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Masters stützte den wirren Kopf in die Hand. Wie hatte er sich nur in diesen Irrgarten der Gedanken verrennen können?

Und noch eine logische Frage: Wenn der Mörder zu Larry Connors Büro zurückgekehrt war, um dort die Klimaanlage abzuschalten, warum hatte er dann nicht auch den Hintertür« schlüssel des Connorschen Hauses in Larrys Schlüsseletui zurückgetan, den er sich ja zum Zeitpunkt von Larrys Tod hatte ausleihen müssen, um ins Connorsche Haus eindringen und Lila töten zu können? Tatsache war, daß der Mörder den Schlüssel bei seinem zweiten Besuch im Büro nicht zurückgebracht hatte. Machte diese Tatsache nun die Theorie hinfällig?

Wiederum nicht unbedingt. Vielleicht hatte der Mörder in dem extremen Erregungszustand seiner Machenschaften den Schlüssel einfach vergessen. Oder es war ihm nicht in den Sinn gekommen, daß der Ortspolizei, mit ihrer relativen Unerfahrenheit in Mordfällen, das Fehlen des Schlüssels auffallen könnte, oder, falls es doch auffiel, daß man ihm irgendwelche Bedeutung beimessen würde.

Masters seufzte, schloß die Augen und lehnte sich in seinen Drehstuhl zurück. Aufhören oder weitermachen – das war die Frage.

Noch einmal ging er in Gedanken den Fall durch. In chronologischer Rückschau stand er abermals in Larry Connors Büro, war eben eingetreten und hatte Larry Connor ausgestreckt auf dem Sofa gefunden; die rechte Hand des Toten hing zu Boden. Und hier blieb aus irgendeinem Grund der Film plötzlich stehen. In Gedanken studierte Masters die Szene.

Nach einer ganzen Weile griff er nach dem Bericht, den er heute morgen auf seinem Schreibtisch gefunden hatte. Er las ihn noch einmal durch, langsam und sorgfältig.

»Mein Gott!« sagte er. »Ja, natürlich!«

Aus seiner Schreibtischschublade zog er ein Telefonbuch und suchte fieberhaft nach einer Nummer.

11

»Mein Gott!« sagte Nancy. »Ja, natürlich!«

Sie ahnte nicht, daß ihr Ausruf einem um einige Stunden verzögerten Echo auf den Leutnant Masters’ glich. Nancy und David lagen faul auf der Terrasse; David versuchte, im rasch schwindenden Tageslicht noch sein Kapitel zu Ende zu lesen, eine schlechte Angewohnheit, die Nancy immer wieder vergeblich versucht hatte, ihm auszutreiben. Erschrocken sah er auf.

»Was ist los?«

»Mir ist gerade etwas eingefallen«, sagte Nancy.

»Eingefallen? Was denn?«

»Es ist unglaublich!«

»Ich meine, es ist unglaublich, daß ich nicht schon längst daran gedacht habe.«

David gab sich höflich interessiert. »So? Na, an was denn?«

»Es liegt so auf der Hand, daß es jedem, der nur ein bißchen Grips hat, hätte auffallen müssen!«

»Verdammt noch mal! Willst du mir bitte freundlichst erklären, wovon du eigentlich redest?«

»Na, von dem Licht!«

»Bitte, dir mag vielleicht eins aufgegangen sein, aber ich tappe noch immer im dunkeln.«

»Weil du nicht draußen warst, wie ich.«

»Wann?«

»Als Lila umgebracht wurde. Weißt du noch? Ich habe doch draußen vor dem Haus mit Larry gesprochen, und später hinten im Garten mit Stanley. Und irgendwann habe ich gesehen, daß in Lilas Schlafzimmer Licht brannte. Ich weiß es noch ganz genau. Ja, und am folgenden Tag, als wir, du und Jack und ich, Lila gefunden haben, da brannte kein Licht mehr. Verstehst du denn nicht, was das bedeutet, David? Es bedeutet, daß Lila noch am Leben war, als Larry wegfuhr! Tote machen kein Licht aus!«

Das Kapitel blieb unbeendet. David machte als Lesezeichen ein Eselsohr in die Seite und klappte das Buch zu.

