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»Bevorzugung«, sagte jemand hinter ihr laut.

»Naki hat sie dazu gebracht, es zu tun!«, erklärte eine andere Stimme.

»Nein! Von euch ist schon immer ein schlechter Einfluss ausgegangen«, kam die Antwort.

»Bitte, eskortiert Lady Naki und Lady Lilia aus der Gildehalle«, sagte Osen, dessen mit Magie verstärkte Stimme die Streitigkeiten übertönte. Es wurde ein wenig stiller im Raum, und die beiden Magier, die Lilia und Sonea zuvor begleitet hatten, traten vor und bedeuteten ihr, auf einen Nebeneingang in der Nähe zuzugehen.

»Wir sind auf deiner Seite, Lilia!«, rief jemand.

Für einen winzigen Moment wurde ihr leichter ums Herz, dann rief jemand: »Mörderin!«, und sie sackte wieder in sich zusammen. Ich werde eingesperrt. Für zehn Jahre. Und länger, denn ganz gleich wie gut ich mich benehme, ich werde immer noch wissen, wie man schwarze Magie benutzt, und das bedeutet, dass ich immer noch eine Verbrecherin sein werde. Oh, wie sehr ich mir wünschte, sie könnten nicht nur meine Kräfte, sondern auch meine Erinnerungen blockieren. Warum habe ich mich von Naki überreden lassen zu versuchen, schwarze Magie zu erlernen?

Weil sie Naki liebte. Weil keine von ihnen gedacht hatte, dass es funktionieren würde. Aber es hatte funktioniert, was erklärte, warum es verboten war, etwas über schwarze Magie zu lesen. Die Gilde hatte nicht zugeben wollen, dass es möglich war, denn dann würde jemand mit bösen Absichten sich ein Buch beschaffen und es versuchen. Ich hätte das wissen müssen.

Und dann begriff sie, was sie und Naki getan hatten. Jetzt wissen alle, dass man schwarze Magie aus Büchern lernen kann. Wir haben ein Geheimnis aufgedeckt, das hätte verborgen bleiben sollen. Und wie die schwarze Magie ist es ein Geheimnis, dessen Entdeckung man nicht ungeschehen machen kann.

Es war ein langer Tag für Lorkin gewesen. Nicht nur weil Kalia ihren Ärger an ihm ausgelassen hatte, nachdem er aus der Krankenstation geschlüpft war, sondern weil er hatte zusehen müssen, wie es mit der Gesundheit des kranken Kindes bergab ging, während er sich die ganze Zeit gefragt hatte, wie er sie mit Magie heilen sollte, ohne dass Kalia es sah und ihn daran hinderte.

Sein Dilemma hatte sich jedoch auf eine überraschende Art und Weise gelöst. Irgendwann am späten Abend waren die Eltern des Mädchens zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht wollten, dass ihr Kind in der sehr öffentlichen, häufig lauten Krankenstation starb, sondern daheim bei seiner Familie. Kalia hatte versucht, es ihnen auszureden, aber sie hatten sich bereits entschieden.

Dies hatte Kalia aus dem Gleichgewicht gebracht, und sie war während des Rests des Tages geistesabwesend gewesen. Zweifellos ist sie damit beschäftigt zu versuchen herauszufinden, ob sie aus der Situation Gewinn ziehen kann, ohne selbst schlecht dazustehen.

Zwei weitere Patienten litten schwer am Kältefieber: eine alte Frau und ein halbwüchsiger Junge, die beide bereits andere gesundheitliche Probleme gehabt hatten. Kalia verließ den Raum nicht, um das kranke Mädchen zu besuchen – vielleicht, weil man sie nicht darum gebeten hatte, vielleicht, weil sie befürchtete, Lorkin werde in ihrer Abwesenheit die anderen gefährlich kranken Patienten mit Magie heilen. Sie ließ Lorkin bis spät in die Nacht arbeiten, dann entließ sie ihn endlich, als eine hochrangige Magierin ihren kranken Ehemann herbrachte und bezweifelte, dass es klug von Kalia sei, so lange zu arbeiten und sich derart zu erschöpfen, obwohl andere Magierinnen sich erboten hatten, nachts über die Patienten zu wachen, um genau das zu vermeiden.

Als er aufbrach, rief Kalia seinen Namen. Er drehte sich um.

»Du darfst gehen«, sagte sie. »Besuche Velyla nicht ohne mich.«

Er nickte zum Zeichen, dass er verstand. Als er sich auf den Weg zur Wohnung des kranken Mädchens machte, fragte er sich, was sein Ungehorsam ihn wohl kosten würde.

Er kam nicht bis zu der Wohnung.

