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Auch Trautman hatte die Gefahr erkannt und versuchte verzweifelt den Kurs der NAUTILUS zu beeinflussen allerdings mit nicht sehr viel Erfolg. Das Schiff war nicht dafür konstruiert, in geschmolzenem Gestein zu schwimmen. »Delamere!«, sagte Trautman scharf. »Der große Tunnel auf der anderen Seite«, murmelte Delamere. »Das scheint der Abfluss zu sein. Können Sie ihn sprengen?«

»Am besten,nachdemwir ihn passiert haben«, fügte Ben nervös hinzu.

»Ich kann es versuchen«, antwortete Trautman leise. »Wenn wir Gesteinschmelze in die Turbinen bekommen, explodiert das ganze Schiff. Ist der Sprengstoff bereit?«

Die letzte Frage galt Juan, der nur mit einem nervösen Nicken darauf antwortete. Sie hatten allen Sprengstoff, den sie in Lemura an Bord genommen hatten, in feuerfeste Behältnisse gepackt und in der Tauchkammer deponiert. Wenn Trautman die äußere Schleusentür öffnete, würden sie automatisch aus dem Schiff geschwemmt werden. Theoretisch. Mike zog es vor, nicht über alles nachzudenken, was bei diesem wahnwitzigen Plan schief gehen konnte. Die NAUTILUS zitterte immer heftiger, wurde aber auch gleichzeitig schneller, weil sie mehr und mehr in den Sog des Lavastrudels geriet. Trautman versuchte jedoch nicht dagegen anzukämpfen, sondern korrigierte den Kurs des Tauchbootes nur sehr behutsam. Erst als sie den Ausgang schon fast erreicht hatten, entfesselte er die ganze Kraft der Maschinen und versuchte den Bug der NAUTILUS auf den gewaltigen Stollen auszurichten. Das Schiff reagierte mit qualvoller Langsamkeit. Ganz allmählich nur näherte sich das Schiff dem Stollen. Das Motorengeräusch klang schrecklich in seinen Ohren; es war kein gleichmäßiges Dröhnen mehr, sondern ein Laut, als würden Glaskugeln in einer gewaltigen Mühle zerrieben. Trotzdem gelang es Trautman nach und nach, die NAUTILUS auf den Stollen zuzumanövrieren, und Mike atmete innerlich schon halbwegs auf.

Als sie den Zufluss zur Hälfte passiert hatten, löste sich ein gewaltiger Lavabrocken von der Höhlendecke und stürzte unmittelbar neben der NAUTILUS in das flüssige Gestein. Die Druckwelle ergriff das Tauchboot und schmetterte es mit furchtbarer Gewalt gegen die Wand.

Mike wurde regelrecht von seinem Stuhl katapultiert, flog gegen das Kartenregal auf der anderen Seite und stürzte benommen zu Boden. Trotzdem blieb er nur eine Sekunde lang liegen. Der Boden war so heiß, dass er vor Schmerz aufschrie und sich wunderte, dass die Karten und Bücher nicht auf der Stelle Feuer fingen.

Er hatte allergrößte Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Die NAUTILUS schrammte unter enormem Getöse an der Wand entlang und nahm dabei eine so starke Schräglage ein, dass es Mike kaum gelang, sich zu seinem Platz zurückzukämpfen.

Auch den anderen erging es nicht viel besser. Juan und Ben waren übereinander gestürzt. Delamere hockte auf den Knien und starrte aus schreckgeweiteten Augen aus dem Fenster und von Chris war im Augenblick überhaupt nichts zu sehen. Trautman stolperte mit fast komisch wirkenden Schritten und wild rudernden Armen zu seinem Kommandopult zurück, überwand das letzte Stück Weg mit einem verzweifelten Satz und schlug mit der flachen Hand auf einen Schalter.

Die NAUTILUS fand nun mühsam in die Waagerechte zurück. Sie schepperte immer noch an der Felswand entlang und Mike fragte sich nicht zum ersten Mal, wie viel das Schiff noch aushalten würde, ehe die Panzerplatten des Rumpfes Hitze und Druck endgültig nachgaben und geschmolzenes Gestein in das Schiffsinnere eindrang.

»Der Sprengstoff ist draußen«, keuchte Trautman. »Jetzt können wir nur hoffen, dass -« Der Rest seiner Worte ging in einem gewaltigen Krachen unter. Ein noch gleißenderes Licht löschte für einen Moment das flackernde Rot und Gelb draußen aus, sodass sie alle geblendet die Blicke abwandten. Die nächste gewaltige Explosion zerriss die Lava. Weißes Licht und glutflüssiges Gestein spritzten bis zur Decke des Tunnels hoch und eine noch heftigere Druckwelle traf die NAUTILUS und ließ sie abermals erzittern.

