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Diese Schachpartien waren so ungefähr das Einzige, was ich in diesen dreieinhalb Jahren gewann. Bei dem großen Spiel, das zwischen meiner Frau Lurvy und ihrer geilen, vierzehn Jahre alten Halbschwester Janine stattfand, gab es für mich nichts zu gewinnen. Lurvy versuchte Janine eine Mutter zu sein, und diese gab sich Mühe, ihr als Feindin gegenüberzustehen. Was ihr gelang. Es lag nicht allein an Janine. Lurvy trank ein paar Gläser – das war ihre Art, der Langeweile zu entfliehen – und kam dahinter, dass Janine ihre Zahnbürste benutzt oder widerwillig getan hatte, was ihr aufgetragen worden war, nämlich den Bereich der Essenszubereitung sauber zu machen, bevor er zu stinken anfing, ohne aber die organischen Stoffe in den Verarbeiter zu werfen. Dann ging es los. Von Zeit zu Zeit absolvierten sie rituelle Darbietungen von Weibergeschwätz, untermalt von Ausbrüchen …

»Die blaue Hose gefällt mir wirklich an dir, Janine. Soll ich den Saum heften?«

»Na gut, ich werde also fett, willst du das damit sagen? Na, immer noch besser, als mich die ganze Zeit blöd zu saufen!« Und dann gerieten sie sich wieder in die Haare. Und ich spielte wieder Schach mit Vera. Das war das einzig Sichere. Jedes Mal, wenn ich versuchte, mich einzumischen, erzielte ich augenblicklich den Erfolg, sie gemeinsam gegen mich aufzubringen: »Drecks-Chauvi, warum schrubbst du den Küchenboden nicht?«

Das Komische dabei war, ich liebte sie beide. Auf unterschiedliche Art, versteht sich, obwohl es mir schwer fiel, das Janine klarzumachen.

Man sagte uns, worauf wir uns einließen, als wir unterschrieben. Neben der üblichen psychologischen Unterweisung für Fernflüge standen wir alle vier ein Dutzend stundenlanger Sitzungen über das Problem durch, und was der Psychiater sagte, lief am Ende auf »Gebt euch die größte Mühe« hinaus. Es stellte sich heraus, dass ich bei dem Prozess der Familien-Neubildung lernen musste, den Elternpart zu übernehmen. Peter war zu alt dafür, auch wenn er der biologische Vater war. Lurvy war, wie von einer ehemaligen Gateway-Pilotin zu erwarten, kein häuslicher Typ. Es hing an mir; der Psychiater ließ daran keinen Zweifel. Das Gerät verriet nur nicht, wie das gehen sollte.

Da saß ich also mit einundvierzig Jahren, X-Milliarden Kilometer von der Erde entfernt, weit hinter der Plutobahn, gegen die Ekliptikebene ungefähr fünfzehn Grad gekippt, bemüht, nicht mit meiner Halbschwägerin zu schlafen, bemüht, mit meiner Frau Frieden zu halten, bemüht, in Waffenruhe mit meinem Schwiegervater zu leben. Das waren die großen Probleme, mit denen ich jeden Tag erwachte (jedes Mal, wenn man mir erlaubt hatte, zu schlafen), um mich über einen weiteren Tag hinwegzuretten. Um nicht an sie denken zu müssen, versuchte ich immer wieder, an die zwei Millionen Dollar pro Person zu denken, die wir für den Abschluss der Mission erhalten sollten. Wenn sogar das versagte, versuchte ich an die langfristige Bedeutung unseres Fluges zu denken, nicht allein für uns, sondern für alle atmenden Menschen. Das war real genug. Wenn alles gut verlief, würden wir fast die ganze Menschheit vor dem Tod durch Verhungern retten. Das war unübersehbar wichtig. Manchmal erschien es sogar wichtig. Aber es war die Menschheit, die uns in dieses übelriechende Straflager offenbar für alle Ewigkeit gepfercht hatte, und es gab Zeiten, in denen ich – nicht wahr? – beinahe hoffte, sie würden wirklich alle verhungern.

Tag 1283. Ich wurde gerade wach, als ich Vera vor sich hin pfeifen und knistern hörte, wie sie es immer macht, sobald eine Mitteilung kommt, die zum Handeln zwingt. Ich öffnete den Reißverschluss der Spanndecke und schob mich aus unserem Privatabteil, aber der alte Peter hatte sich schon über den Drucker gebeugt.

Er fluchte knarrend.

