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Sie stieß sich von der Wand ab und kam auf ihn zu. Ihr Blick ruhte auf seiner Brust. Sie streckte eine Hand aus, griff nach der Schärpe seiner Robe und begann sie zu öffnen.

»Wa-was tust du da?«, fragte er und ergriff ihre Handgelenke, um sie aufzuhalten.

»Eine meiner Pflichten«, sagte sie stirnrunzelnd und ließ die Schärpe los.

Sein Herz raste. Sein Körper hatte sich dafür entschieden, sich eher auf die Seite der Erregung zu stellen. Ich darf hier keine voreiligen Schlüsse ziehen, ermahnte er sich. Außerdem ist es beunruhigend genug, von jemandem bedient zu werden, der keine Wahl hat; ich schätze, es wäre noch abstoßender, das Bett mit einer Frau zu teilen, die keine Wahl hat. Er stellte sich vor, in diese dunklen, leeren Augen zu blicken, und alles Interesse zerstob.

»Wir Kyralier ziehen es vor, uns selbst auszukleiden«, erklärte er und ließ ihre Hände los.

Sie nickte und trat zurück, und ihre rätselhaften Augen drückten Verwirrung und Duldung aus. Besser das als gar nichts. Nachdem sie sich an die Wand zurückgezogen hatte, nahm sie wieder ihre frühere Haltung ein. Er unterdrückte einen Seufzer.

»Du darfst gehen«, sagte er zu ihr.

Sie zögerte einen winzigen Moment, und ihre Augenbrauen zuckten in die Höhe. Dann löste sie sich schnell von der Wand und verschwand durch die Tür. Ihre Schritte waren lautlos.

Lorkin ging zum Bett hinüber und setzte sich.

Nun, das war peinlich und unangenehm. Und ein wenig seltsam. Sie hatte seine Frage nicht beantwortet. Aber andererseits, wenn man eine Sklavin, die in einem Schlafzimmer stand, nach ihrer Rolle befragte, war das vielleicht ein massiver Hinweis, dass man sie in seinem Bett haben wollte.

Ich bin ein Idiot. Natürlich ist es so. Er seufzte. Ich habe noch viel zu lernen, dachte er kläglich. Und da Dannyl die einzige weitere freie Person hier ist, kann ich nur von den Sklaven lernen. Wenn Tyvara meine persönliche Dienerin ist, dann werde ich sie am häufigsten von allen Sklaven sehen. Und wenn ich einen Sklaven befragen will, sollte ich das besser an einem Ort tun, wo kein Sachakaner hören kann, wie ich meine Unwissenheit offenbare.

Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, beschloss er, würde er sie nach der Etikette zwischen Herr und Sklave befragen.

Und hoffentlich können wir einige Regeln für unser Miteinander aufstellen. Diese ganze Unterwürfigkeitsgeschichte auf einen Punkt verringern, an dem es für mich nicht so beunruhigend ist, ohne so weit zu gehen, dass sie sich dabei unbehaglich fühlt.

Einfach ausgedrückt, er würde sich mit ihr anfreunden müssen. Und das sollte nicht zu schwierig sein. Er hatte in der Vergangenheit nie große Probleme gehabt, Frauen für sich zu gewinnen, obwohl ihm das gelegentlich mehr Scherereien eingetragen hatte, als es wert war. Herauszufinden, wie man sich mit einer sachakanischen Sklavin anfreundete, mochte eine neue Herausforderung ein, aber gewiss eine, die seine Fähigkeiten nicht überforderte.

11

Verlockende Informationen

Allein in dem neuen Versteck lauschte Cery in die Stille. Wenn alles so ruhig war, wenn Gol fort war, um Dinge zu erledigen, konnte Cery die Augen schließen und die Erinnerungen an die Oberfläche steigen lassen. Zuerst kam der Klang der Stimmen und des Gelächters seiner Kinder. Akki, der Ältere, der Harrin neckte. Dann die sanfte Schelte von Selia.

Wenn er Glück hatte, sah er sie lächelnd und lebendig. Aber wenn nicht, stieg die Erinnerung an ihre Leiber in ihm auf, und er verfluchte sich dafür, sie sich angesehen zu haben, obwohl er gewusst hatte, dass die Bilder ihn für immer quälen würden. Aber sie haben es verdient, gesehen zu werden. Verabschiedet zu werden. Und wenn ich sie nicht gesehen hätte, würde ich mich vielleicht an den Gedanken klammern, der mir kommt, wenn ich am Morgen aufwache, dass sie nämlich noch da sind und auf mich warten.

