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Sie nippte an ihrem Sumi und dachte nach. Dann nickte sie schließlich. »Ich werde ihn fragen. In der Zwischenzeit wird es nicht schaden, wenn sie die Ohren offen halten und Informationen an Euch weitergeben.«

Regin verzog das Gesicht und stellte seine leere Tasse ab. »Es wird nur meinem Sinn für guten Geschmack schaden. Das ist kaum die Art Gesellschaft, die ich bevorzuge. Ihre Vorstellung von Unterhaltung ist…« Er rümpfte die Nase. »Rüde.«

Sonea setzte eine neutrale Miene auf. Regin war immer ein Snob gewesen. Aber andererseits gab es viele Magier aus den Häusern und nicht nur aus den unteren Klassen, deren Vorliebe für Rauschmittel, Huren und Glücksspiel wohlbekannt war und missbilligt wurde. Wie einige von Lorkins Freunden, wie es scheint, dachte sie und erinnerte sich an den jungen Magier, den man in einem Bordell gefunden hatte. Vielleicht ist es ganz gut, dass Lorkin nicht in Imardin ist.

Dann kehrte die ganze schmerzliche Wahrheit über seine Abenteuer in Sachaka zurück, und sie zuckte zusammen. Sie erhob sich und brachte die Sumi-Utensilien und die leeren Tassen wieder zu dem Schränkchen.

»Hoffentlich wird Cery sie bald finden, und Ihr werdet Euch nicht um sie kümmern müssen«, sagte sie. Als sie sich Regin wieder zuwandte, war sie erleichtert zu sehen, dass er den Fingerzeig verstanden hatte und aufgestanden war. »Danke, dass Ihr vorbeigekommen seid.«

Er neigte den Kopf. »Ich danke Euch, dass Ihr mich angehört habt. Ich werde es Euch wissen lassen, sobald ich weitere Informationen habe.« Er drehte sich zur Tür um, und als sie sie mit Magie öffnete, verließ er den Raum.

Sie schloss die Tür, stützte sich auf die Rückenlehne eines Sessels und seufzte. Zumindest einige Minuten der Ablenkung. Ist es noch zu früh, um ins Hospital zu gehen? Sie betrachtete das mechanische Zeitgerät, das Rothen ihr im vergangenen Jahr geschenkt hatte. Ja.

Mit einem neuerlichen Seufzer begann sie abermals im Raum auf und ab zu gehen und sich um ihren Sohn zu sorgen.

22

Ein Wiedersehen

Nach einer Nacht im Haus des alten Ashaki waren Achati und Dannyl einen halben Tag lang in Richtung Nordwesten gereist und hatten dann auf dem Gut des Vetters von Achati, Ashaki Tanucha, Halt gemacht. Wenn auch nicht viel jünger als ihr vorheriger Gastgeber, war Tanucha offensichtlich ein weit wohlhabenderer und geselligerer Mann. Seine erheblich jüngere Gemahlin, eine Frau in mittleren Jahren, erschien nur beim Abendessen und war ansonsten damit beschäftigt, sich um ihre sieben Kinder zu kümmern, darunter fünf Jungen.

»Sieben! Ich weiß, es ist eher die Auffassung eines Städters, aber es scheint mir doch eine Spur verantwortungslos zu sein«, hatte Achati leise zu Dannyl gesagt, als sie sich nach dem Abendessen in die Gästezimmer zurückgezogen hatten. »Nur einer kann erben. Für die Übrigen muss er eine Beschäftigung finden. Die Töchter werden natürlich so gut wie möglich verheiratet. Aber die Söhne…« Er seufzte. »Ohne Land und abhängig von ihrem Bruder, ebenso wie ihre Söhne es sein werden – falls sie überhaupt Ehefrauen anlocken können.« Er schüttelte den Kopf. »So werden Ichani gemacht.«

»Sie rebellieren gegen ihre Brüder?«

»Gegen das ganze Land. Es ist besser, die jüngeren Söhne nicht in Magie ausbilden zu lassen, aber nur selten versagt ein Vater, der sein Kind liebt, ihm dieses Wissen, wenn es bedeutet, dass jüngere Söhne einen noch geringeren Status haben werden.«

»In Kyralia ist es gerade bei den jüngeren Söhnen am wahrscheinlichsten, dass sie Magier werden«, hatte Dannyl ihm erzählt. »Ein Magier sollte sich nicht in die Politik einmischen, und man hält es für besser, wenn der Sohn, der dazu bestimmt ist, eines Tages Oberhaupt der Familie zu sein, derjenige mit politischem Einfluss ist.«

Achati hatte nachdenklich genickt. »Ich denke, mir gefällt Eure Methode besser. Sie gibt sowohl den älteren als auch den jüngeren Söhnen Macht.«

Den nächsten Tag verbrachten sie mit Ausritten auf Tanuchas Gut und den Abend damit, zu essen und zu reden. Anschließend plauderten Achati und Dannyl bis spät in die Nacht hinein. Am nächsten Tag schliefen sie lange, dann erkundeten sie Tanuchas Bibliothek, die enttäuschend klein und vernachlässigt war. Obwohl Dannyl dankbar für die Ruhe war, konnte er sich nicht entspannen. Als sie sich für die Nacht in die Gästezimmer zurückzogen, fragte er Achati, wann sie Weiterreisen würden.

