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Das hatte sie ziemlich schnell begriffen. Und dann war da jene Nacht gewesen, in der sie beobachtet hatten, wie Sonea und Akkarin gegen eine Ichani gekämpft und sie getötet hatten. Während des Kampfes war das Dach unter ihnen eingestürzt, aber Savara hatte seinen Sturz mit Magie gebremst. Und dann waren die Dinge erheblich persönlicher geworden…

Nach der Ichani-Invasion war sie fortgegangen, war zu den Leuten zurückgekehrt, für die sie arbeitete. Er hatte sie nie wiedergesehen, obwohl er sich oft gefragt hatte, wo sie war und ob sie lebte und in Sicherheit war. Höchstwahrscheinlich hatte sie sich wieder und wieder um ihres Volkes willen in gefährliche Situationen begeben, so dass es durchaus möglich war, dass eine davon zu ihrem Tod geführt hatte.

Ich war nie verliebt in sie, rief er sich ins Gedächtnis. Ebenso wenig war sie in mich verliebt. Ich habe sie bewundert, sowohl ihren Körper als auch ihren Verstand. Sie hatte in mir einen nützlichen und unterhaltsamen Verbündeten und eine Ablenkung gefunden. Wenn sie geblieben wäre, wären wir nicht…

Ein Geräusch unter ihm holte ihn in die Gegenwart zurück. Cery spähte wieder durch den Ritz zwischen den Dachziegeln und sah zwei Personen die Treppe in den kleinen Raum unter ihm hinaufgehen. Eine erkannte er sofort: Es war Makkin, und er trug eine Lampe. Die andere Person war eine dunkelhäutige Frau.

»Ist es das?«, fragte sie. Ihre Stimme hatte einen seltsamen Akzent und die Heiserkeit des Alters, aber sie bewegte sich mit der Vitalität einer jüngeren Frau. Der Jäger der Diebe ist eine Frau, dachte Cery. Das ist… interessant. Wie es aussieht, bin ich dazu verurteilt, entweder der Verbündete oder die Zielscheibe sehr mächtiger und gefährlicher Frauen zu werden.

»Ja«, antwortete Makkin. »Das ist es. Sie sind dort drin. Aber –«

»Öffne es!«, befahl die Frau.

»Ich kann nicht! Sie haben den Schlüssel mitgenommen. Sie meinten, auf diese Weise könne ich es niemand anderem verkaufen, bevor sie mit dem Geld zurückkommen würden.«

»Was? Du lügst!«

»Nein! Neinneinneinneinnein!« Der Besitzer des Pfandhauses warf die Arme hoch und wich vor ihr zurück. Sein Verhalten war ein wenig extrem für jemanden, der einen Kopf größer war als die Frau, die drohend auf ihn zukam. Als wüsste er, dass sie gefährlicher ist, als sie zu sein scheint.

Die Frau wedelte mit den Armen. »Geh!«, befahl sie. »Lass die Lampe hier, verlass diesen Laden und komm nicht vor morgen zurück.«

»Ja! Danke! Es tut mir leid, dass ich Euch nicht –«

»HINAUS!«

Er rannte die Treppe hinunter, als sei ihm eine wilde Bestie auf den Fersen. Die Frau wartete, während sie auf Makkins Schritte lauschte. Das Geräusch der Ladentür, die zugeschlagen wurde, hallte zu Cery hinauf.

Die Frau wandte sich um, um den Tresor zu betrachten, dann straffte sie die Schultern. Sie näherte sich ihm langsam, ging davor in die Hocke und wurde vollkommen reglos. Cery konnte ihr Gesicht nicht erkennen, aber er sah, wie ihre Schultern sich hoben und senkten, während sie tief atmete.

Einen Moment später sprang das Schloss mit einem Klicken auf.

Gol keuchte leise. Cery lächelte grimmig. Schlösser öffnen sich nicht einfach von selbst. Sie muss Magie benutzt haben. Ich habe den Beweis, dass wir eine wilde Magierin in der Stadt haben. Das war jedoch nicht der Beweis, dass sie die Jägerin war; was, wenn es sich so verhielt? Bei dem Gedanken überlief ihn ein Schauer. War die Frau dort unten wirklich der Mörder, der so viele Diebe getötet hatte?

