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Mit der vorzüglichsten etc.«

Aus den Notizen des Barons Achatius von F. sind hier folgende kurze Bemerkungen mitzuteilen:

»Nein, es ist durchaus nicht zu ergründen, was in diesen jungen Menschen, in Deinen Neffen Theodor, gefahren sein muß. Er ist blaß wie der Tod, verstört in seinem ganzen Wesen, kurz, ein ganz anderer worden, als er sonst war. - Um zehn Uhr morgens besuchte ich ihn, fürchtend, er werde noch in den Federn liegen. Statt dessen fand ich ihn, wie er eben frühstückte. Und rate, worin sein Frühstück bestanden - Nein, das zu raten ist unmöglich! - Auf einem Teller lagen ein paar dünne Scheibchen Salamiwurst und daneben stand ein mäßiges Glas, worin - Braunbier perlte! - Erinnere Dich des Abscheus, den sonst Theodor gegen Knoblauch hegte! - Ist jemals ein Tropfen Bier über seine Lippen geglitten? - Ich bezeugte ihm meine Verwunderung über das herrliche üppige Frühstück, das einzunehmen er im Begriff stehe. Da schwatzte er viel verwirrtes Zeug durcheinander, von notwendiger strenger Diät - von Kaffee ohne Zucker und Rum, von Kräutersuppen, von sauren Gurken, Brathechten mit Pflaumenmus und wäßrichtem Wein. Die Brathechte mit Pflaumenmus trieben ihm Tränen in die Augen. - Er schien meinen Besuch gar nicht gern zu sehen, deshalb verließ ich ihn bald.«

»Krank ist Dein Neffe nicht, krank nicht im mindesten, aber von seltsamen Einbildungen befangen. Unerachtet er nun nicht die mindesten Spuren geistiger Zerrüttung zeigt, so meint der Doktor H. dennoch, daß er an einer Mania occulta leiden könne, die eben das Eigentümliche hat, daß sie auf keine Weise, weder in physischer noch psychischer Hinsicht, verspürt werden kann und so einem Feinde gleicht, der gar nicht anzugreifen ist, weil er sich nirgends zeigt. Es wäre schade um Deinen Neffen!«

»Was ist denn das? Soll ich denn abergläubischerweise an Hexenkünste glauben? - Du weißt, ich bin von jeher gesunden festen Gemüts und nichts weniger als zur Schwärmerei geneigt gewesen, doch was man mit eignen Ohren hört, mit eignen Augen sieht, das kann man sich doch mit dem besten Willen nicht abstreiten. - Mit der größten Mühe hatte ich Deinen Neffen überredet, mit mir zum Souper bei der Frau von G. zu gehen. Das bildhübsche Fräulein von T. war dort, im vollen Glanze des beau jour, geputzt wie ein Engel. Sie redete, freundlich und anmutig wie sie ist, den düstern, in sich gekehrten Vetter an, und ich gewahrte, mit welcher Gewalt Theodor sich zwang, nicht den Blick ruhen zu lassen auf der schönen Gestalt. Sollt er eine tyrannische Geliebte haben, die ihn despotisiert? So dacht ich. Zehn Uhr war es gerade, als man sich zu Tische zu setzen im Begriff stand. Theodor wollte durchaus fort, doch indem ich mich mit ihm herumzankte, trat das Fräulein von T. heran. ›Wie, Vetter, Sie werden mich doch zu Tische führen?‹ So sprach sie mit naiver Lustigkeit und hing sich ohne weitere Umstände in seinen Arm. Ich saß dem Paar gegenüber und bemerkte zu meiner Freude, wie Theodor bei der schönen Nachbarin immer mehr und mehr auftaute. Er trank rasch hintereinander einige Gläser Champagner, und immer feuriger wurden seine Blicke, immer mehr verschwand die Todesbleiche von seinen Wangen. Man hob die Tafel auf, da faßte Theodor die Hand der reizenden Cousine und drückte sie zärtlich an seine Lippen. Doch in dem Augenblick gab es einen Klatsch, daß der ganze Saal widerhallte, und Theodor fuhr, entsetzt zurückprallend, nach seiner Backe, die kirschrot war und aufgeschwollen schien. Dann rannte er wie unsinnig zum Saal heraus. Alle waren sehr erschrocken, vorzüglich die schöne Cousine, mehr aber über Theodors Entsetzen und plötzliche Flucht als über die Ohrfeige, die er von unsichtbarer Hand erhalten. Auf diesen tollen Geisterspuk schienen nur wenige was zu geben, unerachtet ich mich von einem fatalen fieberhaften Frösteln durchbebt fühlte.«

