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Oder man kann es mit einem Bonus versuchen: hundert Millionen Dollar, wenn man eine fremde Zivilisation findet; fünfzig Millionen für die erste Besatzung, die ein Hitschi-Schiff, größer als ein Fünfer, findet; eine Million für den Fund eines bewohnbaren Planeten.

Eigentlich merkwürdig, dass sie für einen neuen Planeten nur eine schäbige Million bezahlen, möchte man meinen. Aber der Haken dabei ist: Was macht man damit, sobald man ihn gefunden hat? Man kann überschüssige Bevölkerung nicht in großer Zahl exportieren, wenn in jedes Schiff nur vier Passagiere passen, und zwar in das größte, das es auf Gateway gibt. (Wenn man keinen Piloten mitschickt, bekommt man das Schiff nicht zurück.) Die Gesellschaft hat daher ein paar kleine Kolonien unterstützt, eine sehr gesunde auf Peggys Planet, die anderen eher armselig. Aber das löst das Problem von fünfundzwanzig Milliarden Menschen nicht, von denen die meisten unterernährt sind.

Diese Art von Bonus bekommt man bei einem Wiederholungsflug nicht. Vielleicht kann man so manchen Bonus überhaupt nicht verdienen; vielleicht gibt es das gar nicht, wofür er ausgesetzt ist.

Es ist sonderbar, dass niemand je die Spur eines anderen intelligenten Wesens gefunden hat. In achtzehn Jahren und bei über zweitausend Flügen hat man nichts entdeckt. Es gibt ungefähr ein Dutzend bewohnbarer Planeten, dazu noch an die hundert, auf denen Menschen leben könnten, wenn es unbedingt sein müsste, so, wie wir es auf dem Mars und auf – oder vielmehr in – der Venus tun müssen. Es gibt einige Spuren alter Zivilisationen. Und es gibt die Erinnerungsstücke der Hitschi selbst. Dabei befindet sich mehr in den Gängen unter der Venusoberfläche, als wir bis jetzt sonstwo in der Galaxis gefunden haben. Selbst Gateway ist fast völlig ausgeräumt worden, bevor sie den Asteroiden aufgaben.

Verdammte Hitschi, warum mussten sie so ordentlich sein?

Wir gaben die Idee mit den Wiederholungsflügen also auf, weil nicht genug zu verdienen war, und schlugen uns die Sonderprämien aus dem Kopf, weil es einfach keine Möglichkeit gibt, sich vorzunehmen, dergleichen zu finden.

Und schließlich hörten wir auf zu reden und sahen uns nur noch an, und dann sahen wir einander nicht einmal mehr an.

Gleichgültig, was wir auch sagen mochten, wir wollten nicht hinaus. Wir hatten den Nerv nicht. Klaras Nerv hatte sie bei ihrem letzten Flug verlassen, und ich hatte ihn wohl nie besessen.

»Tja«, sagte Klara, stand auf und reckte sich, »ich glaube, ich gehe hinauf und gewinne ein paar Kröten im Kasino. Willst du zusehen?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Ich gehe wohl besser wieder an meine Arbeit, falls ich noch eine habe.«

Wir küssten uns am Schacht zum Abschied, und als wir meine Etage erreichten, tätschelte ich ihren Fußknöchel und sprang ab. Ich war nicht gerade guter Stimmung. Wir hatten uns solche Mühe gegeben, einander zu versichern, es gebe keine Starts, die angesichts der Risiken eine ausreichende Belohnung boten, dass ich es fast glaubte.

Wir hatten die andere Art von Belohnung natürlich gar nicht erwähnt: Die Gefahrenprämien.

Man muss schon ziemlich verzweifelt sein, wenn man sich die verdienen will. Die Gesellschaft setzt etwa eine Anreizprämie von einer halben Million für eine Besatzung aus, die einen Flug wiederholt … von dem die erste Besatzung nicht zurückgekommen ist. Man geht davon aus, dass vielleicht mit dem Schiff irgendetwas nicht in Ordnung war, dass der Treibstoff zu Ende gegangen war oder dergleichen, und dass ein zweites Schiff vielleicht sogar die Besatzung des ersten retten könnte. (Schöne Aussicht!) Natürlich sprach eher alles dafür, dass das, was die erste Besatzung umgebracht hatte, noch immer da war und dich auch ums Leben bringen mochte.

Dann gab es eine Zeit, als man sich für eine Million – später auf fünf Millionen erhöht – dazu verpflichten konnte, nach dem Start die Kurseinstellung zu verändern.

