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»Du meinst wohl, er hat sonst niemanden. Deshalb fragt er seinen alten Dad.«

»Nein, so meine ich das nicht«, erwiderte Isobel geduldig. »Er könnte locker einen befreundeten Kollegen anrufen. Das weißt du. Aber er möchte dich. Du bist seine Idealbesetzung. Und meine auch.« Sie griff nach seiner Hand, und nach einem Augenblick drückte er ihre. Dann warf sie einen Blick auf ihre Uhr und zog eine Grimasse. »Und jetzt muss ich wirklich los. Mummy kriegt wahrscheinlich schon Zustände!«

»Wir sehen uns dann dort.«

»Ja, bis dann.« Bei der Tür wandte Isobel sich noch einmal um.

»Du weißt ja, welche Vergünstigung man als Trauzeuge genießt?«

»Welche denn?«

»Man darf mit der Brautjungfer schlafen!«

»Ach, wirklich?« Harrys Gesicht hellte sich auf.

»Das sind die Regeln«, erklärte Isobel. »Frag den Pfarrer. Er wird’s dir bestätigen.«

Als Isobel die Halle betrat, kam Rupert gerade die Treppe hinunter. Jetzt, da er sich unbeobachtet fühlte, stand ihm ein solcher Schmerz ins Gesicht geschrieben, dass Isobel unwillkürlich erschauerte. Einige Augenblicke verharrte sie. Dann fühlte sie sich plötzlich als Voyeurin und zwang sich, mit dem Fuß ein Geräusch zu machen und kurz innezuhalten, bevor sie weiterging, sodass er seine Gedanken sammeln konnte, ehe er ihr gegenübertrat.

»Hallo«, grüßte sie ihn. »Wir haben uns schon gefragt, wie es Ihnen geht. Haben Sie gut geschlafen?«

»Prima, danke«, sagte Rupert und nickte. »Es ist sehr freundlich von Harry, dass ich hier übernachten durfte.«

»Ach, mein Gott. Da war doch nichts dabei! Es war sehr freundlich von Ihnen, die weite Reise zu machen, um Milly von …« Sie verstummte verlegen. »Wissen Sie schon, dass die Trauung jetzt doch stattfindet?«

»Nein.« Rupert schenkte ihr ein angespanntes Lächeln. »Das sind ja großartige Neuigkeiten. Wirklich großartig.« Isobel sah ihn mitleidig an und hätte alles dafür gegeben, ihm helfen zu können.

»Wissen Sie, Milly hätte Sie bestimmt gern dabei«, sagte sie. »Es wird ja jetzt keine große, schicke Hochzeitsfeier mehr. Eigentlich nur wir sechs. Aber wenn Sie Lust hätten, dann würden wir uns alle freuen, wenn Sie mitkämen.«

»Das ist sehr freundlich«, erwiderte Rupert nach einer Pause. »Wirklich, sehr freundlich. Aber … ich glaube, ich fahre lieber heim. Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

»Natürlich nicht. Ganz wie Sie meinen.« Sie blickte sich in der leeren Halle um. »Ich organisiere jemanden, der Sie zum Bahnhof bringt. Ein Schnellzug nach London geht jede Stunde.«

»Ich möchte nicht nach London.« Ein fast friedlicher Ausdruck erschien auf Ruperts Gesicht. »Ich fahre nach Hause. Nach Cornwall.«

Um halb elf hatte Olivia sich fertig geschminkt und angezogen. Sie begutachtete sich im Spiegel und lächelte zufrieden. Ihr hellrotes Kostüm saß wie angegossen, und der dazu passende breitkrempige Hut warf einen rosigen Schimmer auf ihr Gesicht. Das blonde Haar glänzte in der Wintersonne, als sie sich mal zur einen, mal zur anderen Seite wandte, um ihr Make-up zu begutachten und den schwarzen Kragen ihrer Jacke auf Fusseln zu überprüfen. Schließlich drehte sie sich um, nahm ihre Handtasche und registrierte mit Genugtuung die handgefertigten pinkfarbenen Seidenschleifen, die ihre Schuhe schmückten.

James kam herein. »Du siehst blendend aus!«

»Das Kompliment kann ich nur erwidern!« Olivia ließ den Blick über seinen Cut gleiten. »Sehr vornehm, Brautvater.«

»Mutter der Braut.« James grinste sie an. »Apropos, wo steckt sie eigentlich?«

»Sie macht sich noch fertig«, erwiderte Olivia. »Isobel hilft ihr.«

»Na, dann schlage ich vor, wir genehmigen uns derweil einen kleinen Schluck vorhochzeitlichen Schampus! Sollen wir?« Er hielt ihr den Arm hin, und nach einem kurzen Zögern ergriff ihn Olivia. Als sie die Treppe hinuntergingen, hörten sie eine Stimme.

