Ist das die einzige Art, wie es hier funktioniert, fragte er sich. Was ist mit Männern ähnlichen Ranges?
Aber er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Als er durch die dichte Vegetation brach, blieb er stehen, um in westlicher Richtung auf die Straße hinabzuschauen, und sah nicht weit entfernt fünf Männer und einen Karren. Sie würden die Kreuzung bald erreichen. Dannyl eilte den Hügel hinunter, blieb auf der Straße stehen und winkte, als Achati ihn entdeckte. Der Sachakaner erhob sich und kam auf ihn zu.
»Ihr kommt genau zur richtigen Zeit, Botschafter Dannyl«, sagte er und schaute blinzelnd zu den Gestalten in der Ferne hinüber. »Habt Ihr dort oben etwas gefunden?«
»Jede Menge Dornenbüsche«, erwiderte Dannyl kläglich. »Ich fürchte, Eure Freunde werden in Kürze einen schäbigen Kyralier kennenlernen.«
Achati betrachtete Dannyls zerrissene Robe. »Ah ja. Die sachakanische Vegetation kann genauso widerborstig sein wie das Volk. Ich werde Varn auftragen, Eure Robe für Euch zu flicken.«
Dannyl nickte. »Vielen Dank. Und nun, gibt es irgendetwas Spezielles, was ich bei der Begrüßung unserer neuen Gefährten sagen oder tun sollte?«
Achati schüttelte den Kopf. »Wenn Ihr Euch nicht sicher seid, überlasst das Reden mir.«
Der Bauernkarren war groß und bewegte sich langsam. Er war hoch beladen mit Viehfutterballen, und seine Ladung war mit vielen Seilen gesichert. Vier Gorin zogen den Wagen – das erste Mal, dass Lorkin die großen Tiere in Sachaka sah. Der Fuhrmann war ein kleiner, schweigsamer Sklave, der auf dem einzigen Sitz des Gefährts hockte.
Die drei anderen Passagiere saßen in einer Höhle innerhalb der Ballen. Lücken zwischen den Ballen, die das Dach bildeten, ließen ein wenig Luft in den engen Raum, aber die Wände der Höhle waren dicht gepackt. Drei kleine Bündel hatten sie dabei, und er vermutete, dass sie voller Essen und Vorräte für die Reise in die Berge waren. Sie saßen so, dass er Chari den Rücken zuwenden musste, um Tyvara anzusehen, und umgekehrt.
Chari stieß ihn mit dem Ellbogen an. »Definitiv bequemer als zu gehen, richtig?«
»Definitiv. War das deine Idee?«
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nein, wir machen das schon seit Jahrhunderten so. Irgendwie muss man die Sklaven ja von einem Ort zum anderen bringen.«
Er runzelte die Stirn. »Würden da nicht Verräterinnen, die einen solchen Karren sehen, Verdacht schöpfen, dass jemand darin reist?«
Chari zuckte die Achseln. »Ja, aber solange sie keinen guten Grund haben, werden sie sich uns nicht nähern. Erst recht nicht tagsüber. Sklaven halten die Karren anderer Güter nicht auf. Das geht sie nichts an. Wenn ein Ashaki sie dabei erwischte, würde er das seltsam finden und der Sache nachgehen.« Sie runzelte die Stirn. »Indem wir dich versteckt halten, gewinnen wir noch den zusätzlichen Vorteil, Begegnungen wie die, die du mit Rasha hattest, zu vermeiden. Ich habe die Autorität, Verräterinnen wie sie aufzuhalten – keine Sorge, wir wollen dich nicht alle tot sehen –, aber es würde eine Verzögerung darstellen. Wenn andere Verräterinnen tatsächlich Verdacht schöpften, dass du hier drin bist, werden sie zu Recht vermuten, dass du nicht ohne Wissen anderer Verräterinnen hier bist. Das ist etwas, das du unmöglich allein arrangiert haben könntest.«
»Und lasst uns nicht die Leute vergessen, die nach Lorkin suchen«, fügte Tyvara hinzu. »Botschafter Dannyl und der Abgesandte des Königs, Ashaki Achati.«
»Diese beiden?« Chari machte eine abschätzige Handbewegung. »Wir haben dafür gesorgt, dass sie von der richtigen Fährte abgelenkt werden, wenn sie das nächste Mal auf einem Gut herumschnüffeln.« Sie lächelte. »Sie könnten an uns vorbeireiten, ohne zu ahnen, dass wir hier sind.« Sie blickte zu den Ballen über ihnen auf. »Obwohl es an heißen Tagen ein wenig stickig werden kann. Nur gut, dass ihr zwei gestern Abend ein Bad genommen habt, hm?«
Lorkin nickte und blickte an sich hinab. Der letzte Rest der Farbe war von seiner Haut verschwunden. Er klopfte auf das saubere Sklavengewand. »Und ich danke dir auch für die neuen Kleider.«
Sie sah ihn an und verzog das Gesicht. »Wir werden sie dir bald abnehmen und dich vernünftig einkleiden.«
»Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber ich vermisse meine Gilderoben«, lamentierte er.
