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»Ich meinte nicht die Gilde. Ich meinte das Land. Die Verbündeten Länder.«

»Ich weiß. Aber es gibt auch Länder jenseits des Bundes.«

»Ja. Doch während die Gilde einen anderen Schwarzmagier ausbilden kann, der an deine Stelle treten wird, wirst du keine andere Gilde finden, um sie zu ersetzen.

Dir mag das gleichgültig sein, aber wird Lorkin es genauso sehen?«

Sie starrte noch immer die Roben an. Sie waren nicht das, was ein Magier tragen sollte, wenn er die Fesseln der Gilde abschüttelte. Sonea war sich nicht sicher, was ein Magier tragen sollte, wenn er rebellierte und aus dem Land stürmte, nur dass dies ganz und gar nicht passend war. Aber es war alles, was sie zum Anziehen hatte.

Ich kann nicht glauben, dass ich mir in diesem Moment den Kopfüber Kleidung zerbreche!

»Du musst die wilde Magierin finden, Sonea.«

»Regin kann sie finden.«

»Cery traut ihm nicht.«

»Da kann ich ihm keine Vorwürfe machen«, murmelte sie. »Cery wird zurechtkommen müssen.«

Rothen seufzte. »Sonea.« Seine Stimme hatte jetzt einen väterlichen, strengen Tonfall angenommen.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust, setzte ihren besten Komm-mir-nicht-in-die-Quere-ich-habe-es-schon-mit-schlimmeren-Gegnern-als-dir-aufgenommen-Blick auf, der dazu führte, dass Novizen zusammenzuckten und Magier ihre Worte noch einmal überdachten, und drehte sich zu ihm um. »Was?«

Wie immer blieb er unbeeindruckt.

»Du weißt, dass du nicht gehen kannst«, antwortete er. »Du weißt, dass du Lorkins Situation höchstwahrscheinlich verschlimmern wirst, statt sie zu verbessern, und dass er, wenn dies vorüber ist, eine gut geschützte Gilde braucht, in die er zurückkehren kann – mit seiner Mutter darin.«

Sie starrte ihn lange an, dann fluchte sie.

»Warum habt Ihr immer recht, Rothen?«

Er zuckte die Achseln. »Ich bin älter und klüger als du. Und nun müssen wir beide reden und weniger durchschaubare und zerstörerische Pläne schmieden. Für den Anfang denke ich, dass wir jemanden nach Sachaka schicken sollten, der in deinem Namen handelt.« »Wen?«

Er lächelte. »Ich habe da einige Leute im Sinn. Setz dich hin, und ich werde es dir erzählen.«

21

Willkommene Unterstützung

Der Bach sah nicht sauber aus, nicht einmal im weichen Licht der herannahenden Morgendämmerung. Ein bloßes Rinnsal, das sich träge durch einen schmalen Graben wand, war er gesäumt von grünem Schleim und roch nach Moder und fauliger Vegetation. Tyvara war ungerührt. Sie ging in die Hocke und schöpfte eine Handvoll Wasser.

Lorkin beobachtete, wie sie das Wasser einen Moment lang betrachtete und es dann herunterschluckte. »Du wirst krank werden«, sagte er. Sie blickte zu ihm auf. »Keine Sorge. Ich sauge es erst aus.«

»Du saugst es aus?«

»Ich ziehe alles Leben darin heraus. Es ist immer noch körnig von Ablagerungen, aber das ist unangenehm, nicht gefährlich. Das ist viel schneller und wirksamer als das, was ihr tut, da ich Energie nehme, statt welche zu verbrauchen. Willst du nicht trinken? Wir können nicht wissen, wann wir wieder Wasser finden werden.«

Lorkin betrachtete ihre Hände, die noch schmutzig vom Wasser waren. »Ich dachte, Blut sei die einzige Substanz, aus der man Magie ziehen kann.«

Sie lächelte und schöpfte weiteres Wasser. »Du weißt, dass Menschen und die meisten Tiere einen Schutz gegen eindringende Magie haben, der normalerweise auf der Haut liegt?«

»Ja.«

»Um daran vorbeizugreifen, muss man diese Schicht aufbrechen, und das lässt sich am einfachsten bewerkstelligen, indem man die Haut zerschneidet. Natürlich führt das zu einer Blutung, so dass die Menschen denken, das Blut sei von entscheidender Bedeutung. Das ist es nicht.« Ihre Stimme wurde heiser, während sie sprach. Es war zu lange her, seit sie das letzte Mal Wasser gefunden hatten. Sie hielt inne, um das Wasser in ihren Händen zu betrachten, dann trank sie, bevor sie wieder zu ihm aufsah. »Es gibt winzige Lebensformen im Wasser – man kann es spüren, auch wenn man es nicht sehen kann –, und sie sind es, die einen Menschen krank machen. Aber sie haben anscheinend keine Schutzschicht, daher ist es einfach, ihre Energie herauszuziehen. Doch auf so eine schwächliche Quelle würde man sich nicht verlassen wollen.« Sie blickte hinab. »Pflanzen scheinen einen schwächeren Schutz zu haben als Tiere. Es ist möglich, ihnen die Macht zu entziehen, ohne sie aufzuschneiden, obwohl es langsam geht und man nur so wenig gewinnt, dass man sich die Mühe nicht machen würde.« Sie tauchte die Hand abermals ins Wasser.

