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Sie wirkte gelassen, ja sogar ein wenig erheitert. Die übrigen Höheren Magier waren inzwischen eingetroffen. Zweifellos hat sie ihre Ankunft so berechnet, dass sie eine der Letzten sein würde, um ihrem Sohn die Peinlichkeit ihrer Anwesenheit als Gegnerin zu ersparen. Osen begann seinen langsamen Marsch entlang der Stirnseite der Halle, der darauf hinwies, dass er bereit war zu beginnen, und schon bald verstummten die Magier.

»Wenn es keinen Grund gibt, der dagegen spricht, erkläre ich die Anhörung jetzt für eröffnet«, sagte Osen. Er hielt inne, dann nickte er, als keine Stimme laut wurde, um ihm Einhalt zu gebieten. »Als Erstes werde ich unsere Gründe für die heutige Zusammenkunft umreißen«, fuhr er fort. »Lord Lorkin hat sich erboten, die Position des Assistenten des Gildebotschafters in Sachaka zu übernehmen. Als Botschafter wurde kürzlich Lord Dannyl ernannt. Schwarzmagierin Sonea hat Protest dagegen eingelegt, dass wir Lord Lorkin in dieser Rolle akzeptieren.« Er wandte sich an Sonea. »Aus welchem Grund protestiert Ihr?«

»Weil für Lorkin als meinem und dem Sohn des ehemaligen Hohen Lords Akkarin die Gefahr bestehen wird, dass die Familie von Kariko und Dakova – Ersteren habe ich selbst während der Ichani-Invasion getötet, und Letzteren hat Akkarin viele Jahre zuvor umgebracht – Rache für deren Tod suchen wird. Das Gleiche könnte für die Familien der anderen Ichani gelten, die während der Invasion umkamen. Selbst wenn ihre Familien nicht nach Rache trachten, könnte es als eine Beleidigung angesehen werden, ihn nach Sachaka zu schicken. In jedem Fall könnte seine Anwesenheit die Bemühungen um Frieden zwischen unseren beiden Ländern behindern.«

Osen wandte sich an Lorkin und Dannyl. »Und was sagt Ihr, Lord Lorkin, zur Antwort darauf?«

»Ich überlasse die Beurteilung, ob das Risiko so groß ist wie Mutt… Schwarzmagierin Sonea glaubt, den Höheren Magiern und werde jede Entscheidung akzeptieren, die sie fällen«, erwiderte Lorkin.

Ein schwaches Lächeln der Anerkennung glitt über Osens Züge. Dann wandte er den Blick Lord Dannyl zu.

»Und was sagt Ihr, Botschafter Dannyl?«

Dannyl zuckte die Achseln. »Ich vertraue auf die Beobachtungen und die Einschätzungen der ehemaligen Gildebotschafter in Sachaka. Sie haben mir erklärt, dass Lord Lorkins Anwesenheit in Sachaka ihrer Meinung nach kein Hindernis für meine Arbeit und keine Gefahr für sein Leben und Wohlergehen darstellen wird. Seine Unterstützung wäre mir sehr willkommen.«

»Dann rufe ich Lord Stanin und Lord Maron auf, ihre Ansichten zu der Angelegenheit zu äußern.«

Als der Administrator sich abwandte, konnte Dannyl Soneas Blick auf sich spüren. Sie ist nicht glücklich darüber, dass ich Lorkin ermutige, aber ich kenne sie zu gut, um mich von ihren Blicken einschüchtern zu lassen. Er sah auf und schaute ihr in die Augen. Ein verräterischer Schauder überlief ihn. Es war nicht so, dass ihr Gesichtsausdruck auch nur eine Spur von Anklage übermittelt hätte. Er verriet gar nichts, doch er war von einer solchen Intensität, dass Dannyl das Gefühl hatte, sie streife seine Haut beiseite und lese die Gedanken darunter. Er schaute weg. Na schön. Vielleicht schüchtern ihre Blicke mich doch ein klein wenig ein.

Noch bevor sie Novizin geworden war – lange bevor sie eine schwarze Magierin wurde –, hatte sie ihn bereits ein wenig nervös gemacht. Das war nur vernünftig, wenn man bedachte, dass sie als bloßes Straßenkind aus den Hüttenvierteln es fertiggebracht hatte, ihm einen Dolch ins Bein zu rammen. Wenn sie damals zu dieser Tat fähig gewesen war, bevor man sie dazu ausgebildet hatte, ihre Kräfte zu benutzen, war es keine Überraschung, dass sie ihn jetzt einschüchterte.

