Sein Freund richtete sich auf. »Das kann ich tun. Falls Kalia bis dahin wieder da ist, werde ich zwinkern, wenn alles gut ist, die Achseln zucken, wenn man nichts Genaues sagen kann, und schielen, wenn es ihr schlecht geht.« Er grinste. »Viel Glück.«
Evar wandte sich ab und ging in den Flur. Lorkin sah ihm nach, dann rief jemand anderer seinen Namen, und er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Patienten.
»In das Westseite-Hospital kommen weniger einheimische Patienten«, erklärte Sonea, als sie Dorrien den Hauptflur entlangführte. »Aber das machen fremdländische Patienten mehr als wett, da das Hospital dem Hafen und dem Markt am nächsten liegt.«
Dorrien lachte leise. »Ich schätze, in ihren Heimatländern haben sie keine Hospitäler.«
»Tatsächlich haben einige der Verbündeten Länder durchaus welche«, erwiderte sie. »In Vin und Lonmar gibt es ein paar Hospitäler, und Lan steht im Begriff, ebenfalls welche zu eröffnen. Sie wurden entweder von Heilern gegründet, die von dem Gedanken beseelt waren, in anderen Ländern Hospitäler zu eröffnen, oder von den Heilern dieser Länder selbst, die ihren eigenen Leuten so helfen wollen, wie wir hier in Kyralia es tun.«
»Aber nicht in Elyne?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht weil sie es nicht versucht hätten. Der elynische König will es nicht zulassen. Die Elyner haben noch immer ihre Gilde nichtmagischer Heiler, die lange vor der Gilde gegründet wurde. Und diese Heiler schätzen es gar nicht, wenn Magier sie ihres Gewerbes berauben. Nun, die Behandlungsräume hier sind ziemlich genauso eingerichtet …«
Sonea trat vor eine Tür mit der Nummer, nach der Ausschau zu halten man sie gebeten hatte. Sie klopfte leise, und kurz darauf wurde die Tür geöffnet, und das vertraute Gesicht einer der Heilerinnen von der Nordseite grinste ihnen entgegen.
»Geht hinein«, sagte Sylia, während sie in den Flur schlüpfte, sie passieren ließ und dann die Tür schloss.
Der Raum ähnelte denen im Nordseite-Hospital. Ein Tisch teilte den Raum, und es standen einige Stühle für Patienten und eventuelle Begleiter bereit sowie ein Stuhl für den Heiler auf der anderen Seite des Tisches.
Anstelle eines Patienten erwartete sie Cery. Er lächelte, doch seine Haltung war gebeugt und angespannt. Sein Blick wanderte von Sonea zu Dorrien.
»Das ist also dein neuer Assistent und Leibwächter?«, fragte er.
Sonea schnaubte leise. »Assistent, ja. Was die Frage betrifft, ob Dorrien mein Leibwächter ist oder ich seiner bin …« Sie blickte Dorrien an, der schief lächelte. »Wir werden sehen, wie die Dinge sich entwickeln. Cery, das ist Dorrien. Dorrien, das ist Cery.«
Die beiden Männer nickten höflich.
»Habt Ihr lange gewartet?«, fragte Dorrien.
Cery zuckte die Achseln. »Ein Weilchen. Ich bin früh hier gewesen.«
»Um das Gebäude auszukundschaften?«
»Natürlich.«
»Wie laufen die Geschäfte?«, erkundigte sich Sonea.
Cerys Lächeln verblasste, und er wirkte jetzt ausgezehrt und müde. »Nicht gut. Es ist ein glücklicher Umstand, dass ich für Zeiten wie diese reichlich Geld in meinen Verstecken deponiert habe.«
»Wird es genügen?«
Er verzog das Gesicht. »Höchstens für ein Jahr. Ich wäre versucht, dich allein weitermachen zu lassen und früher aus der Stadt zu verschwinden, wäre da nicht …« Er breitete die Arme aus.
Anyi, dachte sie. Ich hoffe, es gelingt ihr davonzuschlüpfen, ohne Verdacht zu erregen.
Cery hatte eine Nachricht des Sinnes erhalten, dass Anyi hier eine Heilerin aufsuchen werde. Sie konnten nur hoffen, dass die Nachricht von seiner Tochter kam und nicht Teil einer Verschwörung war, ihm aufzulauern. Was der Grund ist, warum Dorrien und ich hier sind.
Sie plauderten noch einige Minuten. Sonea hatte Dorrien eingeschärft, Cery nicht nach Einzelheiten seines Geschäfts zu befragen, und dankenswerterweise befolgte er ihren Rat. Je weniger er wusste, desto unwahrscheinlicher war, dass er mit dem Gesetz in Konflikt geriet, das jeden verpflichtete, illegale Aktivitäten der Wache zu melden.
