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»Du guter Gott! Wir würden den größten Schatz zerstören, den wir je gefunden haben!«

»Klare Sache, Robin, und es ist sogar noch schlimmer. Die Chance, dass eine Explosion die Anlage, die Mr. Herter benutzt, beschädigt, ist ziemlich gering. Er könnte nur wütend werden. Oder dort stranden und solange er lebt, tun, was er will.«

»Hör auf damit! Hast du mir nichts Gutes zu berichten?«

»Eigentlich schon, Robin«, meinte er grinsend. »Wir haben unseren Stein von Rosette gefunden.« Er schrumpfte zu einem winzigen Wirbel farbiger Pünktchen zusammen und verschwand. Als ihn eine leuchtende, spindelförmige Masse von lavendelblauer Farbe im Tank ersetzte, sagte er: »Das ist das Abbild vom Anfang eines Buches.«

»Es ist leer!«

»Ich habe noch nicht angefangen«, erklärte er. Der Umriss war größer als ich und etwa halb so dick wie hoch. Er begann sich vor meinen Augen zu verwandeln; die Farbe wurde dünner, bis ich durch das Gebilde blicken konnte, dann begannen im Inneren ein, zwei, drei Punkte aufzutauchen, Punkte von hellem, rotem Licht, die sich zu einer Spirale drehten. Es gab ein klagendes Schnattern, wie Telemetrie oder das verstärkte Schnüffeln von Krallenaffen. Dann erstarrte das Bild. Der Ton hörte auf. Alberts Stimme sagte: »Ich habe an dieser Stelle aufgehört, Robin. Es ist wahrscheinlich, dass es sich bei den Tönen um eine Sprache handelt, aber wir haben noch keine semantischen Einheiten herauslösen können. Der ›Text‹ dagegen ist klar. Es gibt von diesen Lichtpunkten hundertsiebenunddreißig Stück. Passen Sie auf, ich lasse von dem Buch noch ein paar Sekunden ablaufen.«

Die Spirale von 137 winzigen Sternen verdoppelte sich. Eine zweite Spule von Punkten hob sich von der ersten ab und schwebte zur Spitze der Spindel hinauf, wo sie lautlos hängenblieb. Das Schnattern begann von neuem, und die erste Spirale dehnte sich, während jeder einzelne Punkt eine eigene Spirale bildete. Am Ende gab es eine einzige große Spirale, bestehend aus 137 kleineren Spiralen, von denen jede aus 137 Punkten bestand. Dann wurde das ganze rote Muster orangerot und erstarrte.

»Wollen Sie das interpretieren, Robin?«, fragte Alberts Stimme.

»Na, so weit kann ich nicht zählen. Aber es sieht aus nach 137 mal 137, nicht?«

»Klare Sache, Robin. 137 im Quadrat ergibt 18 769 Punkte. Passen Sie auf.«

Kurze, grüne Linien zerschnitten die Spirale in zehn Abschnitte. Einer der Abschnitte hob sich ab, fiel zum Fuß der Spindel hinab und wurde wieder dunkelrot.

»Das ist nicht genau ein Zehntel der Zahl, Robin«, sagte Albert. »Wenn Sie nachzählen, befinden sich unten jetzt 1840 Punkte. Ich mache weiter.« Wieder veränderte das Hauptgebilde die Farbe, diesmal zu Gelb. »Achten Sie auf die oberste Figur.« Ich schaute genau hin und sah, dass der erste Punkt orangerot geworden war, der dritte gelb. Dann drehte sich das Gebilde um die Vertikalachse, eine dreidimensionale Säule von Spiralen wirbelte davon, und Albert sagte: »Wir haben jetzt im Hauptgebilde insgesamt 137 kubierte Punkte. Von nun an wird das Zusehen ein bisschen mühselig. Ich lasse das schnell ablaufen.« Das tat er. Muster von Punkten flogen umher und lösten sich voneinander, die Farben wechselten von Gelb zu Avocado, von Avocado zu Grün, von Grün zu Aquamarin, von Aquamarin zu Blau, und so weiter durch das ganze Spektrum, fast zweimal hintereinander. »Sehen Sie jetzt, was wir haben? Drei Nummern, Robin. In der Mitte 137. Unten am Fuß 1840. 137 hoch 18, was etwa so viel ist wie 10 hoch 38 ganz oben. Oder in der Reihenfolge drei dimensionslose Zahlen: die Feinstrukturkonstante, das Verhältnis von Proton zu Elektron und die Anzahl der Partikel im Universum. Robin, Sie haben eben einen Kurzlehrgang in Teilchentheorie von einem Hitschi-Lehrer erhalten.«

»Mein Gott«, sagte ich.

Albert tauchte wieder auf und strahlte.

»Genau, Robin«, sagte er.

»Aber, Albert, heißt das, dass du alle Gebetsfächer lesen kannst?«

Er machte ein langes Gesicht.

»Nur die einfachen«, erwiderte er bedauernd. »Das war eigentlich der leichteste. Aber von jetzt an geht es erheblich leichter. Wir spielen alle Gebetsfächer ab und zeichnen sie auf. Wir suchen nach Vergleichbarem. Wir stellen semantische Vermutungen an und prüfen sie in so vielen Zusammenhängen, wie wir finden können – das schaffen wir, Robin. Aber es kann einige Zeit dauern.«

»Ich will aber nicht warten«, fauchte ich.

