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Der alte Mann sah Achati an. »Das ist eine Frage, auf die Ihr ebenfalls gern eine Antwort hättet.«

Achati nickte. »Natürlich. Aber wenn Ihr wünscht, mit Dannyl allein zu sprechen, dann werde ich gehen.«

Der alte Mann zog die Augenbrauen hoch und sah seine Gefährten der Reihe nach an. Sie zeigten keine Reaktion, die Dannyl wahrnehmen konnte, aber irgendwie übermittelten sie ihm ihre Gefühle. Als er den letzten von ihnen angeschaut hatte, blickte er zu Dannyl auf.

»Sind das alle Fragen, die Ihr habt?«

Dannyl nickte, dann lächelte er schief. »Es sei denn, die Antworten werfen weitere Fragen auf.«

»Wir müssen erörtern und entscheiden, welche Antworten wir Euch geben können«, sagte der Mann. »Und einige Fragen können nur von einem Hüter der Legende beantwortet werden, der sich vielleicht nicht bereit erklären wird, mit Euch zu sprechen. Wir haben hier ein Zelt für Gäste, in dem Ihr gern schlafen könnt, während Ihr wartet.«

Dannyl sah Achati an, der nickte. »Es wäre uns eine Ehre – und wir wären sehr dankbar dafür«, erwiderte Dannyl.

Der alte Mann rief einige Worte, und ein junger Mann kam aus einem Zelt geeilt. »Gan wird Euch dort hinführen«, sagte der Sprecher und deutete auf den Neuankömmling.

Achati, Dannyl und Tayend erhoben sich und schlossen sich ihrem Führer an, der dem jungen Mann in den Wald aus Zelten folgte.

Die spätnachmittägliche Sonne tauchte die Gärten der Gilde in ein warmes Licht. Bäume und Hecken warfen tiefe Schatten, und Sonea hatte eine Weile gebraucht, um eine Bank zu finden, die noch von der Sonne beschienen wurde. Glücklicherweise hielten sich nur wenige Magier in den Gärten auf, da in der Luft noch immer eine scharfe, winterliche Kühle lag. Sie konnte die Kälte der Holzleisten durch den Stoff ihrer Roben spüren.

Es waren zwei Tage vergangen, seit sie mit Dorrien gesprochen hatte. Am vergangenen Abend hatte sie ihre Ankunft im Hospital so lange hinausgezögert, bis er mit Sicherheit fort war. Aus Feigheit, das wusste sie.

Aber ich habe noch nicht entschieden, was ich ihm sagen will. Sie wusste, dass sie ihm sagen sollte, dass sie keine andere Beziehung als Freundschaft mit ihm haben konnte. Aber er wird erkennen, dass das eine ausweichende Antwort ist. »Nicht haben können« war etwas anderes als »nicht haben wollen«. Er würde von ihr verlangen klarzumachen, dass sie seine Gefühle, die er ihr eingestanden hatte, nicht erwiderte. Und wenn ich ihm das sage, wird er meine Unsicherheit und meine Zweifel wahrnehmen.

Als sie die Idee erwog, verspürte sie eine verräterische Sehnsucht, aber sie war sich auch in diesem Fall nicht sicher, was deren Quelle war. Habe ich einfach das Verlangen nach Gesellschaft? Nach jemandem, zu dem ich nach Hause kommen kann? Oder wollte sie einfach körperliche Nähe?

So viel zu meiner Bemerkung Rothen gegenüber, ich wolle keinen Ehemann. Und doch … ich will auch keinen.

Gesellschaft und Verlangen waren nicht alles, was eine Beziehung dieser Art brauchte. Es musste auch Liebe im Spiel sein. Romantische Liebe. Und das ist der Punkt, an dem ich stolpere. Liebe ich Dorrien? Ich weiß es nicht. Gewiss würde ich es wissen, wenn ich ihn liebte …

Die andere Zutat, die sie für überaus wichtig hielt, war Respekt, und das machte ihr die größten Schwierigkeiten. Dorrien ist verheiratet. Wenn er Alina mit mir betröge, würde ich den Respekt vor ihm verlieren. Und vor mir selbst.

Wenn sie sich vorstellte, ihm das zu sagen, verspürte sie ein solches Widerstreben, die Dinge zu verderben, dass sie Zweifel an ihren eigenen Zweifeln bekam. Wie konnte sie sich nicht sicher sein, ob sie ihn liebte, während es ihr gleichzeitig so sehr widerstrebte, jedwede Möglichkeit von Liebe zwischen ihnen zu zerstören?

