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»Sie befahl Rand, er solle auf dich aufpassen«, sagte Mat zu Loial. Sie schritten den Frauen hinterher. »Er soll dich sicher wie ein Baby nach Hause geleiten. Ich sehe nicht ein, warum du nicht hierbleiben und heiraten kannst.«

»Sie meinte, du könntest mitkommen.« Rand funkelte Mat an, der leise vor sich hin lachte. Es klang eigenartig bei diesem eingefallenen Gesicht. Loial zwirbelte den Stiel eines Vergißmeinichts zwischen den breiten Fingern. »Hast du Blumen gepflückt?« fragte Rand.

»Erith hat sie mir gegeben.« Loial betrachtete die sich wegdrehenden Blütenblätter. »Sie ist wirklich sehr hübsch, auch wenn Mat das nicht sieht.«

»Soll das heißen, daß du nun doch nicht mitkommen willst?«

Loial fuhr auf. »Was? O nein! Ich meine — ja. Ich will mitkommen. Sie hat mir doch nur eine Blume gegeben. Nur eine Blume.« Aber er nahm nun ein Buch aus der Tasche und legte die Blume hinein. Während er das Buch zurücksteckte, murmelte er so leise, damit nur Rand ihn verstehen konnte: »Und sie fand mich auch gutaussehend.« Mat ächzte, krümmte sich und hielt sich die Seiten. Loials Wangen liefen rot an. »Also... das hat sie gesagt, nicht ich.«

Perrin versetzte Mat mahnend eine Kopfnuß. »Keine hat jemals gesagt, daß Mat gut aussähe. Er ist einfach eifersüchtig.«

»Das stimmt nicht«, protestierte Mat, und er richtete sich stolz auf. »Neysa Ayellin hält mich für gutaussehend. Das hat sie mir mehr als einmal versichert.«

»Ist Neysa hübsch?« fragte Loial.

»Sie hat ein Gesicht wie eine Ziege«, sagte Perrin trocken. Mat erstickte fast an seinem Protest.

Rand mußte unwillkürlich grinsen. Neysa Ayellin war beinahe so hübsch wie Egwene. Und das war jetzt auch beinahe ein Gefühl wie in alten Zeiten, zu Hause, die freundschaftlichen Kabbeleien, und nichts auf der Welt war wichtiger, als den anderen zu zwicken und sich vor Lachen auszuschütten.

Als sie so durch die Stadt gingen, grüßten die Ogier ihre Ältesten mit Verbeugungen und Knicksen und musterten interessiert die menschlichen Besucher. Doch Alars entschlossene Miene hielt alle davon ab, stehenzubleiben und eine Unterhaltung anzufangen. Das einzige Merkmal, an dem sie sehen konnten, daß sie die Stadt verließen, war das Fehlen der Erhebungen. Ogier gab es auch hier noch genug. Einige untersuchten Bäume oder bearbeiteten sie mit Pech und Axt und Säge, wo abgestorbene Äste vorhanden waren oder einem Baum das Sonnenlicht fehlte. Sie taten alles sehr sanft und rücksichtsvoll.

Juin stieß wieder zu ihnen. Er führte ihre Pferde am Zügel. Hurin ritt mit Uno und den anderen Soldaten und den Packpferden herbei, und im nächsten Moment deutete Alar auf etwas und sagte: »Dort drüben ist es.« Das freundschaftliche Geplänkel erstarb.

Rand war einen Augenblick lang überrascht. Das Wegetor mußte sich ja außerhalb des Stedding befinden. Die Wege waren mit Hilfe der Einen Macht angelegt worden, also konnten die Tore nicht innerhalb liegen. Es wies jedoch nichts darauf hin, daß sie die Grenzlinie überschritten hatten. Dann merkte er den Unterschied: Das Gefühl eines Verlustes, das er seit dem Betreten des Stedding nicht mehr losgeworden war, war wie weggeblasen. Das ließ ihn nun auch wieder schaudern. Saidin war wieder da und wartete.

Alar führte sie an einer mächtigen Eiche vorbei, und da, in einer kleinen Lichtung, stand die große Steinplatte des Wegetors. Ihre Vorderseite war wieder in Form von Blättern und Ranken hundert verschiedener Pflanzen bearbeitet. Um die Lichtung herum hatten die Ogier eine niedrige Steinumrandung gefertigt, die wirkte, als wäre sie dort gewachsen, und die einen Ring von Wurzeln andeutete. Der Anblick machte Rand nervös. Er brauchte einen Moment, um festzustellen, daß es die Wurzeln von Brombeersträuchern und Heckenrosen, von Brennblattbäumchen und Juckeiche waren. Nicht gerade die Art von Gestrüpp, in das man gern hineinfiel.

