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Dannyl blickte aus dem Fenster. Er sah zu, wie die adretten Steinhäuser des Nordviertels an ihnen vorbeizogen, dann passierte die Kutsche die Äußere Stadtmauer und erreichte den Stadtteil, in dem einst die Hüttenviertel gelegen hatten.

Es hat sich so sehr verändert, ging es Dannyl durch den Kopf. Wo früher klapprige Hütten das Bild beherrscht hatten, standen jetzt saubere Ziegelsteinhäuser. Er wusste, dass manche Gebiete der Hüttenviertel nach wie vor schmutzig und gefährlich waren, aber sobald die Säuberung aufgehört hatte, war schnell klar geworden, dass der alljährliche, erzwungene Exodus die Ausdehnung der Stadt ebenso blockiert hatte, wie er die Armen an ihrem Betreten gehindert hatte.

Und die Armen hatten nicht nur Zugang zur Stadt, sondern konnten jetzt auch der Gilde beitreten – wenn sie über ausreichend starke magische Fähigkeiten geboten. Der Wohlstand, der mit einem solchen Privileg einherging, hatte mehr als nur wenige Familien aus der Armut befreit. Obwohl der Zustrom von Novizen aus den Klassen der Armen und der Dienstboten der Gilde einige Probleme bereitet hatte. Wie dieses jüngste Durcheinander, bei dem Magier und Novizen der höheren Klassen in einem von Schmugglern betriebenen Feuel- und Spielhaus gefunden worden waren. Sie hatten danach behauptet, die »Proliis« hätten ihnen den Weg zu dem Haus beschrieben. Das Beunruhigendste daran war der Umstand, dass es in einer Gasse im Inneren Ring lag, einem Stadtteil, von dem man immer geglaubt hatte, er sei frei von solch üblen Einrichtungen. Und es war nicht allzu weit entfernt von Dannyls und Tayends Zuhause gewesen.

Aber das war jetzt die Sorge anderer. Während die Kutsche an den letzten Häusern vorbeifuhr und auf die Nordstraße einbog, nickte Dannyl vor sich hin. Seine und Lorkins Zukunft lag vor ihnen, in dem uralten Land Sachaka.

Die Gute Gesellschaft war eins der größten Bolhäuser im Süden der Stadt. Als Cery und Gol eintraten, schlugen ihnen die warmen Ausdünstungen der zahlreichen Gäste, das Tosen von Stimmen und der schwere, süße Geruch von Bol entgegen. Es waren mehr Männer als Frauen dort, aber beide Geschlechter standen vor am Boden befestigten Tischen. Stühle gab es keine. Stühle hielten nicht lange. Das Lokal war in der ganzen Stadt für seine Schlägereien berüchtigt.

Während Cery sich einen Weg durch die Menge bahnte, nahm er die Atmosphäre in sich auf und betrachtete die Kundschaft, ohne eine einzelne Person lange genug anzusehen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Im hinteren Teil des riesigen Raums waren Türen. Diese führten in den Keller hinunter, wo eine ganz andere Art von Gesellschaft darauf wartete, dass man ihre Dienste mietete.

Auf einer Bank in der Nähe der Türen saß eine rundliche Frau mittleren Alters in farbenprächtiger, übertrieben eleganter Kleidung.

»Wie kommt es, dass Hausmütter immer gleich aussehen?«, murmelte Gol.

»Die Verschlagene Lalli ist groß und schlank«, bemerkte Cery. »Die Brave Sis ist klein und zierlich.«

»Aber ich nehme an, die Übrigen sind sich ziemlich ähnlich. Groß, vollbusig und –«

»Still. Sie kommt her.«

Die Frau hatte bemerkt, dass sie sie beobachteten, und sich auf die Füße gehievt. Jetzt kam sie auf sie zu. »Ihr sucht nach Tantchen? Sie ist dort drüben.« Sie zeigte mit dem Finger durch den Raum. »He, Tantchen!«, rief sie.

Beide Männer drehten sich um und sahen eine hochgewachsene, elegante Frau mit langem, rotem Haar, die sich auf dem Absatz umdrehte, um sie zu betrachten. Auf einen Wink der rundlichen Frau lächelte sie und kam herbei.

»Wir sind wohl hier, um ein wenig gute Gesellschaft zu finden, hm?«, fragte sie. Sie sah Gol an, der beobachtete, wie die andere Frau zu ihrem Platz zurückkehrte. »Die Leute nehmen immer an, es sei Martia, die das Lokal führt«, sagte sie. »Aber sie ist hier, um ein Auge auf ihren Sohn zu halten, der im Ausschank arbeitet. Möchtet Ihr nach unten gehen?«

»Ja. Ich bin hier, um eine alte Freundin zu sehen«, erklärte Cery.

