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»Vielleicht hast du recht«, sagte sie und stellte das Tablett auf einem Stuhl ab. »Vielleicht ist das ein bisschen unpassend.«

»Die ganze Sache ist unpassend.« Rupert stand auf und ging langsam zur Tür. »Ich spreche doch mit Tom nicht über meine sexuellen Neigungen!«

»Aber er möchte helfen!«

»Ach was!«, widersprach Rupert Francesca. »Er möchte dirigieren. Nicht helfen.«

»Ich verstehe nicht«, sagte Francesca und runzelte die Stirn.

Rupert zuckte die Achseln. Eine Weile schwiegen beide. Dann biss Francesca sich auf die Lippe.

»Ich habe mich gefragt«, meinte sie zögernd, »ob du nicht vielleicht auch zu einem Arzt gehen solltest. Wir könnten Dr. Askew fragen, ob er nicht jemanden empfehlen kann. Was hältst du davon?«

Rupert starrte sie fassungslos an. Es war, als hätte sie ihm mit einem Hammer ins Gesicht geschlagen.

»Zu einem Arzt?«, echote er schließlich, bemüht, ruhig zu klingen. »Zu einem Arzt

»Ich dachte …«

»Du meinst, bei mir stimmt medizinisch etwas nicht?«

»Nein! Ich dachte bloß …« Francesca errötete. »Vielleicht gibt’s etwas, das du nehmen kannst.«

»Eine Antischwulenpille?« Er hatte seine Stimme nicht mehr unter Kontrolle. Wer war diese Frau, die er geheiratet hatte? Wer war sie? »Meinst du das im Ernst?«

»Ist ja bloß eine Idee!«

Ein paar wortlose Minuten starrte Rupert Francesca an. Dann ging er schweigend an ihr vorbei in die Diele und nahm seine Jacke von der Garderobe herunter.

»Rupert!«, rief sie. »Wo gehst du hin?«

»Ich muss raus hier.«

»Aber wohin?«, schrie Francesca. »Wohin gehst du?«

Rupert betrachtete sich im Dielenspiegel.

»Ich gehe«, antwortete er bedächtig, »und suche Allan.« 

10. Kapitel

Als gedenke er, in ihrer Mitte einen Mörder zu entlarven, hatte Pfarrer Lytton darum gebeten, alle Familienmitglieder sollten sich im Wohnzimmer versammeln.

»Aber wir sind nur zu zweit«, wandte Isobel verächtlich ein. »Möchten Sie, dass wir uns versammeln? Oder möchten Sie später wieder kommen?«

»O nein, wirklich nicht«, hatte Lytton feierlich erwidert. »Begeben wir uns ins Wohnzimmer.«

Nun saß er mit strengdüsterem Gesicht auf dem Sofa, und sein Talar fiel in staubigen Falten um ihn herum. Ich wette, der übt diesen Gesichtsausdruck vor dem Spiegel, dachte Isobel bei sich. Um damit den Kindern in der Sonntagsschule Angst einzujagen.

»Ich habe mich wegen einer Angelegenheit von höchster Bedenklichkeit herbegeben«, begann er. »Um es kurz zu machen, ich möchte mich vergewissern, ob eine Information, die mir zugetragen wurde, der Wahrheit entspricht oder nicht.«

»Von wem haben Sie die denn?«, erkundigte sich Isobel. Lytton ignorierte sie.

»Als Gemeindepfarrer und derjeniger, der die beabsichtigte Eheschließung von Milly und Simon vollzieht«, sagte er und hob leicht die Stimme, »ist es meine Pflicht nachzuprüfen, ob Milly, wie auf dem Formular angegeben, ehelos ist, oder ob sie es – eben – nicht ist. Bei ihrer Rückkehr werde ich sie das persönlich fragen. Unterdessen wäre ich dankbar, wenn Sie, als ihre Mutter, in ihrem Namen antworten könnten.« Er hielt inne und sah Olivia bedeutungsvoll an. Die runzelte die Stirn.

»Ich verstehe nicht«, sagte sie. »Fragen Sie, ob Milly und Simon zusammenwohnen? Das tun sie nämlich nicht, wissen Sie. Da sind die beiden ziemlich altmodisch.«

»Das war nicht meine Frage«, erwiderte Lytton. »Meine Frage lautet viel einfacher: War Milly schon einmal verheiratet?«

»Schon mal verheiratet?« Olivia lachte schockiert auf. »Wovon reden Sie?«

»Mir wurde zugetragen …«

»Wie meinen Sie das?«, fiel ihm Olivia ins Wort. »Behauptet etwa jemand, Milly sei schon einmal verheiratet gewesen?« Der Pfarrer nickte. »Nun, dann lügt er! Natürlich war sie noch nicht verheiratet! Wie können Sie so etwas bloß glauben!«

»Es ist meine Pflicht, solchen Anschuldigungen nachzugehen.«

»Was?«, erboste sich Isobel. »Auch wenn sie von absoluten Spinnern stammen?«

»Ich handle nach eigenem Gutdünken«, sagte Lytton und sah sie streng an. »Die Person, die mir das erzählt hat, war recht beharrlich – und behauptete sogar, eine Abschrift der Heiratsurkunde zu haben.«

»Wer war das?«, wollte Isobel wissen.