Ein grobes Klirren unterbrach seine Gedanken, aber als er sich aus seiner Versunkenheit hochrappelte, beschloss er, dass es ihm nichts ausmachte. Trauer war zu erwarten gewesen, aber sich dadurch von seiner Aufgabe ablenken zu lassen konnte dazu führen, dass er genauso endete wie seine Familie. Das Geräusch war ein Signal, dass sich jemand dem Versteck näherte.

Cery erhob sich von seinem Stuhl und ging langsam im Raum auf und ab. Das erste Geräusch war inzwischen erstorben, und ein neues war an seine Stelle getreten. Jede Stufe der Treppe, die von der Bolbrauerei über dem Versteck hinabführte, bog sich leicht unter dem Gewicht eines Menschen und löste einen Mechanismus aus, der ein Klappern durch die Räume darunter hallen ließ. Cery zählte die Schritte und spürte, dass sein Herzschlag sich beschleunigte.

Ist das der Jäger der Diebe? Er betrachtete die Vertäfelung, hinter der die nächste sichere Fluchtroute lag. Ich bin seit über einer Woche hier. Das ist nicht sehr lange. Ich würde gründlich planen wollen, wenn ich beabsichtigte, einen Dieb zu töten. Ich würde mir so viel Zeit nehmen, wie ich glaubte, mir leisten zu können, und mein Opfer auskundschaften. Er runzelte die Stirn. Aber ich will nicht wochenlang hier warten. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, wie wir den Jäger der Diebe auf den Gedanken bringen können, dass er nicht viel Zeit hat…

Es folgte ein Augenblick der Stille. Dann erklang ein Läuten in vertrautem Rhythmus, und Cery stieß den Atem aus, von dem er gar nicht bemerkt hatte, dass er ihn angehalten hatte. Es war Gols Signal.

Cery ging zu der anderen Wand hinüber, schob einen der Papierschirme beiseite, die an den Wänden angebracht waren, um Fenster nachzuahmen und das bedrückende Gefühl zu lindern, unter der Erde zu sein. Dahinter befand sich in einer flachen Nische ein Luftschachtrost. Er klappte den Rost auf und drückte den Hebel in der Nische. Dann spähte er durch verdunkeltes Glas, um sich davon zu überzeugen, dass die herannahende Person tatsächlich Gol war.

Als die Gestalt in den Flur hinter der Glasscheibe trat, erkannte Cery seinen Freund ebenso sehr an seinen Bewegungen wie an seiner Statur und seinem Gesicht. Der große Mann ging ans Ende des Flurs und wartete. Cery trat wieder an den Rost und drückte den Hebel nach oben.

Einen Moment später schwang die Tür des Verstecks auf, und Gol kam herein. Er zog die Augenbrauen hoch.

»Keine Besucher, während ich fort war?«

Cery zuckte die Achseln. »Kein einziger. Ich bin wohl nicht mehr so beliebt wie früher.«

»Ich habe immer gesagt, es sei besser, einige wenige gute Freunde zu haben als viele schlechte.«

»Jemand wie ich hat keine große Wahl.« Cery trat zu einem der Schränke und öffnete ihn. »Wein?«

»So früh?«

»Die einzige Alternative ist, dass wir spielen und du wieder verlierst.«

»Also dann Wein.«

Nachdem er eine Flasche und zwei Gläser aus dem Schrank genommen hatte, trug Cery sie zu dem kleinen Tisch zwischen den luxuriösen Sesseln in der Mitte des Raums. Gol nahm ihm gegenüber Platz, ergriff die Flasche und machte sich daran, den Korken herauszuziehen.

»Ich habe heute einige gute Neuigkeiten aufgeschnappt«, berichtete Gol.

»Tatsächlich?«

»Ich habe gehört, dass du ein neues Versteck hättest und dass es sicherer sei als das eines jeden anderen Diebes in der Stadt.« Der Korken löste sich, und Gol begann, ein wenig Wein in die Gläser zu gießen.

»Ist das so?«

»Ja, und dass du nicht so klug bist, wie du denkst. Es gibt eine Möglichkeit einzubrechen, wenn man weiß, wie.« Gol hielt Cery ein Glas hin.

Cery heuchelte Besorgnis, als er es entgegennahm. »Wie schrecklich. Ich muss die Zeit finden, das in Ordnung zu bringen. Irgendwann.« Er trank einen Schluck. Der Wein schmeckte würzig und voll. Er wusste, dass er exzellent war, aber es erregte ihn nicht. Er hatte nie echten Gefallen an Wein gefunden und zog einen wärmenden Becher Bol vor. Aber in mancher Gesellschaft zahlte es sich aus, einen guten Wein von einem schlechten unterscheiden zu können, und gute Jahrgänge konnten eine einträgliche Investition sein.