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Zu jüdisch. — Wenn Gott ein Gegenstand der Liebe werden wollte, so hätte er sich zuerst des Richtens und der Gerechtigkeit begeben müssen: — ein Richter, und selbst ein gnädiger Richter, ist kein Gegenstand der Liebe. Der Stifter des Christenthums empfand hierin nicht fein genug, — als Jude.

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Zu orientalisch. — Wie? Ein Gott, der die Menschen liebt, vorausgesetzt, dass sie an ihn glauben, und der fürchterliche Blicke und Drohungen gegen Den schleudert, der nicht an diese Liebe glaubt! Wie? eine verclausulirte Liebe als die Empfindung eines allmächtigen Gottes! Eine Liebe, die nicht einmal über das Gefühl der Ehre und der gereizten Rachsucht Herr geworden ist! Wie orientalisch ist das Alles!» Wenn ich dich liebe, was geht's dich an?«ist schon eine ausreichende Kritik des ganzen Christenthums.

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Räucherwerk. — Buddha sagt:»schmeichle deinem Wohlthäter nicht!«Man spreche diesen Spruch nach in einer christlichen Kirche: — er reinigt sofort die Luft von allem Christlichen.

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Grösster Nutzen des Polytheismus. — Dass der Einzelne sich sein eigenes Ideal aufstelle und aus ihm sein Gesetz, seine Freuden und seine Rechte ableite — das galt wohl bisher als die ungeheuerlichste aller menschlichen Verirrungen und als die Abgötterei an sich; in der That haben die Wenigen, die diess wagten, immer vor sich selber eine Apologie nöthig gehabt, und diese lautete gewöhnlich:»nicht ich! nicht ich! sondern ein Gott durch mich!«Die wundervolle Kunst und Kraft, Götter zu schaffen — der Polytheismus — war es, in der dieser Trieb sich entladen durfte, in der er sich reinigte, vervollkommnete, veredelte: denn ursprünglich war es ein gemeiner und unansehnlicher Trieb, verwandt dem Eigensinn, dem Ungehorsame und dem Neide. Diesem Triebe zum eigenen Ideale feind sein: das war ehemals das Gesetz jeder Sittlichkeit. Da gab es nur Eine Norm:,»der Mensch«— und jedes Volk glaubte diese Eine und letzte Norm zu haben. Aber über sich und ausser sich, in einer fernen Ueberwelt, durfte man eine Mehrzahl von Normen sehen: der eine Gott war nicht die Leugnung oder Lästerung des anderen Gottes! Hier erlaubte man sich zuerst Individuen, hier ehrte man zuerst das Recht von Individuen. Die Erfindung von Göttern, Heroen und Uebermenschen aller Art, sowie von Neben- und Untermenschen, von Zwergen, Feen, Centauren, Satyrn, Dämonen und Teufeln, war die unschätzbare Vorübung zur Rechtfertigung der Selbstsucht und Selbstherrlichkeit des Einzelnen: die Freiheit, welche man dem Gotte gegen die anderen Götter gewährte, gab man zuletzt sich selber gegen Gesetze und Sitten und Nachbarn. Der Monotheismus dagegen, diese starre Consequenz der Lehre von Einem Normalmenschen — also der Glaube an einen Normalgott, neben dem es nur noch falsche Lügengötter giebt — war vielleicht die grösste Gefahr der bisherigen Menschheit: da drohte ihr jener vorzeitige Stillstand, welchen, soweit wir sehen können, die meisten anderen Thiergattungen schon längst erreicht haben; als welche alle an Ein Normalthier und Ideal in ihrer Gattung glauben und die Sittlichkeit der Sitte sich endgültig in Fleisch und Blut übersetzt haben. Im Polytheismus lag die Freigeisterei und Vielgeisterei des Menschen vorgebildet: die Kraft, sich neue und eigene Augen zu schaffen und immer wieder neue und noch eigenere: sodass es für den Menschen allein unter allen Thieren keine ewigen Horizonte und Perspectiven giebt.

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Religionskriege. — Der grösste Fortschritt der Massen war bis jetzt der Religionskrieg: denn er beweist, dass die Masse angefangen hat, Begriffe mit Ehrfurcht zu behandeln. Religionskriege entstehen erst, wenn durch die feineren Streitigkeiten der Secten die allgemeine Vernunft verfeinert ist: sodass selbst der Pöbel spitzfindig wird und Kleinigkeiten wichtig nimmt, ja es für möglich hält, dass das» ewige Heil der Seele «an den kleinen Unterschieden der Begriffe hängt.

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Gefahr der Vegetarianer. — Der vorwiegende ungeheure Reisgenuss treibt zur Anwendung von Opium und narkotischen Dingen, in gleicher Weise wie der vorwiegende ungeheure Kartoffelgenuss zu Branntwein treibt —: er treibt aber, in feinerer Nachwirkung, auch zu Denk- und Gefühlsweisen, die narkotisch wirken. Damit stimmt zusammen, dass die Förderer narkotischer Denk- und Gefühlsweisen, wie jene indischen Lehrer, gerade eine Diät preisen und zum Gesetz der Masse machen möchten, welche rein vegetabilisch ist: sie wollen so das Bedürfniss hervorrufen und mehren, welches sie zu befriedigen im Stande sind.

