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Er strich wieder über ihre kalten Hände. Jetzt lag Luovana im Sterben, er trug die Schuld am Tod dieser Frau.

»Wo ist Antana?« fragte Bruno und schaute die Kriegerin an, die leise hinter ihn getreten war. »Wo ist die Heilerin? Sie muß Luovana helfen. Ihr müßt sie holen!«

»Die Heilerin ist fort«, erklärte Arma ruhig. »Und sie wird auch nicht kommen.«

»Sie kann nicht einfach verschwunden sein. Schickt nach ihr!«

»Sie ist nicht hier, Ritter«, wiederholte Arma mit fester Stimme.

»Warum ist es so dunkel und kalt in diesem Raum?« Bruno wandte sich ungeduldig an Mirka, die wieder in der Glut herumstocherte. »Macht wenigstens ein Feuer!« fuhr er sie an.

»Ich bin nicht die Hüterin der Flammen, Herr. Ich werde es nicht verhindern können, daß die Glut ausgeht«, erwiderte Mirka leise.

»Holt aus einem der Räume einen hölzernen Stuhl zum Verbrennen, dann werdet Ihr sehen, daß die Flammen wieder auflodern«, sagte Bruno, nahm seinen Umhang ab und deckte Luovana damit zu. »Diese Frau darf nicht sterben. Wir brauchen Wärme und Licht.« Er sah Arma ungeduldig an. »Habt Ihr mich nicht verstanden? Wir brauchen Holz!«

»Wenn Ihr nicht vor der Liebe geflohen wäret, edler Ritter, würde dieses Feuer jetzt nicht erlöschen.«

»Das ist doch Unsinn!« Bruno warf der Kriegerin einen zornigen Blick zu. Wer war sie, daß sie ihm so etwas sagen durfte? »Was hat meine Liebe mit diesem Feuer zu tun?«

»Viel, denn das Feuer erlischt, weil die Hüterin des Feuers sterben wird!«

Er warf einen Blick auf Luovana. Er wollte sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. »Zur Hölle mit Eurem Heidengeschwätz«, schimpfte er und zupfte mit zitternden Fingern an dem Umhang herum, bis er den Körper der blassen Frau vollständig umhüllte. »Holt mir endlich einen Tisch, einen Stuhl, irgend etwas, oder ich werde selber gehen.«

Armas Augen funkelten ihn an. »Nein! Ihr werdet nicht gehen! Wenn ein anderer als die Hüterin dieses Feuer entfacht, ohne daß er den Geist der Göttin in sich trägt, wird das Feuer alles vernichten.«

Bruno schaute die Kriegerin ernst an. »Das müßt Ihr mir schon genauer erklären!«

Arma hielt seinem Blick stand. »Diese Frau ist die einzige, die das Feuer hier bewachen und erhalten kann. Wenn sie stirbt, geht das Feuer aus.«

»Und Ihr könnt nichts dagegen tun?« Der Ritter schaute fragend hinüber zu der Frau, die am Kamin stand. Doch sie schüttelte den Kopf.

»Das ist Eure Schuld! Wenn Ihr Luovana beigestanden hättet, als sie Euch brauchte, dann würde sie jetzt schlafend in ihrem Bett liegen und nicht dem Tod in die Arme gleiten«, zischte die Kriegerin böse.

»Arma, habe Nachsicht mit einem, dessen Herz gebrochen war und der nicht von hier ist«, sagte Luovana leise. Sie hatte die Augen wieder geöffnet. »Du weißt, daß ich dich nicht verlasse, Arma, sondern daß ich zu den Gärten der Göttin fahre. Unser Abschied hat eines Tages ein Ende. Die Gwenyar werden dafür sorgen, daß mein Schiff zu den Inseln in See stechen kann, und auch deines wird eines Tages an der Insel mit den Gärten stranden. Wir beide, meine Geliebte, werden uns niemals verlieren.«

»Ich werde kommen, wann immer du willst.« Arma wischte sich über die Augen. Luovana lächelte sanft. »Du hast jetzt ein Kind, Arma, sorge für die kleine Brunhild. Lehre sie zu kämpfen, Kriegerin, so wie nur du es kannst. Lehre sie das Schwert zu lieben und mit dem Bogen zu treffen, was immer sie treffen will. Mach aus meinem Kind eine wahre Kämpferin des alten Volkes. Sie soll jeden Stein weiter und höher werfen können, als je ein Mann es vermocht hat. Und erzähle ihr von der Göttin, damit sie weiß, was Liebe bedeutet.«

Arma berührte zärtlich Luovanas Hand. »Es soll sein, wie du es wünschst. Ich werde deine Tochter zu einer starken Kriegerin machen.«

»Ich warte auf dich in den Gärten der Gwenyar«, flüsterte die Hüterin. Arma löste sich langsam von der anderen. »Hab’ eine gute Reise«, sagte sie und ging zu Mirka.