»Warum hast du sie früher nicht gemocht?«
»Weil jeder Magier sie trägt. Es wird ein wenig langweilig. Die einzige Abwechslung, die man bekommt, erlebt man bei seinem Abschluss, wenn man vom Novizen zum Magier aufsteigt – es sei denn, man wird eines Tages einer der Höheren Magier, und die meisten von denen tragen lediglich eine Schärpe von anderer Farbe.«
»Ein Novize ist ein Schüler, richtig? Wie lange bleiben sie Novizen?«
»Ja. Alle Neuzugänge der Gilde sind Novizen. Sie verbringen etwa fünf Jahre an der Universität, bevor sie ihren Abschluss machen.«
»Welcher Art von Magie lernt ihr an der Universität?«
»Zuerst handelt es sich um eine ganze Palette von Dingen«, antwortete er. »Natürlich Magie, aber auch nichtmagische Studien wie Geschichte. Die meisten von uns sind in irgendeiner Disziplin besser als in den anderen, und am Ende dürfen wir uns eine der drei Disziplinen aussuchen, der wir folgen wollen: Heilkunst, Kriegskunst oder Alchemie.«
»Wofür habt Ihr Euch entschieden?«
»Alchemie. Man kann erkennen, wer die Alchemisten sind, weil wir Purpur tragen. Heiler tragen Grün und Krieger Rot.«
Chari runzelte die Stirn. »Was tun Alchemisten denn?«
»Alles, was Heiler und Krieger nicht tun«, erläuterte Lorkin. »Meistens geht es um Magie, aber manchmal auch nicht. Botschafter Dannyl, der Magier, mit dem ich hierhergekommen bin und dem ich behilflich sein sollte, ist Historiker, und bei diesem Fach ist überhaupt keine Magie im Spiel.«
»Kann man auch zwei Disziplinen wählen? Alchemist sein und Krieger – oder Alchemist und Heiler? Oder –«
»Das wissen wir bereits, Chari«, unterbrach Tyvara sie.
Lorkin drehte sich zu ihr um. Sie sah ihn entschuldigend an. »Wir lernen während unserer Ausbildung die Kultur vieler anderer Länder kennen und auch einiges über die Gilde«, erklärte sie ihm.
»Ja, aber ich habe damals nicht besonders gut aufgepasst«, erwiderte Chari. »Und es ist um so vieles interessanter, wenn man es von einem kyralischen Magier hört.«
Lorkin drehte sich wieder zu ihr um und sah, dass sie ihn erwartungsvoll musterte. »Was wolltet Ihr sagen?«, hakte sie nach.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir dürfen nicht mehr als eine Disziplin wählen, aber wir erhalten ohne Ausnahme eine grundlegende Ausbildung in allen drei Disziplinen.«
»Dann kannst du also heilen?«
»Ja, aber nicht mit dem Geschick und dem Wissen eines voll ausgebildeten Heilers.«
Chari öffnete den Mund, um eine weitere Frage zu stellen, aber Tyvara kam ihr zuvor.
»Du kannst auch Fragen stellen«, sagte sie zu Lorkin. »Chari mag bei einigen davon nicht in der Lage sein, sie zu beantworten, aber wenn du alle Fragen ihr überlässt, wird sie dich den ganzen Weg bis zu den Bergen aushorchen.«
Er sah Tyvara überrascht an. Während ihrer Reise von Arvice hatte es ihr widerstrebt, seine Fragen zu beantworten. Als sie seinen Blick bemerkte, presste sie die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und schaute zu Chari hinüber. Er drehte sich zu der anderen Frau um. Chari betrachtete Tyvara mit einiger Erheiterung.
»Nun denn«, sagte sie an Lorkin gewandt. »Was würdest du gern wissen?«
Obwohl es Hunderte von Dingen gab, die er über die Verräterinnen und ihr geheimes Zuhause wissen wollte und Chari Fragen gegenüber viel aufgeschlossener wirkte, vermutete er, dass Tyvaras Neigung zur Heimlichkeit schon bald dazu führen würde, dass sie jedes Gespräch zwischen Chari und ihm unterbinden würde. Aber wie konnte er das vermeiden, wenn so viele Informationen über die Verräterinnen geheim waren?