Wie sehr ich mir wünschte, ich könnte mit Rothen darüber sprechen. Er würde es missbilligen, das wusste sie. Gleichzeitig würde er – vielleicht indirekt – darauf hinweisen, dass es allein ihre Schuld sei, weil sie ihre Chance bei Dorrien ungenutzt gelassen hatte. Es würde ihn außerdem aus der Ruhe bringen, dass Dorrien und Alina nicht gut miteinander auskamen.

Ich wünschte, Dorrien würde mit seiner Frau einfach zurück in ihr Dorf gehen, dachte sie, aber sofort meldete sich ihr Gewissen. Zumindest wäre Alina dort glücklicher, konnte sie nicht umhin, im Geiste hinzuzufügen. Dorrien wäre es nach einer Weile ebenfalls. Das ist der Ort, von dem er immer fand, dass er dort hingehöre.

Er hatte sich jedoch bemerkenswert gut an das Leben in der Stadt gewöhnt. Vielleicht war er dem Leben auf dem Lande nicht so tief verbunden, wie er immer behauptet hatte. Dies war ein glücklicher Umstand, da sie seine Hilfe bei der Suche nach Skellin so dringend benötigte.

Aber brauche ich seine Hilfe wirklich? Cery erledigt nach wie vor den größten Teil der Arbeit. Zwei Magier konnten es niemals mit dem Netzwerk der Spione eines Diebes aufnehmen. Aber ich brauche trotzdem jemanden, der mir hilft, Skellin gefangen zu nehmen – umso mehr jetzt, da Lorandra entkommen ist. Ich darf nicht zulassen, dass irgendwelche Gefühle zwischen Dorrien und mir uns daran hindern, die wilden Magier zu fangen.

Indem sie nicht mit Dorrien redete, tat sie genau das.

Die Schatten waren jetzt so lang, dass das Sonnenlicht nur noch Soneas Schultern streifte. Seufzend stand sie auf und ging auf den Pfad zu, der neben der Universität verlief. Ich kann die ganze Angelegenheit ebenso gut hinter mich bringen. Sie erreichte den Pfad und ging auf die Vorderseite des Gebäudes zu. Wenn sie jetzt aufbrach, würden noch ein oder zwei Stunden bleiben, bevor ihre Schicht offiziell begann. Reichlich Zeit, diese Sache zu klären.

Das Warten auf die Kutsche und die Fahrt zum Hospital schienen länger zu dauern als gewöhnlich. Ihr Herz schlug ein wenig zu schnell, als sie durch den Flur des Hospitals zu dem Raum ging, in dem Dorrien arbeitete. Sie klopfte an die Tür und holte tief Luft, als sie geöffnet wurde.

»Schwarzmagierin Sonea«, erklang hinter ihr eine unerwartete Stimme. Sie erhaschte einen Blick auf Dorriens Gesicht – das gleichzeitig Hoffnung und Schuldbewusstsein widerspiegelte –, bevor sie sich zu dem Sprecher umdrehte. Es war ein junger Heiler – ein schüchterner Lonmar, der nach seinem Abschluss beschlossen hatte, ein wenig Erfahrung mit der Arbeit unter gewöhnlichen Menschen zu sammeln, bevor er in seine Heimat zurückkehrte.

»Ja?«

Der Mann verbeugte sich, reichte ihr einen zusammengefalteten und mit Wachs versiegelten Bogen Papier, errötete und eilte davon.

Sie brach das Siegel auf und las den Brief. Ein Schauer der Erwartung überlief sie, als sie Cerys Anweisungen studierte, ungeachtet der Tatsache, dass Nachrichten wie diese in der Vergangenheit zu Enttäuschungen geführt hatten. Sie wandte sich Dorrien zu, der sie nachdenklich musterte.

»Du bist für heute hier fertig, Dorrien«, sagte sie. »Aber du solltest besser Alina eine Entschuldigung schicken, weil du das Abendessen versäumen wirst. Wir müssen in der Stadt etwas erledigen.«

»Wartet hier.«

Obwohl er klein und dünn war, legte der Mann, den der Dieb namens Enka ausgeschickt hatte, damit er sie zu dem Treffpunkt führte, eine Kälte und Effizienz an den Tag, die ihn für Lilia beängstigender machten als Cerys massigen Leibwächter.

Er hat etwas an sich, das mich beunruhigt, ging es ihr durch den Kopf. Ich schätze, er würde alles tun, was sein Arbeitgeber ihm befiehlt, und es würde ihm nichts ausmachen. Überhaupt nichts.