»Theodor hat sich eingeschlossen, er will durchaus niemanden sprechen. Der Arzt besucht ihn.«

»Sollte man es glauben, was eine alternde Kokette vermag? - Amalie Simson, eine Person, die mir in den Grund der Seele zuwider ist, hat Schloß und Riegel durchdrungen. Sie ist in Begleitung einer Freundin bei Theodor gewesen und hat ihn überredet, nach dem Tiergarten zu fahren. Er hat zu Mittag gegessen bei dem Bankier und soll bei vorzüglicher Laune gewesen sein, auch Gedichte vorgelesen haben, wodurch alle Gäste verscheucht worden sind, so daß er zuletzt mit der reizenden Amalie allein geblieben ist.«

»Es ist zu arg, es ist zu arg, mir geht's im Kopf herum wie in einer Mühle, ich stehe nicht mehr fest auf den Füßen, mich treibt ein toller Schwindel! - Gestern werd ich eingeladen von dem Bankier Nathanael Simson zum Souper. Ich gehe hin, weil ich Theodor dort vermute. Er ist wirklich da, eleganter, das heißt närrischer, fabelhafter gekleidet als jemals, und gebärdet sich als Amaliens entschiedenen Liebhaber. Amalie hat die verblühten Reize tüchtig aufgefrischt, sie sieht bei dem Lichterglanz ordentlich hübsch und jung aus, so daß ich sie deshalb hätte zum Fenster herauswerfen mögen. Theodor drückt, küßt ihr die Hände. Amalie wirft siegreiche Blicke umher. Nach der Tafel wissen beide geschickt sich in ein Kabinett zu entfernen. Ich verfolge sie, schaue durch die halb geöffnete Türe, da schließt der Schlingel das fatale Judenkind feurig in seine Arme. Da geht es aber auch - Klatsch - Klatsch - Klatsch, und es regnet Ohrfeigen, von unsichtbarer Hand zugeteilt. Theodor taumelt halb sinnlos durch den Saal - Klatsch - Klatsch geht es immer fort, und als er schon ohne Hut auf der Straße entflieht, hört man es noch nachhallen Klatsch - Klatsch - Klatsch - Amalie Simson liegt in tiefer Ohnmacht - Die Spur des tiefen Entsetzens liegt auf den leichenblassen Gesichtern der Gäste! - Keiner vermag eine Silbe laut werden zu lassen über das, was geschehen - Man geht in tiefem Schweigen, verstört, auseinander -«

»Theodor wollte mich nicht sprechen, er schickte mir einen kleinen Zettel heraus, hier ist er: ›Sie sehen mich umgarnt von bösen unheimlichen Mächten! Ich bin der Verzweiflung nahe. Ich muß mich losreißen, ich muß fort. Ich will zurück nach Mecklenburg. Verlassen Sie mich nicht. Nicht wahr, wir reisen zusammen? - Wenn's Ihnen recht ist, in drei Tagen.‹

Ich werde die nötigen Anstalten zur Reise machen und Dir, will's der Himmel, Deinen Neffen, allem tollen Spuk entrückt, frisch und gesund in die Arme zurückführen.«