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Der Psychologe lachte. „Ausgezeichnet formuliert. Aber wir wollen die Analogie lieber nicht weitertreiben — ich kann Ihnen versichern, daß ich mich keineswegs für einen Messias halte. Aber ich habe genügend Glauben in meine Fähigkeiten, anderen helfen zu können, daß ich mir meine Schüler sehr sorgfältig aussuchen möchte. Besonders da die Teilnehmerzahl an den Kursen bewußt niedrig gehalten ist, möchte ich natürlich meine Bemühungen auf Leute beschränken, die — äh —"

„Verstehe vollkommen", unterbrach ihn Luke. „Und jetzt zu den Fragen."

„Haben Sie eine höhere Schulbildung?"

„Ich habe zwei Jahre studiert — freilich nicht sehr systematisch. Aber ich habe mein Leben lang gelesen, alles was mir unter die Finger kam."

„Darf ich fragen, wie lange das war?"

„Siebenunddreißig Jahre. Moment, ich meine natürlich, daß ich siebenunddreißig Jahre alt bin. Ganz solange lese ich natürlich noch nicht."

„Haben Sie viel auf dem Gebiet der Psychologie gelesen?"

„Nichts Fachliches. Eine ganze Reihe populärwissenschaftlicher Bücher, wie sie für Laien geschrieben werden."

„Und darf ich mich nach Ihrem Hauptberuf erkundigen?"

„Ich schreibe Zukunftsromane."

„Wirklich? Zukunfts romane? Sind Sie etwa Luke Devereaux?"

Luke spürte jenes Wohlbehagen, das ein Schriftsteller immer empfindet, wenn man seinen Namen kennt. „Ja", sagte er. „Sagen Sie bloß noch, daß Sie Zukunftsromane läsen."

„Mit Wonne. Wenigstens bis vor vierzehn Tagen. Ich glaube, im Augenblick ist niemand in der Stimmung, etwas über Wesen von anderen Welten zu lesen. Dabei fällt mir ein, daß der Umsatz von Zukunftsromanen stark zurückgegangen sein muß. Ist das der Grund, warum Sie sich einem neuen—äh—Beruf zuwenden wollen?"

„Ich fürchte, ich war schon vor dem Kommen der Martier als Schriftsteller in einer schlimmen Krise, ich kann sie also nicht ganz dafür verantwortlich machen. Freilich haben sie auch nichts zur Besserung beigetragen. Und auf das, was Sie über den Rückgang von Zukunftsromanen gesagt haben, können Sie getrost noch stärkere Ausdrücke anwenden. Es besteht überhaupt keine Nachfrage mehr danach. Vielleicht greift man wieder danach, wenn die Martier viele Jahre weg sein werden — falls sie uns je verlassen."

„Ich verstehe. Es tut mir leid, Mr. Devereaux, daß Sie mit dem Schreiben solches Pech gehabt haben, aber ich nehme Sie natürlich gern in einen meiner Kurse auf. Wenn Sie gleich zu Anfang Ihren vollen Namen genannt hätten, hätten sich alle weiteren Fragen erübrigt. Dann sehe ich Sie also um sieben?"

„Abgemacht", sagte Luke.

Mochten die Fragen des Psychologen auch überflüssig gewesen sein, so war Luke doch ganz froh, daß er sie gestellt hatte. Er war jetzt überzeugt, daß es sich nicht um ein Schwindelunternehmen handelte und der Mann das darstellte, was er vorgab.

Er nahm eine hastige Dusche und rasierte sich, wobei er sich leicht schnitt, als plötzlich, mitten im Strich, jemand ein unanständiges Geräusch direkt vor seinem Ohr von sich gab. Noch vor einer Sekunde war kein Martier zu sehen gewesen. Es war kein tiefer Schnitt, und die Blutung war rasch gestillt. Er fragte sich, ob sich selbst ein geschulter Psychologe bis zu dem Grade auf derartige Dinge einzustellen vermöchte, um die Reaktion zu vermeiden, die er gerade gehabt hatte? Nun, auch darauf würde Forbes die Antwort wissen. Und wenn es keine bessere Antwort war, so würde ein elektrischer Rasierapparat das Problem lösen. Am besten, er legte sich einen zu, sobald er wieder Geld hatte.

Er wollte den Eindruck, den sein Name gemacht hatte, durch seine äußere Erscheinung nicht verwischen, und so zog er seinen besten Anzug an — den braunen Gabardine — ein sauberes weißes Hemd, überlegte eine Weile, welchen Binder er wählen sollte, und entschloß sich für einen unauffälligen blauen.

Vor sich hin pfeifend, machte er sich auf den Weg, schritt munter aus, mit dem Gefühl, als stände er an einem Wendepunkt seines Lebens und am Beginn eines neuen und besseren Abschnitts.

