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Und das war kleinlich von ihr, ermahnte sie sich, während Albert weiterredete. Robin hatte keine Heimlichkeiten. Er hatte ihr sofort von der großen Liebe in seinem Leben, der Frau namens Gelle-Klara Moynlin erzählt, die er in einem Schwarzen Loch zurückgelassen hatte. Er hatte ihr sogar viel mehr erzählt, als sie wissen wollte.

»Aufhören«, sagte sie.

Augenblicklich verstummte die dreidimensionale Gestalt im Tank, sah sie höflich an und wartete auf Befehle.

»Albert«, sagte sie bedächtig, »warum hast du mir erzählt, dass Robin sich mit Schwarzen Löchern beschäftigt?«

Die Gestalt hustete.

»Nun, Mrs. Broadhead«, sagte Albert, »ich habe eine eigens für Sie vorbereitete Aufzeichnung abgespielt.«

»Nicht diesmal. Warum hast du mir diese Information schon früher gegeben?«

Alberts Miene hellte sich auf, und er sagte bescheiden: »Diese Anweisung kam nicht aus meinem Programm, Gosposcha.«

»Das dachte ich mir. Du hast mit dem psychoanalytischen Programm zusammengearbeitet.«

»Ja, Gosposcha, wie Sie mich programmiert haben.«

»Und was war der Zweck dieses Eingreifens des Sigfrid-Seelenklempner-Programms?«

»Ich weiß es nicht genau – aber«, fügte er hastig hinzu, »vielleicht kann ich eine Vermutung beisteuern. Vielleicht ist es so, dass das Sigfrid-Programm wünscht, Ihr Mann sollte offener zu Ihnen sein.«

»Dieses Programm hat nicht die Aufgabe, sich um meine geistige Gesundheit zu sorgen.«

»Nein, Gosposcha, nicht um Ihre, aber um die Ihres Mannes. Gosposcha, wenn Sie mehr Informationen wünschen, schlage ich vor, dass Sie dieses Programm zu Rate ziehen, nicht mich.«

»Ich kann noch mehr tun!«, fuhr sie hoch. Und das konnte sie auch. Sie konnte drei Worte sprechen – Daite gorod Polymath –, und Albert, Harriet, Sigfrid Seelenklempner, alle Programme Robins würden in ihr eigenes machtvolles Programm aufgenommen werden, in Polymath, das sie verwendet hatte, um die ihren überhaupt erst zu schreiben, das Korrekturprogramm, das alle Instruktionen enthielt, die sie betrafen. Und dann sollten sie versuchen, ihr auf verschlagene Weise auszuweichen! Dann mochten sie einmal sehen, ob sie die Vertraulichkeit ihrer Erinnerungen bewahren konnten! Dann …

»Mein Gott«, sagte Essie laut, »habe ich denn wirklich vor, meinen eigenen Programmen eine Lektion zu erteilen?«

»Gosposcha?«

Sie hielt den Atem an. Es war beinahe ein Lachen, fast ein Schluchzen.

»Nein«, sagte sie, »Letzteres annullieren. Ich finde keinen Fehler in deiner Programmierung, Albert, so wenig wie bei Sigfrid. Wenn das Seelenklempner-Programm glaubt, dass Robin seine inneren Anspannungen lösen soll, kann ich es nicht korrigieren; und ich will auch nicht spionieren. Weiter«, verbesserte sie sich gerechterweise.

Das Seltsame an Essie Laworowna-Broadhead war, dass »Gerechtigkeit« ihr etwas bedeutete, selbst im Umgang mit ihren Programmen. Ein Programm wie Albert Einstein war groß, kompliziert, subtil und mächtig. Nicht einmal S. Ya. Laworowna konnte ein solches Programm allein schreiben; dazu brauchte sie Polymath. Ein Programm wie Albert Einstein lernte und wuchs und definierte seine Aufgaben mit der Zeit. Nicht einmal seine Verfasserin konnte sagen, warum es die eine Information gab und die andere nicht. Man konnte nur feststellen, dass es funktionierte, und es danach beurteilen, wie es seine Anweisungen ausführte. Es war dem Programm gegenüber ungerecht, es zu »beschuldigen«, und so ungerecht konnte Essie nicht sein.

