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Sie sahen einander verwirrt an, und schließlich trat ein alter Mann mit einem schmalen Gesicht aus dem Kreis. „Mein Name ist Dandrin“, sagte er mit leiser Stimme. „Nachdem ich der Älteste hier bin, werde ich für die anderen sprechen. Woher kommst du?“

„Das ist es ja gerade“, sagte ich. „Ich bin aus New York City, Vereinigte Staaten von Amerika, Planet Erde, Sonnensystem. Sagt Ihnen irgendeiner dieser Namen etwas?“

„Es sind Namen“, erklärte Dandrin. „Aber ich weiß nicht, wofür diese Namen stehen. New York City, Vereinigte Staaten von Amerika. Wir haben keine solchen Begriffe.“

„Nie von New York gehört?“ Jetzt redete der genauso blödes Zeug wie dieser dumme Kennon. „New York ist die größte Stadt der Welt, und die Vereinigten Staaten sind das reichste Land.“

Ich hörte ein unterdrücktes Murmeln im Kreise. Dandrin lächelte.

„Ich glaube, jetzt verstehe ich“, sagte er. „Städte, Länder.“ Er sah mich seltsam an. „Sagen Sie — von wann kommen Sie?“

Ich erschrak. „1968“, sagte ich. Und ich gebe zu, daß ich anfing, mir Sorgen zu machen.

„Wir leben im fünfunddreißigsten Jahrhundert“, sagte er ruhig. „Wenigstens nehmen wir das an. Wir haben während der Bombenjahre die Zeitrechnung verloren. Aber komm, Chester Dugan, wir unterbrechen das Singen mit unserem Gespräch. Gehen wir zur Seite und reden, damit die anderen weitersingen können.“

Er führte mich beiseite und erklärte mir, wie die Dinge standen. Die Zivilisation war während eines furchtbaren Atomkrieges zusammengebrochen. Diese Leute hier waren die Überlebenden. Städte, ja selbst kleine Dörfer gab es nicht mehr — die Leute lebten in Gruppen von zwei und drei und kamen nur selten zusammen. Sie wollten nicht einmal zusammenkommen, außer im Sommer. Dann versammelten sie sich beim Haus irgendeines alten Mannes — gewöhnlich bei Dandrin, sangen eine Weile und gingen wieder nach Hause.

Offensichtlich gab es in ganz Amerika nur mehr ein paar tausendMenschen. Sie lebten weit verstreut, und es gab kein Geschäft, keinen Handel, keine Kultur — gar nichts mehr. Nur kleine Gruppen von Menschen, die ganz auf sich gestellt lebten, ein wenig Ackerbau betrieben und sangen und sonst nicht sehr viel taten.

Wie der Alte mir das erzählte, begann ich mir die Hände zu reiben — im Geiste natürlich. Etliche Pläne begannen Gestalt anzunehmen.

Er hatte keine Ahnung, wie ich hierhergekommen war, und ich auch nicht — übrigens habe ich das auch heute noch nicht. Ich glaube, das war einfach ein ganz unwahrscheinlicher Zufall — eine Raum-Zeitfalte, oder so etwas. Ich trat einfach genau in dem Augenblick, wo die Falte sich bildete, hindurch und lag auf jenem Feld. Aber Chester Dugan macht sich keine Gedanken über Dinge, die er nicht versteht — er nimmt sie einfach hin.

Ich wußte sofort, daß ich hier mit meiner Kenntnis der Geschäftsmethoden des 20. Jahrhunderts große Chancen hatte.

Als erstes würden natürlich wieder Dörfer eingeführt werden müssen. So wie die Dinge jetzt lagen, war das ja überhaupt keine Zivilisation. Und wenn ich damit erst einmal angefangen hatte, würde ich mit der Zeit all die anderen Dinge wieder einführen, die dieses dekadente Volk verloren hatte: Geld, Vergnügungsindustrie, Sport, Geschäft. Und wenn wir dann einmal wieder Maschinen hatten, konnte es weitergehen. Wir würden anfangen, an einer Stadt zu arbeiten und uns auszubreiten.

Ich dankte meinem Schicksal, daß es mich hierher versetzt hatte. Diese Leute würden Wachs in meiner Hand sein …

3. Corilann

Kennon war damit einverstanden, daß ich es tat. Kurz nachdem das Singen an diesem Abend vorüber war, kam Dugan zu mir, und ich merkte an dem Ton seiner Rede, daß er mich für die Nacht haben wollte. Ich hatte mich bereits Kennon versprochen, aber Dugan schien so großen Wert darauf zu legen, daß ich Kennon bat, mich für diesen einen Abend von meinen Versprechen zu entbinden, und das tat er auch.

