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»Schon klar! Aber weißt du, ob am Samstag irgendwelche Straßenarbeiten oder Demonstrationen durchgeführt werden? Nein! Deshalb müssen wir bei der Stadt anrufen. Erinnerst du dich nicht?« Sie schrieb etwas in das Heft hinein. »Schon gut, dann erledige ich es halt selbst.«

James schwieg. Er sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, aber einen weiteren Stuhl gab es nicht. Schließlich setzte er sich auf die Bettkante. Olivias Bettdecke war weich und roch schwach nach ihrem Parfüm. Sie war gleichmäßig über ihr Bett ausgebreitet, drapiert mit Spitzenkissen, adrett und sauber, als würde sie nie darin schlafen. Soweit er wusste, tat sie es auch nicht. Seit sechs Jahren hatte James die Unterseite von Olivias Bettdecke nicht mehr zu Gesicht bekommen.

»Und dann«, meinte Olivia, »ist da noch die Frage nach den Geschenken für die Gäste.«

»Geschenke für die Gäste?«

»Ja, James«, sagte Olivia ungeduldig. »Geschenke für die Gäste. Heutzutage ist das so üblich.«

»Ich dachte, es wäre andersherum.«

»So rum und so rum. Die Gäste geben Milly und Simon ein Geschenk, und wir schenken den Gästen was.«

»Und wer schenkt uns was?«, wollte James wissen. Olivia verdrehte die Augen.

»Also, du bist wirklich keine Hilfe, James. Milly und ich haben bereits organisiert, dass jeder Gast eine Sektflöte bekommt.«

»Na, das ist doch in Ordnung.« James holte Luft. »Olivia …«

»Aber ich habe mich gefragt, ob ein blühender Rosenbusch nicht origineller wäre? Schau!« Sie deutete auf eine aufgeschlagene Zeitschrift auf dem Boden. »Ist das nicht hübsch?«

»Einen blühenden Rosenbusch für jeden Gast? Das Haus wird aussehen wie ein Wald.«

»Einen Minirosenbusch«, versetzte Olivia ungeduldig. »Zwergrosen nennt man die.«

»Olivia, hast du nicht schon genug zu tun, ohne noch in letzter Minute Zwergrosen zu organisieren?«

»Na, vielleicht hast du recht.« Bedauernd ergriff Olivia ihren Füller und strich einen Eintrag in ihrem Heft durch. »So, was hätten wir noch?«

»Olivia, hör mir mal einen Augenblick zu«, sagte James. Er räusperte sich. »Ich wollte mit dir darüber … darüber sprechen, wie es weitergeht. Nach der Hochzeit.«

»Du meine Güte, James! Lass uns doch erst mal die Hochzeit über die Bühne bringen. Danach sehen wir weiter. Als hätten wir nicht genug, worüber wir uns den Kopf zerbrechen müssten!«

»Hör mich doch nur mal fertig an!« James schloss die Augen und holte tief Luft. »Ich denke, uns ist beiden klar, dass sich einiges ändern wird, wenn Milly fort ist, oder? Wenn nur noch wir beide hier im Haus leben.«

»Gagen für den Chor …«, murmelte Olivia und zählte an ihren Fingern ab. »Knopflöcher …«

»Es bringt nichts, so zu tun, als könnte alles so bleiben wie bisher.«

»Kuchenständer …«

»Schon seit Jahren haben wir uns auseinandergelebt. Du führst dein Leben, ich meines …«

»Die Rede!« Olivia sah triumphierend auf. »Hast du deine Rede schon verfasst?«

»Ja.« James starrte sie an. »Aber niemand scheint zuzuhören.«

»Ich würde nämlich vorschlagen, du schreibst sie zweimal ab. Dann kann ich eine behalten, für alle Fälle.« Sie strahlte ihn an.

»Olivia …«

»Und das Gleiche möchte ich auch Simon vorschlagen. Lass mich das nur schnell aufschreiben.«

Sie machte sich eine Notiz, und James’ Blick glitt zum Fernseher. Bette Davis sank in die Arme des Mannes mit dem kantigen Kinn, auf ihren Wimpern glitzerten Tränen.

»Gut«, sagte Olivia. »Nun, das wär’s.« Sie sah auf ihre Uhr und erhob sich. »Und jetzt muss ich mich schleunigst zum Chorleiter aufmachen. War sonst noch was?«

»Nun …«

»Ich bin nämlich schon etwas spät dran. Entschuldige mich.« Sie machte James ein Zeichen aufzustehen und legte die rosa Seide vorsichtig auf das Bett. »Bis später!«

»Ja«, meinte James. »Bis später.«

Die Tür schloss sich hinter ihm, und er ertappte sich dabei, wie er Olivias kleines Schild anstarrte.