Der Grund, warum die Prämie auf fünf Millionen erhöht wurde, war der, dass niemand sich mehr freiwillig meldete, nachdem keines, nicht ein einziges, von diesen Schiffen zurückgekommen war. Dann gab man das auf, weil man zu viele Schiffe verlor, und es wurde schließlich völlig verboten. Ab und zu kommen sie mit einer Zusatz-Steuerkonsole daher, einem tollen neuen Computer, der angeblich symbiotisch mit der Hitschi-Steuerung zusammenarbeitet. Auch diese Schiffe stellen ein hohes Risiko dar. Es gibt einen Grund für die Sicherheitssperre an der Hitschi-Konsole. Man kann die Zieleinstellung nicht verändern, solange sie in Betrieb ist. Vielleicht kann man den Kurs überhaupt nicht verändern, ohne das Schiff zu zerstören.

Ich sah einmal fünf Leute den Versuch unternehmen, sich die Fünf-Millionen-Gefahrenprämie zu verdienen. Irgendein Genie der Gesellschaft zerbrach sich den Kopf darüber, wie man mehr als fünf Personen oder das Frachtäquivalent auf einen Schlag transportieren konnte. Wir wussten nicht, wie ein Hitschi-Schiff gebaut wird, und wir hatten nie ein wirklich großes gefunden. Das Genie dachte sich deshalb, wir könnten das Hindernis vielleicht dadurch überwinden, dass wir einen Fünfer als eine Art Schlepper verwenden.

Man konstruierte also aus Hitschi-Metall eine Art Raumleichter. Man belud ihn mit Schrott und flog einen Fünfer mit Landekapselantrieb hinaus. Dazu braucht man nur Wasserstoff und Sauerstoff, und die kann man leicht wieder hineinpumpen. Dann befestigte man den Leichter mit Monofaser-Metallkabeln am Fünfer-Schiff.

Wir verfolgten das Ganze über PV von Gateway aus. Wir sahen, wie die Kabel sich spannten, als der Fünfer seine Landekapseldüsen zündete. Das Verrückteste, was man je gesehen hat.

Dann musste die Startwarze gedrückt worden sein.

Alles, was wir auf dem PV-Schirm sahen, war, dass der Leichter ein bisschen zuckte und der Fünfer schlagartig verschwand.

Er kam nie zurück. Die Zeitlupenaufnahmen zeigten zumindest den Anfang. Der Kabelbund hatte das Schiff einfach in Scheiben zerschnitten, wie ein hart gekochtes Ei. Die Leute darin wussten gar nicht, was mit ihnen geschah. Die Gesellschaft hat die Millionen immer noch; keiner will es mehr versuchen.

Ich bekam von Shicky eine höflich missbilligende Predigt zu hören und von Mr. Hsien einen wirklich schlimmen, aber kurzen, P-Phon-Anruf; doch das war alles. Nach ein, zwei Tagen ließ Shicky uns wieder mehr Freizeit.

Ich verbrachte sie zumeist mit Klara. Oft trafen wir uns in ihrer Unterkunft, ab und zu auch in der meinen, auf eine Stunde im Bett. Wir schliefen jede Nacht miteinander; man möchte meinen, wir hätten inzwischen voneinander genug gehabt. Aber nein. Nach einiger Zeit war ich nicht sicher, weshalb wir fickten, aus Spaß oder um uns von dem abzulenken, was in unseren Köpfen vorging. Ich lag oft da und sah Klara an, die sich nach dem Sex immer auf den Bauch drehte und die Augen schloss, selbst wenn wir zwei Minuten danach aufstehen mussten. Ich überlegte mir dann, wie gut ich jeden Winkel, jede Fläche ihres Körpers kannte. Ich roch ihren süßen, erotischen Duft und wünschte mir – oh, wie ich mir so manches wünschte! Dinge, die ich nicht ausdrücken konnte: eine Wohnung unter der großen Kuppel zusammen mit Klara, einen Druckanzug und eine Zelle in einem Venustunnel mit Klara, sogar ein Leben in den Nahrungsgruben mit Klara. Es war wohl die Liebe. Aber dann sah ich sie immer noch an, und ich konnte spüren, wie sich in mir das Bild veränderte, und was ich sah, war das weibliche Gegenstück zu mir: ein Feigling, dem die größte Chance geboten wurde, die es für einen Menschen geben konnte, und der zu viel Angst hatte, sie zu nützen.

Wenn wir nicht im Bett lagen, wanderten wir gemeinsam durch Gateway. Wir gingen nicht oft in die ›Blaue Hölle‹ oder in die Holofilm-Säle, wir aßen nicht einmal zusammen auswärts. Klara tat das allein. Ich konnte es mir nicht leisten, also nahm ich meine meisten Mahlzeiten in den Refektorien der Gesellschaft ein. Sie waren im Preis meiner täglichen Kopfsteuer enthalten. Klara wäre nicht abgeneigt gewesen, für uns beide zu bezahlen, aber sie legte auch keinen übergroßen Wert darauf – sie spielte ziemlich oft und gewann kaum. Es gab Gruppen, denen man sich anschließen konnte – Kartenpartys oder einfach Partys; Volkstanzgruppen; Gruppen, die Musik hörten oder diskutierten. Das kostete nichts und war manchmal interessant. Oder wir unternahmen einfach Erkundungsgänge.