Die Fahrstühle in dem Draeger-Gebäude waren außer Betrieb, aber er fühlte sich nicht entmutigt dadurch, daß er bis zum sechsten Stock hinauflaufen mußte; im Gegenteil, es erheiterte ihn.

Als er die Tür zu sechs-vierzehn öffnete, erhob sich ein großer, schlanker Mann in Oxford-Grau und mit einer dickumrandeten Brille von seinem Platz hinter dem Pult und trat auf ihn zu, um ihm die Hand zu reichen. „Luke Devereaux?" fragte er.

„Erraten, Dr. Forbes. Wieso haben Sie mich gleich erkannt?"

Forbes lächelte. „Teils durch Elimination — bis auf Sie und noch jemand sind nämlich alle Teilnehmer bereits versammelt — teils weil ich Ihr Bild von einem Buchumschlag her kenne."

Luke drehte sich um und sah, daß bereits vier Personen anwesend waren und auf bequemen Stühlen Platz genommen hatten. Zwei Männer und zwei Frauen. Sie waren sämtlich gut gekleidet und sahen klug und sympathisch aus. Außer ihnen war noch ein einzelner Martier vorhanden, der mit übergeschlagenen Beinen auf einer Ecke von Forbes' Pult saß und sich zu langweilen schien. Forbes stellte Luke vor. Die Männer hießen Kendall und Brent; die Frauen waren eine Miss Kowalski und eine Mrs. Johnston.

„Und ich würde Sie auch unserem Freund vom Mars vorstellen, wenn er einen Namen hätte", sagte Forbes heiter. „Aber wie sie uns sagen, verwenden sie keine Namen."

„Leck mich — Mack", sagte der Martier.

Luke suchte sich einen unbesetzten Stuhl aus, und Forbes kehrte auf seinen Drehschemel hinter dem Pult zurück.

Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Punkt sieben", sagte er. „Aber ich glaube, wir sollten noch einen Augenblick auf den fehlenden letzten Teilnehmer warten. Sind alle einverstanden?"

Alle nickten, und Miss Kowalski fragte: „Wollen Sie unsere Gebühren einkassieren, während wir warten?" Fünf Fünf-Dollar-Scheine wurden auf das Pult hinaufgereicht. Forbes ließ sie, für jeden sichtbar, liegen. „Vielen Dank", sagte er. „Ich lasse sie hier liegen. Wer nach Beendigung der Stunde mit dem Gebotenen nicht zufrieden ist, kann sich sein Geld zurücknehmen. Ah, da kommt unser letzter Teilnehmer. Mr. Gresham?"

Er gab dem Neuankömmling die Hand, einem kahlköpfigen Mann mittleren Alters, der Luke entfernt bekannt vorkam — obwohl Luke sich nicht erinnern konnte, wo er ihm begegnet sein mochte — und stellte ihn den anderen vor. Gresham sah das Bündel Scheine auf dem Pult, legte seinen dazu und nahm neben Luke Platz. Während Forbes seine Notizen ordnete, beugte sich Gresham zu Luke hinüber. „Haben wir uns nicht schon irgendwo gesehen?" flüsterte er.

„Kommt mir auch so vor", sagte Luke. „Ich hatte ebenfalls das Gefühl. Aber darüber können wir uns später unterhalten. Moment mal, ich glaube, ich —"

„Ruhe, bitte!"

Luke schwieg und lehnte sich abrupt zurück. Und errötete ein wenig, als er merkte, daß nicht Forbes, sondern der Martier gesprochen hatte. Der Martier grinste ihn an.

Forbes lächelte. „Lassen Sie mich mit der Feststellung beginnen, daß man Martier nicht ignorieren kann — besonders wenn sie unerwartet etwas sagen oder tun. Ich hatte nicht die Absicht, diesen Punkt schon jetzt zur Sprache zu bringen, aber da ich heute Abend offen-bar ,Assistenz' haben werde, beginne ich am besten gleich mit einer Behauptung, auf die ich erst allmählich kommen wollte.

Sie lautet: Ihr Leben, Ihre Gedanken, Ihre geistige Gesundheit — sowie das Leben, die Gedanken und die geistige Gesundheit all derjenigen, als deren Lehrer und Berater ich Sie zu sehen hoffe — werden am geringsten von den Martiern beeinträchtigt, wenn man sie weder völlig zu ignorieren sucht, noch sie allzu ernst nimmt, sondern einen Mittelweg wählt.

Sie völlig zu ignorieren — auch nur den Versuch dazu zu unternehmen, so zu tun, als wären sie nicht vorhanden, wo sie so offensichtlich da sind, ist eine Form der Ablehnung der Realität, die geradenwegs zu Schizophrenie und Paranoia führen kann. Ihnen umgekehrt volle Beachtung zu schenken und sich ernstlich über sie zu ärgern, kann geradenwegs zu einem Nervenzusammenbruch oder zum Schlaganfall führen."