»Trautman, sind Sie verrückt?«, keuchte Delamere. »Die Zeitzünder -«

»- waren auf fünf Minuten eingestellt!«, unterbrach ihn Ben. »Ich habe es selbst getan.« »Dann hast du wahrscheinlich Minuten mit Sekunden verwechselt!«, giftete Delamere.

»Genug!«, sagte Trautman zornig. »Was soll denn das? Wahrscheinlich hat die Hitze die Explosion verfrüht ausgelöst. Haltet euch lieber fest!« Seine Warnung war nur zu berechtigt. Der zweiten Explosion waren eine dritte, vierte und fünfte gefolgt und nun begann der gesamte Stollen zu wanken. Die Decke senkte sich, schien sich für einen Moment wie etwas Lebendiges zu bewegen und brach dann unter gewaltigem Getöse zusammen. Eine riesige Flutwelle aus geschmolzenem Gestein raste auf die NAUTILUS zu, riss sie mit sich und schleuderte sie immer wieder gegen die Wände, drohte sie sogar einmal gegen die Decke des Stollens zu schmettern. Rings um sie herum waren nur noch Feuer, flackerndes rotes und gelbes Licht und unvorstellbarer Lärm. Alle schrien, stürzten hilflos hin und her oder versuchten sich irgendwo festzuklammern und Mike erkannte voller Entsetzen eine neue, schreckliche Gefahr: Wenn die Springflut aus verflüssigtem Gestein die NAUTILUS untertauchte, würde sie nie wieder auftauchen.

Doch es kam nicht so weit. Plötzlich zerbarst die Felsendecke über ihnen wie unter einem Hammerschlag. Wasser stürzte herein und verwandelte sich fast augenblicklich in kochenden Dampf. Die NAUTILUS wurde von der gewaltigen Explosion ergriffen und mitgerissen. Das Schiff war über hundert Meter lang und wog mehrere tausend Tonnen, aber nun war es zum Spielball der Gewalten geworden, die diesen Platz erschaffen hatten; kaum mehr als ein Blatt, das von einem Orkan herumgewirbelt wurde. Mike sah nur noch ein weißes Brodeln, Flammen und wirbelnde Schatten draußen vor dem Fenster, dann kippte die NAUTILUS zur Seite, zitterte einen Moment lang und stellte sich dann endgültig auf den Kopf. Mike fand gerade noch Zeit, schützend die Hände zu heben, ehe er mit dem Kopf gegen die Decke knallte, die sich plötzlich da befand, wo eigentlich der Fußboden sein sollte, und das Bewusstsein verlor.

In seinen Ohren war noch immer ein dumpfes, anhaltendes Grollen und Rumoren, als Mike erwachte und selbst durch seine geschlossenen Augenlider drang flackerndes, rotes Licht. Er lag auf einer weichen Unterlage, nicht mehr auf dem Boden, aber die ganze Welt schwankte und bebte weiterhin. Die Luft roch verbrannt und Mike registrierte voller Schrecken, dass das Motorengeräusch verstummt war. Mit einem Ruck öffnete er die Augen und setzte sich auf. Allerdings nur um die Lider sofort zu senken und sich wieder zurückfallen zu lassen. Sein Kopf dröhnte, als säße hinter seinen Augen ein gehässiger kleiner Zwerg, der mit großer Begeisterung auf eine Kesselpauke einschlug.

»Beweg dich ein bisschen vorsichtiger«, hörte er Bens Stimme irgendwo neben ihm. »Du hast eine mächtige Beule am Kopf.«

»Vielen Dank für die Warnung«, maulte Mike. »Auch wenn sie etwas früher hätte kommen können.« »Reg dich nicht auf. Es hat ja kein wertvolles Körperteil getroffen«, antwortete Ben. Mike verbiss sich die wütende Antwort, die ihm auf der Zunge lag, öffnete ein zweites Mal die Augen und schwang die Beine von dem Sofa, auf dem er lag. Erst dann richtete er sich abermals auf -sehr viel vorsichtiger als beim ersten Mal. Trotzdem veranlasste die Bewegung den Zwerg mit der Pauke zu einem wahren Trommelwirbel, der Mike stöhnend die Zähne zusammenbeißen ließ.