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Der Mund des Mannes verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Risiko. Nur wenn man weiß, dass der andere einen ohne Weiteres verlassen könnte, weiß man es zu schätzen, wenn er bleibt. Nur wenn es für ihn einfacher ist, Euch nicht zu mögen, als Euch wirklich zu mögen, wisst Ihr es zu schätzen, wenn er es tut.«

»Ein Gleichgestellter.«

Achati zuckte die Achseln. »Oder jemand, der annähernd gleichgestellt ist. Wenn ich nach einem Gefährten suchte, der mir wahrhaft gleichgestellt ist, würde das meine Auswahl zu sehr einschränken. Als Beauftragter des Königs bin ich schließlich einer der mächtigsten Männer im Land.«

Dannyl nickte. »Ich musste niemals über solche Unterschiede im Rang nachdenken. Obwohl ich es vielleicht getan hätte, wenn mein Gefährte ein Dienstbote wäre.«

»Aber ein Dienstbote kann fortgehen.«

»Ja.«

»Machen Dienstboten gute Konversation?« »Ich nehme an, einige würden es vielleicht tun.«

Achati ließ die Schultern kreisen, dann entspannte er sich. »Ich genieße unsere Gespräche.«

Dannyl lächelte. »Was nur gut ist. Ihr werdet zwischen hier und Arvice nur mich zum Reden haben.«

»In der Tat.« Die Augen des anderen Mannes wurden schmal. »Ich denke, ich würde mehr als nur Gespräche mit Euch genießen.«

Einmal mehr war Dannyl sprachlos. Überraschung folgte Verlegenheit und wurde dann von Neugier überlagert und einem nicht geringen Gefühl des Geschmeicheltseins. Dieser Sachakaner – der gerade darauf hingewiesen hat, dass er einer der mächtigsten Männer im Land ist – macht mir tatsächlich einen Antrag! Was soll ich tun? Wie weise ich jemanden wie ihn ab, ohne unhöflich zu sein oder politischen Aufruhr zu verursachen? Und will ich es überhaupt?

Ein Schauer überlief ihn. Er ist jünger als ich, aber nicht um viele Jahre. Er sieht gut aus auf eine sachakanische Art und Weise. Es ist angenehm, ihn um mich zu haben. Er ist nett zu seinen Sklaven. Aber oh, eine solche Affäre wäre politisch gefährlich!

Achati lachte abermals. »Ich erwarte nichts von Euch, Botschafter Dannyl. Ich bringe nur eine Meinung zum Ausdruck. Und eine Möglichkeit. Etwas, worüber Ihr nachdenken könnt. Für den Augenblick wollen wir uns auf Gespräche beschränken. Schließlich wäre es mir grässlich, unsere Freundschaft ruiniert zu haben, indem ich etwas vorschlage, das Euch Unbehagen bereitet.«

Dannyl nickte. »Wie ich schon sagte, ich bin ein wenig langsam.«

»Ganz und gar nicht.« Achati grinste. »Andernfalls würde ich Euch nicht so sehr mögen. Ihr wart beschäftigt. Auf ein Ziel konzentriert. Diese Ablenkung existiert nicht mehr. Jetzt könnt Ihr an andere Dinge denken. Wie zum Beispiel die Frage, wie lange die Gilde brauchen wird, um einen neuen Gehilfen auszuwählen und zu Euch zu schicken.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob sich jemand nach dem, was Lorkin zugestoßen ist, freiwillig für die Position melden wird.«

Achati kicherte. »Da wärt Ihr vielleicht überrascht. Es könnte jemand in der Hoffnung kommen, an einen geheimen Ort, der von exotischen Frauen regiert wird, entführt zu werden.«

Dannyl stöhnte. »Oh, das hoffe ich nicht. Das hoffe ich ganz eindeutig nicht.«

29

Antworten und neue Fragen

Sonea lehnte sich auf ihrem Platz zurück und wartete darauf, dass die Höheren Magier aufhörten, dem Unvermeidlichen auszuweichen.

Sie hatte versucht zu verhindern, dass Cery in die Gilde kam, aber sobald bekannt wurde, dass sie und Regin bei der Suche nach den wilden Magierinnen Hilfe gehabt hatten, machte die Gewohnheit der Gilde, alle Seiten einer Situation zu erkunden, es unvermeidlich. Sie hatte ihnen erzählt, Cery sei ein alter Freund, nicht dass er ein Dieb war. Einige wenige würden vielleicht die Verbindung zu einem Dieb namens Cery herstellen, der ihr und Akkarin während der Ichani-Invasion geholfen hatte, aber die meisten hatten diese Einzelheiten gewiss vergessen. Jene, die es vorzogen, ihren Anteil an dem Sieg über die Eindringlinge zu ignorieren, hatten wohl kaum auf die Namen ihrer Helfer geachtet, und die wenigen, die ihre Rolle bei der Invasion nicht ignorierten, verstanden, wie sie hoffte, warum sie keine allzu große Aufmerksamkeit auf ihren alten Freund lenken wollte.

