»Verstehe.« Und einen Augenblick später pickt er sich etwas anderes heraus, wie ich es erwartet habe; er ist eine Taube, auf allem herumpickend, was ich ihm hinwerfe. »Was ist mit der anderen Frau, der mit den buschigen Brauen?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Hast du je ein Mädchen gekannt, das buschige Brauen hatte?«
»Ach, Mensch, Sigfrid, ich bin mit fünfhundert Mädchen im Bett gewesen! Da gab es die tollsten Brauen.«
»Keine bestimmte?«
»Nicht, dass ich im Augenblick wüsste.«
»Nicht im Augenblick, Bob. Bitte, streng dich an.«
Es ist einfacher zu tun, was er verlangt, als mit ihm darüber zu streiten; also strenge ich mich an.
»Na gut, mal sehen. Ida Mae? Nein. Sue-Ann? Nein. S. Ya.? Nein. Gretchen? Nein … tja, um die Wahrheit zu sagen, Sigfrid, Gretchen war so hellblond, dass ich gar nicht erkennen konnte, ob sie wirklich Brauen hatte.«
»Das sind Mädchen, die du in letzter Zeit gekannt hast, nicht wahr, Rob? Vielleicht liegt es weiter zurück?«
»Du meinst, viel weiter?« Ich denke zurück, so weit ich kann, bis zu den Nahrungsgruben und Sylvia. Ich lache laut. »Weißt du was, Sigfrid? Es ist komisch, aber ich kann mich kaum erinnern, wie Sylvia ausgesehen hat … oh, warte mal. Nein. Jetzt fällt es mir ein. Sie pflegte sich die Brauen fast völlig auszuzupfen und dann mit dem Stift nachzuziehen. Das weiß ich, weil wir, als wir einmal miteinander im Bett lagen, mit ihrem Augenbrauenstift gegenseitig unsere Körper bemalt haben.«
Ich kann ihn beinahe seufzen hören.
»Die Waggons«, sagte er. »Wie würdest du sie beschreiben?«
»Wie jeden Eisenbahnzug. Lang. Schmal. Ziemlich schnell durch den Tunnel fahrend.«
»Lang und schmal, durch einen Tunnel, Bob?«
Da verliere ich die Geduld. Er ist ja so durchsichtig!
»Na hör mal, Sigfrid! Bei mir kommst du doch mit einem affigen Penissymbol nicht durch.«
»Ich versuche mit gar nichts durchzukommen, Bob.«
»Na, du bist jedenfalls ein richtiger Arsch, was den ganzen Traum angeht, das kann ich dir sagen. Es steckt nichts drinnen. Der Zug war einfach ein Zug. Ich weiß nicht, wer die Frauen gewesen sind. Und hör mal, wenn wir schon dabei sind: Ich hasse diese gottverdammte Couch wirklich. Für das Geld, das dir meine Versicherung bezahlt, kannst du bestimmt mehr bieten.«
Er hat mich wirklich wütend gemacht. Er versucht immer wieder, auf den Traum zurückzukommen, aber ich bin entschlossen, für das Geld der Versicherungsgesellschaft etwas Angemessenes geboten zu bekommen, und bis ich gehe, hat er mir versprochen, vor meinem nächsten Besuch umzudekorieren.
Als ich an diesem Tag hinaustrete, fühle ich mich ganz zufrieden mit mir. Er tut mir wirklich sehr gut. Das liegt wohl daran, dass ich den Mut finde, mich gegen ihn aufzulehnen, und vielleicht war der ganze Unsinn auf diese oder irgendeine andere Weise nützlich für mich, auch wenn es stimmt, dass manche von seinen Ideen recht verrückt sind.
Ich mühte mich aus meiner Schlinge, um Klaras Knie Platz zu machen, und prallte gegen Sam Kahanes Ellenbogen. »Pardon«, sagte er, ohne sich auch nur umzusehen. Seine Hand lag immer noch auf der Startwarze, obwohl wir schon zehn Minuten unterwegs waren. Er studierte die flackernden Lichter an der Hitschi-Instrumententafel und löste den Blick nur davon, wenn er auf den Bildschirm darüber starrte.
Ich setzte mich auf. Mir war ziemlich mulmig. Ich hatte Wochen gebraucht, mich an den fast völligen Schwerkraftmangel auf Gateway zu gewöhnen. Die schwankenden G-Kräfte in der Kapsel waren wieder etwas ganz anderes. Sie waren sehr gering, aber sie blieben nicht eine Minute konstant, und mein Innenohr beklagte sich.
Ich zwängte mich hinaus in den Küchenbereich, ein Auge auf der Tür zur Toilette. Ham Tayeh war immer noch dort drin. Wenn er nicht bald herauskam, würde es bei mir kritisch werden. Klara lachte, streckte den Arm aus der Schlinge und legte ihn um mich.
