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Im untersten Stockwerk stellten wir fest, daß der Flur nicht direkt bis zum Innenhof durchging, sondern daß wir, um zu diesem zu gelangen, einen Raum voll mit grünen Menschen durchqueren mußten. Uns blieb nur eines übrig, und zwar uns eine Etage weiter nach oben zu begeben und durch den Saal zu gehen, den ich zuvor durchquert hatte.

Vorsichtig stiegen wir die Treppe hinauf. Von weiter oben drang Gesprächslärm zu uns, doch der Saal war noch immer unbeleuchtet, und niemand war zu sehen, als wir schließlich oben angekommen waren. Wir schlichen durch die lange Halle und erreichten schließlich unentdeckt den Balkon, von dem man den Innenhof überblicken konnte.

Zu unserer Rechten befand sich das Fenster, durch das ich Tan Gama und die anderen Krieger beobachtet hatte, als sie früher am Abend zu Tars Tarkas Zelle aufgebrochen waren. Tan Gamas Gefährten waren eingetroffen, und wir konnten nun einen Teil ihres Gespräches mitverfolgen.

»Weswegen braucht Tan Gama so lange?« fragte einer.

»Er braucht doch sicher nicht die ganze Zeit dafür, sein Kurzschwert aus der Zelle des Thark zu holen«, sagte ein anderer.

»Sein Kurzschwert?« fragte eine Frau. »Was meinst du damit?«

»Tan Gama vergaß sein Kurzschwert in der Zelle des Thark und verließ uns an der Treppe, um noch einmal zurückzugehen und es zu holen.«

»Tan Gama hat heute abend gar kein Kurzschwert getragen, es wurde heute beim Kampf mit dem Thark zerbrochen. Tan Gama hat es mir gegeben, damit ich es repariere. Seht, hier ist es«, sagte die Frau und zog Tan Gamas Kurzschwert unter ihren seidenen Bettüchern und Fellen hervor.

Die Krieger sprangen auf.

»Hier stimmt etwas nicht!« rief einer.

»Das habe ich mir schon gedacht, als er uns an der Treppe verließ«, sagte ein anderer. »Mir schien, als klänge seine Stimme merkwürdig.«

»Kommt, schnell in die Gewölbe!«

Mehr mußten wir nicht hören. Ich knüpfte meine Ausrüstung zu einer langen Schlinge zusammen, ließ Tars Tarkas daran in den Hof hinunter und stand einen Moment später neben ihm.

Wir hatten nur wenige Worte gewechselt, seit ich Tan Gama an der Zellentür niedergeschlagen und im Fackelschein den Ausdruck äußerster Verblüffung auf dem Gesicht des großen Thark gesehen hatte.

»Bis jetzt sollte ich eigentlich gelernt haben, mich bei John Carter über nichts mehr zu wundern«, waren seine Worte gewesen. Das war alles. Er brauchte mir nicht zu sagen, wie sehr er die Freundschaft schätzte, wegen der ich mein Leben für seine Befreiung aufs Spiel setzte, auch mußte er mir nicht mitteilen, daß er sich freute, mich zu sehen.

Dieser grimmige, grüne Krieger hatte mich als erster begrüßt, an jenem Tag, der nun zwanzig Jahre zurückliegt, als er Zeuge meiner Ankunft auf dem Mars wurde. Er war, sich von seinem Thoat tief herabbeugend, mit gesenktem Speer und finsterem Haß im Herzen auf mich zugestürmt, als ich auf dem ausgetrockneten Meeresgrund hinter Korad neben der Brutstation seiner Horde stand. Und nun hatte ich unter den Bewohnern der beiden Welten keinen besseren Freund als Tars Tarkas, Jeddak der Thark.

Im Hof wichen wir für einen Augenblick in den Schatten unterhalb der Balkone, um unser weiteres Vorgehen zu besprechen.

»Jetzt sind wir fünf in der Gruppe, Tars Tarkas«, sagte ich. »Thuvia, Xodar, Carthoris und wir beide. Folglich brauchen wir fünf Thoats.«

»Carthoris! Dein Sohn?« rief er.

»Ja, ich habe ihn im Gefängnis auf Shador getroffen, im Meer Omean, im Land der Erstgeborenen.«

»Ich kenne keine dieser Orte, John Carter. Sind sie auf Barsoom?«

»Darauf und darunter, mein Freund. Doch warte, bis wir von hier weg sind, und du wirst die merkwürdigste Geschichte hören, die einem Barsoomier der Außenwelt jemals zu Ohren gekommen ist. Aber erst brauchen wir einige Thoats, damit wir uns schon ein gutes Stück im Norden befinden, ehe diese Gesellen entdecken, wie wir sie an der Nase herumgeführt haben.«

Unentdeckt erreichten wir das große Tor auf der anderen Hofseite, durch das wir die Thoats führen mußten, um zur Straße zu kommen. Es ist keine einfache Sache, fünf dieser großen Raubtiere in den Griff zu bekommen, die vom Wesen her ebenso wild und unbändig sind wie ihre Herren und die allein durch Grausamkeit und brutale Gewalt bezwungen werden können.