»Klare Sache, Robin, aber zuerst muss jeder Fächer gefunden, gelesen, aufgezeichnet und für Vergleiche durch die Maschinen verschlüsselt werden, und dann …«

»Will ich nicht hören«, sagte ich. »Mach es … was ist denn?« Seine Miene hatte sich verändert.

»Das ist eine Frage der Finanzierung, Robin«, sagte er reumütig. »Es geht hier um sehr viel Computerzeit.«

»Tu es! Soweit du kannst. Ich lasse von Morton noch Aktien verkaufen. Was hast du sonst noch?«

»Etwas Hübsches, Robin«, sagte er lächelnd und schrumpfte, bis er in der Ecke des Tanks nur noch ein kleines Gesicht war. In der Mitte des Hologeräts waberten Farben und schmolzen zu einer Reihe von Hitschi-Steuerelementen zusammen, die auf fünf der zehn Tafeln ein Farbmuster zeigten. Die anderen waren leer.

»Wissen Sie, was das ist, Robin? Das ist eine Zusammenfassung aller bekannten Gateway-Flüge, die zum Hitschi-Himmel geführt haben. Sämtliche Muster, die Sie sehen, sind bei allen sieben bekannten Missionen identisch. Die anderen unterscheiden sich, aber man kann wohl davon ausgehen, dass sie für die Kurssetzung nicht direkt in Betracht kommen.«

»Was sagst du da, Albert?«, fragte ich scharf. Er hatte mich überrascht. Ich bemerkte, dass ich zu zittern begann. »Willst du damit sagen, wir könnten den Hitschi-Himmel erreichen, wenn wir die Steuerung nach diesem Muster einstellen?«

»Mit fünfundneunzig Prozent Sicherheit, ja, Robin.« Er nickte. »Und ich habe drei Schiffe gefunden, zwei auf Gateway, eines auf dem Mond, die diese Einstellung annehmen.«

Ich streifte einen Pullover über und ging zum Wasser hinunter. Ich wollte nichts mehr hören.

Ich zog die Schuhe aus, um das feuchte, weiche Gras zu spüren, und sah ein paar Jungen zu, die am Nyack-Ufer Flussbarsche fingen, und ich dachte: Das habe ich erkauft, als ich mein Leben auf Gateway riskierte. Wofür ich mit Klaras Leben bezahlt habe.

Und: Will ich all das und mein Leben noch einmal aufs Spiel setzen?

Aber es war in Wahrheit keine Frage des Wollens. Wenn eines der Raumschiffe zum Hitschi-Himmel fliegen würde und ich mir darin einen Platz erkaufen oder stehlen konnte, würde ich fliegen.

Dann rettete mich die Vernunft, und ich begriff, dass das doch nicht ging. Nicht in meinem Alter. Und nicht bei der Einstellung der Gateway-Gesellschaft zu mir. Und vor allem nicht rechtzeitig. Der Gateway-Asteroid fliegt in einer Bahn, die im rechten Winkel zur Ekliptik verläuft, oder doch beinahe. Von der Erde aus hinzugelangen, ist mühsame, langwierige Arbeit; mit Hohmann-Kurven zwanzig Monate oder mehr, bei verstärkter Beschleunigung immer noch länger als ein halbes Jahr.

Die Erkenntnis war beinahe ebensosehr ein Gefühl der Erleichterung wie ein krankmachendes, gieriges des Verlusts.

Sigfrid Seelenklempner hatte mir nie klar gemacht, wie ich von der Ambivalenz (oder vom Schuldbewusstsein) loskommen sollte. Er sagte mir aber, wie ich damit umgehen müsste. Das Rezept sieht in erster Linie vor, dass man einfach alles geschehen lassen soll. Früher oder später brennt sich das aus. (Behauptet er.) Jedenfalls muss das nicht lähmend sein. Während ich also diese Ambivalenz zu Asche verglimmen ließ, schlenderte ich am Wasser entlang, genoss die angenehme Luft unter der Kuppel und blickte stolz auf das Haus, in dem ich lebte und wo meine geliebte und seit geraumer Zeit gänzlich platonische Ehefrau im Begriff stand, völlig zu genesen, wie ich hoffte. Was immer sie tun mochte, sie tat es nicht allein. Zweimal hatte ein Kleintaxi jemanden von der U-Bahn-Haltestelle zu uns gebracht. Beide Male waren es Frauen gewesen, und nun hielt erneut ein Taxi und ließ einen Mann aussteigen, der sich ziemlich unsicher umschaute, während das automatische Taxi in der Einfahrt wendete und zum nächsten Einsatzort fuhr. Ich bezweifelte aus irgendeinem Grund, dass er zu Essie wollte, aber ich konnte keinen Grund erkennen, weshalb er nicht von Harriet abgefertigt werden sollte. Es war also eine Überraschung, dass der Richtlautsprecher unter dem Giebel sich in meine Richtung drehte und Harriets Stimme sagte: »Robin? Hier ist ein Mr. Haagenbusch. Ich glaube, Sie sollten mit ihm sprechen.«