er war groß wie ein Kavalare, ziemlich schwer und kahl wie ein Ei.

»Endlich geruhst du, uns deine Aufmerksamkeit zu schenken«, sagte der Mann mit der Lampe. Der andere lachte dasselbe Lachen, das Dirk zuvor schon gehört hatte.

Dirk erhob sich mühevoll und trat einen Schritt zurück, fort von den Kavalaren. Er lehnte sich gegen die Tunnelwand und versuchte sich zu sammeln, aber sein Schädel schien vor Schmerz zu explodieren. Die Szene verschwamm. Der unverschämt helle Handscheinwerfer fraß sich schmerzend in seine Augen.

»Du hast das Wild verletzt, Pyr«, sagte der Braith auf der anderen Tunnelseite.

»Nicht allzusehr, möchte ich hoffen«, antwortete der Schwergewichtige.

»Werdet ihr mich töten?« fragte Dirk. Er brachte die Worte mit erstaunlicher Leichtigkeit heraus, wenn man bedachte, welchen Sinn sie ergaben. Endlich begann er sich von dem Tritt zu erholen. Gwen hob den Kopf und sagte mit hoffnungsloser Stimme: »Am Ende werden sie dich töten. Aber es wird kein leichtes Ende sein. Es tut mir leid, Dirk.«

»Schweig, betheyn- Hündin«, sagte der massige Mann, den sein Begleiter Pyr nannte. Dirk erinnerte sich schwach daran, diesen Namen schon einmal gehört zu haben. Der Mann warf ihr beim Sprechen einen abfälligen Seitenblick zu, dann blickte er wieder auf Dirk.

»Was will sie damit sagen?« fragte Dirk nervös. Er preßte sich eng gegen die Wand und versuchte unauffällig die Muskeln zu spannen. Pyr stand keinen Meter von ihm entfernt. Der Braith wirkte dreist und unaufmerksam, aber Dirk mußte sich fragen, inwieweit seine Beobachtung zutraf. Der Mann hielt den Scheinwerfer mit der linken Hand über dem Kopf, aber in der Rechten trug er etwas anderes — einen Stab von etwa einem Meter Länge. Dieser bestand aus schwarzem Holz und hatte einen Hartholzknauf an dem einen sowie eine kurze Klinge am anderen Ende. Er hielt ihn lässig in der Mitte und klopfte damit rhythmisch gegen sein Bein.

»Du hast uns eine feurige Jagd geliefert, Spottmensch«, sagte Pyr. »Und das sage ich nicht nur leichthin. Wenige kommen mir in der traditionellen Hochjagd gleich. Und keiner übertrifft mich. Selbst Lorimaar Hoch-Braith Arkellor hat nur die Hälfte meiner Trophäensammlung aufzuweisen. Deshalb ist es die Wahrheit, wenn ich behaupte, diese Jagd sei außergewöhnlich gewesen. Ich bin glücklich, daß sie noch nicht zu Ende ist.«

»Was?« entfuhr es Dirk. »Noch nicht zu Ende?« Pyr war so nahe, daß er sich fragte, ob er ihn zwischen sich und den anderen, den mit dem Laser, bringen und ihm vielleicht den klingenbewehrten Stab entreißen konnte.

Möglicherweise konnte er sogar Pyrs Feuerwaffe aus dem Halfter ziehen.

»Es ist weder ehrenhaft noch besonders sportlich, einen schlafenden Spottmenschen gefangenzunehmen. Du wirst noch einmal laufen, Dirk t’Larien.«

»Er macht dich zu seinem persönlichen korariel«, sagte Gwen und sah die Braiths mit kalkulierter Herausforderung an. »Außer ihm und seinem teyn wird dich niemand jagen dürfen.« Pyr wandte sich ihr erneut zu. »Schweig, habe ich gesagt!« Sie lachte ihm ins Gesicht. »Da ich Pyr kenne«, fuhr sie fort, »wird es eine unverfälscht traditionelle Jagd werden. Du wirst in den Wäldern losgelassen, wahrscheinlich nackt. Die beiden hier werden ihre Laser und Gleiter zurücklassen und dir mit Messern, Wurfschwertern und Hunden folgen.

Nachdem sie mich meinen Herren ausgeliefert haben, natürlich.«

Pyr machte ein finsteres Gesicht. Der andere Braith hob seine Pistole und schlug Gwen damit quer über den Mund.

Dirk konzentrierte sich, zögerte einen Augenblick zu lange und sprang.

Selbst die Entfernung von einem Meter war zu groß.

Pyr lächelte, als sein Kopf herumfuhr. Mit erschreckender Geschwindigkeit kam der Stab hoch, und der Knauf traf Dirk in die Magengrube. Er taumelte, krümmte sich zusammen und versuchte, irgendwie weiterzukommen. Pyr trat spielerisch zurück, holte mit seinem Stock aus und traf Dirk in der Nierengegend. Die Welt verschwand in einem roten Nebel. Nachdem er zusammengebrochen war, bemerkte er kaum, daß Pyr über ihm stand. Dann schlug der Braith ein drittes Mal zu, führte einen fast beiläufigen Schlag seitlich gegen den Kopf. Danach war nichts mehr.

Schmerzen. Das war sein erster Gedanke. Es war auch sein einziger Gedanke. Sein Kopf drehte sich, klopfte und dröhnte in seltsamem Rhythmus. Sein Magen tat ebenfalls weh, und darunter fühlte sich alles taub an.

Schmerz und Schwindelgefühl hatten Dirks Welt erobert.

Lange Zeit konnte sich nichts neben ihnen behaupten.

Schritt für Schritt kehrte jedoch ein verwaschenes Stück Bewußtsein zurück. Er begann, Dinge zu bemerken.

Zuerst den Schmerz — er schwoll an und flaute ab. Er kam und ging und kam und ging, immer auf und ab.