Als wir uns ihnen näherten, witterten sie unseren unbekannten Geruch und umkreisten uns mit wütendem Gekreisch. Die langen, kräftigen Hälse nach oben gereckt, befanden sich ihre großen, klaffenden Mäuler weit über unseren Köpfen. Sie sehen bereits furchteinflößend aus, doch wenn sie aufgebracht sind, werden sie diesem gefährlichen Aussehen gerecht. Das Thoat mißt bis zur Schulter reichlich zehn Fuß. Seine glänzende, unbehaarte Haut besitzt an den Flanken und auf dem Rücken die Farbe dunklen Schiefers. Die Haut wird entlang der acht Beine immer heller, bis sie bei den riesigen, gepolsterten und nagellosen Füßen in ein strahlendes Gelb übergeht. Der Bauch ist reinweiß. Ein breiter, flacher Schwanz, der an der Spitze dicker ist als am Ansatz, vervollständigt das Bild dieses unbändigen Reittieres der wilden grünen Marsmenschen – ein Kriegsroß, das zu diesem Kriegsvolk paßt.

Da die Thoats ausschließlich durch Telepathie geführt werden, braucht man weder Zaum noch Zügel. Unser Ziel war nun, zwei ausfindig zu machen, die unseren stummen Befehlen Folge leisteten. Als die Tiere sich um uns scharten, gelang es uns, sie soweit zu bändigen, daß sie nicht vereint gegen uns anstürmten, doch wenn ihr Gekreisch noch länger anhielt, würde es mit Sicherheit Krieger in den Hof holen, die die Ursache des Lärmes herausfinden wollten.

Schließlich gelang es mir, mich einem der großen Tiere von der Seite zu nähern, und bevor es wußte, was ich im Schilde führte, saß ich sicher auf seinem glänzenden Rücken. Kurz darauf hatte auch Tars Tarkas eines der Tiere eingefangen und war aufgesessen. Wir nahmen noch drei oder vier von ihnen zwischen uns und trieben sie auf das große Tor zu.

Tars Tarkas ritt voran, stützte sich auf die Klinke und stieß die Torflügel auf, während ich die unberittenen Thoats davon abhielt, zurück zur Herde durchzubrechen. Dann ritten wir auf den gestohlenen Reittieren hinaus auf die Straße und stoben, ohne das Tor hinter uns zu verschließen, in Richtung der südlichen Stadtgrenze davon.

Bis dahin war unsere Flucht beinahe wundervoll verlaufen, und unser Glück verließ uns auch nicht, denn wir passierten die Randgebiete der verlassenen Stadt und erreichten unser Lager, ohne etwas zu hören, das auf Verfolger hinwies.

Hier unterrichtete wie abgesprochen ein leises Pfeifen den übrigen Teil unserer Gruppe von unserer Rückkehr. Die drei ließen keine Freudenbekundung aus.

Wir hielten uns nur wenig damit auf, über unsere Abenteuer zu berichten. Tars Tarkas und Carthoris tauschten die würdevollen Begrüßungen aus, wie sie auf Barsoom üblich sind, doch mein Gefühl sagte mir, daß der Thark meinen Jungen liebte und daß Carthoris seine Zuneigung erwiderte.

Xodar und der grüne Jeddak wurden einander auf die herkömmliche Weise vorgestellt. Dann hoben wir Thuvia auf das am wenigsten widerspenstige Thoat, Xodar und Carthoris schwangen sich auf die anderen, und im schnellen Schritt brachen wir nach Osten auf. Wir streiften den äußeren Zipfel der Stadt, bogen anschließend nach Norden und stürmten unter den prächtigen Strahlen der beiden Monde lautlos über den Grund des toten Meeres, fort von den Warhoon und den Erstgeborenen, doch welche neuen Gefahren und Abenteuer unserer harrten, wußten wir nicht.

Gegen Mittag des nächsten Tages machten wir halt, damit wir und die Tiere sich ausruhen konnten. Wir fesselten die Thoats so an den Füßen, daß sie sich langsam umherbewegen und von den ockerfarbenen, moosartigen Pflanzen fressen konnten, die ihnen unterwegs sowohl als Nahrung als auch als Flüssigkeit dient. Thuvia erklärte sich freiwillig bereit, Wache zu halten, während der Rest von uns eine Stunde lang schlief.