Выбрать главу

»Bücher?«

Sein Lächeln wurde breiter. »Ich werde sehen, was ich für Euch auftreiben kann. Sonst noch etwas?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Nun, Ihr seid leicht zufriedenzustellen. Die nebenan will Garn aus Reberwolle, damit sie Decken und Mützen machen kann.«

Lilia blickte zu der Seitenwand, die sie von ihrer singenden Nachbarin trennte. »Wer …?«, begann sie.

Zum ersten Mal verblasste das Lächeln des Wachmanns, und er runzelte die Stirn. »Lorandra. Die wilde Magierin, die von Schwarzmagierin Sonea gefangen wurde. Eine seltsam aussehende Frau, aber sie ist höflich und bereitet uns keine Schwierigkeiten.«

Lilia nickte. Sie hatte von der wilden Magierin gehört. Der Sohn der Frau war ebenfalls ein wilder Magier, den man noch nicht aufgespürt hatte. Er arbeitete für einen Dieb oder etwas in der Art.

»Mein Name ist Welor«, eröffnete ihr der Wachposten. »Ich soll dafür sorgen, dass Ihr es bequem habt, während Ihr bei uns im Ausguck seid. Ich werde Euch einige Bücher beschaffen. In der Zwischenzeit«, er deutete mit dem Kopf auf das Tablett, »wird ein wenig Essen Euch helfen, Euch zu wärmen.«

»Danke«, brachte sie heraus. Er nickte, zog sich zur Tür zurück und lächelte noch einmal, bevor er sie schloss.

Trotz all der Freundlichkeit und seines entgegenkommenden Benehmens war das Klirren des Schlosses, in dem sich jetzt der Schlüssel drehte, fest und ohne Zögern. Mit einem Seufzen setzte Lilia sich hin und begann zu essen.

Als Lorkin an diesem Morgen in die Krankenstation zurückgekehrt war, hatte sich eine unerklärliche Stimmung Kalias bemächtigt. Mit einem neutralen Tonfall und leerer Miene erklärte sie Lorkin, dass die alte Frau, die am Kältefieber gelitten hatte, während der Nacht gestorben war.

Sie verlor kein Wort über Velyla, aber er stellte bald fest, dass die heimliche Heilung der vergangenen Nacht ihn nicht mehr allzu sehr beschäftigte, während er sich zu sorgen begann, wie die Verräterinnen auf den Tod der alten Frau reagieren würden. Er wappnete sich gegen Anklagen und Tadel.

Doch nichts dergleichen kam. Während die Stunden verrannen, sagten die Patienten und Besucher der Krankenstation lediglich, dass die Frau bereits sehr alt gewesen sei, und obwohl es traurig sei, dass sie gestorben war, sei es nicht unerwartet gekommen. Niemand warf vielsagende Blicke in Lorkins Richtung. Falls Kalia irgendeine Versuchung verspürte anzudeuten, dass er die alte Frau hätte retten können, widerstand sie ihr.

Dem halbwüchsigen Jungen ging es jedoch nicht gut, und als Lorkin mit dem anbrechenden Abend die Erschöpfung nach einer nur kurzen Nacht zu spüren begann, trafen die Eltern des Jungen ein und eröffneten Kalia, dass sie ihn mit nach Hause nehmen würden.

Der Blick aus schmalen Augen, den Kalia Lorkin zuwarf, ließ ihn frösteln. Er bemühte sich, verwirrt zu wirken oder zumindest müde und verständnislos. Sie sagte nichts und bestand darauf, die Familie zu begleiten.

Wird man mir heute Nacht auf dem Rückweg zum Männerraum auflauern?, fragte er sich. Wie lange wird es dauern, bis Kalia dahinterkommt, was hier vorgeht? Falls sie es nicht bereits weiß.

Er zog ein wenig Magie in sich hinein, vertrieb die Müdigkeit aus seinem Körper und wandte sich wieder der Arbeit zu, die er vor dem Erscheinen der Familie getan hatte. Nicht lange danach hörte er Schritte vom Eingang, und als er aufschaute, bemerkte er einen neuen Patienten.

Evar lächelte, nickte Lorkin zu, sah sich im Raum um und kam dann auf ihn zu. Seine Nase war rot, und seine Augen waren geschwollen.

»Du hast dir wirklich einen wunderbaren Zeitpunkt ausgesucht«, sagte Lorkin.

»Wie meinst du das?«, fragte Evar und blinzelte mit geheuchelter Unschuld. Er hustete. »Uh«, murmelte er. »Ich hasse das Kältefieber.«

»Du wirst es überleben.«

»Ich habe Halsschmerzen.«

Lorkin lachte leise, bedeutete Evar, ihm zu folgen, und ging dann zu den Heilmitteln, die Kalia für den Tag aus ihrem Lagerraum geholt hatte.