Einzig Kallen, der ihr ohnehin bereits zu viel Aufmerksamkeit schenkte, würde die Verbindung vielleicht herstellen und darauf zu sprechen kommen. Aber wenn er irgendetwas war, dann diskret. Er würde es nicht der ganzen Gilde gegenüber verkünden. Er würde sich mit anderen Höheren Magiern besprechen.

Was Sonea ärgerte, war die Tatsache, dass Cerys Besuch in der Gilde nichts bewiesen hatte, was sie nicht ohnehin bereits wussten. Die Frau war offensichtlich eine wilde Magierin. Sie hatte vor Hunderten von Zeugen Magie benutzt, darunter auch der Alchemist und die Heilerin, die Sonea geholfen hatten. Außerdem hatte die Frau Magie in einem vergeblichen Versuch benutzt, sich den Magiern zu widersetzen, die sie in die Kuppel gebracht hatten, in ihr vorübergehendes Gefängnis.

Aber die Gildemitglieder – und höchstwahrscheinlich auch der König – machten sich Sorgen, dass sie ein fremdes Land gegen sich aufbringen könnten.

Zu Beginn der Versammlung hatte ein Berater des Königs Karten vorgelegt und einige der fernen Länder darauf beschrieben. Die Frau hatte Stillschweigen bewahrt und sich zu antworten geweigert, als man sie fragte, woher sie stamme. Der Berater hatte aufgrund ihrer Erscheinung einige Vermutungen angestellt. Falls er recht gehabt hatte, hatte sie sich nichts anmerken lassen.

»Ich sehe keine andere Möglichkeit«, sagte der Hohe Lord Balkan, und in seinem Tonfall lag etwas Endgültiges. »Wir müssen ihre Gedanken lesen.«

Administrator Osen nickte. »Dann bitte ich Schwarzmagier Kallen und Schwarzmagierin Sonea herunterzukommen. Schwarzmagier Kallen wird die Gedanken der wilden Magierin lesen, deren Namen wir nicht kennen, und Schwarzmagierin Sonea wird Forlies Gedanken lesen.«

Obwohl sie das erwartet hatte, verspürte Sonea einen Anflug von Enttäuschung. Es gab viele Antworten, die sie gern von der fremdländischen Frau gehabt hätte, aber sie konnte Kallen nicht bitten, danach zu suchen. Zum Beispiel interessierte sie die Frage, ob die Frau Cerys Familie getötet hatte.

Während sie Kallen die Treppe hinunterfolgte, hielt sie den Blick auf Forlie gerichtet. Die Frau war erbleicht und starrte Sonea mit großen Augen an.

»Ich werde Euch alles erzählen«, stieß Forlie hervor. »Ihr braucht meine Gedanken nicht zu lesen.«

»Törichte Frau«, erklang eine Stimme mit einem seltsamen Akzent. »Wisst Ihr denn nicht, dass sie Eure Gedanken nicht lesen können, wenn Ihr es nicht wollt?«

Sonea wandte sich der ausländischen Magierin zu und stellte fest, dass alle Magier das Gleiche getan hatten. Die Frau schaute von Gesicht zu Gesicht, und ihre Miene veränderte sich, als sie Erheiterung und Mitgefühl bei den anderen Magiern las. Als Kallen vor ihr stehen blieb, stahl sich zuerst Zweifel in ihre Augen, dann Furcht.

Als er die Hände nach ihr ausstreckte, wurden seine Arme von Magie weggeschlagen.

Sonea, die den Kampf nicht beobachten wollte, konzentrierte sich wieder auf Forlie, die vor ihr zurückwich. »Ich bin keine Magierin«, sagte die Frau und blickte von Sonea zu den Höheren Magiern hinüber. »Man hat mich dazu gebracht zu lügen. Sie sagten… sie sagten, sie würden meine Tochter und ihre Kinder töten, wenn ich es Euch verrate.« Sie holte bebend Atem, dann brach sie in Tränen aus.

