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Skavadale lächelte zuckersüß. »Erlaube mir, dir Captain Sandman, den Kricketspieler vorzustellen. Das ist Lord Robin Holloway.«

»Kricketspieler?« Lord Robin Holloway war verwirrt. »Ich dachte, er wäre ein Lakai von Sidmouth?«

»Das bin ich ebenfalls«, sagte Sandman.

Als Lord Robin Sandmans streitlustigen Ton hörte, zuckte sein Florett. Er besaß nichts von Skavadales Höflichkeit. Nach Sandmans Schätzung war er wohl Anfang zwanzig, ebenso groß und gut aussehend wie sein Freund, allerdings nicht dunkelhaarig wie Skavadale, sondern blond. Sein Haar war so golden wie die Ringe an seinem Finger und die Kette an seinem Hals. Er leckte sich die Lippen und hob das Florett an. »Und was will Sidmouth von uns?«, fragte er ungehalten.

»Captain Sandman wollte gerade gehen«, stellte Skavadale nachdrücklich fest.

»Ich bin gekommen, um mich nach der Countess of Avebury zu erkundigen«, erklärte Sandman.

»Sie liegt im Grab, Mann«, sagte Holloway. Hinter ihm erschien ein zweiter Mann ebenfalls mit Florett, allerdings in einfacher Kleidung, woraus Sandman schloss, dass es der Fechtmeister des Clubs sein musste. Der Raum jenseits der Geheimtür war offenbar ein Fechtsaal, denn er wies Ständer mit Floretten und Degen und einen glatten Hartholzboden auf. »Was sagten Sie noch, wie Sie heißen?«, herrschte Holloway Sandman an.

»Ich habe gar nichts gesagt«, erwiderte Sandman, »aber ich heiße Sandman, Rider Sandman.«

»Der Sohn von Ludovic Sandman?«

Sandman neigte den Kopf. »Ja.«

»Der verdammte Kerl hat mich betrogen«, sagte Lord Holloway und schaute Sandman aus leicht vortretenden Augen herausfordernd an. »Schuldet mir Geld!«

»Eine Angelegenheit für die Anwälte«, beschwichtigte Lord Skavadale.

»Sechstausend Guineen«, sagte Robin Holloway, »und weil Ihr verdammter Vater sich eine Kugel zwischen die Augen gejagt hat, bekommen wir keinen Penny! Was wollen Sie dagegen machen, Mann?«

»Captain Sandman möchte jetzt gehen«, sagte Lord Skavadale bestimmt und nahm Sandmans Ellbogen.

Sandman schüttelte ihn ab. »Ich habe begonnen, einige Schulden meines Vaters zu begleichen«, erklärte er Lord Robin in nach wie vor respektvollem Ton, obwohl unter der scheinbar ruhigen Oberfläche sein Zorn brodelte. »Ich bezahle die Schulden bei den Kaufleuten, die der Selbstmord meines Vaters in Schwierigkeiten gebracht hat. Und was Ihre Schulden angeht?« Er stockte. »Ich habe nicht vor, irgendetwas in dieser Hinsicht zu unternehmen.«

»Verdammter Kerl.« Lord Robin hob das Florett, als wolle er Sandman damit ins Gesicht schlagen.

Lord Skavadale ging dazwischen. »Es reicht! Der Captain geht jetzt.«

»Du hättest ihn gar nicht erst hereinlassen sollen«, sagte Lord Robin. »Er ist nur ein schleimiger kleiner Spitzel von Sidmouth. Das nächste Mal benutzen Sie gefälligst den Lieferanteneingang, Sandman. Der Vordereingang ist für Gentlemen.« Sandman hatte sein Temperament in Zaum gehalten und war Richtung Eingangshalle gegangen, doch nun machte er plötzlich kehrt und ging an Skavadale und Holloway vorbei. »Wo zum Teufel wollen Sie hin?«, fragte Holloway.

»Zur Hintertür natürlich«, sagte Sandman, blieb aber neben dem Fechtmeister stehen und streckte die Hand aus. Der Mann zögerte, schaute verstohlen zu Skavadale und runzelte die Stirn, als Sandman ihm das Florett einfach abnahm. Sandman drehte sich zu Holloway um: »Ich habe es mir anders überlegt. Ich glaube, ich nehme doch den Vordereingang. Heute fühle ich mich als Gentleman. Oder hat Seine Lordschaft vor, mich aufzuhalten?«

»Robin«, warnte Lord Skavadale seinen Freund.

»Verflucht«, sagte Holloway, zückte sein Florett, schlug Sandmans Klinge beiseite und machte einen Ausfallschritt.