Luovana wandte sich an Bruno. »Ich weiß, Männer fürchten sich oft vor der Liebe, obwohl es das einzige ist, was ihrer unruhigen Seele Frieden geben könnte. Sie fürchten den Schmerz, aber die Liebe alleine, Bruno, hätte dich heilen können.« Sie hielt inne. Der Ritter spürte, wie sehr sie das Reden anstrengte.

»Verzeih mir, Luovana, ich wollte das alles nicht, ich...« Er schaute ihr in die Augen, und zum ersten Mal fürchtete er diese tiefen dunklen Abgründe nicht mehr.

Luovana nickte unmerklich.

Der Ritter strich sanft über ihr Haar und drehte sich eine ihrer Locken um den Finger. »Ich werde nicht wieder gehen.«

»Wir beide werden uns nicht wiedersehen. Auf dem Schiff der Gwenyar wird nur Platz für mich sein, und der Wächter der Göttin am Rande des Meeres wird dich nicht einlassen.«

»Es muß doch einen Weg geben, dir zu helfen. Ich suche die Heilerin.« Er vergrub sein Gesicht in ihren feuchten Locken, um seine Tränen zu verbergen.

Luovana drückte seine Hand. »Antana kann mir nicht mehr helfen, selbst wenn du sie finden würdest.«

Bruno fühlte, daß sie die Kräfte verließen. Er umarmte sie, wiegte sie wie ein Kind und weinte. Langsam verlosch im Kamin die letzte Glut.

Antana hielt den schlafenden Knaben in Decken gehüllt auf ihrem Arm und schaute von dem Felsenvorsprung nahe dem Höhleneingang hinunter auf die Flammenburg. Der kalte Wind vertrieb ihr die Müdigkeit aus den Gliedern und erinnerte sie daran, daß sie noch lebte. Wie taub hatte sich ihr Körper nach den Anstrengungen der vergangenen Nacht gefühlt, als wäre jedes Leben aus ihrem Leib gewichen. Es war die zweite Nacht, die sie damit zubrachte, einem Kind auf die Welt zu helfen. Sie betrachtete das winzige Gesichtchen in ihrem Arm. Der Kleine sah seinem Vater ähnlich, die tiefdunklen Augen ließen sich schon jetzt erkennen.

Unten in der Burg waren alle Lichter verloschen. Das konnte nur bedeuten, daß die Hüterin des Feuers nicht mehr lebte, dachte Antana und schaute wieder auf das Kind. Der Kleine machte sanfte Saugbewegungen. Antana lächelte.

Seltsam, es kümmerte sie nicht, daß Luovana tot war. Zu weit war diese andere Welt von ihr fortgeglitten, wie Schnee, der im Frühling taut und im Nichts verschwindet.

Der Junge hatte Hunger und brauchte etwas zu essen. Das Leben ging schließlich auch nach dem Tod der Hüterin seinen Gang. Hinter ihr bewegte sich die Decke. Pyros trat zu ihr hinaus.

»Wie geht es meinem Sohn?« Er legte von hinten einen Arm um ihre Taille und küßte zart ihren Nacken.

»Dein Sohn ist hungrig«, sagte Antana. »Aber ansonsten geht es ihm prächtig.«

»Ich habe ihm den Namen Raban gegeben«, sagte Pyros, während er aufmerksam über Antanas Schultern hinweg in das Kindergesicht schaute. »Er wird ein schöner Magier werden, in dem sich meine Kräfte und die meines Vaters vereinigen.« Er hielt inne.

»Verzeih, unseres Vaters«, verbesserte er sich und blickte dann hinunter auf die Burg. »Das Feuer ist erloschen.«

»Freut es dich?« Antana wandte sich zu dem Magier um.

»Worüber soll ich mich freuen? Darüber, daß Luovana tot ist?« Er zuckte mit den Achseln.

»Daß deine Göttin gesiegt hat.«

Er streichelte ihre Hüften. »Es war nicht die Göttin, die gesiegt hat. Du, Antana, hättest Luovana gestern retten können, aber du hast dich statt dessen in die Macht verliebt. So etwas geschieht gelegentlich.« Er küßte wieder ihren Nacken. »Dafür kann die Göttin nichts.«

»In die Macht? Ich dachte in dich«, sagte Antana und schaute wieder hinunter auf die Burg. Die starken Mauern wirkten schwer und dunkel, die Wärme und das Licht waren verschwunden. Pyros gab ihr die Schuld an Luovanas Tod, aber es kümmerte sie nicht. Das alles war wirklich sehr weit fort.