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Oder einen Sklaven, der in der Angelegenheit keine Wahl hat. Letzteres stieß ihn ab, aber Ersteres erfüllte ihn mit Abscheu.

Hat Lorkin ein ähnliches Angebot erhalten? Die Frage erfüllte ihn für einen Moment mit Furcht, aber dann erinnerte er sich an den Gesichtsausdruck, den Lorkin stets zeigte, wenn ein Sklave sich vor dem jungen Mann niederwarf. Wenn er ein solches Angebot erhalten hat, denke ich nicht, dass er es angenommen hat. Trotzdem, ich muss ein Auge auf ihn halten.

Aber nicht heute Nacht. Es war spät, und Lorkin schlief wahrscheinlich schon längst. Dannyl sollte sich ebenfalls zurückziehen. Morgen Abend würde er einen anderen Ashaki besuchen und ihm zuhören müssen und am Abend darauf ebenfalls, und auch die Liste mit Belangen von Handel und Diplomatie, die es tagsüber abzuarbeiten galt, begann zu wachsen.

Doch als er endlich im Bett lag, träumte er, er habe einen Streit mit Tayend, der sich irgendwie in einen sachakanischen Ashaki verwandelt hatte; in dem Streit ging es um die umwerfend gut aussehenden männlichen Sklaven in seinem Besitz. Tu, was die Einheimischen tun, erklärte ihm Tayend. Wir würden das Gleiche von ihnen erwarten, wenn sie nach Kyralia kämen. Und denk daran, ich bin nicht der erste Gildemagier, der Sklaven besitzt. Denk daran, morgen früh.

13

Die Falle

Als die Kutsche vor der Tür von Regins Haus stehen blieb, beschlich Sonea ein Gefühl des Widerstrebens. Sie blieb sitzen, während Erinnerungen daran in ihr aufstiegen, erschöpft und hilflos zu sein, spätnachts in den Tiefen der Universität gepeinigt von einem jungen Novizen und seinen Freunden.

Dann erinnerte sie sich daran, dass derselbe Novize vor einem sachakanischen Ichani zurückgewichen war, nachdem er sich freiwillig erboten hatte, als Köder zu dienen, der leicht auch hätte verschluckt werden können. Und sie erinnerte sich an seine Worte: »…falls ich all das überleben sollte, werde ich versuchen, es wiedergutzumachen.«

Hatte er das getan? Sie schüttelte den Kopf. Nach dem Krieg hatten viele von Imardins großen Häusern darauf gebrannt, Familienmitglieder zu ersetzen, die in der Schlacht gestorben waren, wohl wissend, dass mit der Zahl der Magier eines jeden Hauses auch das Prestige wuchs. Regin hatte kurz nach dem Abschluss geheiratet, und den Gerüchten zufolge, die in der Gilde die Runde machten, mochte er die Ehefrau, die seine Familie für ihn ausgewählt hatte, nicht besonders.

Seit jenen frühen Tagen an der Universität hatte er Sonea nichts Unerfreuliches mehr angetan. Gewiss hatte es keine der schäbigen Streiche des Novizen mehr gegeben, aber er hatte auch als Erwachsener keine Schritte gegen sie unternommen. Warum also widerstrebte es ihr derart, ihm in seinem eigenen Haus gegenüberzutreten? War sie immer noch auf der Hut vor ihm? Oder machte sie sich Sorgen, dass sie aus alter Abneigung und Misstrauen gegen ihn unhöflich sein würde? Es war kindisch, ihm Dinge zu verübeln, die er ihr angetan hatte, als er jung und töricht gewesen war. Rothen hatte recht damit, dass Regin zu einem vernünftigen Mann herangereift war.

Aber alte Gewohnheiten wird man ebenso schwer los wie alte Flecken, dachte sie.

Schließlich zwang sie sich, sich zu erheben, und stieg aus der Kutsche. Wie immer hielt sie kurz inne, um ihre Umgebung in sich aufzunehmen. Da Kallen jedes Mal einen Grund zu hören verlangte, wenn sie das Gelände der Gilde verließ, hatte sie nicht häufig Gelegenheit, die Straßen der Stadt zu sehen.

Natürlich lag diese Straße im Inneren Ring, da Regins Familie und Haus alt und mächtig waren und nur die Wohlhabendsten und Einflussreichsten es sich leisten konnten, so nah beim Palast zu leben. Die Straße sah ziemlich genauso aus, wie es die Straßen im Inneren Ring immer getan hatten, mit großen zwei- und dreigeschossigen Gebäuden, von denen viele unterschwellige Anzeichen von Reparaturen zeigten oder gänzlich neu gefertigte Fassaden, Arbeiten, die bald nach der Ichani-Invasion vollendet worden waren.