»Ich bin nicht befugt, darüber Auskunft zu erteilen«, erklärte Lytton und ordnete seinen Talar sorgfältig neu.

Du genießt das, dachte Isobel, während sie ihn beobachtete. Und wie du das genießt.

»Eifersucht!«, sagte Olivia plötzlich. »Das muss es sein. Jemand ist eifersüchtig auf Milly und versucht, ihr die Hochzeit zu ruinieren. Enttäuschte Frauen gibt es hier sicher haufenweise. Kein Wunder, dass sie Milly zu ihrer Zielscheibe machen! Ehrlich, Pfarrer, Sie überraschen mich. Dass Sie solch einem verleumderischen Unsinn Glauben schenken!«

»Mag sein, dass es sich um verleumderischen Unsinn handelt«, entgegnete Lytton. »Dennoch möchte ich persönlich mit Milly sprechen, wenn sie wiederkommt. Für den Fall, dass an dieser Angelegenheit mehr dran ist, als Sie wissen.«

»Pfarrer Lytton«, sagte Olivia zornig. »Wollen Sie ernsthaft andeuten, meine Tochter könnte geheiratet haben, ohne es mir zu sagen? Meine Tochter erzählt mir alles!«

Isobel rutschte auf dem Sofa herum, und sowohl Olivia als auch Lytton wandten sich zu ihr um.

»Möchten Sie etwas sagen, Isobel?«, erkundigte sich der Geistliche.

»Nein«, sagte Isobel rasch und hustete. »Nichts.«

»Wen soll sie denn überhaupt geheiratet haben?«, wollte Olivia wissen. »Den Postboten?«

Kurze Zeit herrschte Stille. Isobel blickte möglichst gelassen auf.

»Einen Mann namens Kepinski«, sagte Lytton, der den Namen von einem Blatt Papier ablas. »Allan Kepinski.«

Isobel rutschte das Herz in die Hose. Für Milly bestand keine Hoffnung mehr.

»Allan Kepinski?«, fragte Olivia ungläubig. »Der Name ist doch erfunden, ein Trick ist das. Erdacht von irgendeinem armseligen Menschen, der Milly ihr Glück nicht gönnt! Davon liest man doch ständig. Nicht wahr, Isobel?«

»Ja«, erwiderte Isobel schwach. »Ständig, wirklich.«

»Und nun«, Olivia erhob sich, »wenn Sie mich bitte entschuldigen würden, Herr Pfarrer. Ich habe noch tausend Sachen zu erledigen. Allerdings nicht, mir Lügengeschichten über meine Tochter anzuhören. Wir haben am Samstag eine Hochzeit, wissen Sie!«

»Das ist mir durchaus bewusst«, erwiderte Lytton. »Nichtsdestotrotz werde ich mit Milly darüber sprechen. Vielleicht ist es am späteren Abend günstiger.«

»Sie können mit ihr sprechen, so viel Sie wollen«, erwiderte Olivia. »Aber Sie verschwenden Ihre Zeit!«

»Ich komme wieder«, sagte Pfarrer Lytton gewichtig. »Wenn Sie erlauben, ich finde den Weg schon hinaus.«

Als die Haustür hinter ihm zufiel, sah Olivia Isobel an.

»Hast du eine Ahnung, wovon er redet?«

»Nein! Natürlich nicht.«

»Isobel«, sagte Olivia scharf, »du hast vielleicht den Pfarrer hinters Licht geführt, aber mich kannst du nicht täuschen. Du weißt etwas darüber, stimmt’s? Was ist los, sag?«

»Hör mal, Mummy.« Isobel bemühte sich um eine ruhige Stimme. »Ich finde, wir sollten warten, bis Milly heimkommt.«

»Warten? Worauf?« Olivia starrte sie bestürzt an. »Isobel, was sagst du da? An der Sache ist doch nicht etwa wirklich etwas dran, oder?«

»Ich sage nichts mehr«, sagte Isobel entschieden, »bis Milly wieder da ist.«

»Ich lass es nicht zu, dass ihr Mädels Geheimnisse vor mir habt«, empörte sich Olivia. Isobel seufzte.

»Um ehrlich zu sein, Mummy«, sagte sie, »ist es dafür ein bisschen zu spät.«

Milly trottete vom Bahnhof heim, als ein Auto neben ihr hielt.