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»Ja«, bestätigte Sandman.

Sie runzelte die Stirn. »Er ist also dein Mörder? So einfach ist das?«

»Die Mitglieder des Seraphim Clubs denken, sie stünden über dem Gesetz«, erklärte Sandman. »Sie glauben, ihre gesellschaftliche Stellung, ihr Geld und ihre Privilegien schützen sie. Vermutlich haben sie damit Recht, sofern ich Meg nicht finde.«

»Falls Meg noch lebt«, warf Eleanor ein.

»Falls Meg noch lebt«, bestätigte Sandman.

Eleanor schaute Sandman mit großen, leuchtenden Augen an. »Ich komme mir sehr selbstsüchtig vor«, gestand sie.

»Wieso?«

»Weil ich mich über meine kleinen Sorgen gräme, während du einen Mörder suchst.«

»Deine Sorgen sind klein?«, fragte Sandman lächelnd.

Eleanor erwiderte sein Lächeln nicht. »Ich bin nicht bereit, dich aufzugeben, Rider. Ich habe es versucht.«

Da er wusste, wie viel Überwindung dieses Geständnis sie kostete, nahm er ihre Hand und küsste ihre Finger. »Ich habe dich nie aufgegeben«, sagte er, »und nächste Woche werde ich noch einmal mit deinem Vater sprechen.«

»Und wenn er nein sagt?« Sie umklammerte seine Hand.

»Dann fahren wir nach Schottland«, antwortete Sandman. »Sollen wir nach Schottland fahren?«

Eleanor hielt strahlend seine Hand fest. »Rider? Mein umsichtiger, wohl erzogener, ehrenhafter Rider? Du würdest mit mir durchbrennen?«

Er erwiderte ihr Lächeln. »In letzter Zeit habe ich oft an den Nachmittag und Abend auf dem Hügel in Waterloo gedacht, meine Liebe, und an den Entschluss, den ich damals getroffen habe und ständig zu vergessen drohe. Damals habe ich mir geschworen, wenn ich diesen Tag überleben sollte, möchte ich nicht mit dem Gefühl sterben, etwas im Leben versäumt zu haben. Ich möchte nicht mit unerfüllten Wünschen, Träumen und Sehnsüchten sterben. Also ja, wenn dein Vater uns nicht heiraten lässt, werde ich mit dir nach Schottland fahren, dann soll der Teufel den Letzten holen.«

»Weil ich deinen Wünschen, Träumen und Sehnsüchten entspreche?«, fragte Eleanor mit Tränen in den Augen und strahlender Miene.

»Weil du all das für mich bist«, bestätigte Sandman, »und außerdem liebe ich dich.«

Plötzlich stand Sergeant Berrigan neben ihnen, triefend vor Regennässe und breit grinsend, weil er Sandman in einem so delikaten Moment überrascht hatte.

Der Sergeant pfiff Spanish Ladies, als sie den Hay Hill zur Old Bond Street hinaufgingen. Es war ein fröhliches Pfeifen, das deutlich zum Ausdruck brachte, wie wenig ihn das soeben Gesehene interessierte, und ein wohl überlegtes Pfeifen, das jeder in der Armee als offenkundige, aber nicht strafbare Insubordination erkannt hätte. Sandman, der immer noch humpelte, lachte. »Ich war einmal mit Miss Forrest verlobt, Sergeant.«

»Eine deutsche Kutsche, Captain, da drüben, sehen Sie? Verdammt schwere Kiste.« Berrigan täuschte immer noch Desinteresse vor und deutete auf eine wuchtige Kutsche, die auf dem nassen Kopfsteinpflaster gefährlich ins Schleudern geriet. Der Kutscher zerrte an der Bremse, die Pferde tänzelten nervös, doch dann streiften die Räder die Bordsteinkante und das Fahrzeug stabilisierte sich. »Das sollte man verbieten, dass diese verdammten ausländischen Kutschen unsere Straßen ruinieren«, sagte Berrigan. »Den Kerlen sollte man Steuern abknöpfen, dass ihnen Hören und Sehen vergeht, oder sie gleich über den Kanal zurückschicken, wo sie hingehören.«

»Miss Forrest hat die Verlobung gelöst, weil ihre Eltern nicht wollten, dass sie einen armen Schlucker heiratet«, erklärte Sandman. »So, jetzt wissen Sie Bescheid, Sergeant.«

»Sah mir nicht nach einer gelösten Verlobung aus, Sir. Guckte Ihnen in die Augen, als ob Sonne, Mond und Sterne drin gefangen wären.«