Eine Frau trat aus einem Nebenraum und winkte ihn heran. Er wusste, dass sie eine von Savaras Anhängerinnen war, aber trotzdem zögerte er, bevor er ihr in den Raum folgte. Dann sah er die vier Menschen, die dort warteten, und seine Zweifel zerstoben.

Der Raum war ein großer, halb leerer Lagerraum für Nahrungsmittel. Auf einem improvisierten Bett lag Velyla, und sie war bewusstlos. Ihre Eltern beugten sich über sie. Neben ihnen stand Savara.

»Lorkin.« Savara lächelte. »Ich dachte schon, sie würde dich niemals gehen lassen«, sagte sie.

Er verzog das Gesicht. »Ich denke, sie hat gehofft …« Er riss sich zusammen und sah die Eltern an. Gehofft, dass das Mädchen sterben würde, bevor ich eine Chance hatte, es zu heilen. Aber das kann ich vor ihnen nicht laut aussprechen. Er ging zu dem provisorischen Bett hinüber, dann blickte er zu dem Ehepaar auf. »Ich werde versuchen, sie mit Magie zu heilen, aber ich kann nicht versprechen, dass ich in der Lage sein werde, sie zu retten. Eine magische Heilung hat nicht immer Erfolg, obwohl ich nie erlebt habe, dass sie Schaden angerichtet hätte. Ich werde es nur versuchen, wenn Ihr mir die Erlaubnis dazu gebt.«

»Die geben wir«, sagte der Vater, und seine Frau nickte.

»Und ich werde das Geschehen bezeugen«, ergänzte Savara leise.

Lorkin sah sie an. Tyvara musste Savara von seinen Plänen erzählt haben. Vielleicht hatte Savara die Eltern überredet, ihr Kind aus der Krankenstation zu holen, damit Kalia seine Heilung nicht verhindern oder in den Prozess eingreifen konnte. Vielleicht hatte sie auch erraten, dass Kalia ihm verbieten würde, Velyla allein aufzusuchen, und dafür gesorgt, dass das Mädchen stattdessen hierher gebracht wurde.

Savara lächelte, und in ihren Augen stand ein Leuchten, das sowohl Selbstgefälligkeit als auch Zustimmung ausdrückte.

Lorkin wandte sich wieder dem Kind zu, legte der Kleinen eine Hand auf die Stirn und sandte seine Sinne in ihren Körper. Was er sah, bescherte ihm eine Gänsehaut. Die Krankheit war überall, griff überall an. Ihre Lungenflügel waren voll davon, und ihr Herz war schwach.

Er begann, indem er ihr einfach Körperenergie sandte. Oft war das genug – der Körper benutzte die Energie automatisch, um sich selbst zu heilen. Diese Krankheit, die sie im Griff hatte, war zu heftig für ihre Abwehrkräfte. Wenn er in die Verräterinnen geschaut hätte, die nicht allzu schlimm vom Kältefieber betroffen waren, hätte er gesehen, wie ihre Körper sich gegen die Krankheit wehrten. Aber Velylas Körper verlor diesen Kampf.

Es konnte sein, dass die Abwehrkräfte ihres Körpers langsam und schwach waren und dass sie lediglich zusätzliche Energie brauchte, um lange genug durchzuhalten, um die Schlacht zu gewinnen. Oder es konnte sein, dass sie sie niemals gewinnen würde, ganz gleich wie viel zusätzliche Zeit er ihr verschaffte. Kalia wird sagen, ich hätte ihren Schmerz in die Länge gezogen, wenn ich keinen Erfolg habe. Aber ich muss es versuchen.

Als Nächstes zwang er die Flüssigkeit aus ihrer Lunge – was für niemanden angenehm war, es dem Mädchen jedoch für eine Weile erlauben würde, richtig zu atmen –, dann heilte er so viel von dem Schaden, wie er konnte. Dieser letzte Schritt kostete ihn einiges von seiner Kraft, aber bei der Arbeit in der Krankenstation brauchte er ohnehin nicht viel von seiner Macht, und ein paar Stunden Schlaf sollten ihn wieder auf die Beine bringen.

»Benutzt weiter Kalias Heilmittel«, erklärte er Velylas Eltern. »Sie werden helfen, ihre Lunge freizuhalten und ihre Halsschmerzen zu lindern.« Als er hinabschaute und sah, dass die Lider des Mädchens flatterten, fügte er hastig hinzu: »Ich habe alles getan, was man mit Magie tun kann, was bedeutet, dass ich ihrem Körper noch eine Chance verschafft habe, gegen das Kältefieber zu siegen. Ich kann es noch einmal tun, wenn ihr Zustand sich verschlechtert, aber wenn ihr Körper nicht dagegen ankämpft …« Er ließ den Satz in der Luft hängen und schüttelte den Kopf.

Die Eltern nickten mit grimmiger Miene. »Vielen Dank«, sagte der Vater.