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»Was ist da drin?«

Sie zuckte mit den Achseln. »Das Hitschi-Zeug, das man beim Umbau des Schiffes nicht herausgenommen hat. Das ist eines der Dinge, die sie bewachen – obwohl«, fügte sie mit gedämpfter Stimme hinzu, »wenn sie das Schiff genauer kennen würden, könnten sie ihre Aufgabe noch besser erfüllen. Aber … kommen Sie! Wir gehen hier lang.«

Walthers folgte ihr bereitwillig. Er war ihr für die Besichtigungstour dankbar und freute sich schon auf das Ziel der Führung. Die S. Ya. war bei weitem das größte Schiff, das er oder irgendein menschliches Wesen je gesehen hatte. Gebaut von den Hitschi, sehr alt – und immer noch auf eine gewisse Art rätselhaft. Sie waren schon halb zu Hause, und Walthers hatte noch nicht einmal ein Viertel dieser schimmernden Labyrinthgänge erforscht. Vor allem hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, Yee-xings Kabine zu erforschen. Und darauf freute er sich wie eine lüsterne Jungfrau. Es gab aber noch einige Ablenkungen. »Was ist das?«, fragte er und blieb vor einem grün schimmernden Metallgebilde in Pyramidenform in einer Nische stehen. Ein schweres Stahlgitter schirmte es vor neugierigen Händen ab.

»Keine Ahnung«, gab Yee-xing zu. »Das weiß niemand – deshalb hat man es auch hier gelassen. Einiges von dem Zeug kann man leicht abmontieren und wegbringen, manches geht auch dabei kaputt – ab und zu explodiert auch etwas beim Abbau. Hier entlang, den schmalen Gang! Da wohne ich.«

Ein ordentliches, schmales Bett, an der Wand Fotos eines alten Paares aus dem Fernen Osten – Janies Eltern? –, Blumengestecke auf der Wandkommode. Yee-xing hatte sich wohnlich eingerichtet. »Ich wohne hier nur auf dem Rückflug«, erklärte sie ihm. »Auf dem Hinflug ist das die Kapitänskabine. Wir anderen schlafen in Kojen in der Pilotenunterkunft.« Sie zupfte an der Bettdecke, die bereits völlig gerade war. »Auf den Fahrten nach draußen gibt es nicht viel Gelegenheiten, ein bisschen Spaß zu haben«, sagte sie. »Möchten Sie ein Glas Wein?«

»Sehr gerne«, antwortete Walthers. Er nahm Platz, trank Wein und teilte sich mit der hübschen Janie Yee-xing einen Joint. Dann genoss er auch die anderen Annehmlichkeiten, welche die kleine Kabine zu bieten hatte. Alle waren von ausgezeichneter Qualität und so recht nach seinem Geschmack.

Falls er überhaupt während der nächsten halben Stunde an Dolly dachte, geschah das nicht mit Eifersucht oder Wut, sondern beinahe mit Mitleid.

Wie sich herausstellte, boten die Rückflüge nicht nur Gelegenheit, sondern auch genügend Platz für Spaß – selbst in einer Kabine, nicht größer als die von Horatio Hornblower einige Jahrhunderte früher. Der Wein war von der besten Sorte, der auf Peggys Planet wuchs. Als sie die Flasche geleert hatten, schien die Kabine viel enger als vorher, und es blieb ihnen noch eine Stunde oder länger, bis ihr Dienst begann. »Ich habe Hunger«, verkündete Yee-xing. »Ich hab’ noch etwas Reis und anderes Zeug hier. Aber vielleicht …«

Es war nicht der richtige Zeitpunkt, das Glück überzustrapazieren, obwohl ein selbst gekochtes Essen verlockend klang. Sogar Reis und Zeug. »Lass uns zur Kombüse gehen«, schlug Walthers vor. Hand in Hand schlenderten sie gemütlich zurück zu dem Teil des Schiffes, wo gearbeitet wurde. Bei einer Gabelung der Korridore blieben sie stehen. Dort hatten die längst verschwundenen Hitschi aus Gründen, die nur ihnen bekannt waren, kleine Gruppen von Büschen und Sträuchern angepflanzt – natürlich nicht die, welche jetzt dort wuchsen. Yee-xing blieb stehen, um eine leuchtend blaue Beere zu kosten.