Es war seltsam, wie Dugan es anstellte, mich zu fragen. Er sprach es nie aus. Und was er in dieser Nacht tat, gefiel mir auch nicht, und er ist auch häßlich.

Er sagte immer wieder: „Du mußt bei mir bleiben, Baby, wir werden große Dinge vollbringen.“ Ich weiß nicht, was er damit meinte.

Die anderen Frauen waren alle am nächsten Morgen sehr neugierig.

Sie wollten wissen, wie es war. Ich sagte ihnen, es hätte mir Spaß gemacht.

Das war eine Lüge. Aber ich ging in der darauffolgenden Nacht wieder zu ihm, und in der Nacht darauf auch, ohne Rücksicht darauf, was der arme Kennon sagte. Ich konnte nicht anders, obwohl ich gar nicht wollte. Es war einfach etwas an Dugan, das mich anzog — dagegen konnte ich nichts tun. Aber er ekelt mich an …

4. Dandrin

Es war wirklich seltsam, wie sie alle in gleichmäßigen Reihen dastanden — Leute, die nie Ordnung oder Regeln gekannt hatten — und sich von Dugan sagen ließen, was sie tun sollten. Am Abend des vergangenen Tages waren wir frei und allein gewesen — aber jetzt war Dugan gekommen.

Er reihte alle Leute nebeneinander auf und begann seine Pläne zu erklären, während ich im Schatten saß und ihn beobachtete. Wir bemühten uns wirklich, ihn zu verstehen. Ich erinnerte mich an die Geschichten über die Alten, die ich gehört hatte, aber ich glaubte sie erst, seit ich Dugan in Aktion erlebt hatte.

„Ich verstehe euch Leute nicht“, schrie er uns an. „Diese ganze reiche Welt liegt vor euch da und wartet nur darauf, daß ihr hingeht und sie in Besitz nehmt. Und was macht ihr? — Ihr sitzt da und singt. Ihr singt! Dekadent seid ihr, sonst gar nichts. Ihr braucht eine Regierung — eine Regierung, die weiß, was sie will — und ich bin hier, um sie euch zu geben.“

Kennon und ein paar von den anderen waren an diesem Morgen zu mir gekommen, um mich zu fragen, was geschehen würde. Ich forderte sie auf, nichts zu tun, nur Dugan zuzuhören und zu tun,was er sagte. Ich fühlte, daß wir ihn so mit der Zeit begreifen würden und lernen, wie wir uns ihm gegenüber verhalten mußten.

Ich sagte nichts, als er befahl, daß niemand nach dem Singen nach Hause gehen sollte. Wir sollten hierbleiben, sagte er, und eine Stadt bauen. Er würde uns all die Errungenschaften des zwanzigsten Jahrhunderts bringen.

Und wir hörten ihm geduldig zu — alle außer Kennon. Kennon war es, der ihn hierhergebracht hatte, der arme Junge, der wegen des Singens und wegen Corilann gekommen war. Und ausgerechnet Corilann hatte Dugan zu seinem privaten Besitz ausersehen. Kennon hatte sich in der ersten Nacht einverstanden erklärt, in der Meinung, sie würde am nächsten Tag wieder zu ihm zurückkehren — aber sie war bei Dugan geblieben.

In ein paar Tagen waren die Pläne für die Stadt fertig. Ich glaube, der erste Gedanke von uns allen war ,Warum?’ — warum will er, daß wir das alles tun?

Warum?

Wir würden ihm Zeit lassen müssen, um seine Pläne auszuführen. Da er keinen Schaden anrichtete, würden wir warten und ihm zusehen und uns fragen, weshalb er das tat …

5. Chester Dugan

Diese Corilann ist wirklich eine phantastische Frau. Damals in meiner Zeit gab es so etwas nicht. Nachdem Dandrin mir gesagt hatte, wo die ledigen Frauen saßen, sah ich sie mir an und wählte sie aus. Sie sahen alle gut aus, aber Corilann war etwas Besonderes. Damals wußte ich noch nicht, daß sie Kennon versprochen war, sonst hätte ich vermutlich meine Finger von ihr gelassen — schließlich wollte ich es mir ja mit den Leuten nicht verderben.

Ich fürchte, Kennon hat etwas gegen mich — ich habe ihm sein Mädchen weggenommen, und ich glaube nicht, daß ihm meine Methoden zusagen. Ich werde es mit etwas Psychologie versuchen müssen. Vielleicht mache ich ihn zu meinem Stellvertreter.