»Ungewöhnlich schlechte Laune«, stellte Lord Alexander nachdenklich fest, zog einen Stift aus dem wirren Haar hinter seinem Ohr und ein stark zerknittertes Stück Papier aus einer Jackentasche. »Ich dachte, Hammond könnte den Dreistab hüten, einverstanden?«
»Geht es um deine Mannschaft, die gegen Hampshire spielen soll?«
»Nein, Rider, es geht um meinen Vorschlag für einen neuen Dekan und die Chorherren der St. Paul’s Cathedral. Was denkst du denn?«
»Hammond wäre eine sehr gute Wahl«, sagte Sandman, verlagerte das Gewicht auf das hintere Bein und stoppte einen hoch aufsteigenden Ball. »Guter Wurf«, rief er Hughes zu.
»Edward Budd sagte, er wird für uns spielen«, sagte Lord Alexander.
»Wunderbar!«, rief Sandman ehrlich begeistert, denn Edward Budd war der einzige Schlagmann, dessen Überlegenheit er anerkannte und den er wirklich schätzte.
»Simmons ist ebenfalls frei.«
»Dann spiele ich nicht mit«, sagte Sandman. Er nahm den letzten Ball mit der Spitze des Schlägers an und schlug ihn zurück zu Hughes.
»Simmons ist ein hervorragender Schlagmann«, beharrte Lord Alexander.
»Ja«, bestätigte Sandman, »aber er hat vor zwei Jahren Geld genommen, um ein Spiel in Sussex zu verlieren.«
»Das wird nicht wieder vorkommen.«
»Jedenfalls nicht, wenn ich in der Mannschaft spiele. Entscheide dich, Alexander: er oder ich.«
Lord Alexander seufzte. »Er ist wirklich sehr gut!«
»Dann nimm ihn«, sagte Sandman und ging in Position.
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Lord Alexander in bester Lordmanier.
Der nächste Ball schoss auf Sandmans Knöchel zu, er retournierte gekonnt. Mit seinem Schlag schickte er den Ball bis zu der Schänke am niedrigeren Zaun, wo einige Männer die Übungen beobachteten. Waren unter ihnen Räuber, die Lord Robin Holloway angeheuert hatte? Sandman warf einen Blick auf seinen Rock, der zusammengefaltet auf dem feuchten Gras lag, und fühlte sich sicherer durch den Anblick der Pistole, deren Griff aus der Jacke ragte.
»Vielleicht kannst du mit Simmons reden«, schlug Lord Alexander vor. »Wenn er mitspielt, hätte unsere Mannschaft enorme Schlagkraft, Rider, ganz enorme Schlagkraft. Du, Budd und er? Damit setzen wir neue Rekorde!«
»Ich rede mit ihm«, versprach Sandman. »Aber ich spiele nicht mit ihm.«
»Mein Gott, Mann!«
Sandman verließ seinen Platz an der Linie. »Alexander. Ich liebe Kricket, aber wenn es durch Bestechung entstellt wird, bleibt kein Sportsgeist mehr übrig. Die einzige Möglichkeit, gegen Bestechung anzugehen, ist, sie hart zu bestrafen.« Er war wütend. »Kein Wunder, dass das Spiel stirbt. Dieser Club hier hatte früher ein anständiges Spielfeld, jetzt spielen sie auf einem Hang. Das Spiel wird seinen Niedergang erleben, Alexander, weil das Geld es verdirbt.«
»Du hast gut reden«, sagte Lord Alexander gekränkt, »aber Simmons hat eine Frau und zwei Kinder. Verstehst du nicht, dass er in Versuchung geraten ist?«
»Ich glaube schon, doch«, sagte Sandman. »Mir hat man gestern zwanzigtausend Guineen angeboten.« Er ging wieder an seinen Platz und nickte dem nächsten Werfer zu.
»Zwanzigtausend?«, fragte Lord Alexander leise. »Damit du ein Kricketspiel verlierst?«
»Damit ich einen unschuldigen’ Mann hinrichten lasse«, sagte Sandman und machte einen zurückhaltenden Abwehrschlag. »Es ist viel zu einfach«, beklagte er sich.
»Was?«
»Diese intellektuellen Würfe.« Der seitliche Wurf, bei dem der Ball mit ausgestrecktem Arm in Schulterhöhe geworfen wurde, war merkwürdigerweise unter der Bezeichnung intellektueller Stil bekannt. »Er hat keine Zielgenauigkeit«, klagte Sandman.
