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Richard machte eine Geste mit der Hand. »Cara, bitte bringt einen Stuhl für den General. Er ist bestimmt müde von der Reise«

Nachdem Cara einen schlichten gepolsterten Stuhl vor den Tisch gestellt hatte und der General Platz genommen hatte, setzte Richard sich in seinen Sessel hinter dem Tisch. »Was kann ich für Euch tun, General Baldwin?«

Der General sah kurz hoch zu Raina hinter seiner linken und Cara hinter seiner rechten Schulter. Die beiden Frauen standen schweigend da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und gaben unzweideutig zu verstehen, daß sie nicht die Absicht hatten, den Raum zu verlassen.

»Ihr könnt frei sprechen, General. Diesen beiden vertraue ich so sehr, daß sie im Schlaf über mich wachen.«

Er holte Luft, wirkte ein wenig gelöster und schien die Beteuerung zu akzeptieren. »Lord Rahl, ich komme wegen der Königin.«

Richard hatte schon vermutet, daß dies der Grund sein könnte. Er faltete die Hände auf dem Tisch. »Was geschehen ist, tut mir sehr leid, General.«

Der General stützte den Arm auf den Tisch und beugte sich vor. »Ja, ich habe von den Mriswiths gehört. Ich habe ein paar von diesen abscheulichen Tieren auf den Lanzen draußen gesehen.«

Richard mußte sich bremsen. Fast hätte er gesagt, daß es vielleicht Tiere waren, aber keine abscheulichen. Schließlich hatte ein Mriswith Cathryn Lumholtz getötet, als sie ihn gerade hatte ermorden wollen. Doch da der General dies vermutlich nicht verstehen würde, behielt Richard es für sich und erwiderte statt dessen: »Ich bedauere aufrichtig, daß Eure Königin getötet wurde, während sie unter meinem Dach weilte.«

Der General tat dies mit einer knappen Handbewegung ab. »Ich wollte Euch damit nichts unterstellen, Lord Rahl. Ich bin gekommen, weil Kelton jetzt, da Cathryn Lumholtz tot ist, weder König noch Königin hat. Sie war die letzte in der Erbfolge, und das ist wegen ihres plötzlichen Todes ein Problem.«

Richard blieb freundlich, aber förmlich. »Was für ein Problem? Ihr seid jetzt ein Teil von uns.«

Der Mann verzog das Gesicht zu einem bemüht gelassenen Ausdruck. »Ja, wir haben die Kapitulationsdokumente erhalten. Aber die Königin, die uns geführt hat, ist jetzt tot. Als sie noch im Amt war, handelte sie im Rahmen ihrer Machtbefugnis, jetzt jedoch müssen wir feststellen, daß wir ein wenig ratlos sind, wie es weitergehen soll.«

Richard runzelte die Stirn. »Ihr meint, Ihr braucht eine neue Königin — oder einen König?«

Er zuckte kleinlaut mit den Achseln. »Bei uns ist es nun mal üblich, daß ein Monarch das Volk führt. Auch wenn es nun, da wir uns dem Bund mit D’Hara ergeben haben, nur symbolisch ist, so erfüllt es das keltonische Volk mit Achtung, einen König oder eine Königin zu haben. Ohne hat das Volk das Gefühl, nicht mehr als Nomaden zu sein, ohne Wurzeln — ohne etwas Gemeinsames, das es verbindet.

Da es keinen Lumholtz mehr in der Erbfolge gibt, könnte eines der anderen Häuser sich hervortun. Keines hat ein Anrecht auf den Thron, das hingegen könnte sich eines erwerben. Ein umstrittener Thron jedoch beschwört die Gefahr eines Bürgerkriegs herauf.«

»Verstehe«, sagte Richard. »Euch ist natürlich bewußt, daß es, soweit es Eure Kapitulation betrifft, keinerlei Rolle spielt, wen Ihr zu Eurem König oder zu Eurer Königin wählt. Die Kapitulation ist unwiderruflich.«

»So einfach ist das nicht. Deswegen bin ich gekommen, um Eure Hilfe zu erbitten.«

»Wie kann ich helfen?«

Der General knetete sein Kinn. »Seht Ihr, Lord Rahl, Königin Cathryn hat Euch Kelton übergeben, jetzt aber ist sie tot. Bis wir einen neuen Monarchen haben, sind wir Eure Untertanen. Gewissermaßen seid Ihr, solange kein echter Monarch ernannt ist, unser König. Wenn jedoch eines dieser Häuser den Thron besteigt, könnte es sein, daß man dort anderer Meinung ist.«

Richard ließ seine Stimme nicht so bedrohlich klingen, wie es seiner Laune entsprochen hätte. »Eine solche Meinung interessiert mich nicht. Dieser Fluß ist überschritten.«

Der General wedelte mit der Hand, als wollte er um Geduld bitten. »Ich denke, die Zukunft liegt bei Euch, Lord Rahl. Das Problem ist, fällt der Thron an das falsche Haus, könnte man dort auf andere Gedanken kommen. Offen gesagt, hätte ich nie gedacht, das Haus Lumholtz würde sich für Euch und D’Hara entscheiden. Ihr müßt sehr überzeugend gewesen sein, um die Königin zur Vernunft zu bringen.