Sonea legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Weißt du, wo sie sind?«

»Ich… ich glaube, ja.«

»Sie wissen noch nicht, dass du uns irgendetwas verraten hast. Wir werden die Kinder holen, bevor sie es herausfinden.«

»D-danke.«

»Ich fürchte, dass ich trotzdem überprüfen muss, ob du uns die Wahrheit gesagt hast. Ich verspreche dir, das Gedankenlesen tut nicht weh. Tatsächlich wirst du überhaupt nichts spüren. Du wirst nicht einmal wissen, dass ich da bin. Und ich mache so schnell, wie ich nur kann.«

Forlie sah Sonea an, dann nickte sie.

Sonea berührte die Frau sachte an den Schläfen und sandte ihren Geist aus. Furcht und Sorge überfluteten sie, als sie den Geist der Frau berührte. Sie ließ sich in Forlies Gedanken hineintreiben, Gedanken, die ihrer Tochter und zwei Enkelkindern galten und den Männern, die sie fortgeholt hatten. Sonea erkannte den Mann, der Forlie erpresst hatte – er war der Feuelverkäufer, mit dem Forlie bei ihrer Gefangennahme zusammen gewesen war.

Als Sonea an diesen Augenblick dachte, erinnerte sie sich an die magische Kraft, die sie bei Forlie gespürt hatte. Jemand anderer musste sie ausgesandt haben. Vielleicht die wahre wilde Magierin, die sie durch die Fenster beobachtet hatte.

Wer hat Magie benutzt, als wir dich fanden?

Ich weiß es nicht.

Wo sind deine Tochter und deine Enkelkinder jetzt?

Ein Labyrinth von Gassen und provisorischen Häusern blitzte in Soneas Geist auf, bis ein spezielles Haus in den Vordergrund trat. Forlies Familie war in einem der verbliebenen Armenviertel der Stadt.

- Wir werden sie finden, Forlie. Wir werden die Leute, die das getan haben, bestrafen.

Sonea öffnete die Augen und ließ die Hände sinken. Forlies Gesichtsausdruck war jetzt hoffnungsvoll und entschlossen.

»Danke«, flüsterte sie.

An die Höheren Magier gewandt, berichtete Sonea, was sie erfahren hatte. »Ich empfehle, dass einer oder mehrere von uns Forlie begleiten, um ihre Kinder so bald wie möglich zu befreien.«

Viele Magier nickten zustimmend. Ein leises Geräusch lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Fremdländerin. Ihr Gesicht, gefangen zwischen Kallens Händen, drückte eine Mischung von Überraschung und Entsetzen aus.

Alle schauten schweigend zu, und als Kallen sie endlich losließ, hörte Sonea ein allgemeines Seufzen der Erleichterung. Kallen trat zurück und wandte sich an die Höheren Magier.

»Ihr Name ist Lorandra«, erklärte er. »Sie stammt aus Igra, dem Land jenseits der großen Wüste im Norden. Es ist ein seltsamer Ort, an dem jedwede Magie tabu ist und mit dem Tod bestraft wird. Doch jene, die nach Magiern Ausschau halten und sie bestrafen, sind selbst Magier. Sie stehlen die Kinder jener, die sie hinrichten, um sich Nachwuchs zu sichern.« Er schüttelte erstaunt den Kopf angesichts dieser Scheinheiligkeit und Grausamkeit.

»Lorandra hat als junge Frau Magie erlernt und war gezwungen, mit ihrem neugeborenen Sohn aus ihrem Land zu fliehen. Es ist ihnen gelungen, durch die Wüste nach Lonmar zu wandern und dann weiter durch Elyne nach Kyralia. Hier wurden sie von einem Dieb aufgenommen, der sie als Gegenleistung für magische Gefälligkeiten beschützte. Der Dieb adoptierte den Jungen schließlich und machte ihn zu seinem Erben. Er bildete ihn in seinem Gewerbe aus, während seine Mutter ihn in Magie unterwies.«

Kallen sah Sonea an und runzelte die Stirn. »Der Name des Sohnes ist Skellin, einer der Diebe, deren Hilfe Schwarzmagierin Sonea und Lord Regin sich gesichert haben, um die wilde Magierin zu finden. Natürlich wollte er nicht, dass sie seine Mutter fanden. Daher hat er dafür gesorgt, dass Forlie an ihrer Stelle gefangen wurde. Er hat sogar seine eigene Magie benutzt, damit es so aussah, als hätte sie sie angegriffen.«

Er blickte wieder zu den Höheren Magiern auf. »Seit Skellin an die Macht gekommen ist, hat er seine Mutter ausgeschickt, um rivalisierende Diebe zu töten. Mit Hilfe von Mord und Bündnissen wollte er sich zum König der Unterwelt der Stadt machen.«

Soneas Herz begann schneller zu schlagen. Diese Frau ist die Jägerin der Diebe!

