»Das ist interessant. Dann habt Ihr also zwei Botschafter in Elyne?«
»Ja. Für eine Person gibt es dort zu viel Arbeit. Irgendwie hatten wir genauso viel Arbeit, die nichts mit der Gilde und Magiern zu tun hatte, wie solche Arbeit, die sich um diese Belange drehte.«
»Eure Arbeit hier hat noch weniger Bezug zu Magie und Magiern«, bemerkte Achati. »Ihr braucht keine neuen Rekruten zu prüfen oder den Überblick über Magier zu behalten, die ihren Abschluss bereits gemacht haben. Größtenteils habt Ihr es hier mit Handelsfragen zu tun.«
Dannyl nickte. »Die Arbeit hier ist vollkommen anders, doch bisher war sie sehr angenehm. Ich nehme an, sobald ich alle wichtigen Leute kennengelernt habe, wird man mich nicht länger mit abendlichen Mahlzeiten und Gesprächen verwöhnen.«
Achati zog die Augenbrauen hoch. »Oh, sobald von mir nicht länger erwartet wird, Euch zu begleiten, werdet Ihr vielleicht feststellen, dass Ihr noch gefragter seid als zuvor. Es kann eine anstrengende und politisch gefährliche Übung sein, einen anderen Sachakaner zu bewirten. Ihr seid sowohl exotisch als auch nicht leicht zu kränken und daher ein angenehmer Gast.« Er deutete auf das Kutschenfenster. »Schaut nach draußen, wenn wir um die Ecke fahren.«
Die Kutsche wurde langsamer, und die Mauer neben ihnen endete. Eine breite Straße kam in Sicht. Langgestreckte Blumenbeete erschienen, beschattet von riesigen Bäumen. Wo diese Gärten endeten, stand ein großes Gebäude. Weiße Mauern beschrieben von einem zentralen Torbogen aus weite Kurven wie sorgfältig drapierte Vorhänge. Über ihnen erhoben sich flache, im Sonnenlicht glänzende Kuppeln. Der Anblick tat Dannyl gut.
»Es ist wunderschön«, sagte er und beugte sich vor, um das Gebäude im Blick zu behalten, während die Kutsche auf die Straße einbog. Aber schon bald konnte er nur noch die weißen Mauern der Herrenhäuser am Straßenrand sehen. Er wandte sich wieder zu Ashaki Achati um und stellte fest, dass der Mann anerkennend lächelte.
»Es ist über tausend Jahre alt«, sagte der Sachakaner voller Stolz. »Natürlich mussten im Laufe der Jahre einige Teile wieder aufgebaut werden. Die Mauern sind zweifach verstärkt, so dass Verteidiger sich darin verstecken und Eindringlinge durch Löcher und Luken angreifen können.« Er zuckte die Achseln. »Nicht dass sie jemals zu diesem Zweck benutzt worden wären. Als die kyralische Armee hier eintraf, war unsere Armee bereits besiegt, und der letzte Kaiser hat sich ohne Widerstand ergeben.«
Dannyl nickte. So viel wusste er bereits aus den grundlegenden historischen Kursen an der Universität, und seine Nachforschungen hatten es bestätigt.
»Der dritte König hat die Kuppeln mit Gold überziehen lassen«, fuhr Achati fort. Dann schüttelte er den Kopf. »Ein frivoler Luxus war das in einer Zeit des Hungers, aber sie sind so schön, dass niemand sie je entfernt hat, und von Zeit zu Zeit sorgt ein König dafür, dass sie gereinigt und neu poliert werden.«
Die Kutsche wurde langsamer und umrundete eine Kurve, und Dannyl schaute eifrig aus dem Fenster, als der Palast wieder in Sicht kam. Sobald er und Achati ausgestiegen waren, hielten sie inne, um für einen Moment voller Bewunderung zu dem Gebäude aufzublicken, bevor sie auf den zentralen Torbogen zugingen.
Wachsoldaten zu beiden Seiten des Eingangs behielten ihre starre Haltung und ihren in die Ferne gerichteten Blick bei. Sie waren keine Sklaven, erinnerte sich Dannyl, sondern wurden aus den niedersten Rängen der sachakanischen Familien rekrutiert. Ich nehme an, es wäre nicht besonders nützlich, seinen Palast von Sklaven bewachen zu lassen. Wachen, die sich auf den Boden werfen, wann immer jemand Wichtiges vorbeikommt, werden kaum schnell reagieren, um irgendetwas oder irgendjemanden zu verteidigen.