Die Älteste blieb kurz vor der Umrandung stehen. »Die Mauer soll alle abschrecken, die hierher kommen. Von uns kommen nicht viele an diesen Ort. Ich werde die Grenze nicht überschreiten. Aber Ihr dürft es tun.« Juin ging nicht so nahe heran wie sie. Er wischte sich immer wieder die Hände an den Revers seines Mantels ab und sah das Wegetor nicht direkt an.

»Ich danke Euch«, sagte Verin zu ihr. »Die Not ist groß, sonst hätte ich Euch nicht darum gebeten.«

Rand verkrampfte sich, als die Aes Sedai über die Umrandung stieg und sich dem Wegetor näherte. Loial atmete tief durch und führte wieder Selbstgespräche. Uno und die anderen Soldaten rutschten in ihren Sätteln hin und her und lockerten die Schwerter in den Scheiden. Es gab in den Wegen nichts, wogegen ein Schwert geholfen hätte, aber mit dieser Geste überzeugten sie sich selbst von ihrer Kampfbereitschaft. Nur Ingtar und die Aes Sedai erschienen ruhig. Selbst Alar krallte die Hände in den Stoff ihres Rocks.

Verin pflückte das Avendesorablatt, und Rand beugte sich aufmerksam nach vorn. Es drängte ihn, das Nichts um sich herum aufzubauen, damit er Saidin ganz schnell erreichen konnte, falls es notwendig war.

Die in das Wegetor eingemeißelten Pflanzen flatterten in einem nicht vorhandenen Wind, während sich im Mittelpunkt ein senkrechter Spalt öffnete und die beiden Hälften des Tores langsam aufschwangen. Rand betrachtete den Spalt. Da zeigte sich keine mattsilberne Reflektion; nur eine Schwärze, schwärzer noch als Pech. »Schließt es!« schrie er. »Der Schwarze Wind! Schließt das Tor!«

Verin warf einen überraschten Blick hinein und steckte augenblicklich das dreiteilige Blatt wieder an seinen Platz unter all den verschiedenen Blättern zurück. Es hing fest, als sie die Hand wegnahm und sich zur Umrandung zurückzog. Sobald das Avendesorablatt wieder dort hing, begann sich das Tor zu schließen. Der Spalt verschwand, Ranken und Blätter zu beiden Seiten verschmolzen miteinander und verbargen die Schwärze des Machin Shin. Das Wegetor bestand wieder nur noch aus Stein, wenn auch Stein, den man so lebensähnlich wie möglich bearbeitet hatte.

Alar atmete zittrig aus. »Machin Shin. So nahe.«

»Es versuchte wenigstens nicht, herauszukommen«, sagte Rand. Juin gab einen erstickten Laut von sich.

»Ich habe Euch doch gesagt«, stellte Verin fest, »daß der Schwarze Wind ein Geschöpf der Wege ist. Es kann sie nicht verlassen.« Sie hörte sich ruhig an, wischte sich aber doch die Hände am Rock ab. Rand öffnete den Mund, gab jedoch gleich wieder auf. »Und doch«, fuhr sie fort, »frage ich mich, wie es hierher kommt. Zuerst in Cairhien und nun hier. Sehr eigenartig.« Sie warf Rand einen solchen Seitenblick zu, daß er zusammenfuhr. Es geschah so schnell — er glaubte nicht, daß es einer der anderen bemerkt hatte —, aber Rand schien es so, als habe sie ihn mit dem Schwarzen Wind in Verbindung gebracht.

»Ich habe so etwas noch nie gehört«, sagte Alar bedächtig. »Ich meine, daß Machin Shin wartet, wenn man ein Wegetor öffnet. Es hat sonst immer die Wege durchstreift. Aber natürlich ist eine lange Zeit vergangen, und vielleicht ist der Schwarze Wind hungrig und hofft, unversehens jemanden zu erwischen, der durch ein Tor tritt. Verin, es ist klar, daß Ihr dieses Wegetor nicht benützen könnt. Und wie eilig es auch sein mag, kann ich doch nicht sagen, es täte mir leid. Heutzutage gehören die Kurzen Wege dem Schatten.«

Rand blickte das Wegetor finster an. Könnte es mir wirklich folgen? Es gab zu viele offene Fragen. Hatte Fain irgendwie den Schwarzen Wind auf ihn angesetzt? Verin behauptete, das sei nicht möglich. Und warum sollte Fain von ihm verlangen, daß er ihm folgte, und ihn dann doch schon auf dem Weg aufhalten wollen? Er wußte nur, daß er der Botschaft Glauben schenkte. Er mußte zur TomanHalbinsel gelangen. Und wenn sie morgen das Horn von Valere und Mats Dolch unter einem Busch fanden, mußte er doch dorthin.