»Bist du sicher, daß Lilas Licht an war, nachdem Larry weggefahren ist?«

»Ganz sicher.«

»Hm.« David dachte nach. Nancy wartete aufgeregt auf seinen Entscheid. Schließlich war er der Herr des Hauses. Davids Gesicht glättete sich. »Kein Grund zur Aufregung«, sagte er vergnügt. »Die Birne ist ausgebrannt.«

»Verdammt, daran habe ich nicht gedacht.« Doch gleich begann Nancy wieder zu strahlen. »Aber das können wir doch feststellen. Komm, wir laufen ‘rüber und sehen nach.«

»Unmöglich, mein Schatz. Hast du vergessen, daß das Haus verschlossen ist? Von der Polizei?«

Nancy verstummte. Dann sagte sie: »Die Polizei kommt einem aber auch ewig in die Quere, nicht? Dann muß ich wohl Leutnant Masters anrufen und ihn bitten, mir das Haus aufzuschließen. Bist du damit einverstanden, David?«

»Ich bin mit allem einverstanden«, sagte David feige, »solange du mich aus dem Spiel läßt. Mir jedenfalls scheint die Lösung des Rätsels ziemlich banal zu sein. Larry ist vielleicht später noch mal zurückgekommen und hat das Licht ausgemacht.«

»Nein«, sagte Nancy bestimmt.

»Warum denn nicht?«

»Darum.«

»Warum nicht?«

»Eben darum.«

»Ach so.« David rutschte unruhig hin und her. »Verdammt noch mal, mir gefällt das nicht! In diesem Licht sehen Masters’ Phantastereien ja plötzlich logisch aus! Ich meine, was er dir heute erzählt hat. Glaubst du denn, daß er recht haben könnte? Daß einer von unseren Nachbarn ein Mörder ist?«

»Ich weiß nicht… Ich komme mir bei so einem Gedanken direkt wie ein Verräter vor… Und außerdem – ganz abgesehen von der Frage >Wer?< –: Warum?«

»Es mag einen Grund geben, von dem wir nichts wissen.«

Nancy schniefte. »In einem Stadtteil wie unserem gibt es nichts, von dem wir nichts wissen.«

»Glaubst du?« fragte David trocken. »Wußtest du, zum Beispiel, daß Lila und Jack Richmond eine Zeitlang ein Techtelmechtel hatten?«

»Ach geh!«

»Nein, wirklich. Es hat etwa sechs Monate gehalten. Dann hat Jack Schluß gemacht.«

»David Howell!« sagte Nancy energisch, »ich kann einfach nicht glauben, daß sich so etwas direkt vor meiner Nase abspielen kann, ohne daß ich davon erfahre!«

»Es hat sich ja nicht vor deiner Nase abgespielt. Es hat sich sogar in einiger Entfernung von deinem niedlichen, kleinen Näschen abgespielt. Darauf haben sie immer peinlich geachtet.«

»Aber wieso bist du denn so gründlich informiert?«

»Bin ich gar nicht. Ich weiß nur das, was Jack mir anvertraut hat. Wir haben im Klub gesessen und getrunken, und da hat er plötzlich angefangen zu erzählen. Ich glaube, er brauchte so etwas wie einen Beichtvater. Ich glaube, die zwei haben’s ziemlich toll getrieben, bevor sich die Sache abkühlte.«

»Ist das nicht wieder typisch Mann? Hat eine Affäre mit der Frau seines Nachbarn und klatscht darüber in einer Bar! Wenn du mich fragst: Jack, der sieht einfach zu gut aus, da liegt der Hase im Pfeffer. Warum hast du mir nicht schon früher davon erzählt?«

»Nicht alle Männer klatschen«, entgegnete David von oben herab.

»Aber jetzt klatschst du doch, oder?«

»Das ist etwas anderes. Wir versuchen, hinter das Motiv zu kommen, das einer unserer Nachbarn gehabt haben könnte. Ich habe nur rein theoretisch die Möglichkeit angedeutet…«

»David Howell, wie kannst du Golf spielen und Bier trinken mit einem Mann, den du für einen Mörder hältst?«

»Verdammt noch mal, ich halte Jack doch nicht für einen Mörder! Das ist doch lächerlich!«