»Das hängt von den Verräterinnen ab, nicht wahr?«, erwiderte Achati, während er sich auf die Kissen im Raum legte.

»Gewiss werden wir nicht einfach darauf warten, dass sie Lorkin und Tyvara bei uns abgeben?«, hakte Dannyl nach und nahm auf einem der Hocker Platz. Er konnte sich nicht daran gewöhnen, auf dem Boden zu liegen, wie die Sachakaner es taten.

»Warum nicht? Wenn wir keinen festen Standort haben, werden sie vielleicht nicht wissen, wo wir zu finden sind.

Oder wir könnten am Ende in die falsche Richtung reisen –weg von jenen, die sie zu uns bringen wollen.«

Dannyl runzelte die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, warum, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Verräterinnen mit Lorkin und Tyvara in Ketten am Tor von Tanuchas Gut erscheinen werden. Sie würden sich nicht auf solche Weise offenbaren.«

»Was denkt Ihr dann, was sie tun werden?«

Dannyl überlegte. »Wenn ich an ihrer Stelle wäre… ich würde uns zu Lorkin und Tyvara führen. Ich würde uns Hinweise zuspielen – wie sie es bereits getan haben –, damit wir den beiden irgendwann über den Weg laufen.«

»Haben sie uns in letzter Zeit irgendwelche Fingerzeige gegeben?«

»Nein«, sagte Dannyl. »Aber sie haben uns auch nicht aufgetragen zu bleiben, wo wir sind.«

Achati lachte. »Ich entwickle langsam eine echte Zuneigung zu Euch, Botschafter Dannyl. Ihr habt einen einzigartigen Verstand.« Er wandte sich einem seiner Sklaven zu, einem gutaussehenden jungen Mann, der sich hauptsächlich um seine Bedürfnisse kümmerte, während die Rolle des anderen Sklaven darin zu bestehen schien, schwere Arbeiten zu verrichten und die Kutsche zu fahren. »Hol uns noch etwas Wasser, Varn.«

Der Sklave griff nach einem Krug und eilte davon.

»Natürlich könnte es eine List von ihnen sein, uns zu sagen, sie wollten, dass wir Lorkin finden«, bemerkte Dannyl.

»Wenn es so wäre, wohin würden wir dann als Nächstes gehen?«

Dannyl schüttelte seufzend den Kopf. »Ich weiß es nicht. Wenn die Verräterinnen tatsächlich wollten, dass wir das Mädchen und Lorkin nicht finden, wohin würden sie sie bringen?«

»In ihr Zuhause in den Bergen.«

»Und in welche Richtung waren die zwei unterwegs?« »In Richtung der Berge.«

»Sie sind wahrscheinlich vor uns.« Er warf Achati einen Blick zu. »Das ist die Richtung, in die ich gehen würde.«

Achati nickte, dann zog er warnend eine Augenbraue hoch. »Wir wissen nicht, wo ihr Zuhause ist«, rief er Dannyl ins Gedächtnis. »Nur dass es in den Bergen liegt.«

»Das habe ich nicht vergessen. Habt Ihr jemals Fährtensucher benutzt?«

»Gelegentlich. Wenn wir einer Sklavin folgen mussten, von der wir mit Sicherheit wussten, dass sie zu den Verräterinnen gehört.«

»Und weshalb ist es schiefgegangen?«

»Die Spuren brechen immer ab.« Achati zuckte die Achseln. »Die Verräterinnen sind keine Narren. Sie verstehen sich darauf, ihre Spuren zu verwischen. Was nicht schwierig ist, wenn das Land aus glattem Stein besteht und man in der Lage ist zu schweben.«

Dannyl runzelte die Stirn, dann schüttelte er den Kopf. »Wenn die Verräterinnen wollten, dass wir an einem bestimmen Ort bleiben oder in eine andere Richtung Weiterreisen, hätten sie es uns wissen lassen.«

»Diese ganze Reise und all die Hinweise, denen wir gefolgt sind, könnten eine List gewesen sein«, bemerkte Achati. »Dazu gedacht, uns etwas zu tun zu geben und uns in die falsche Richtung zu schicken.«

»Dann spielt es keine Rolle, ob wir Weiterreisen. Sie haben uns bereits zu Narren gemacht. Aber wenn es eine Chance gibt, dass sie es nicht getan haben und wir auf der richtigen Spur sind, dann bin ich bereit, das Risiko einzugehen, einen noch größeren Narren aus mir zu machen, indem ich weiter in Richtung der Berge reise. Die Chance, Lorkin zu finden, ist es wert.«