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In englischer Sprache und einem hörbaren deutschen Akzent sagte der Blonde: »Hört auf damit, bis ich euch entsprechende Befehle gebe. Laßt sie reden.«

Er musterte seine Gefangenen mehrere Minuten lang und meinte schließlich: »Ich bin Hermann Göring.«

»Wer ist Hermann Göring?« fragte Burton.

»Ihr Freund kann Ihnen das später erzählen«, sagte der Deutsche. »Falls es ein Später für Sie gibt. Ich empfinde allerdings keinen Zorn wegen des Kampfes, den Sie uns lieferten, ganz im Gegenteil. Ich mag Menschen, die gut zu kämpfen verstehen. Ich kann zudem jederzeit Leute gebrauchen, die so gut wie Sie mit Lanzen umgehen können. Ich mache Ihnen ein Angebot. Kämpfen Sie auf meiner Seite, und ich biete Ihnen neben genügender Nahrung, gutem Alkohol, Tabak und Frauen alle Annehmlichkeiten, die das Leben anzubieten hat. Die Alternative dazu lautet: Ihr werdet für mich als Sklaven arbeiten.«

»Für uns«, warf der andere Mann in gebrochenem Englisch ein. »Du vergißt, Hermann, daß ich darüber genauso viel zu bestimmen habe wie du.«

Göring lächelte, kicherte und sagte schließlich: »Natürlich! Wie konnte ich das nur vergessen. Also gut, für uns. Wenn ihr schwört, uns zu dienen — und es würde euch sicherlich besser anstehen, dies zu tun —, gehört eure Loyalität mir, Hermann Göring, und dem ehemaligen König von Rom, Tullius Hostilius.«

Burton sah sich den anderen etwas genauer an. War es wirklich möglich, daß er hier einem der legendären römischen Könige gegenüberstand? Tullius Hostilius mußte einer Epoche entstammen, in der Rom noch eine kleine Ortschaft gewesen war und sich ständig gegen andere italische Stämme — der Sabiner, der Aequi und Volsci — hatte erwehren müssen. Diese Stämme hatten wiederum die Umbrier, deren Hauptgegner die mächtigen Etrusker gewesen waren, zum Feind gehabt. War dieser Mann wirklich Tullius Hostilius, der kriegerische Bezwinger des friedfertigen Numa Pompilius? Es gab nichts an ihm, was ihn von den Tausenden von Männern in den Straßen Sienas unterschied. Aber wenn er war, was er vorgab, stellte dieser Mann eine unbezahlbare Quelle historischer und sprachwissenschaftlicher Erkenntnisse dar. Tullius würde — da er möglicherweise selbst von Geburt her ein Etrusker war — diese Sprache beherrschen und sicherlich über umfassende Kenntnisse des vorklassischen Latein, des Sabinerischen und des Altgriechischen verfügen. Unter Umständen hatte er sogar Romulus, den legendären Gründer der Stadt Rom, noch gekannt. Welche Geschichten würde er erzählen können!

»Nun?« sagte Göring.

»Was hätten wir zu tun, wenn wir uns Ihnen anschließen würden?« fragte Burton.

»Zuerst müßte ich… müßten wir sichergehen, daß Sie wirklich die Voraussetzungen, die wir an unsere Leute stellen, erfüllen. Mit anderen Worten: Wir müßten uns davon überzeugen, ob ihr die Leute seid, die ohne zu zögern sofort unseren Befehlen nachkommen. Wir würden euch einer kleinen Prüfung unterziehen.«

Er gab einen Befehl. Einige Minuten später wurde eine Gruppe von Männern in den Saal geschoben. Sie waren ausnahmslos klapperdürr, und jeder einzelne von ihnen verkrüppelt.

»Sie sind während der Bauarbeiten für diese Gebäude in Unfälle verwickelt worden«, erklärte Göring. »Außer zweien, die sich ihre Verletzungen während eines Fluchtversuchs zuzogen. Sie werden für ihre Vergehen zu büßen haben.

Sie nützen uns nichts mehr und werden deswegen getötet. Wer von Ihnen also den festen Willen hat, uns zu dienen, sollte jetzt nicht zögern.«

Und er fügte hinzu: »Nebenbei: Es handelt sich ausnahmslos um Juden.

Vielleicht macht Ihnen das die Sache leichter.«

Campbell, der Rotschopf, der Gwenafra in den Fluß geworfen hatte, hielt Burton eine langschaftige Keule entgegen, auf deren Spitze mehrere Steinscherben prangten. Zwei der Wachen zwangen einen der Sklaven auf die Knie. Es handelte sich um einen großen blonden Mann mit griechischem Profil.

Plötzlich warf er Göring einen haßerfüllten Blick zu und spuckte ihn an.