»Verdammt noch mal! Wir haben eine Kursänderung.«

Ich packte eine Haltestange und stieß mich ab, um selbst zu sehen, aber Janine, vor dem Wandspiegel eifrig damit beschäftigt, ihre Backenknochen nach Pickeln abzusuchen, war vor mir zur Stelle. Sie las die Mitteilung und glitt verächtlich davon. Peter bewegte eine ganze Weile stumm die Lippen und sagte dann scharf: »Das interessiert dich nicht?«

Janine zuckte kaum merklich die Achseln, ohne ihn anzusehen.

Lurvy kam hinter mir aus dem Privatabteil und zog den Reißverschluss ihrer Unterwäsche zu.

»Lass sie in Ruhe, Pa«, sagte sie. »Paul, zieh etwas an.«

Es war besser zu tun, was sie sagte, und außerdem hatte sie Recht. Ärger mit Janine ließ sich am besten vermeiden, wenn man sich gebärdete wie ein Puritaner. Bis ich meine kurze Hose aus dem zerwühlten Bettzeug fischte, hatte Lurvy die Mitteilung schon gelesen. Das war normal; sie war unsere Pilotin.

Sie hob den Kopf und grinste.

»Paul! Wir müssen in etwa elf Stunden eine Korrektur vornehmen, und das ist vielleicht die letzte. Weg da!«, sagte sie zu Peter, der immer noch am Terminal klebte, und zog sich herunter, um Veras Rechnertasten zu bedienen. Sie beobachtete, wie die Flugbahnen auf dem Monitor erschienen, bestätigte per Knopfdruck und jubelte dann: »Dreiundsiebzig Stunden und acht Minuten bis zur Landung!«

»Das hätte sogar ich gekonnt«, beklagte sich ihr Vater.

»Murr nicht, Pa. Drei Tage, und wir sind da. Wenn wir wenden, müssten die Teleskope es sogar zeigen.«

Janine, die wieder dabei war, an ihren Backen zu zupfen, erklärte über die Schulter: »Wir könnten es schon seit Monaten sehen, wenn nicht jemand das große Teleskop demoliert hätte.«

»Janine!« Lurvy gelang es diesmal, sich zu zügeln. Sie sagte mit ihrer Vernunftstimme: »Meinst du nicht, dass das ein Anlass zum Feiern wäre, statt zum Streiten? Natürlich meinst du das, Janine. Ich schlage vor, dass wir alle einen trinken – du auch.«

Ich ging sofort dazwischen, während ich den Gürtel meiner kurzen Hose zuzog – wie das weiterging, wusste ich leider zu gut.

»Setzt du die chemischen Raketen ein, Lurvy? Gut, dann müssen Janine und ich hinaus und die Außenfracht überprüfen. Warum trinken wir das Glas nicht, wenn wir zurückkommen?«

Lurvy lächelte sonnig.

»Gute Idee, Liebster. Aber vielleicht nehmen Pa und ich jetzt einen Kurzen, und dann machen wir noch bei eurer Runde mit, wenn ihr wollt.«

»In den Anzug!«, befahl ich Janine und hinderte sie so daran, die hitzige Antwort, die sie auf der Zunge hatte, auszusprechen. Sie war offenbar vorübergehend zur Versöhnlichkeit entschlossen, weil sie kommentarlos gehorchte. Wir überprüften gegenseitig die Abdichtung, ließen uns zusätzlich von Lurvy und Peter kontrollieren, drängten uns hintereinander in die Schleuse und schwebten an unseren Leinen ins All hinaus. Das Erste, was wir beide taten, war, Richtung Heimat zu blicken – nicht sehr zufrieden stellend; die Sonne war nur noch ein heller Stern, und die Erde konnte ich überhaupt nicht erkennen, obwohl Janine in der Regel behauptete, sie könne es. Das Zweite war, zur Nahrungsfabrik hinüberzublicken, aber da konnte ich auch nichts sehen. Ein Stern sieht praktisch aus wie der andere, vor allem in den unteren Helligkeitsbereichen, wenn fünfzig- oder sechzigtausend davon am Himmel stehen.

Janine arbeitete schnell und geschickt, beklopfte die Bolzen der großen Ionentriebwerke, die seitlich an unserem Raumschiff befestigt waren, während ich die Festigkeit der Stahlbänder prüfte. Janine war im Grunde nicht übel. Sie war vierzehn Jahre alt und sexuell erregbar, gewiss, aber sie trug nicht allein die Schuld daran, dass sie keine geeignete Person hatte, an der sie sich als Frau erproben konnte. Außer mir und, noch unbefriedigender, ihrem Vater.