Einige der Herzöge und Herzoginnen sind durchaus begabt, was das Spiel um die Macht angeht, nicht aber, was das Wohl aller angeht. Die Herzogtümer sind fast unabhängig, und ihre Untertanen beugen sich nur einem Monarchen. Da sind einmal jene, die sich voller Überzeugung für Kelton und die Befolgung der Anordnungen der Krone — und nicht D’Haras — aussprechen würden, sollte eines der falschen Häuser auf den Thron gelangen und die Kapitulation für ungültig erklären. Die Folge wäre ein Bürgerkrieg.

Ich bin Soldat und betrachte das Geschehen mit den Augen eines Soldaten. Kein Soldat kämpft gern in einem Bürgerkrieg. Unter meinem Kommando stehen Männer aus jedem Herzogtum. Ein Bürgerkrieg würde die Einheit der Armee zerstören und uns für unsere wahren Feinde angreifbar machen.«

Richard sprach in die Stille hinein. »Ich höre zu, sprecht weiter.«

»Wie gesagt, als Mann, der den Wert von Einigkeit kennt, denke ich, die Zukunft liegt bei Euch. Im Augenblick seid Ihr das Gesetz — bis ein neuer Herrscher den Thron besteigt.«

General Baldwin lehnte sich seitlich an den Tisch und senkte bedeutungsschwer die Stimme. »Da Ihr gegenwärtig das Gesetz seid, wäre die Angelegenheit mit der Ernennung eines Königs oder einer Königin durch Euch erledigt. Versteht Ihr, was ich meine? Die Häuser wären verpflichtet, den neuen Herrscher anzuerkennen und sich Euch anzuschließen, vorausgesetzt, der neue Herrscher ordnet an, es soll sein, wie es bereits beschlossen wurde.«

Richard sah ihn argwöhnisch an. »So wie Ihr das sagt, klingt es wie ein Spiel, General. Man verschiebt einen Stein auf dem Brett, um einen gegnerischen Stein zu blockieren, bevor der Gegner Gelegenheit bekommt, den eigene Stein zu schlagen.«

Der General strich seinen Schnäuzer glatt. »Ihr seid am Zug, Lord Rahl.«

Richard lehnte sich zurück in seinen Sessel. »Verstehe.« Er dachte einen Augenblick lang nach, wußte nicht, wie er in dieser Angelegenheit weiter verfahren sollte. Vielleicht konnte er den General fragen, welches Haus treu ergeben sein würde. Er hielt es jedoch nicht für klug, einem Mann zu vertrauen, der gerade eben erst hereinspaziert war und seine Absicht zu helfen, kundgetan hatte. Es konnte eine Falle sein.

Er blickte kurz zu Cara hinüber, die seitlich hinter dem General stand. Sie hatte die Schultern hochgezogen und einen Ausdruck stummer Verwirrung im Gesicht. Als sein Blick zu Raina hinüberwanderte, gab sie ihm zu erkennen, daß auch sie keinen Rat wußte.

Richard erhob sich und trat ans Fenster, starrte hinaus auf die Menschen in der Stadt. Er wünschte, Kahlan wäre hier. Sie wußte über diese Dinge Bescheid: über Erbfolge und Herrscher. Die Übernahme der Midlands wurde zunehmend komplizierter, als er erwartet hatte.

Er konnte diesen Unfug einfach mit einem Befehl unterbinden und d’Haranische Truppen zur Durchsetzung seiner Befehle aussenden, aber das wäre eine Vergeudung wertvoller Soldaten für etwas, das eigentlich längst geregelt war. Er konnte die Angelegenheit auf sich beruhen lassen, andererseits war er darauf angewiesen, daß Kelton ihm treu ergeben blieb — die Kapitulation anderer Länder hing von Kelton ab. Wenn er einen Fehler machte, konnten all seine Pläne zu Asche zerfallen.

Richard wünschte nur, Kahlan würde sich beeilen und nach Aydindril kommen. Sie konnte ihm sagen, was er zu tun hatte. Vielleicht konnte er bis zu ihrem und Zedds Eintreffen Zeit schinden, und dann, mit ihrem Rat, das Richtige tun. Sie würde bald hier sein. Aber war das bald genug?

Kahlan, was soll ich tun?

Kahlan.

Richard drehte sich zu dem wartenden General um. »Da Kelton einen Monarchen als Symbol der Hoffnung und der Führerschaft über das gesamte keltonische Volk braucht, werde ich einen für Euch bestimmen.«