Göring lachte. »Er verfügt über die übliche Arroganz seiner Rasse. Wenn ich wollte, könnte ich ihn so erniedrigen, daß er nur noch als um Gnade winselnder Wurm vor meinen Füßen herumrutscht. Aber mir liegt wirklich nichts an Folterungen. Ich bin sicher, daß Tullius ihn gern ein wenig über einer Flamme rösten würde, aber was mich angeht, so bin ich im Grunde meines Herzens Humanist.«

»Ich bin bereit zu töten, wenn es zur Verteidigung meines Lebens oder um andere zu beschützen notwendig ist«, sagte Burton. »Aber ich bin kein Mörder.«

»Einen Juden zu töten ist nichts anderes als ein Akt der Selbstverteidigung«, erwiderte Göring. »Wenn Sie es nicht tun wollen, werden Sie an seiner Stelle sterben — auch wenn es etwas länger dauert.«

»Ich werde es nicht tun«, sagte Burton.

Göring seufzte. »Ihr Engländer! Nun, ich hätte euch lieber an meiner Seite gehabt. Aber wenn ihr euch weigert, rational zu handeln, dann eben nicht.«

Zu Frigate gewandt, sagte er: »Und was ist mit Ihnen?«

Frigate, der immer noch nicht wieder ganz Herr seines Körpers war, erwiderte: »Nach dem, was Sie angerichtet haben, landete Ihre Asche auf einer Müllkippe von Dachau. Haben Sie vor, dieselben verbrecherischen Dinge, die Sie schon auf der Erde trieben, hier zu wiederholen?«

Göring lachte und sagte: »Ich weiß, was aus mir wurde. Eine Menge meiner jüdischen Sklaven hat mir darüber berichtet.« Er deutete auf Monat: »Wer ist dieses Ungeheuer?«

Burton erklärte ihm, wer Monat war. Göring schaute ihn sich verwundert an und meinte schließlich: »Er kommt ebenfalls zu den Sklaven. Ich könnte ihm nicht über den Weg trauen. He, du da, Affenmensch. Wie entscheidest du dich?«

Zu Burtons Überraschung trat Kazz vor. »Ich für dich töten. Will kein Sklave sein.«

Während die Wachen die Lanzen auf ihn richteten, nahm er die Keule in die Hand. Offenbar trauten die Männer ihm nicht so recht und fürchteten, er werde sie angreifen. Kazz warf ihnen einen finsteren Blick zu, dann hob er die Waffe. Er führte einen heftigen Schlag, dann fiel der Sklave mit dem Gesicht in den Schmutz. Kazz gab Campbell die Keule zurück und stellte sich zur Seite. Er vermied es, Burton anzusehen.

Göring sagte: »Wir, werden die Sklaven heute Abend zusammentreiben und ihnen zeigen, was mit ihnen geschieht, wenn sie einen Fluchtversuch unternehmen. Wir werden die Flüchtlinge für eine Weile über dem Feuer rösten und dann von ihren Leiden erlösen. Mein werter Kollege wird es sich nicht nehmen lassen, persönlich die Keule zu führen. Er mag solche Dinge gern.«

Dann deutete er auf Alice. »Diese da. Die nehme ich.«

Tullius stand auf. »Nein, nein. Sie gefällt mir. Nimm du die anderen, Hermann. Ich gebe dir alle. Aber die… die möchte ich gerne haben. Sie sieht aus wie — wie sagst du? — eine Aristokratin. Ist sie… eine Königin?«

Sein Englisch war entsetzlich. Burton brüllte auf, riß die Keule aus Campbells Hand und sprang mit einem Satz auf den Eichentisch. Göring zuckte zurück; die Keulenspitze hatte seine Nase nur um einen Zentimeter verfehlt.

Gleichzeitig warf der Römer Burton eine Lanze entgegen, die ihn an der Schulter verletzte. Aber er ließ die Keule nicht fallen, wirbelte herum und schlug Tullius eine andere Waffe aus der Hand.

Brüllend warfen sich die Sklaven auf die Wachen. Frigate hatte plötzlich einen Speer in der Hand und drosch Kazz mit dem stumpfen Ende über den Schädel. Kazz taumelte. Monat trat einem der Wächter in den Magen und entriß ihm den Speer.

Was danach geschah, entzog sich Burtons Kenntnis. Als er wieder zu sich kam, war es dunkel. Sein Kopf schmerzte noch mehr als zuvor, und Schultern und Rippen waren beinahe gefühllos geworden. Er lag innerhalb eines von Palisaden umzäunten Hofes, etwa zwanzig mal zwanzig Meter groß. Fünf Meter über ihnen befand sich ein Wehrgang, auf dem bewaffnete Wächter patrouillierten.