Kallen hielt inne, und die Falte zwischen seinen Brauen vertiefte sich. »Und er hat Feuel importiert, um Menschen an sich zu binden. Nicht nur die Armen, sondern auch die Reichen. Und Magier. Er schien zu denken, dass wir leicht zu manipulieren sein würden, sobald wir alle Bekanntschaft mit der Droge gemacht hätten.«

Ein Raunen erhob sich, als die Magier begannen, über das Gehörte zu sprechen. Sonea fing einige abschätzige Bemerkungen über Skellins Trugschlüsse auf, aber bei der Erwähnung von Feuel hatte sie ein Schauder überlaufen. Sie dachte an den Steinmetz Berrin, dessen Sucht sie vergeblich zu heilen versucht hatte. Wenn die Feuelsucht nicht geheilt werden konnte und Skellin das wusste, dann hätte sein großartiger Plan vielleicht Erfolg haben können.

»Was seid Ihr?«, fragte die Fremdländerin. Sie starrte Kallen an, dann wanderte ihr Blick zu Sonea hinüber. »Und Ihr?«

Sonea beantwortete die Frage mit einem kleinen Lächeln. Skellin und seine Mutter waren Magier, aber sie waren offensichtlich keine Schwarzmagier. Das ist immerhin etwas, wofür wir dankbar sein können. Hoffentlich können wir davon ausgehen, dass Igra nicht auch ein Land von Schwarzmagiern ist. Wir brauchen kein weiteres Sachaka, um das wir uns sorgen müssen.

Administrator Osen wandte sich der Halle zu und hob die Arme. Die Stimmen verebbten, bis es beinahe still im Raum war.

»Wir kennen jetzt die Wahrheit. Eine unserer Gefangenen ist unschuldig, die andere ist eine Mörderin und eine wilde Magierin, und wir haben noch einen wilden Magier in unserer Stadt, den wir finden und um den wir uns kümmern müssen. Lorandra wird eingekerkert und verurteilt werden, sobald ihr Sohn gefunden ist. Die Suche muss unverzüglich eingeleitet werden, daher erkläre ich diese Versammlung hiermit für beendet.«

Im nächsten Moment war die Halle erfüllt vom Geräusch von Hunderten von Magiern, die aufstanden und zu reden begannen. Osen ging auf Sonea zu.

»Nehmt Forlie und findet ihre Kinder«, befahl er leise. »Bevor Lorandra daran denkt, Skellin von ihrem Verrat in Kenntnis zu setzen.«

Sonea sah ihn überrascht an, dann nickte sie. Natürlich. Sie braucht sich lediglich mittels Gedankenrede mit ihm in Verbindung zu setzen und ihm mitzuteilen, was hier geschehen ist. »Ich werde Lord Regin als Verstärkung mitnehmen, falls das akzeptabel ist.«

Er nickte. »Ich werde Kallen auf Skellins Fährte setzen, sobald sie in Sicherheit sind.«

Sonea wurde warm ums Herz vor Dankbarkeit. Osen mochte ihr gegenüber kalt sein, aber er war ein Mann, der durchaus Mitgefühl mit anderen empfand. Als er davonging, sah sie sich im Raum um und entdeckte Regin, der an einer der Treppen stand und sie beobachtete. Sie winkte ihn heran.

»Ist das wirklich angebracht?«

Kallens Stimme erreichte sie über den Lärm der Gespräche und Schritte der Höheren Magier hinweg. Sie schaute zu ihm hinüber und sah, dass er Osen stirnrunzelnd musterte.

»Wenn Ihr innerhalb der nächsten fünf Minuten eine Mehrheit von Höheren Magiern zusammenbringen könnt, die dagegen sind, dass Sonea ausgeschickt wird, werde ich in Erwägung ziehen, jemand anderen mit dem Auftrag zu betrauen.«

Kallen betrachtete die Magier, die das Gebäude verließen, dann sah er Sonea an, und seine Lippen wurden schmal.

»Es ist Eure Entscheidung«, erwiderte er. »Nicht meine.«

Als Regin neben sie trat, lächelte Sonea vor sich hin und kostete einen Moment lang ihren Triumph aus. Wenn Osen ihr jetzt genug vertraute, um sie in die Stadt zu schicken, würde der Rest der Gilde ihr vielleicht verzeihen, dass sie während der letzten Wochen so häufig die Regeln gebrochen hatte.

»Habt Ihr Lust, mir bei meinem nächsten Auftrag zu helfen?«, fragte sie Regin.

Er zog die Augenbrauen hoch und brachte beinahe ein Lächeln zustande. »Immer.«

Sie hakte Forlie unter. »Lass uns gehen und deine Familie suchen.«