»Wo ist Kalia?«, fragte er.

Evar zuckte die Achseln. »Auf dem Weg nach irgendwohin. Ich habe nicht gesehen, wohin genau sie gegangen ist. Ich habe nur bemerkt, dass sie die Krankenstation verlassen hat, und bin sofort hierhergekommen.«

Lorkin reichte seinem Freund eine kleine Menge Tee. »Du kennst die Dosierung?«

»Natürlich. Ich hatte das Fieber jedes Jahr, solange ich denken kann.«

»Und doch bist du ein Magier«, erwiderte Lorkin. Nicht dass Gildemagier niemals Krankheiten bekämen. Aber sie neigten dazu, sich schnell zu erholen. Selbst wenn Evar sich das Kältefieber zugezogen hatte, würde es Lorkin nicht überraschen, wenn Evar am nächsten Morgen vollkommen genesen aufwachen würde.

Evar blickte sich um. »Wie läuft es denn so?«

»Ein wenig besser. Bald werden weniger Menschen herkommen, im Wesentlichen, weil es niemanden mehr gibt, der sich an dem Fieber anstecken könnte.«

»Ich hatte schon gedacht, ich wäre für dieses Jahr daran vorbei…«

»Lorkin

Sie beide blickten auf und sahen Kalia in der Tür stehen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und stolzierte auf ihn zu; ihre festen Schritte hallten im Raum wider. Ihre Augen wurden schmal, und sie presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen.

»Oh-oh«, flüsterte Evar. Er trat einen Schritt zurück, als Kalia herbeikam. Sie blieb ein wenig näher bei Lorkin stehen, als man es wahrscheinlich für normal oder angenehm gehalten hätte, und funkelte ihn an.

Funkelte zu ihm auf, bemerkte Lorkin. Es war ein lächerlicher Gedanke, aber es wirkte einfach komisch, dass sie, die einen Kopf kleiner war als er, ihn körperlich einzuschüchtern versuchte. Er hoffte, dass sein Gesicht möglichst ausdruckslos war.

»Hast du Velyla mit Magie geheilt?«, fragte sie. Sie sprach langsam und mit einer Stimme, die leise war, aber doch laut genug, dass alle im Raum sie hören konnten.

Stoff raschelte, als die Patienten und Besucher sich aufrichteten oder umwandten, um die Auseinandersetzung zu beobachten, dann wurde es still im Raum.

»Ja«, antwortete Lorkin. »Mit der Erlaubnis ihrer Eltern«, fügte er hinzu.

Kalias Augen weiteten sich, dann wurden sie wieder schmal. »Also bist du ohne mich in ihr Quartier gegangen, trotz meiner Befehle …«

»Nein«, unterbrach er sie. »Ich bin nicht in ihr Quartier gegangen.«

Die Falte zwischen ihren Brauen vertiefte sich. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schloss sie ihn wieder, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Sie reckte das Kinn, bedachte ihn mit einem herrischen, wütenden Blick, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und stolzierte wieder aus dem Raum.

Sobald sie fort war, wurde ein Raunen laut. Lorkin sah Evar an, der ihm zulächelte.

»Sie ist sauer. Sie ist sehr, sehr sauer. Aber das hast du erwartet, nicht wahr? Hat die magische Heilung funktioniert?«

Lorkin verzog das Gesicht. »Nach ihrer Reaktion zu urteilen, sieht es so aus, als könnte es tatsächlich funktioniert haben.«

»Du meinst, du weißt es nicht?« Evar klang überrascht.

»Nein. Man kann nicht alles mit Magie heilen. Ein Fieber wie dieses könnte trotzdem tödlich sein, wenn der Körper des Patienten nicht in der Lage ist, dagegen anzukämpfen. Mit Magie kann man lediglich den Schaden heilen und dem Patienten ein wenig neue Kraft geben.«

Evar schüttelte den Kopf. »Wenn Kalias Verbündete das gewusst hätten, wären sie vielleicht nicht so versessen darauf gewesen, dieses Wartespiel mit dir zu spielen.«

»Nun, ich hoffe, sie genießen das Spiel, Evar«, erwiderte Lorkin kurz angebunden. »Denn mir gefällt es nicht, mit Menschenleben zu spielen.«

Evar sah Lorkin nachdenklich an, dann nickte er. »Wenn das Mädchen überlebt, dann hast du wenigstens einen Grund, dich gut zu fühlen.«

Lorkin seufzte. »Ja.« Er sah seinen Freund an. »Ich nehme nicht an, dass du für mich herausfinden könntest, wie es ihr geht?«