Sandman parierte, dass Holloways Klinge hoch in die Luft schnellte, und schlug Seiner Lordschaft das Florett quer über das Gesicht. Da es mit einem Spitzenschutz versehen war, hinterließ die Klinge keinen Schnitt, sondern lediglich einen roten Striemen auf Holloways rechter Wange. Mit dem nächsten Hieb markierte Sandman gleich noch die linke Wange, trat drei Schritte zurück und senkte die Waffe. »Was bin ich nun?«, fragte er. »Lieferant oder Gentleman?«

»Zum Teufel mit Ihnen!« Holloway war wütend und erkannte nicht, dass sein Gegner ebenfalls außer sich war, aber Sandmans Zorn war kaltblütig und grausam, während Holloways hitzig und daher leichtsinnig war. Holloway schwang das Florett wie einen Säbel in der Hoffnung, allein durch die Kraft des peitschenähnlichen Schlags Sandmans Gesicht aufzuschlitzen, aber Sandman wich zurück, ließ die Klinge zwei Finger vor seiner Nase vorbei zischen, sprang vor und stieß seine Waffe so fest gegen Holloways Bauch, dass sie sich wie ein Bogen spannte, dank des Spitzenschutzes aber weder Stoff noch Haut durchdrang. Die Federkraft der Klinge nutzte Sandman, um zurückzuschnellen, als Lord Robin erneut zuschlug. Sandman wich einen weiteren Schritt zurück, was Holloway irrtümlich als Nervosität auslegte und mit der Klinge nach Sandmans Hals schlug.

»Versager«, sagte Sandman mit ungeheurer Verachtung in der Stimme. »Sie schwacher kleiner Versager.« Nun focht er mit entfesselter Wut, einer lodernden, tödlichen Rage, gegen die er ankämpfte, die er hasste, die zu überwinden er betete. Aber es ging ihm nicht mehr ums Fechten, es ging ihm ums Töten. Er sprang mit gefährlich zischender Klinge vor, der Spitzenschutz traf Lord Holloway ins Gesicht, stach ihm beinahe ein Auge aus, die Klinge peitschte über Lord Holloways Nase, hinterließ einen blutenden Schnitt, der Stahl schnellte zurück wie eine Schlange; Lord Holloway krümmte sich vor Schmerz, und plötzlich schlangen sich zwei kräftige Arme um Sandmans Brust. Sergeant Berrigan hielt ihn fest, und der Fechtmeister stand vor Lord Robin Holloway, während Lord Skavadale seinem Freund das Florett entwand.

»Genug!« sagte Skavadale. »Genug!« Er warf Holloways Florett ans andere Ende des Raumes, nahm Sandman die Waffe ab und schleuderte sie hinterher. »Sie gehen, Captain«, befahl er. »Sofort!«

Sandman schüttelte Berrigans Arme ab. Er sah Angst in Lord Robins Augen. »Ich habe schon mit richtigen Männern gekämpft, als Sie sich noch in die Windeln gemacht haben«, sagte er.

»Gehen Sie!«, fuhr Skavadale ihn an.

»Sir?« Berrigan, der ebenso groß war wie Sandman, deutete mit dem Kopf auf die Eingangshalle. »Ich denke, es ist das Beste, wenn Sie gehen, Captain.«

»Wenn Sie herausfinden, wer das Porträt in Auftrag gegeben hat, wäre ich Ihnen für Ihre Mitteilung sehr verbunden«, sagte er zu Skavadale. Er hoffte nicht ernstlich, dass Lord Skavadale etwas in dieser Richtung unternehmen würde, aber diese Aufforderung gab ihm die Möglichkeit, sich mit einem gewissen Maß an Würde zu verabschieden. »Sie können mir eine Nachricht in das Wheatsheaf in der Drury Lane senden.«

»Guten Tag, Captain«, sagte Skavadale kalt. Lord Robin funkelte Sandman wütend an, sagte aber nichts. Er war geschlagen und wusste es. Der Fechtmeister schaute respektvoll drein, da er etwas von Fechtkunst verstand.

Sandmans Hut und Mantel wurden ihm halb getrocknet und vollständig ausgebürstet in die Diele gebracht, wo Sergeant Berrigan die Haustür öffnete. Er nickte Sandman ausdruckslos zu, als dieser an ihm vorbei hinausging. »Sie kommen besser nicht wieder, Sir«, sagte Berrigan und schlug die Tür zu.

Es hatte wieder angefangen zu regnen.

Langsam ging Sandman nordwärts.

Er war nun wirklich nervös, so nervös, dass er sich fragte, ob er lediglich zum Seraphim Club gegangen war, um seine nächste Pflicht aufzuschieben.

War es tatsächlich eine Pflicht? Er redete es sich ein, obwohl er vermutete, dass es lediglich eine Schwäche war, eine Dummheit war es gewiss. Aber Sally hatte Recht. Er musste die Zofe Meg finden, um die Wahrheit herauszufinden, und die beste Möglichkeit einen Dienstboten zu finden war, andere Dienstboten zu fragen, und zu diesem Zweck war er nun auf dem Weg in die Davies Street, die er seit sechs Monaten sorgsam gemieden hatte.