Er wollte nicht darüber nachdenken, was sie möglicherweise mit ihm machen würde, wenn Lorkin in Sachaka tatsächlich etwas zustieß, daher richtete er seine Aufmerksamkeit auf die ehemaligen Botschafter, die gerade sprachen. Die Höheren Magier stellten ihnen Fragen, und die Antworten waren eindeutig: Obwohl sie einräumten, dass kein Kyralier in Sachaka jemals ganz sicher sei, dachte keiner der Männer, dass Lorkin größere Gefahr drohen würde als jedem anderen Magier. Falls Lorkin sich überhaupt deswegen den Kopf zerbrach, sollte er es vermeiden, von seiner Herkunft zu sprechen. Aber da er in einer untergeordneten Rolle erscheinen würde, die man normalerweise einem Sklaven überließ, war es unwahrscheinlich, dass die Sachaka ihm überhaupt große Aufmerksamkeit schenken würden.

Jetzt wurde ein Händler aufgerufen, der Soneas vorsichtige Position teilte. Er erzählte von Fällen von Blutrache zwischen sachakanischen Familien, die jahrzehntelang gedauert hatten, wie er bei seinen alljährlichen Besuchen festgestellt hatte. Auch ihn befragten die Höheren Magier eingehend.

Schließlich bat Osen alle bis auf die Höheren Magier mit Ausnahme Soneas, die Halle zu verlassen, damit sie debattieren und zu einer Entscheidung kommen konnten. Dannyl hörte Lorkin erleichtert aufseufzen, als Sonea sich hastig umdrehte und mit plötzlich geistesabwesender Miene den Raum verließ. Als Dannyl in die überfüllte Große Halle hinaustrat, hielt er nach ihr Ausschau, aber sie war verschwunden.

Die Stimmen der Magier draußen vor der Gildehalle verklangen schnell, während Sonea in die Flure der Universität eilte, und wurden ersetzt durch höhere Stimmen, als sie sich dem Hauptflur zu den Klassenräumen näherte. Die Morgenkurse waren gerade zu Ende, und die Novizen waren unterwegs zur Speisehalle, wo sie ihre Mittagsmahlzeit einnahmen.

Als sie in den Flur hinaustrat, bereit, sich einen Weg durch die Novizen zu bahnen, verstummten die Stimmen abrupt. Sie schaute sich um und stellte fest, dass alle sie ansahen. Die Novizen in der Mitte des Flurs zogen sich hastig zurück, dann fiel ihnen allen gleichzeitig plötzlich wieder ihr gutes Benehmen ein, und sie verbeugten sich.

Sonea verkniff sich ein Lächeln und hoffte, dass man ihr den Anflug von Verlegenheit nicht ansah. Ich weiß genau, was sie denken und fühlen. In ihren Gedanken blitzte eine Erinnerung auf: Ein hochgewachsener, stirnrunzelnder Mann in schwarzen Roben schritt den Universitätsflur entlang, was unter ihren Mitschülern die gleiche furchtsame Erstarrung ausgelöst hatte. Wenn ich zurückblicke, erstaunt mich unsere Angst vor Akkarin, als hätten wir irgendwie gewusst, dass er mächtiger war, als er sein sollte. Bei der Erinnerung schnürte sich ihr die Brust zu, dennoch hielt sie daran fest. Sie kostete sie für einen Moment aus, dann ließ sie sie verblassen.

Ihr Schritte führten sie weiter bis zum vorletzten Klassenzimmer, das leer war bis auf einen rot gewandeten Magier, der ihr einst den Weg durch diese Flure zur Qual gemacht hatte.

»Lord Regin«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie viel Zeit mir bleibt. Was wolltet Ihr mir so dringend mitteilen?«

Er blickte zu ihr auf und nickte höflich. »Danke für Euer Kommen, Schwarzmagierin Sonea«, sagte er. »Ich werde sofort zur Sache kommen. Jemand, dessen Wort ich vertraue, hat mir berichtet, dass Pendels Anhänger eine Art Überfall oder einen Hinterhalt planen, mit dem sie die kriminellen Verbindungen reicher Novizen aufdecken wollen.«

Sonea seufzte. »Narren. Das wird ihrer Sache nicht dienlich sein. Ich hätte Pendel für klüger gehalten.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob Pendel davon weiß. Das Problem ist, wenn er es nicht weiß, wird er vielleicht nicht geneigt sein, mir zu glauben, wenn ich es ihm erzähle, und wenn er es weiß, könnte ich unbeabsichtigt meinen Informanten preisgeben.«

»Ihr wollt, dass ich mit ihm rede?«, fragte Sonea.

»Ja. Aber…« Regin runzelte die Stirn. »Mein Informant war sich in Bezug auf den Zeitpunkt nicht sicher. Ich fürchte, es könnte sehr bald passieren. Vielleicht schon heute. Es sei davon gesprochen worden, dass man sich den Umstand zunutze machen wolle, dass die Gilde abgelenkt sei. Die Magier, von denen ich vermute, dass sie damit zu tun haben, habe ich heute noch nicht gesehen.«