Es klopfte an der Tür, und alle drei wandten sich dem Eingang zu. Sonea trat vor und öffnete die Tür einen Spaltbreit. Dann stieß sie einen erleichterten Seufzer aus, als sie Anyi und Sylia vor sich sah. Sie bedankte sich bei Sylia und ließ Anyi herein.
Cery erhob sich und musterte seine Tochter mit unübersehbarem Beschützerinstinkt von Kopf bis Fuß.
»Bist du … ist alles … ist das eine Prellung?«
»Mir geht es gut«, erwiderte Anyi. »Ich habe Rek gesagt, ich dächte, ich hätte mir beim Training das Handgelenk gebrochen und sollte es besser untersuchen lassen. Eine verletzte Wächterin versieht ihre Arbeit nicht so gut wie eine unverletzte.«
»Was lässt er dich denn bewachen?«
Sie lächelte. »Seine Geliebte. Sie scheint zu denken, dass ›Leibwächterin‹ gleichbedeutend ist mit ›Dienerin‹, und ich habe das Vergnügen, sie vom Gegenteil zu überzeugen.«
Cery nahm wieder Platz. »Also. Welche Neuigkeiten hast du für uns?«
Anyi sah sich im Raum um und verzog die Lippen zu einem wenig überzeugenden Schmollmund. »Ist meine wunderbare Gesellschaft nicht genug? Hast du mich nicht vermisst?«
»Du hättest dieses Treffen nicht riskiert, wenn du keine Neuigkeiten hättest.«
Sie verdrehte seufzend die Augen. »Du könntest zumindest so tun, als hättest du mich vermisst.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Nun, wie der Zufall es will, habe ich tatsächlich Neuigkeiten. Ich weiß mit Bestimmtheit, dass Jemmi Rek Aufgaben übertragen hat, die Gefälligkeiten für Skellin waren.«
»Jemmi ist ein Dieb«, murmelte Sonea an Dorrien gewandt.
»Was für ein Tier ist ein Jemmi?«, murmelte er zurück.
»Die Diebe nehmen jetzt nicht mehr immer Tiernamen an.«
»Ah.«
»Wie oft?«, fragte Cery seine Tochter.
»Oft genug.« Anyis Augen glänzten. »In einigen Wochen trifft eine Lieferung Feuel ein. Ich kann versuchen herauszufinden, wo. Ich weiß jedoch nicht, ob Skellin dort sein wird.«
»Aber Skellins Männer werden dort sein?«, hakte Dorrien nach.
Anyi nickte.
Dorrien sah Sonea an, und seine Augen leuchteten vor Erregung. »Also fangen wir sie ein, und du kannst ihre Gedanken lesen und herausfinden, wo Skellin steckt.« Er runzelte die Stirn. »Halt … das würde gegen die Bestimmungen verstoßen, die für die Schwarzmagier gelten, oder?«
Sonea schüttelte den Kopf. »Osen hat Kallen und mir die Erlaubnis gegeben, in den Geist anderer einzudringen, wenn es notwendig ist. Aber das eigentliche Problem ist: Falls Skellins Leute gar nicht wissen, wo er steckt, werden wir umsonst offenbart haben, dass Anyi eine Spionin ist.«
»Hmm«, brummte Cery. Er sah Anyi an. »Obwohl ich dich lieber wieder bei mir hätte, sollten wir warten, bis wir von einem Treffen erfahren, an dem Skellin definitiv teilnehmen wird.«
Anyi zuckte die Achseln. »Ich werde die Ohren offen halten. Es muss noch eine bessere Gelegenheit kommen.«
Sie erörterten Strategien und Möglichkeiten, wie sie sich miteinander in Verbindung setzen konnten, bis es an der Tür klopfte. Sylia berichtete, es werde bemerkt, dass sie ziemlich lange für eine medizinische Untersuchung brauchten. Anyi verabschiedete sich von ihrem Vater und ging. Als sie fort war, starrte Cery die Tür an, dann seufzte er und wandte sich an Sonea.
»Hast du etwas von Lorkin gehört?«
Sie zuckte zusammen, als ein Stich der Sorge sie durchfuhr, dann schüttelte sie den Kopf. »Aber Dannyl hat die Nachricht geschickt, dass die Verräterinnen vielleicht geneigt wären, Botschaften zwischen mir und ihm zu vermitteln, also habe ich ihm für den Fall, dass sie Wort halten, eine geschickt.«
»Das ist immerhin ein Anfang«, sagte er und brachte ein Lächeln zustande.
Sie nickte. »Ich sollte besser fortfahren, Dorrien herumzuführen. Es war schön, dich zu sehen. Pass auf dich auf.«
»Du auch«, erwiderte er.
Nachdem sie und Dorrien den Raum verlassen hatten, schlüpfte Sylia wieder hinein, um Vorbereitungen dafür zu treffen, Cery aus dem Hospital zu schmuggeln. Sonea führte Dorrien den Flur entlang zum Lagerraum.