»Ja, na ja. Das Leben ist kompliziert.«

»War mir noch gar nicht aufgefallen«, sagte Berrigan sarkastisch. Er verzog das Gesicht über das Wetter, obwohl der strömende Regen inzwischen in einen leichten Nieselregen übergegangen war. »Wo wir gerade von Komplikationen sprechen«, fuhr Berrigan fort, »Mister Sebastian Witherspoon war gar nicht glücklich. Ganz und gar nicht glücklich. Um genau zu sein, er war verdammt wütend.«

»Ach! Er hat sich wohl denken können, dass ich mich nicht so verhalte, wie er erwartet hat?«

»Er wollte wissen, was Sie eigentlich vorhaben, Captain, aber ich habe gesagt, ich wüsste nichts.«

»Sicher hat er sich geweigert, das zu glauben?«

»Er konnte machen, was er wollte, Captain, ich habe nur gesagt: ›Ja, Sir, nein, Sir, ich weiß gar nichts, Sir, Sie können mich mal, Sir, gehen Sie zum Teufel, Sir‹, aber alles ganz respektvoll.«

»Mit anderen Worten, Sie haben sich benommen wie ein Feldwebel?«, fragte Sandman lachend. Er erinnerte sich von seinen eigenen Feldwebeln an diese freche Unterwürfigkeit, an die scheinbare Willigkeit, die eine tiefe Unversöhnlichkeit kaschierte. »Hat er Ihnen denn gesagt, wo der Innenminister am Sonntag zu erreichen ist?«

»Seine Lordschaft wird nicht zu Hause sein, Captain, weil die Handwerker in seinem Haus eine neue Treppe einbauen, die schon im vergangenen Mai hätte fertig werden sollen, aber noch nicht einmal gestrichen ist, daher hat Seine Lordschaft leihweise ein Haus in der Great George Street bezogen. Mister Witherspoon sagte, er hoffe, Sie nicht so bald wiederzusehen, ohnehin werde Seine Lordschaft es Ihnen wohl kaum danken, wenn Sie ihn am Sonntag stören, da Seine Lordschaft ein gläubiger Christ ist, außerdem ist Mister Witherspoon wie Seine heilige Lordschaft überzeugt, dass die verdammte Schwuchtel aufgeknüpft wird, wie sie es verdient.«

»Ich bin sicher, das Letzte hat er nicht gesagt.«

»Nicht ganz so«, gab Berrigan fröhlich zu, »aber ich habe es gesagt, worauf Mister Witherspoon gleich eine bessere Meinung von mir hatte. Noch ein Weilchen, und er hätte Ihnen den Laufpass gegeben und mich mit der Ermittlung beauftragt.«

»Dann Gnade Corday Gott, was?«

»Der kleine Mistkerl würde so schnell zum Galgen wandern, dass seine Zehen den Boden nicht berühren würden«, sagte Berrigan munter. »Und, wohin gehen wir jetzt?«

»Wir suchen Sir George Phillips auf, weil ich wissen möchte, ob er mir genau sagen kann, wer das Porträt der Countess bestellt hat. Wenn wir den Namen dieses Mannes haben, wissen wir, wer der Mörder ist, Sergeant.«

»Das hoffen Sie«, sagte Berrigan skeptisch.

»Miss Hood ist ebenfalls in Sir Georges Atelier. Sie steht für ihn Modell.«

»Ach!« Berrigans Laune besserte sich.

»Und selbst wenn Sir George uns nichts sagen will, habe ich erfahren, dass meine einzige Zeugin in der Kutsche des Seraphim Clubs fortgebracht wurde.«

»In einer der Kutschen«, berichtigte Berrigan, »sie haben nämlich zwei.«

»Ich nehme also an, dass der Kutscher des Clubs uns sagen kann, wo er sie hingebracht hat.«

»Das kann schon sein«, sagte Berrigan, »aber wahrscheinlich müssten wir ihn dazu ein bisschen überreden.«

»Eine angenehme Aussicht«, sagte Sandman. Sie hatten den Eingang neben dem Juwelierladen erreicht, und er klopfte. Wie bei seinem ersten Besuch öffnete Sammy die Tür, versuchte aber gleich wieder, sie zu schließen. Sandman verschaffte sich dreist Zutritt. »Sag Sir George, dass Captain Rider Sandman und Sergeant Samuel Berrigan ihn sprechen wollen«, befahl er herrisch.

»Er will nicht mit Ihnen sprechen«, antwortete Sammy.

»Geh und sag ihm Bescheid, Junge!«, befahl Sandman.

Sammy machte einen unüberlegten Versuch, sich an Sandman vorbei auf die Straße zu flüchten, wurde aber von Sergeant Berrigan erwischt, der den Jungen hochhob und gegen den Türpfosten drückte. »Wo willst du hin, Bürschchen?«, fragte Berrigan.