»Sieh dir das an«, sagte sie. »Die sind alle reif, und diese Tagediebe pflücken sie nicht.«

»Du meinst die heimreisenden Kolonisten? Aber sie bezahlen doch …«

»Na klar!«, unterbrach sie ihn verächtlich. »Kein Geld, kein Flug! Aber wenn sie zurück sind, leben sie sofort wieder von der Unterstützung. Was sollen sie sonst machen?«

Walthers probierte eine der saftigen, dünnhäutigen Früchte. »Du magst die Heimkehrer nicht besonders.«

Yee-xing lächelte. »Ich mache aus meiner Meinung wohl kaum ein Geheimnis, oder?« Dann verschwand ihr Lächeln. »Erstens existiert dort nichts, wo sie hergekommen sind – wenn sie ein ordentliches Leben gehabt hätten, wären sie nie ausgewandert. Zweitens hat sich die Lage noch verschlechtert, seit sie weggegangen sind. Mehr Ärger mit Terroristen. Mehr internationale Spannungen – ja, es gibt sogar wieder Länder, die ihre Armeen vergrößern und aufrüsten! Und drittens müssen sie nicht nur unter alldem leiden. Sie sind auch teilweise der Anlass. Die Hälfte der Schwachköpfe, die du hier siehst, werden sich innerhalb eines Monats irgendeiner Terrorgruppe anschließen – oder sie wenigstens unterstützen.«

Sie schlenderten weiter. Walthers gab kleinlaut zu: »Stimmt schon. Ich bin lange weg gewesen; aber ich habe auch gehört, dass die Lage ziemlich schlimm geworden ist – Bomben und Schießereien.«

»Bomben! Wenn das alles wäre! Sie haben jetzt einen TPSE! Du kommst zurück ins Erdsystem und hast nicht den leisesten Schimmer, wann du ohne Warnung plötzlich durchdrehst.«

»Einen TPSE? Was ist ein TPSE?«

»Mein Gott, Walthers!«, wunderte sie sich. »Du warst wirklich lange weg. Was man früher den Wahnsinn nannte. Erinnerst du dich nicht? Es ist ein telempathisch-psychokinetischer Sender-Empfänger, eines der alten Hitschi-Dinger. Davon schwirren etwa ein Dutzend herum, und die Terroristen besitzen eins.«

»Der Wahnsinn«, wiederholte Walthers und runzelte die Stirn, als sich die Erinnerung aus seinem Unterbewusstsein heraufarbeitete.

»Genau! Der Wahnsinn!«, sagte Yee-xing mit trauriger Genugtuung. »Ich entsinne mich. Ich war damals noch ein Kind, in Kanchow. Da kam mein Vater mit blutigem Kopf nach Hause, weil jemand aus dem obersten Stock der Glasfabrik gesprungen war. Genau auf meinen Vater drauf! Total übergeschnappt! Und alles vom TPSE.«

Walthers nickte, ohne zu antworten. Seine Züge waren angespannt. Yee-xing blickte ihn erstaunt an. Dann zeigte sie auf die Wachposten vor ihnen. »Das ist es, was sie hauptsächlich bewachen«, erklärte sie. »Da ist nämlich immer noch einer auf der S. Ya. Gibt viel zu viele davon! Es ist ihnen auch viel zu spät eingefallen, die Dinger abzuschirmen. Jetzt verfügt ein Haufen Terroristen über einen Hitschi-Fünfer mit einem TPSE, und da ist noch jemand, der wirklich verrückt ist. Ich meine, richtig wahnsinnig! Wenn er das Ding einschaltet, und du spürst ihn in deinem Kopf, ist das so unheimlich und grauenvoll – Walthers, fehlt dir etwas?«

Es war natürlich der ausgesetzte Junge, Wan, der das Fieber verursachte. Dabei wollte er lediglich irgendeine Form menschlichen Kontakts, weil er so einsam war. Er hatte gar nicht die Absicht, die Mehrzahl der menschlichen Rasse mit seinen verrückten und besessenen Gedanken in den Wahnsinn zu treiben. Die Terroristen dagegen wussten ganz genau, was sie taten.

Er blieb am Eingang zu dem golden glitzernden Korridor stehen. Die Wachposten schauten ihm neugierig entgegen. »Der Wahnsinn«, überlegte er. »Wan! Das war doch früher sein Schiff!«

»Ja, sicher«, bestätigte die junge Frau und verzog das Gesicht. »Hör mal, wir wollten doch was essen gehen. Es wird langsam Zeit.« Sie machte sich Sorgen. Walthers’ Kiefer waren fest zusammengepresst, die Gesichtsmuskeln angespannt. Er sah aus wie jemand, der erwartete, einen Schlag ins Gesicht zu bekommen. Auch die Wachen wurden unruhig. »Komm doch, Audee!«, bat sie ihn.