»Bitte stehen bleiben. Nur eine Sekunde. Schauen Sie nicht zu mir her.«

Sie hielten inne und lächelten einander an, während Alexander ein paar Fotos schoss.

»Okay«, sagte Alexander. »Das wär’s.« Als Olivia an ihm vorbeiging, zwinkerte er ihr zu. »Super Hut, Olivia. Äußerst sexy!«

»Danke, Alexander.« Eine leichte Röte stieg in Olivias Wangen. James drückte ihr den Arm, und die Röte vertiefte sich.

»Komm«, sagte sie rasch. »Lass uns den Champagner trinken.«

Sie gingen ins Wohnzimmer, wo im Kamin ein Feuer knisterte und James bereits Schalen und eine Flasche bereitgestellt hatte. Er reichte ihr ein Glas und erhob das eigene.

»Auf die Hochzeit!«

»Auf die Hochzeit!« Olivia nippte an ihrem Champagner und setzte sich dann vorsichtig auf eine Stuhlkante, damit ihr Rock nicht zerknitterte. »Werden bei der Feier eigentlich Reden gehalten?«

»Keine Ahnung«, erwiderte James heiter. »Ja, gibt’s denn überhaupt eine Feier?«

»Wer weiß? Das liegt ganz bei Milly. Das ist jetzt ihr Tag.« Ein schmerzlicher Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Ich bin bloß Gast.« James erwiderte ihren Blick mitfühlend.

»Macht’s dir was aus?«, wollte er wissen. »Macht’s dir was aus, dass es die große, üppige Hochzeitsfeier, die du geplant hast, jetzt nicht gibt? Die Eisschwäne, den eigens aus Genf eingeflogenen Organisten und die fünftausend VIPs?«

»Nein«, antwortete Olivia nach einer Pause. »Das macht mir nichts aus.« Sie strahlte James an. »Sie heiraten. Darauf kommt’s an, nicht? Die beiden heiraten.«

»Ja. Darauf kommt’s an.«

Das Glas in der Hand, starrte Olivia ins Feuer.

»Und weißt du«, sagte sie unvermittelt, »in vielerlei Hinsicht ist es viel origineller, eine kleine Privathochzeit zu feiern. Wenn man nicht aufpasst, haben große Hochzeiten bisweilen einen Touch ins Vulgäre. Findest du nicht?«

»Absolut.« James lächelte.

»Fast, als hätten wir es die ganze Zeit über so geplant!« Olivias Stimme klang allmählich fröhlicher. »Schließlich wollen wir bei der Hochzeit unserer Tochter ja nicht Krethi und Plethi dabeihaben, oder? Eine intime, exklusive Hochzeit, das wollen wir.«

»Tja, intim ist sie mit Sicherheit.« James leerte sein Glas. »Was die Exklusivität anbelangt, bin ich mir nicht sicher.«

An der Tür hörte man ein Geräusch, und er sah auf. Dort stand Isobel in einem langen, fließenden Etwas aus blassrosa Seide. Blumen waren in ihr Haar geflochten und ihre Wangen verlegen gerötet.

»Ich bin gekommen, um die Braut anzukündigen. Sie ist bereit.«

»Du siehst bezaubernd aus, Schatz!«, rief James.

»So schön!«, sagte Olivia. Isobel zuckte die Achseln.

»Ich sehe okay aus. Ihr solltet Milly sehen. Schaut zu, wie sie die Treppe runterkommt. Alexander macht gerade Fotos.«

»Liebes!«, sagte Olivia scharf, als Isobel sich zum Gehen wandte. »Was ist mit den Rosen passiert?«

»Mit welchen Rosen?«

»Den Seidenrosen auf deinem Kleid!«

»Oh, die! Die … die sind abgefallen.«

»Abgefallen?«

»Ja«, sagte Isobel. »Besonders gut hast du sie wohl nicht angenäht.« Sie sah in Olivias verdattertes Gesicht und grinste. »Ach komm, Mummy. Die Rosen sind doch egal. Schau dir lieber Milly an. Sie ist die Hauptattraktion.«

Sie begaben sich alle in die Diele und schauten die Treppe hinauf. Milly, gekleidet in ein schlicht geschnittenes Kleid aus elfenbeinfarbener Seide, kam langsam die Stufen hinab und lächelte sie durch ihren Schleier hindurch schüchtern an. Das steife, bestickte Mieder schmiegte sich eng an ihren Körper, die langen Ärmel waren am Handgelenk mit Pelz eingefasst, in ihrem Haar funkelte ein Diamantdiadem.

»Milly!«, rief Olivia zittrig. »Du siehst perfekt aus. Eine perfekte Braut!« Unvermittelt füllten sich ihre Augen mit Tränen, und sie wandte sich ab.

»Was meint ihr?«, fragte Milly mit bebender Stimme und blickte in die Runde. »Geht’s so?«