Sonea richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Menschen auf der Straße. Einige Männer und Frauen schlenderten vorbei, und ihre Kleidung verriet ihren hohen Rang. Auch einen Magier entdeckte sie. Die Übrigen waren Dienstboten. Aber dann bemerkte sie eine Gruppe von vier Männern, die ein Gebäude am Ende der Straße verließen und in eine Kutsche stiegen. Obwohl sie den Prunkstaat reicher Menschen trugen, hatten ihre Haltung und ihre Bewegungen etwas an sich, das Sonea an die selbstbewusste Brutalität von Straßenbanden erinnerte.

Möglich, dass ich es mir nur einbilde, sagte sie sich. Ich könnte die Verbindung herstellen, nur weil ich Regin in letzter Zeit so oft über kriminelle Verbindungen in den Häusern habe sprechen hören.

Sie wandte sich ab, ging auf die Tür von Regins Haus zu und klopfte an. Einen Moment später wurde die Tür geöffnet, und ein schlanker, säuerlich dreinblickender Diener begrüßte sie mit einer tiefen Verbeugung.

»Schwarzmagierin Sonea«, sagte er mit unerwartet tiefer Stimme. »Lord Regin erwartet Euch. Ich werde Euch zu ihm geleiten.«

»Danke«, erwiderte sie.

Er führte sie durch eine große Halle und eine gewundene Treppe hinauf. Nachdem sie eine weitere Halle durchquert hatten, gelangten sie in einen großen Raum voller dick gepolsterter Sessel. Durch hohe Fenster an einer Seite fiel Sonnenlicht. Der Stoff, der die Sessel bedeckte, sowie die Wände und die Papierschirme waren in leuchtenden Farben gehalten.

Zwei Personen erhoben sich von ihren Plätzen – Regin und eine Frau, die Sonea für seine Ehefrau hielt. Die Frau trat mit ausgestreckten Armen auf Sonea zu, als wolle sie ihre Besucherin an sich ziehen, aber im letzten Moment verschränkte sie die Hände.

»Schwarzmagierin Sonea!«, rief sie aus. »Es ist eine solche Ehre, Euch in unserem Haus zu haben.«

»Das ist Wynina, meine Gemahlin«, erklärte Regin.

»Es ist mir eine Freude, Euch kennenzulernen«, sagte Sonea zu Wynina.

Die Frau strahlte. »Ich habe so viel von Euch gehört. Es kommt nicht oft vor, dass wir eine historische Gestalt in unserem Heim begrüßen dürfen.«

Sonea versuchte, sich auf eine Antwort zu besinnen, brachte aber keine zustande. Die Frau errötete und schlug die Hand vor den Mund. »Nun«, sagte sie und blickte zwischen Regin und Sonea hin und her. »Ihr zwei habt ernste Dinge zu besprechen. Ich werde Euch allein lassen.«

Sie ging auf die Tür zu, drehte sich noch einmal um, um Sonea zuzulächeln, und verschwand dann im Flur dahinter.

Regin lachte leise. »Sie ist ziemlich eingeschüchtert von Euch«, sagte er mit leiser Stimme und deutete einladend auf die Sessel.

»Wirklich?«, erwiderte Sonea, während sie zu einem der Sessel hinüberging und Platz nahm. »Diesen Eindruck machte sie gar nicht auf mich.«

»Oh, sie ist normalerweise viel redseliger.« Er lächelte dünn. »Aber ich nehme an, Ihr seid wegen wichtigerer Dinge hergekommen?«

»Ja.« Sonea hielt inne, um Luft zu holen. »Ich habe in den Hospitälern Heiler und Helfer befragt, und das Ergebnis dieser Gespräche führt mich dazu, Euch recht zu geben: Es wäre schädlich, die Regel gegen eine Verbindung mit Kriminellen außer Kraft zu setzen.«

Sie hatte beschlossen, nichts von ihrem Verdacht zu erwähnen, dass Feuel möglicherweise im Körper eines Magiers dauerhafte Spuren hinterlassen könnte. Als sie ihren Verdacht Lady Vinara gegenüber erwähnt hatte, hatte die Frau höfliche Ungläubigkeit zum Ausdruck gebracht. Es würde erheblich mehr dazugehören als die Behauptungen eines einzelnen Steinmetzen, um Magier davon zu überzeugen, dass sie die Wirkung der Droge nicht einfach »heilen« konnten. Bis sie Zeit gefunden hatte, ihre Theorie zu überprüfen, würde sie die Idee für sich behalten. Und selbst wenn sie es beweisen konnte, gab es manch einen in der Gilde, der die Schuld an dem Problem bei den unteren Klassen suchen würde, und das würde die Situation nur verschlimmern, in die die Regel die »ProIiis« gebracht hatte.