Lorkin seufzte und setzte sich. Er zog Magie in sich hinein, sammelte etwa so viel Wasser aus dem Bach, wie in eine Tasse hineingepasst hätte, und hielt es innerhalb einer unsichtbaren Machtkugel. Die Flüssigkeit war trüb und wenig reizvoll. Er sandte weitere Magie aus und erhitzte das Wasser, bis es kochte.

In den Kursen zum Thema Heilkunst, in denen die Reinigung von Wasser gelehrt wurde, hatte er erfahren, dass man das Wasser am besten mehrere Minuten lang kochte. Aber Tyvara hatte schon bald genug getrunken und beobachtete ihn erwartungsvoll, offensichtlich erpicht darauf, wieder aufzubrechen. Er hörte auf, das Wasser zu erhitzen, und ließ es auf eine Temperatur abkühlen, bei der er es berühren und trinken konnte. Glücklicherweise hatte sich der Schmutz im Wasser auf dem Boden abgelagert, und er konnte saubereres Wasser von oben abschöpfen. Einige Schlucke später war er fertig, und sie standen auf. Lorkin sah Sonnenstrahlen durch die Wipfel der Bäume scheinen, die sie umringten. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass es so spät war.

»Wohin als Nächstes?«, fragte Lorkin.

»In den Wald. Ich dachte, es wäre dir vielleicht lieb, über dem Boden zu schlafen.«

Er verzog das Gesicht. Obwohl sie tagelang in einem Loch unter der Erde geschlafen hatten, fühlte er sich mit dem Wissen, dass ihn nur eine magische Barriere davor bewahrte, lebendig begraben zu sein, noch immer nicht wohler. »Das ist allerdings richtig.«

»Dann komm.«

Sie verließ die Straße und machte sich auf den Weg in den Wald, und Lorkin folgte ihr. Zuerst stolperte er über Hindernisse und wich Zweigen aus, die Tyvara weggeschoben hatte, so dass sie ihm entgegenschlugen. Seine dünnen Schuhe blieben immer wieder zwischen Steinen hängen, und der unebene Boden stellte seinen Gleichgewichtssinn auf die Probe. Er brauchte all seine Konzentration, um nicht hinzufallen. Tyvara entfernte sich immer weiter von ihm, bis sie bemerkte, dass er zurückfiel, und stehen blieb, um auf ihn zu warten.

»Bist du schon jemals in einem Wald gewesen?«, erkundigte sie sich.

»Nein.«

»Hast du vor dieser Reise jemals Imardin verlassen?«

 »Nein.«

»Warum nicht?«

Weil meine Mutter die Stadt nicht verlassen darf. Aber das konnte er ihr nicht erzählen, ohne den Grund dafür zu erklären, und er durfte nicht offenbaren, wie wenige Kyralier sich auf schwarze Magie verstanden.

»Ich hatte nie einen Grund dazu.«

Sie schüttelte ungläubig den Kopf, dann drehte sie sich um und setzte den Weg durch den Wald fort. Diesmal schien sie ihre Schritte sorgfältiger zu wählen, und ihr Weg wurde erheblich einfacher. Dann begriff er, dass es ein Weg war. Ein sehr schmaler Pfad, aber offensichtlich war irgendjemand oder irgendetwas oft genug hier vorbeigekommen, um eine Spur im Unterholz zu hinterlassen.

»Warst du schon einmal hier?«, fragte er.

»Nein.«

»Dann weißt du also nicht, wohin dieser Weg führt.« »Es ist ein Tierpfad.«

»Ah.« Er senkte den Blick, und sein Herz setzte einen Schlag aus. »Und warum sind dann hier Schuhabdrücke?«

Tyvara blieb stehen und folgte seinem Blick.

»Der Wald gehört dem Ashaki, dem auch dieses Land gehört. Es wird Sklaven geben, die im Wald etwas sammeln oder die Tiere jagen, die hier leben.« Sie runzelte die Stirn und sah sich um. »Ich nehme an, wir können es nicht riskieren, noch weiter zu gehen. Wir sollten uns trennen – aber bleib so nah bei mir, dass du mich sehen und hören kannst. Halte Ausschau nach dichter Vegetation. Oder einer Senke im Boden, die wir abdecken können. Wenn du irgendetwas findest, pfeif.«