»Aber er hat Kraft«, erklärte Lord Alexander vehement, »wesentlich mehr Kraft als Bälle, die von unten geworfen werden.«
»Wir sollten von oben werfen.«
»Niemals! Niemals! Das ruiniert das Spiel! Eine vollkommen lächerlicher Vorschlag, einfach beleidigend!« Lord Alexander zog an seiner Pfeife. »Der Club weiß nicht mal, ob er Seitwürfe erlauben soll, geschweige denn Würfe von oben. Nein, wenn wir das Gleichgewicht zwischen Schlagmann und Werfer wiederherstellen wollen, liegt die Antwort auf der Hand. Vier Torstäbe. Meinst du das ernst?«
»Ich bin einfach überzeugt, dass Würfe von oben Kraft und Genauigkeit vereinen«, erklärte Sandman, »sie könnten sogar eine Herausforderung für den Schlagmann darstellen.«
»Ernsthaft, ich meine die zwanzigtausend Pfund, die man dir angeboten hat.«
»Guineen, Alexander, Guineen. Die Männer, die mir das Angebot gemacht haben, halten sich für Gentlemen.« Sandman trat zurück und schlug den Ball ganz dicht neben Lord Alexander fest ins Netz.
»Warum haben sie dir so viel geboten?«
»Es ist billiger, als am Galgen zu baumeln, oder? Das einzige Problem ist, dass ich nicht mit Gewissheit weiß, welches Mitglied des Seraphim Clubs der Mörder ist, aber ich hoffe, dass ich es heute Abend erfahre. Würdest du mir vielleicht deine Kutsche leihen?«
Lord Alexander schaute ihn verständnislos an. »Meine Kutsche?«
»Dieses Ding mit vier Rädern, Alexander, und den Pferden davor.« Sandman schickte einen weiteren Ball den Hang hinauf. »Es ist für eine gute Sache. Für die Errettung der Unschuldigen.«
»Ja, selbstverständlich«, sagte Lord Alexander mit bewundernswerter Begeisterung. »Es ist mir eine Ehre, dir zu helfen. Soll ich in deinem Gasthof warten?«
»Und Miss Hood Gesellschaft leisten?«, fragte Sandman. »Warum nicht?« Er lachte, als Alexander errötete, und wich vom Spielfeld zurück, als ein junger Mann von der Schänke auf den Übungsplatz zukam. Es lag etwas Zielstrebiges in seinem Gang, das Sandman schon zur Pistole greifen ließ, als er Lord Christopher Carne erkannte, den Erben des Earl of Avebury. »Dein Freund kommt«, sagte er zu Lord Alexander.
»Mein Freund? Ach, Kit!«
Lord Christopher winkte als Antwort auf Lord Alexanders begeisterten Gruß. Als er aber Sandman sah, wurde er bleich, blieb stehen und wirkte verärgert. Einen Herzschlag lang dachte Sandman, Lord Christopher wolle kehrtmachen, aber der junge Mann mit Brille kam direkt auf Sandman zu. »Sie haben mir gar nicht gesagt, dass Sie meinen Vater besucht haben«, sagte er vorwurfsvoll.
»Hätte ich Ihnen das sagen sollen?« Ein Ball flog heran, und Sandman wich aus, um ihn hinter sich ins Netz gehen zu lassen.
»Es wäre h-höflich gewesen«, beschwerte sich Lord Christopher.
»Wenn ich eine Lektion in Höflichkeit brauche, werde ich mich an Leute wenden, die mich höflich behandeln«, erwiderte Sandman scharf.
Lord Christopher war beleidigt, hatte aber nicht den Mut, von Sandman eine Entschuldigung für seine Unverschämtheit zu fordern. »Ich habe im Vertrauen mit Ihnen gesprochen«, protestierte er, »und hatte keine Ahnung, dass Sie meinem Vater etwas davon sagen würden.«
»Ich habe Ihrem Vater nichts gesagt«, antwortete Sandman nachsichtig. »Ich habe kein Wort von dem wiederholt, was Sie mir gesagt haben. Ich habe ihm nicht einmal erzählt, dass ich mit Ihnen gesprochen habe.«
»Er hat mir geschrieben, dass Sie bei ihm waren und ich nicht mehr mit Ihnen reden soll«, sagte Lord Christopher. »Es liegt also auf der Hand, dass Sie lügen! Sie haben ihm gesagt, dass Sie mit mir gesprochen haben.«
Der Brief musste mit derselben Postkutsche nach London gekommen sein, wie er selbst, dachte Sandman. »Das hat Ihr Vater sich wohl gedacht«, erklärte Sandman. »Sie sollten vorsichtig sein, wen Sie der Lüge bezichtigen, es sei denn, Sie wären sich völlig sicher, dass Sie besser schießen und fechten als der Mann, dem Sie diesen Vorwurf machen.« Er achtete nicht darauf, welche Wirkung seine Bemerkung hatte, sondern tänzelte mit zwei Schritten zum Schlagmal und drosch mit aller Kraft auf einen nahenden Ball ein. Er wusste, noch bevor der Schläger den Ball traf, dass es ein guter Schlag war. Der Ball schoss davon, und die drei Männer mit ihren Sensen auf dem Spielfeld starrten voller Ehrfurcht hinterher, als er zwischen ihnen hindurch flog, kurz vor der oberen Linie zum ersten Mal den Boden berührte und immer noch mit scheinbar gleicher Geschwindigkeit in den Büschen oben auf dem Hang verschwand. Er hatte die Kraft einer Kanonenkugel, dachte Sandman, und hörte den Ball gegen einen Zaun prallen und eine Kuh auf der benachbarten Weide aus Protest muhen.