Sie lächelte wissend. »Das sind wir doch alle. Und welche alte Freundin wäre das?« »Terrina.«

Die Frau zog die Augenbrauen hoch. »Ach, die? Nun, kein Mann fragt nach ihr, der nicht bereits weiß, was er bekommt. Ich werde dich zu ihr bringen.«

Sie führte sie durch die Tür, eine kleine Treppenflucht hinunter und in einen Raum unter dem Bolhaus. Er war so groß wie der Raum darüber, aber voller Reihen mit kleinen Zellen. Papierne Wandschirme dienten als deren Türen, und die meisten waren geschlossen, um das Innere zu verbergen – und nach den Geräuschen zu urteilen, die von allen Seiten kamen, wurden die meisten zu dem Zweck benutzt, zu dem sie erbaut worden waren.

Tantchen führte sie zu einer Zelle in der Nähe der Mitte des Raums. Die Wandschirme waren offen. In der Zelle stand ein einzelner Sessel. Es war ein großzügig bemessener Sessel mit einer breiten, gepolsterten Sitzfläche und stabilen Armlehnen. Alle Räume waren in dieser Art möbliert. Die Frauen hier wollten nicht, dass ihre Kunden es so bequem hatten, dass sie einschliefen und sie daran hinderten, weitere Kunden zu bedienen. Cery nickte Gol zu, der daraufhin in einigen Schritten Entfernung vor einem anderen leeren Raum Position bezog.

Als Cery in die Zelle trat, schloss Tantchen die Wandschirme. Er setzte sich, lauschte auf die Geräusche um ihn herum und konzentrierte sich dann inmitten des Stöhnens und des Gelächters auf Geräusche, die nicht dort hingehörten. Das Geräusch von Atem. Von Schritten. Das Rascheln von Kleidern.

Seine Nase fing einen Duft auf, der einen Strom von Erinnerungen heraufbeschwor, Erinnerungen, die viele Jahre alt waren. Er lächelte.

»Terrina«, murmelte er und wandte sich der hinteren Seite des kleinen Raums zu.

Ein Wandpaneel glitt beiseite und offenbarte eine Frau mit kurzem Haar und dunkler Kleidung. Sie sieht aus wie immer. Vielleicht ist diese kleine Falte zwischen ihren Brauen eine Spur tiefer. Sie war ein wenig zu mager und zu muskulös, um schön genannt zu werden, aber Cery hatte ihren athletischen Körperbau stets attraktiv gefunden. Als sie ihn erkannte, zog sie die Augenbrauen hoch und entspannte sich.

»Nun, nun. Ich habe dich lange nicht gesehen. Fünf Jahre?«

Cery zuckte die Achseln. »Ich habe dir gesagt, dass ich heiraten wollte.«

»Das hast du getan.« Die Auftragsmörderin lehnte sich an die Wand der Zelle und neigte den Kopf zur Seite. Ihre dunklen Augen waren so undeutbar wie eh und je. »Du hast auch gesagt, du seist der loyale Typ. Ich habe angenommen, du hättest ein anderes, sagen wir, Nebeninteresse gefunden.«

»Du warst niemals ein Nebeninteresse«, erwiderte Cery. »Das Leben ist zu kompliziert für mehr als eine Geliebte gleichzeitig.«

Sie lächelte. »Lieb von dir, das zu sagen. Ich kann von mir nicht das Gleiche behaupten – aber das wusstest du.« Dann wurde ihre Miene erst. Sie trat ein und zog das Paneel zu. »Du bist wegen des Geschäftes hier, nicht wegen des Vergnügens.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

»Du hast mich schon immer allzu leicht durchschaut«, erwiderte er.

»Nein, ich tue nur so als ob. Wen möchtest du tot sehen?« Ihre Augen blitzten vor Eifer und Erregung. »Hat dich in letzter Zeit jemand geärgert?«

»Ich brauche Informationen.«

Ihre Schultern sackten vor Enttäuschung herunter. »Warum, warum, warum? Ständig wollen sie Informationen.« Sie warf die Hände hoch. »Oder wenn sie das ganze Paket wollen, machen sie einen Rückzieher, bevor ich auch nur meine Messer schärfen kann.« Sie schüttelte den Kopf, dann sah sie ihn hoffnungsvoll an. »Werden die Informationen zu dem ganzen Paket führen?«