»Armer Bobbie«, sagte sie. »Und dabei fangen wir erst an.«
Ich schluckte eine Pille, zündete mir tollkühn eine Zigarette an und konzentrierte mich darauf, mich nicht übergeben zu müssen. Ich weiß nicht, wie viel davon wirklich Raumkrankheit war. Die Angst spielte eine große Rolle. Es ist sehr erschreckend zu wissen, dass zwischen dir und dem augenblicklichen, grausamen Tod nichts liegt als eine dünne Metallhaut, vor einer halben Million Jahren von sonderbaren Fremdwesen hergestellt. Und zu wissen, dass du dich darauf eingelassen hast, irgendwo hinzufliegen, obwohl du keinerlei Kontrolle darüber hast.
Ich kroch in meine Schlinge zurück, drückte die Zigarette aus, schloss die Augen und konzentrierte mich darauf, die Zeit vergehen zu lassen.
Es würde sehr viel davon vergehen müssen. Der Durchschnittsflug dauert hin und zurück je fünfundvierzig Tage. Es spielt keine so große Rolle, wie weit man fliegt. Zehn Lichtjahre oder zehntausend: Es fällt ins Gewicht, aber nicht linear. Man sagte mir, die Schiffe beschleunigten unaufhörlich und steigerten die Beschleunigungsrate die ganze Zeit. Dieses Delta ist auch nicht linear oder auch nur exponentiell auf irgendeine Weise, die jemand verstehen könnte. Man erreicht die Lichtgeschwindigkeit sehr schnell, in knapp einer Stunde. Dann scheint es eine ganze Weile zu dauern, bis man sie merklich überschreitet. Und dann werden die Schiffe wirklich schnell.
Man kann das alles verfolgen (heißt es), wenn man die auf dem Navigationsschirm der Hitschi gezeigten Sterne betrachtet. Innerhalb der ersten Stunde fangen alle Sterne an, die Farbe zu verändern und herumzuschwimmen. Wenn man c überschreitet, weiß man das, weil sie sich alle in der Mitte des Schirmes zusammengedrängt haben.
In Wirklichkeit haben die Sterne sich nicht bewegt. Man holt das Licht ein, das aus Quellen hinter einem oder an der Seite stammt. Die Photonen, die auf die Bugkamera treffen, sind vor einem Tag, einer Woche oder vor hundert Jahren abgegeben worden. Nach ein, zwei Tagen hören sie sogar auf, Sternen zu gleichen. Es gibt nur eine Art fleckiger, grauer Oberfläche. Sie sieht ein wenig aus wie Holofilm, den man ans Licht hält, aber man kann mit einer Blitzlampe aus einem Holofilm ein virtuelles Bild machen, und aus dem, was auf den Hitschi-Schirmen ist, hat noch nie jemand etwas anderes gemacht als fleckiges Grau.
Bis ich schließlich in die Toilette konnte, schien der Drang nicht mehr so dringend zu sein, und als ich herauskam, war Klara allein in der Kapsel und prüfte Sternbilder mit der Theodolitenkamera. Sie drehte sich zu mir um, betrachtete mich und nickte.
»Du siehst ein bisschen weniger grün aus«, sagte sie anerkennend.
»Ich werd’s überleben. Wo sind die Jungs?«
»Wo sollen sie sein? Unten im Landefahrzeug. Dred meint, wir sollten uns vielleicht aufteilen, damit wir beide zeitweise das Landefahrzeug für uns haben, wenn sie hier oben sind; dann kommen wir herauf, und sie dürfen runter.«
»Hm.« Das klang recht gut; ich hatte mich auch schon gefragt, wie wir es anstellen sollten, einmal für uns zu sein. »Okay. Was soll ich jetzt tun?«
Sie küsste mich zerstreut.
»Bleib du nur aus dem Weg. Weißt du was? Es sieht so aus, als flögen wir direkt auf den galaktischen Norden zu.«
Diese Mitteilung konfrontierte mich mit meiner Unwissenheit. Deshalb fragte ich: »Ist das gut?«
Sie grinste.
»Wie merkst du das?«
Ich legte mich zurück und beobachtete sie. Wenn sie so viel Angst hatte wie ich, und daran zweifelte ich kaum, ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken.
Ich begann mich zu fragen, was im galaktischen Norden liegen mochte – und, wichtiger noch, wie lange wir brauchen würden, um hinzukommen.
Der kürzeste Flug zu einem anderen Sternsystem hatte achtzehn Tage gedauert. Es war Barnards Stern, und eine Pleite; nichts da. Der längste, oder jedenfalls der längste, von dem man bisher weiß – wer hat eine Ahnung davon, wie viele Schiffe mit toten Prospektoren noch auf dem Rückweg von, sagen wir M 31 im Andromeda-Nebel sind? –, nahm hin und zurück je hundertfünfundsiebzig Tage in Anspruch. Die Besatzung kam tot zurück. Schwer zu sagen, wo sie gewesen war. Die Aufnahmen, die sie gemacht hatten, zeigten nicht viel, und die Prospektoren waren natürlich nicht mehr in der Verfassung, etwas mitteilen zu können.