Sie gingen durch zwei offene Türen, dann folgten sie einem breiten Flur ohne Nebeneingänge. Am Ende dieses Flurs befand sich ein großer Raum voller Säulen, dessen Boden und Wände aus poliertem Stein waren und in dem ihre Schritte widerhallten. Am Ende des Raums stand ein großer, steinerner Stuhl, und darauf saß ein alter Mann, der die kunstvollsten Kleider trug, die Dannyl seit seiner Ankunft bei irgendeinem Sachakaner gesehen hatte.
Und es sieht nicht so aus, als fühle er sich wohl, bemerkte er. Es wirkt, als würde er gern bei der ersten sich bietenden Gelegenheit von diesem Thron aufstehen.
Einige Männer standen im Raum, allein oder in Gruppen von zwei oder drei Personen. Schweigend beobachteten sie, wie Dannyl und Ashaki Achati näher kamen. Etwa zwanzig Schritte vom König entfernt blieb Achati stehen und sah Dannyl an.
Der Blick war ein Signal. Achati machte eine tiefe Verbeugung. Dannyl ließ sich auf ein Knie fallen.
Lord Maron hatte erklärt, dass die traditionelle kyralische und elynische Geste des Gehorsams einem König gegenüber am passendsten sei, trotz der Tatsache, dass Sachakaner vor ihrem eigenen König nicht niederknieten.
»Erhebt Euch, Botschafter Dannyl«, erklang eine alte Stimme. »Seid mir gegrüßt, Ihr und mein guter Freund, Ashaki Achati.«
Dannyl war dankbar dafür, dass die Berührung mit dem Boden kurz ausgefallen war. Der Stein war kalt. Er blickte zum König auf und stellte zu seiner Überraschung fest, dass der Mann vom Thron aufgestanden war und auf sie zukam.
»Es ist mir eine Ehre, Euch kennenlernen zu dürfen, König Amakira«, erwiderte er.
»Und mir ist es eine Freude, endlich den neuen Gildebotschafter kennenzulernen.« Die Augen des alten Mannes waren dunkel und undeutbar, aber die Runzeln darum herum vertieften sich zu einem echten Lächeln. »Würdet Ihr gern mehr vom Palast sehen?«
»Ja, Euer Majestät«, antwortete Dannyl.
»Kommt. Folgt mir, und ich werde Euch herumführen.«
Ashaki Achati machte eine Handbewegung, um Dannyl zu bedeuten, dass er neben dem König hergehen solle, dann bildete er selbst die Nachhut, während der Herrscher sie durch einen Nebeneingang aus der Halle führte. Ein breiter Flur verlief entlang der Halle und zweigte dann in eine andere Richtung ab. Während der König wiederholte, was Achati Dannyl über das Alter des Palastes erzählt hatte, führte er sie durch mehrere gewundene Flure und seltsam geformte Räume. Schon bald hatte Dannyl jede Orientierung verloren. Ich frage mich, ob das der Sinn all der gewundenen Mauern ist. Und ob der Eingangsflur und die Empfangshalle die einzigen eckigen Räume im Gebäude sind.
»Ich höre, Ihr interessiert Euch für Geschichte«, sagte der König und sah Dannyl mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Ja. Ich schreibe eine Geschichte der Magie, Euer Majestät.«
»Ein Buch! Ich würde auch gern eines Tages ein Buch schreiben. Wie nahe seid Ihr der Fertigstellung?«
Dannyl zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht. Es gibt einige Lücken in der kyralischen Geschichte, die ich gern füllen würde, bevor ich das Buch drucken lasse.«
»Was sind das für Lücken?«
»Gemäß der Geschichte, die an der Universität der Gilde gelehrt wird, wurde Imardin während des Sachakanischen Krieges dem Erdboden gleichgemacht, aber ich habe keine Beweise dafür gefunden. Tatsächlich habe ich in Ashaki Itokis Sammlung einige Beweise für das Gegenteil gefunden.«
»Natürlich wurde die Stadt nicht dem Erdboden gleichgemacht!«, rief der König lächelnd. »Wir haben die letzte Schlacht verloren!«
Dannyl breitete die Hände aus. »Sie könnte vor dieser Schlacht zerstört worden sein.«
»Nicht nach unseren Unterlagen. Obwohl… nur wenige Sachakaner überlebten die letzte Schlacht, und noch weniger kehrten nach Hause zurück, daher haben wir die meisten Informationen von den Kyraliern, die uns erobert haben. Ich schätze, sie hätten ein besseres Bild zeichnen können, als es die Wirklichkeit gewesen war.« Der König zuckte die Achseln. »Also, was glaubt Ihr, woher diese Idee stammt, die Stadt sei dem Erdboden gleichgemacht worden?«