»Was ich damit sagen will«, sagte er zur Tür, »ist, dass ich nach der Hochzeit ausziehen möchte. Ich möchte ein neues Leben beginnen. Verstehst du?«

Stille. James zuckte mit den Achseln, machte auf dem Absatz kehrt und ging davon. 

5. Kapitel

Als Milly das Bürogebäude betrat, in dem Simon arbeitete, ertönte von der Rezeption ein Aufschrei.

»Sie ist hier!«, rief Pearl, eine der Empfangsdamen mittleren Alters. »Milly ist hier!« Als Milly zu ihr kam, strahlte sie. »Wie geht’s Ihnen, meine Liebe? Schon Herzflattern wegen Samstag?«

»Da gibt’s nichts, weswegen man Herzflattern zu haben braucht«, rief eine andere der Damen aus, eine Frau in einer lichtblauen Strickjacke mit passendem Lidschatten. »Seh’n Sie bloß zu, dass Sie den Tag genießen, Schätzchen. Er ist im Nu vorbei!«

»Es wird alles wie in einem Nebel vorübergehen.« Pearl nickte ernst. »Wissen Sie, halten Sie immer mal wieder inne, sehen Sie sich um, und sagen Sie sich: Das ist mein Hochzeitstag. Sagen Sie sich das einfach. Das ist mein Hochzeitstag. Und dann amüsieren Sie sich!« Sie lächelte Milly zu. »Ich gebe Simon rasch Bescheid, und dann bringe ich Sie hoch.«

»Schon in Ordnung«, meinte Milly. »Ich kenne den Weg.«

»Ist doch kein Problem!«, rief Pearl. Sie tippte etwas auf ihre Tastatur. »Margaret, du versuchst es weiter bei Simon, ja? Und sag ihm, dass ich mit Milly bereits unterwegs bin.«

Unter Gratulationsrufen gingen die beiden durch den Empfangsraum zu den Aufzügen.

»Am Samstag kommen wir zuschauen«, sagte Pearl, als die Lifttüren sich hinter ihnen schlossen. »Vor der Kirche. Das ist Ihnen doch recht?«

»Natürlich«, erwiderte Milly verwirrt. »Sie meinen, Sie wollen einfach nur dastehen und zusehen?«

»Beryl bringt Campingstühle«, erklärte Pearl triumphierend. »Und wir nehmen eine Thermoskanne Kaffee mit. Wir wollen sehen, wie alle ankommen. Die ganzen VIPs. Das wird ja genau wie eine Hochzeit bei den Royals!«

»Na ja«, meinte Milly verlegen. »Ich weiß ja nicht …«

»Oder diese bezaubernde Hochzeit im Fernsehen«, sagte Pearl. »In Eastenders neulich. Haben Sie die gesehen?«

»O ja!«, meinte Milly begeistert. »War das nicht romantisch?«

»Diese zwei kleinen Brautjungfern«, seufzte Pearl. »Waren die nicht bildhübsch?«

»Hinreißend!«, stimmte ihr Milly zu. »Nicht«, fügte sie rasch hinzu, als der Lift sich Simons Tür näherte, »dass ich wirklich wüsste, wer diese Charaktere waren. Normalerweise gucke ich Eastenders nämlich nicht. Ich sehe mir lieber … Dokumentarfilme an.«

»Ach wirklich? Also, ich könnte ohne meine Soaps nicht leben«, meinte Pearl. »Ihr Simon zieht mich immer damit auf. Fragt mich über alle Plots aus.« Sie lächelte Milly an. »Er ist ein bezaubernder Mann, wirklich. Steht mit beiden Füßen fest auf der Erde. Man würde gar nicht glauben, dass er ist, wer er ist. Wenn Sie wissen, was ich meine.« Der Aufzug klingelte. »Da wären wir.« Sie spähte den teppichbelegten Flur hinunter. »Na, wo steckt er denn?«

»Hier bin ich!« Simon bog um die Ecke. Er hielt Pearl eine Flasche Wein und ein paar Plastikbecher entgegen. »Bringen Sie die für alle am Empfang hinunter.«

»Das ist sehr freundlich!«, dankte Pearl. »Und vergessen Sie nicht, runterzukommen und uns Ihr Geschenk zu zeigen.« Sie ergriff Millys Hand und drückte sie fest. »Viel Glück, meine Liebe«, sagte sie. »Sie verdienen nichts anderes.«

»Danke.« Milly war den Tränen nahe. »Sie sind sehr freundlich.«

Die Aufzugtüren schlossen sich, und Simon grinste Milly an. »Komm. Es warten schon alle auf dich.«

»Sag das nicht!«, sagte Milly. »Du machst mich nervös.«