Sie betrachtete jetzt die Bücher im Tresor. Er erkannte den Band über Magie. Seine Entdeckung hatte Cery und Gol die Mühe, die Zeit und die Kosten für die Anfertigung einer Fälschung erspart und außerdem das Risiko, dass Makkin es bemerkt hätte, aber das Buch war nicht annähernd so bemerkenswert, wie er in den Bolhäusern prahlerisch behauptet hatte. Die Frau öffnete es, blätterte die Seiten durch, murmelte dann etwas und warf es beiseite. Danach griff sie nach einem anderen Buch und untersuchte auch dieses gründlich. Als sie sich sämtliche Bücher angesehen hatte, stand sie langsam auf. Sie ballte die Fäuste und sprach ein fremdartiges Wort.

Was hat sie gesagt? Er runzelte die Stirn. Einen Moment mal. Das war eine andere Sprache. Sie ist eine Fremdländerin. Aber sie hatte zu wenig gesagt, als dass er die Sprache oder auch nur ihren Akzent hätte erkennen können. Wenn sie doch nur noch einmal sprechen würde. Einen ganzen Satz, nicht nur ein Fluchwort.

Aber die Frau bewahrte Stillschweigen. Sie erhob sich und wandte dem Tresor und seinem Inhalt, der jetzt im Raum verteilt lag, den Rücken zu. Dann durchquerte sie den Raum, ging zur Treppe und verschwand in der Dunkelheit des Ladens darunter. Wieder schlug die Tür zu. Schwache Schritte verklangen auf der Straße.

Cery blieb stumm und reglos sitzen und wartete, bis sie sicher waren, dass jemand, der den Ausruf der Frau gehört hatte und den Laden deshalb beobachtete, inzwischen das Interesse verloren haben würde. Währenddessen dachte er über seinen Plan nach. Wir haben die Information, die wir brauchten. Die einzige Überraschung war der Umstand, dass der wilde Magier eine Frau und eine Fremdländerin ist. Das macht sie nicht weniger gefährlich, ob sie nun die Jägerin der Diebe ist oder nicht. Und wenn fremdländische Magier in Imardin Quartier beziehen, wird Sonea das definitiv erfahren wollen.

Und Skellin. Sollte er es dem anderen Dieb erzählen?

Ich habe keinen Beweis dafür, dass sie der Jäger ist. Mir wäre es lieber, Skellin würde nicht erfahren, dass Sonea und ich immer noch in Verbindung stehen. Wenn die Gilde die wilde Magierin einfängt, werden sie ihre Gedanken lesen und endgültig feststellen, ob sie die Mörderin ist. Wenn sie es nicht ist, dann habe ich Skellin nichts zu sagen.

Und wenn sie es doch war… Nun, dann brauchte Cery Sonea nur zu erzählen, was er wusste, und es würde keinen Jäger der Diebe mehr geben, über den man etwas zu berichten hatte.

14

Unerwartete Verbündete

»Also, wen treffe ich heute Abend?«, fragte Dannyl Ashaki Achati, als die Kutsche vor dem Gildehaus losfuhr.

Der sachakanische Magier lächelte. »Euer Plan, nicht zu bitten und zu insistieren, den König zu sehen, hat funktioniert. Er hat Euch in den Palast eingeladen.«

Dannyl blinzelte überrascht, dann bedachte er alles, was Lord Maron ihm über den sachakanischen König und das Protokoll berichtet hatte. Der ehemalige Botschafter hatte gesagt, dass der König eine Audienz geradeso oft ablehnte, wie er eine gewährte. »Mir war nicht klar, dass ich etwas hätte unternehmen sollen. Sollte ich mich dafür entschuldigen?«

Achati kicherte. »Nur wenn Ihr das Gefühl habt, Ihr müsstet es tun. Da ich der Mittler zwischen dem Gildehaus und dem König bin, liegt es an mir, Euch zu raten, wie und wann Ihr um eine Audienz bei ihm ersuchen solltet. Ich hätte Euch geraten zu warten, bis er Euch einlädt. Da Ihr keine Fehler gemacht habt, gab es wenig Grund, das Thema anzusprechen.«

»Also war es kein Fehler, nicht um eine Audienz zu bitten.«

»Nein. Obwohl eine Demonstration von Desinteresse irgendwann möglicherweise als Kränkung betrachtet worden wäre.«

Dannyl nickte. »Als ich Zweiter Gildebotschafter in Elyne war, wurde von mir verlangt, mich einmal dem König zu präsentieren, was der Erste Gildebotschafter für mich arrangiert hat. Danach folgten nur noch Besprechungen in wichtigen Angelegenheiten, wobei sich der Erste Botschafter in der Regel darum gekümmert hat.«