Aber während sie sich unruhig in ihren Kissen zurechtrückte (noch zweiundzwanzig Minuten!), kam ihr der Gedanke, dass die Welt ihr gegenüber auch nicht ganz gerecht war. Überhaupt nicht gerecht! Es war nicht gerecht, dass alle diese märchenhaften Wunder sich über die Welt ergießen sollten – nicht gerade jetzt. Es war nicht gerecht, dass diese Gefahren und Schwierigkeiten auf den Plan traten, nicht jetzt, nicht wenn die Möglichkeit bestand, dass sie nicht mehr erleben würde, wie alles ausging. Konnte man mit Peter Herter fertig werden? Würden die anderen Angehörigen seiner Expedition gerettet werden? Konnten die Lektionen der Gebetsfächer es ermöglichen, all das zu tun, was Robin versprach: die ganze Welt zu ernähren, alle Menschen gesund und glücklich zu machen, der Menschheit den Weg zur Erforschung des Universums zu öffnen? Alle diese Fragen – und bevor heute die Sonne unterging, mochte sie tot sein und die Antworten nie erfahren! Das war nicht gerecht, nichts war gerecht. Und am ungerechtesten war, dass sie, wenn sie an dieser Operation starb, nie wirklich erfahren würde, wie Robin wählen würde, wenn seine verlorene große Liebe auf irgendeine Weise wieder gefunden werden würde.

Sie bemerkte, dass die Zeit verging. Albert saß geduldig im Holotank und bewegte sich nur ab und zu, um an seiner Pfeife zu ziehen oder sich unter dem weiten Pullover zu kratzen – sie also daran zu erinnern, dass er immer noch in Bereitschaft war.

Essies sparsame Kybernetikerseele befahl empört, das Programm zu benutzen oder abzuschalten – was für eine schlimme Vergeudung von Maschinenzeit! Aber sie zögerte. Es gab noch immer Fragen zu stellen.

An der Tür schaute die Krankenschwester herein.

»Guten Morgen, Mrs. Broadhead«, sagte sie, als sie sah, dass Essie hellwach war.

»Ist es Zeit?«, fragte Essie mit schwankender Stimme.

»Ach, erst in ein paar Minuten. Sie können mit Ihrer Maschine weitermachen, wenn Sie wollen.«

Essie schüttelte den Kopf.

»Hat keinen Sinn«, sagte sie und entließ das Programm. Es war eine mühelos getroffene Entscheidung. Sie kam nicht auf den Gedanken, dass manche der ungestellten Fragen bedeutungsvoll sein mochten.

Und als Albert Einstein entlassen wurde, löste er sich nicht sofort auf.

»Von nichts wird je alles erzählt«, hat Henry James gesagt. Albert kannte »Henry James« nur als einen Adressaten, als die Information, hinter die zu blicken er nie Anlass gehabt hatte. Aber er verstand den Sinn dieses Gesetzes. Er konnte nicht einmal seinem Herrn über irgendein Thema alles erzählen. Er würde in seiner Programmierung versagen, wenn er es versuchte.

Aber welche Teile des Ganzen sollten ausgewählt werden?

Auf der untersten Strukturebene war Alberts Programm darauf eingestellt, Punkte von einer bestimmten gemessenen »Bedeutung« aufzunehmen und andere zurückzuweisen. Einfach genug. Aber das Programm war ein selbstprüfendes. Manche Punkte erreichten es durch mehrere Gatter, manchmal durch hunderte, und wenn eines der Gatter »ja« und ein anderes »stopp« sagte, was sollte ein Programm dann tun? Es gab Algorithmen, um die Bedeutung zu prüfen, aber auf manchen Ebenen der Komplexität überforderten die Algorithmen sogar die Möglichkeiten von sechzig Milliarden Gigabits – oder eines Universums von Bits; Meyer und Stockmeyer hatten vor langer Zeit nachgewiesen, dass es ohne Rücksicht auf Computerkapazität Probleme gab, die in der Lebenszeit des Universums nicht bewältigt werden konnten. Ganz so gewaltig waren Alberts Probleme nicht, aber er konnte keinen Algorithmus finden, der zum Beispiel für ihn entschied, ob er die rätselhafte Bedeutung von Machs Prinzip im Hinblick auf die Hitschi-Geschichte zur Sprache bringen sollte. Schlimmer noch, er war ein Besitzer-Programm. Es wäre interessant gewesen, seine Vermutungen zu dem Thema einem rein wissenschaftlichen Forschungsprogramm vorzulegen. Aber das ließ seine Grundprogrammierung nicht zu.