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Deutsche Hoffnungen. — Vergessen wir doch nicht, dass die Völkernamen gewöhnlich Schimpfnamen sind. Die Tartaren sind zum Beispiel ihrem Namen nach» die Hunde«: so wurden sie von den Chinesen getauft. Die» Deutschen«: das bedeutet ursprünglich» die Heiden«: so nannten die Gothen nach ihrer Bekehrung die grosse Masse ihrer ungetauften Stammverwandten, nach Anleitung ihrer Uebersetzung der Septuaginta, in der die Heiden mit dem Worte bezeichnet werden, welches im Griechischen» die Völker «bedeutet: man sehe Ulfilas. — Es wäre immer noch möglich, dass die Deutschen aus ihrem alten Schimpfnamen sich nachträglich einen Ehrennamen machten, indem sie das erste unchristliche Volk Europa's würden: wozu in hohem Maasse angelegt zu sein Schopenhauer ihnen zur Ehre anrechnete. So käme das Werk Luther's zur Vollendung, der sie gelehrt hat, unrömisch zu sein und zu sprechen:»hier stehe ich! Ich kann nicht anders!»—

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Frage und Antwort. — Was nehmen jetzt wilde Völkerschaften zuerst von den Europäern an? Branntwein und Christenthum, die europäischen Narcotica. — Und woran gehen sie am schnellsten zu Grunde? — An den europäischen Narcoticis.

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Wo die Reformationen entstehen. — Zur Zeit der grossen Kirchen-Verderbniss war in Deutschland die Kirche am wenigsten verdorben: desshalb entstand hier die Reformation, als das Zeichen, dass schon die Anfänge der Verderbniss unerträglich empfunden wurden. Verhältnissmässig war nämlich kein Volk jemals christlicher, als die Deutschen zur Zeit Luther's: ihre christliche Cultur war eben bereit, zu einer hundertfältigen Pracht der Blüthe auszuschlagen, — es fehlte nur noch Eine Nacht; aber diese brachte den Sturm, der Allem ein Ende machte.

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Misslingen der Reformationen. — Es spricht für die höhere Cultur der Griechen selbst in ziemlich frühen Zeiten, dass mehrere Male die Versuche, neue griechische Religionen zu gründen, gescheitert sind; es spricht dafür, dass es schon früh eine Menge verschiedenartiger Individuen in Griechenland gegeben haben muss, deren verschiedenartige Noth nicht mit einem einzigen Recepte des Glaubens und Hoffens abzuthun war. Pythagoras und Plato, vielleicht auch Empedokles, und bereits viel früher die orphischen Schwarmgeister, waren darauf aus, neue Religionen zu gründen; und die beiden Erstgenannten hatten so ächte Religionsstifter-Seelen und — Talente, dass man sich über ihr Misslingen nicht genug verwundern kann: sie brachten es aber nur zu Secten. Jedes Mal, wo die Reformation eines ganzen Volkes misslingt und nur Secten ihr Haupt emporheben, darf man schliessen, dass das Volk schon sehr vielartig in sich ist und sich von den groben Heerdeninstincten und der Sittlichkeit der Sitte loszulösen beginnt: ein bedeutungsvoller Schwebezustand, den man als Sittenverfall und Corruption zu verunglimpfen gewohnt ist: während er das Reifwerden des Eies und das nahe Zerbrechen der Eierschaale ankündigt. Dass Luther's Reformation im Norden gelang, ist ein Zeichen dafür, dass der Norden gegen den Süden Europa's zurückgeblieben war und noch ziemlich einartige und einfarbige Bedürfnisse kannte; und es hätte überhaupt keine Verchristlichung Europa's gegeben, wenn nicht die Cultur der alten Welt des Südens allmählich durch eine übermässige Hinzumischung von germanischem Barbarenblut barbarisirt und ihres Cultur-Uebergewichtes verlustig gegangen wäre. Je allgemeiner und unbedingter ein Einzelner oder der Gedanke eines Einzelnen wirken kann, um so gleichartiger und um so niedriger muss die Masse sein, auf die da gewirkt wird; während Gegenbestrebungen innere Gegenbedürfnisse verrathen, welche auch sich befriedigen und durchsetzen wollen. Umgekehrt darf man immer auf eine wirkliche Höhe der Cultur schliessen, wenn mächtige und herrschsüchtige Naturen es nur zu einer geringen und sectirerischen Wirkung bringen: diess gilt auch für die einzelnen Künste und die Gebiete der Erkenntniss. Wo geherrscht wird, da giebt es Massen: wo Massen sind, da giebt es ein Bedürfniss nach Sclaverei. Wo es Sclaverei giebt, da sind der Individuen nur wenige, und diese haben die Heerdeninstincte und das Gewissen gegen sich.